Die braune Pest
Jetzt, nach dem Regenguß, kommen sie wieder hervorgekrochen. Wenn ich den gewohnten Spazierweg entlangwandere, muß ich aufpassen, daß ich nicht auf einer braunen Nacktschnecke ausrutsche. Unverdrossen überqueren sie auch größere Asphaltflächen. Sogar in den Falz der Haustür waren welche eingewandert, wo sie aber unbemerkt zerquetscht wurden.
Am Kaninchenstall konnte ich beobachten, wie sich eine besonders dicke durch das Türgitter zwängte, dessen Maschenweite nur halb so breit war wie sie selbst – nur, um an die gepreßten Graskrümel im Kaninchenfutter zu kommen. An den Schleimspuren auf dem Fell war zu sehen, daß schon welche über die Kaninchen hinweggekrochen waren. Als ich neulich ins Auto einstieg und losfuhr, bemerkte ich nach einigen Kilometern einen üblen Geruch, der mich an Katzendreck erinnerte. Ich hielt an und entdeckte eine Schnecke, die unterm Schuh klebte und wohl in größter Bedrängnis Kampfstoffe absonderte.
Im Garten muß ich täglich bis zu dreißig Stück absammeln. Als der Nachbar noch Enten hatte, waren sie dankbare Abnehmer. Jetzt begnüge ich mich damit, sie über die Grenze abzuschieben, weil ich sie als Pazifist nicht ermorden mag. Die großen Weinbergschnecken sollen die Eier der braunen Schnecken fressen, aber gegen eine solche Armada können sie wenig bewirken. Die Eier werden mit Bedacht plaziert, zum Beipiel unter den Erdbeeren oder im Futterbehälter der Kaninchen, damit der Nachwuchs im nächsten Jahr gleich an der Quelle sitzt. Die ersten Jungschnecken im neuen Jahr hatten bald die Keimblätter meiner Gurken amputiert, so daß etliche Pflänzchen verkümmerten.
Die Spanischen Wegschnecken [Arion vulgaris] sind Zuwanderer, die nach Meinung meiner Nachbarin seit den Sechzigern mit Saatgut oder Stecklingen aus Südfrankreich oder Spanien eingeschleppt wurden. Sie haben die schwarzen Wegschnecken [Arion ater], wie ich sie in meiner Kindheit kannte, so vollständig verdrängt, daß ich schon seit Jahren kein Exemplar mehr gesehen habe.
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