Aus „Deutsche Sprachwelt“ Ausgabe 77 – Herbst 2019
„Tag der Rechtschreibung“
Eine Aktionsgruppe will den 27. September zum Gedenktag erheben
Die Bürger Schleswig-Holsteins erreichten am 27. September 1998 mit Hilfe eines Volksentscheids, daß die bewährte Rechtschreibung zunächst beibehalten wurde. Die Landesregierung setzte sich allerdings knapp ein Jahr später über den Bürgerwillen hinweg, so daß die Reform auch im nördlichsten Bundesland eingeführt wurde. Zum Gedenken an den bürgerlichen Einsatz für die Rechtschreibung 1998 und heute fordern jetzt mehrere Aktivisten, den 27. Septembder zum „Tag der Rechtschreibung“ zu erheben.
Eine Pressemitteilung nennt als treibende Kräfte Sigrid Saxen aus Husum, Thomas Pankauke aus Soest und Dr. Gerd Schrammen aus Göttingen. Sie schreiben: „Vom nördlichsten Bundesland aus erinnern wir seit dem 27. September 2019, dem 21. Jahrestag des Volksentscheides, an den Erfolg und die demokratische Bedeutung des Bürgerwillens. Wir begründen, wie wichtig die (echte) Rechtschreibung für unsere Sprache ist, und rufen Verwender und Anbieter dazu auf, an die Öffentlichkeit zu treten, damit die Rechtschreibung wieder mehr Könner findet. Davon versprechen wir uns ein wachsendes Sprachbewußtsein mit vielfältigen Wirkungen wie der Verwendung deutscher Wörter, regelrechter und zweckmäßiger Ausdrucksweise.
Schreib- und Sprachfertigkeiten ließen nach
Als die Kultusministerkonferenz 1995 die Einführung neuer Schreibregeln an den Schulen zum Schuljahresbeginn Mitte 1996 beschlossen hatte, regte sich jahrelang großer Widerstand. „Denn die Kultusminister hatten etwas in die Welt gesetzt, dessen Auswirkungen wir schnell zu spüren bekamen und heute beklagen: die nachlassende Schreib- und Sprachfertigkeit der Schulabgänger“, heißt es in der Erklärung.
Der Staat besitze höchstens die Macht, in der Schule und der Verwaltung die Schreibregeln festzulegen. Freiwillig sei die Reformschreibung allerdings auch von vielen Buch-, Zeitschriftenverlagen und Unternehmern aller Wirtschaftsbereiche übernommen worden. Die Leistungen im Schulfach Deutsch ließen nach, und die Nachrichtensprecher verlernten ihr Deutsch, wüßten die richtige Betonung nicht mehr, weil zusammengehörende Wörter getrennt geschrieben würden, Kommas fehlten und so weiter.
Reformen der Reformen verwirrten
Der Widerstand der Sprachpraktiker gegen das 1995er Regelwerk der Sprachtheoretiker führte zur Bildung des Rates für deutsche Rechtschreibung, dem fast keine Reformgegner angehören durften. Dieser Rat habe in bisher drei Abschnitten von 2004 bis 2011 viele Schreibregeln der Reform zurückgenommen, aber leider auch Wahlmöglichkeiten zwischen alt und neu gelassen. Das Ergebnis sei eine große Verwirrung, wie richtig zu schreiben ist. Dadurch sei das Lernen wiederum beeinträchtigt worden, und die Verständlichkeit des Geschriebenen habe weiter gelitten.
Vorbereitung auf den „Tag der Rechtschreibung“
Im „Rebellenland“ Schleswig-Holstein schreiben viele Menschen noch nach den traditionellen Regeln. Dies brachte nun im Sommer einige Sprachbewegte auf den Gedanken, an die bedeutenden Vorgänge Ende der 1990er Jahre zu erinnern, besonders an den Widerstand gegen die Reform, und für die richtige Schreibung zu werben. Denn im Unterschied zur Reformschreibung verstehen sie unter Rechtschreibung die besten Regeln zum verständlichen Aufschreiben unserer Sprache. Dies leiste nur das Regelwerk, das nach der Vereinheitlichung der deutschen Schreibweisen 1901 und 1902 – Konrad Duden war daran beteiligt im 20. Jahrhundert gereift ist. Demgegenüber sei die Reformschreibung des Jahres 1995 samt Nachbesserungen künstlich entwickelt und willkürlich eingeführt worden.
Vorbereitungen im ganzen Sprachgebiet vom Herbst dieses Jahres an sollen dazu führen, im nächsten Jahr am 27. September, dem Tag des gelungenen Volksentscheides im Jahr 1998, erstmals den Tag der Rechtschreibung zu begehen. Dieser Gedenktag für die Rechtschreibung soll das Bewußtsein für unsere hochstehende Sprache mit ihren bewährten Schreibregeln wachhalten.
Die Gruppe um Sigrid Saxen ruft also Kenner und berufliche Anwender dieses guten Deutschs dazu auf, stärker auf sich aufmerksam zu machen, „damit junge Menschen nach dem Ausbildungsende Unterstützung finden, wieder richtiges Deutsch zu lernen.“ Gesucht werden auch Verlage, die nach den bewährten Regeln drucken. Als Erkennungszeichen dieser Rechtschreibung springt das „ß“ in vielen Wörtern ins Auge. Es gehören auch die eindeutige Kommasetzung und richtige Wortbildung wie „schönreden“ neben „schön reden“ dazu.
Die Gruppe um Sigrid Saxen sucht Mitstreiter. Wer sich mit seinen Kenntnissen, Zeit und Verbindungen dieser jungen Bewegung anschließen will, melde sich bitte bei Sigrid Saxen in Husum, Fernruf und -druck 04841/82510. (dsw)
[siehe auch hier und http://www.rechtschreibdienst.de]
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