Post von der Titanic
Die Satirezeitschrift „Titanic” vergackeiert Prominente mit dem Angebot, anläßlich des hundertsten Geburtstags von Axel Cäsar Springer in BILD eine Kolumne anstelle ihres Gossen-Goethe Franz Josef Wagner zu schreiben. Angeblich soll der Schriftsteller Richard Wagner, Exmann von Herta Müller, einen Text geliefert haben. Auch wenn Fiktion und Wahrheit nicht deutlich zu trennen sind, freuen wir uns an den vielen traditionellen „ß“, bei denen mein neues Wörd rot sieht:
POST VON WAGNER
Liebes Brot,
daß der Mensch nicht vom Brot allein lebt, ist sicherlich nichts Neues. Aber wie er wirklich lebt, ist durchaus an den Brotsorten zu erkennen, die die Bäckerei anbietet. Und: Wes Brot ich eß, des Lied ich sing, wie Axel Springer gerne sagte.
Ist es nicht ein bißchen viel, zu viel, was da morgens im Regal prangt, liebes Brot? Manches sieht aus, als wollte die Kundschaft ewig leben, und der Laden erweckt insgesamt den Eindruck einer Apotheke. Man ißt auch zum Vergnügen, schon vergessen?
Zeiten der Not und Zeiten des Überflusses zeigen auffallende Ähnlichkeiten. Für beide gilt: Man muß nicht gleich kleinere Brötchen backen, wenn der Umsatz nicht mehr stimmt …
Man muß die richtigen Brötchen im Regal haben. Welches aber die richtigen sind, bestimmt die Kundschaft, nicht der Bäcker.
Herzlichst
Richard Wagner
Titanic
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