Ungleiches Recht für alle
Die Sprüche des Bundesverfassungsgerichts werden in roten Roben mit dem Pomp einer monarchistischen oder päpstlichen Institution verkündet. Die Republik fiebert den Entscheidungen entgegen. Oft können aber nicht einmal Rechtsexperten das Ergebnis voraussehen. Die Richter haben dem Verfassungsgericht eine Machtstellung erobert, die es zu einer der gefürchtetsten Institutionen hat werden lassen. Sie folgen dabei, oft verborgen, eigenen moralischen und rechtlichen Vorstellungen vom Staatswesen. Sichtbar wird das mitunter, wenn die Verfassungsrichter nach Ende ihrer Dienstzeit durch die Lande touren, etwa Udo di Fabio, um „Gott“ in die Schleswig-Holsteinische Verfassung zu bringen, oder Hans-Jürgen Papier, um Stimmung zu machen auch für Auslandseinsätze der Bundeswehr. Das alles manifestiert sich schon in den Kungelrunden, die der Wahl der Richter vorausgehen, in denen um ihre Nominierung vom Parlament nach Parteinähe und Staatsgefälligkeit gerungen wird.
Die Verfassungsrichter entscheiden mitunter bewußt nichts – wie etwa in Brandenburg, um der Religion eine größere Chance zu geben, oder sie beschreiten für Schleswig-Holstein, obwohl eine Klage zurückgenommen wurde, „juristisches Neuland“ – um den Kultusministern dennoch die Geiselnahme der Kinder für die Rechtschreib„reform“ zu ermöglichen. Ohne Not dekretierten die Richter dazu, daß die Kultusminister ihren eigenen Vorgaben, die „Reform“ nur gemeinsam einheitlich durchzusetzen, nicht zu folgen brauchten, auch wenn sich ein Bundesland per Volksentscheid, repräsentativ für ganz Deutschland, daraus absetzt.
Jetzt ergibt sich wieder der Verdacht, daß das Verfassungsgericht parteilichen Zielen folgt, die mit gleichem Recht für alle nichts zu tun haben:Der Parteivorsitzende Jörg Meuthen glaubt, dass die Richter in ihrem Urteil zum NPD-Verbotsverfahren eine Passage nur für seine Partei geschrieben hätten – jene nämlich, in der es hieß, man könne zwar nicht alle verfassungsfeindlichen Parteien verbieten, man könne sie aber alle von der staatlichen Parteienfinanzierung ausschließen. „Das haben die nicht für die NPD geschrieben, sondern für uns“, sagte Meuthen der F.A.Z. faz.net 20.2.2017 Hand in Hand damit könnte der Verfassungsschutz arbeiten. Sein Versagen in wirklichen Verfassungsschutzaufgaben steht im Widerspruch zur Macht, nur durch das Denunziationsinstrument der öffentlich verkündeten „Beobachtung“ unerwünschter Gruppierungen die freie Meinungsbildung zu beeinflussen. Das trifft jetzt wohl die „Identitäre Bewegung“, die ich bislang eher als „Greenpeace der Rechten“ wahrgenommen habe: Zu denen, die offenkundig größere Angst haben, könnte man die Jugendorganisation der AfD, die „Junge Alternative“, zählen. Als der Verfassungsschutz im August 2016 erklärte, er beobachte die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“, beeilten sich die Vorsitzenden der Jungen Alternative, Markus Frohnmaier und Sven Tritschler, mit einer Distanzierung. „Antragsteller, die sich in einer vom Verfassungsschutz beobachteten Organisation betätigen oder betätigt haben, werden von uns konsequent abgelehnt“, sagte Frohnmaier damals für künftige Bewerber. faz.net 20.2.2017 Allein die „Beobachtung“ durch den Verfassungsschutz könnte nach dem ominösen Spruch des Verfassungsgerichts den herrschenden Versager- und Deutschlandabschafferparteien die Machtmittel in die Hand geben, die AfD zu benachteiligen und sie von der gesetzlichen Parteienfinanzierung auszuschließen:Auf der Internetseite der „Patriotischen Plattform“, eines Vereins national-gesinnter Parteimitglieder, schrieb der Funktionär Dubravko Mandic im Juni 2016: „Seit der Gründung der AfD schwebt es über uns und wird uns drohend vom eigenen Führungspersonal vor Augen gehalten: das politische Damoklesschwert der Etablierten, das letzte Ass im Ärmel des Systems – die Beobachtung.“ faz.net 20.2.2017 Nun, der FAZ-Schreiber dokumentiert den orthographischen und politischen Abstieg der Zeitung, indem er Höcke zwar nicht als Nationalsozialisten, sondern „eher“ bei den „Rechtsradikalen” und „Antidemokraten“ einordnet. Er will nicht verstehen, daß Höckes Denken darauf gerichtet ist, seine „Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden“ – also auf das, was uns aus dem Bundeskanzlerinnen-Eid vorenthalten wird.
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