Buchpreis-Gewinnerin Iris Hanika:
„Das Gender-Sternchen ist irrwitzig“
Auf der Leipziger Buchmesse sagte die Preisträgerin erst mal nur: Puh!. Jetzt hat sie die Sprache wieder gefunden. Ein Interview über Unterfranken, Mietwucher und die AfD...
Was ist Würzburg für Sie? Nur ein Ortsname in der Geburtsurkunde?
Hanika: Nein, natürlich nicht! Ich wurde in Würzburg in der Rotkreuzklinik geboren, damit gebe ich gerne an, weil das Gebäude das Haus ist, das Balthasar Neumann 1723 für sich selbst gebaut hat. Da hat er zwar nur zwei Jahre gewohnt, aber er hat es eben für sich gebaut...
Ich ... bin jetzt sehr froh über die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen, die einen Volksentscheid herbeiführen will, um profitorientierte Wohnungsunternehmen, die mehr als 3000 Wohnungen besitzen, nach Artikel 15 des Grundgesetzes zu vergesellschaften. Dieser Artikel würde dann zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik angewendet. Ich hoffe sehr, daß es im September zum Volksentscheid kommt, und noch mehr natürlich, daß er Erfolg hat...
Was jetzt auf der Leipziger Buchmesse bestätigt wurde, ganz aktuell und hochoffiziell. Wie wichtig ist so ein Preis?
Hanika: Der Preis ist wichtig, weil damit auf das Buch aufmerksam gemacht wird und es dann vielleicht mehr Leser findet.
Sie schreiben und sprechen hier weiter mit dem scharfen S: daß. Was sagt die Chronistin der Gegenwart, die Bücher um des Schreibens willen schreibt, zu Veränderungen in unserer Sprache. Stichwort Gender-Sternchen.
Hanika: Ich schreibe nicht einfach daß" mit scharfem S, ich benutze insgesamt die reformierte Rechtschreibung nicht. Ich schreibe weiter in der Version, die ich gelernt habe, weil mir die mehr einleuchtet. Die Sprache ändert sich natürlich immer. Mir fällt auf, dass die Leute jetzt nicht mehr gehen, sondern nur noch laufen. Nicht mehr sprechen, sondern nur noch reden. Und das Plusquamperfekt wird in einem fort falsch verwendet. Es setzt sich eine gewisse Flapsigkeit durch. Das ist Sprachveränderung, sie geht organisch vor sich. Aber Sprache kann man nicht ändern, indem man Vorschriften macht, wie wir zu sprechen haben.
Sagt die Schriftsteller*in ...
Hanika: Das Gender-Sternchen ist irrwitzig, kein Mensch kann so sprechen, geschweige denn einen ernstzunehmenden Text schreiben. Natürlich ist es ein Problem, dass die generische Form im Deutschen gleichzeitig die maskuline Form ist. Die Sprachwissenschaftlerin Luise F. Pusch hat darum vor bald 40 Jahren vorgeschlagen, die Sache für die nächsten zehntausend Jahre einfach umzudrehen und die feminine Form zur generischen zu machen. Uns das Gendern aufzwingen zu wollen, ist unerhört. Das treibt den Rechten die Wähler zu.
Das Gender-Sternchen?
Hanika: Die AfD macht Wahlwerbung damit, dass sie Deutschland wieder normal haben möchte, wozu auch gehört, dass man wieder normal sprechen solle. So würde ich das auch sagen: redet doch bitte wieder normal! Aber wenn ich das sage, müßte ich nun jedes Mal dazusagen, daß ich den Rest des AfD-Programms aber nicht gut finde...
Was lesen Sie heute am liebsten?
Hanika: Puh, alles Mögliche. Gerne Romane...
mainpost.de 12.6.2021 [gekürzt]
1848 Wörter:
Hanika: 5 dass, alles Mögliche; 9 daß, muß, müßte,
Redaktion: 2 dass, 1 daß (in der Frage)
Anscheinend wurde das Interview schriftlich geführt und noch einmal redaktionell „verbessert“. Da man hier für „alles mögliche“ „vielerlei“ einsetzen kann, wäre Kleinschreibung angezeigt. In unserem „Blog“ wurde Iris Hanika häufig erwähnt.
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