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Süddeutsche Zeitung
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Fritz Koch
30.09.2004 10.29
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Ich verpetze die Süddeutsche Zeitung nicht,

und ich verrate es nicht, daß sie

am 28.9.04 auf Seite 4 einen Bericht „Hallo, ich bin auch noch da!“ über Herrn Wulff

und auf Seite 5 einen Bericht „Unionsregierte Länder gehen auf Distanz zu Wulff“

und am 29.9.04 auf Seite 4 einen Bericht „Die Bildungsfürsten“

und auf Seite 6 einen Bericht „Wulff erhält Unterstützung“

gedruckt hat.

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Walter Lachenmann
05.01.2004 17.34
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Der Reiz der zwittrigen Orthographie

(Leserbrief zu Lothar Müller: Im Krater des Olymp. Zur Neuedition von Thomas Manns »Lotte in Weimar«, SZ vom 3./4.1.2004, und: Das Urteil von Frankfurt, SZ vom 8.10.2003)

»[Der Herausgeber] ... bewahrt zugleich den Reiz der zwittrigen Orthographie Thomas Manns, in der sich nach durchaus laxen Gesetzen die Mimikry mit dem frühen 19. Jahrhundert und die Schreibgewohnheiten des im späten 19. Jahrhundert sozialisierten Autors mischen.«
(SZ 3./4.1.2004)

Bei Thomas Mann entdeckt Lothar Müller den Reiz der authentischen, vom Autor gewollten Orthographie, die hier auch, wie es sich für einen gebildeten Literaten gehört, mit ph geschrieben wird. Wenn in ihrem Aufruf zur Frankfurter Buchmesse Schriftsteller wie Hans Magnus Enzensberger, Günter Grass, Reiner Kunze, Siegfried Lenz, Adolf Muschg oder Sten Nadolny darauf bestehen, daß ihre Texte in der von ihnen bewußt gewählten, bewährten Rechtschreibung veröffentlicht werden, hat derselbe Literat dafür allerdings nur süffisanten Spott übrig (SZ vom 8.10.2003). Den Gegenbeweis für die Kritik, »die neuen Regeln seien minderwertig und erschwerten den präzisen sprachlichen Ausdruck«, meinte Lothar Müller mit seinem in der Tat nicht unverständlichen, wenn auch sowohl sprachlich als auch hinsichtlich journalistischer Redlichkeit eher ehrgeizlosen eigenen Text geführt zu haben: »Damit ist diesem Text das Urteil gesprochen«.
Offensichtlich sind es gerade die »laxen Gesetze«, der »Reiz der zwittrigen Orthographie«, die Lothar Müller an der neuen Rechtschreibwirklichkeit so schätzt. Die Quintessenz der Reformproblematik bringt er mit der ganzen Autorität des kompetenten SZ-Feuilletonisten in scharfsichtiger Analyse so auf den Punkt: »Die Rechtschreibreform hat bis auf weiteres die parallele Zirkulation von „daß“ und „dass“, „rau“ und rauh“ etc. eingeführt. Der Pulverdampf des Streites über die Einzelheiten wie das Ganze hatte sich in jüngster Zeit ein wenig verzogen. Schreibweisen und Interpunktionen zirkulierten eher unaufgeregt parallel, in ermattet friedlicher Koexistenz.«
Genau wie bei Thomas Mann also, aber eben: ermattet. Dies kommt vielleicht daher, daß nicht sprachbewußte Autoren, sondern eilfertige Redaktionen bzw. ihre Computer dafür sorgen, daß orthographische Zwitter und Kuriositäten selbst in unseren Intelligenzblättern weniger in friedlicher Koexistenz als in resignierter Wurschthaftigkeit zirkulieren. Ob solche Texte auf spätere Philologen dereinst einen ähnlichen Reiz ausüben werden wie Thomas Manns orthographische Eigenwilligkeiten auf den sprachlich so sensiblen Feuilletonisten Lothar Müller – wer weiß?

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Walter Lachenmann

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Walter Lachenmann
10.12.2002 20.28
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Es ist ein abgeschickter Leserbrief. Eine Veröffentlichung sollte mich wundern – aber man weiß ja nie.
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Walter Lachenmann

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J.-M. Wagner
10.12.2002 20.12
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Re: Ein Leserbrief

Dieser Leserbrief -- ist er wirklich abgedruckt worden, oder steht er hier nur als Dokumentation dessen, was die SZ „verschweigt“ (bzw. unterdrückt -- aber das ist eine polemische Unterstellung)? Ich vermute mal letzteres; aber um Mißverständnisse zu vermeiden, sollte man so etwas besser dazuschreiben...
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Jan-Martin Wagner

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Walter Lachenmann
09.12.2002 13.22
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Ein Leserbrief

Vorbilder des Journalismus

Die Süddeutsche Zeitung hat eine Serie begonnen: »Aufmacher. Vorbilder des Journalismus«. Das macht Hoffnung, daß auch ihre eigenen Verantwortlichen sich in unserer Zeit der medialen Verwilderung und Verblödung in besonderem Maße auf ihre journalistische Vorbildfunktion besinnen wollen. Dabei darf man nicht ungerecht sein: In der Süddeutschen Zeitung schreiben regelmäßig einige der besonnensten, klügsten und unerschrockensten Journalisten der deutschsprachigen Publizistik.

In der Ausgabe vom 9. Dezember 2002 etwa schreibt Herbert Riehl-Heyse über Kurt Tucholsky. Es ist ein liebevoller und etwas trauriger Text über einen Kollegen, den er wohl viel zu sehr verehrt, um sich jemals anzumaßen ihm nachzueifern, und wer Riehl-Heyses Texte über einen längeren Zeitraum gelesen hat, weiß auch, wie unnötig dies gewesen wäre, denn er hat ja eine ganz eigenständige Stimme, die man neben derjenigen Tucholskys gar nicht missen möchte: von ernster Heiterkeit, durch Skepsis gebremsten Humor und andachtsvoller Respektlosigkeit. Sein Beitrag ist wie eine vor der Schwarzen Muttergottes in Altötting angezündete Kerze, eine Rosenkranzperle des frommen Skeptikers; dieses späte Sterbebuidl beglückt und rührt auch den Protestanten.

Und es macht Hoffnung. So zitiert er Tucholsky, den die Frage bedrückt hat, ob er mit seiner Arbeit »auch nur einem einzigen sadistischen Bürokraten« habe das Handwerk legen können.

Tucholsky mag sich das mit Recht gefragt haben, und seine Möglichkeiten waren damals sicherlich dazu gering. Aber die Süddeutsche Zeitung könnte mit einer ziemlich leicht umzusetzenden Entscheidung einer ganzen Riege von weniger sadistischen als verbohrten und dummen Bürokraten das Handwerk legen und damit zugleich nicht nur die Mehrzahl ihrer eigenen Leser sondern der deutschen lesenden und schreibenden Bevölkerung von einer beschämenden und lähmenden Last befreien, wenn sie dem Beispiel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sowie der angesehensten deutschen Schriftsteller folgen und sich wieder der bewährten deutschen Rechtschreibung befleißigen würde.

So wäre die Süddeutsche Zeitung wirklich ein »Vorbild des Journalismus« und könnte mit mehr Selbstbewußtsein als resignierter Trauer über die vorbildlichen Kollegen der Vergangenheit berichten.

Um Riehl-Heyse zu zitieren: Es wäre »ein Wunder – übrigens ein ermutigendes«.

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Walter Lachenmann

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Walter Lachenmann
27.12.2001 00.29
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Vielleicht liest es wenigstens hier jemand...

Brief an Herrn Hermann Unterstöger, Süddeutsche Zeitung


Betrifft: Würdig war es und recht (SZ-Weihnachtsausgabe)


Sehr geehrter Herr Unterstöger,

auf die Gefahr hin, daß ich bei Ihnen im Hause schon als Dauerbriefschreiber verschrieen bin, was aber vielleicht gar nicht der Fall ist, weil Ihre Poststelle vielleicht schon angewiesen ist, alle von mir kommende Post gleich in den Schredder zu stecken, möchte ich Ihnen zu Ihrem oben genannten Beitrag einige Gedanken mitteilen.
Da nennen Sie die Rechtschreibreform »das andere große Schmerzthema«, und in der Tat ist es dieses. Leider vernachlässigen Sie dann die Sachlichkeit, wo Sie »die Lage« »kurz skizziert« darstellen. Die »Doppelschreibung« hat sich keineswegs aus der Rückkehr der FAZ zur alten Rechtschreibung ergeben, sondern sie besteht völlig unabhängig von diesem Vorgang seit der Einführung der Reform. Zum einen schreiben die meisten Menschen, die nicht beruflich zur neuen Schreibung angehalten sind, weiterhin so wie sie es gelernt haben, und wenn Sie sich anschauen, wie es die Buchverlage handhaben, so werden Sie feststellen, daß so gut wie alle seriöseren Verlage, deren Bücher eine literarische Qualität oder eine längere Wirkungsdauer beanspruchen, bei der alten Rechtschreibung geblieben sind (Suhrkamp, Hanser, Beck, Ammann, Wagenbach, Diogenes, Aufbau usw.), andere wieder publizieren in verschiedenen Orthographien, aber meistens dann in der nicht reformierten, wenn an den Text höhere Ansprüche und eben die Erwartung einer längeren Nutzungs- und Wirkungsdauer gestellt werden. Auffällig ist das beim »Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel«. Alle tagesaktuellen Sachen sind in einer abgemilderten Reformorthographie gehalten, alles was dafür gedacht ist, daß es auch noch von späteren Generationen gelesen wird, also die Beilagen »Buchhandelsgeschichte, Antiquariat, Archiv« usw. sind unreformiert. C.H. Beck bleibt auch deshalb bei der herkömmlichen Orthographie, weil sonst die Eindeutigkeit der Gesetzestexte bzw. der Kommentare gefährdet werden könnte bzw. Widersprüche im Fachvokabular entstehen. So hat sich Beck dieser Tage bei der Redaktion des Bundesgesetzblattes über die Schreibung »aufwändig« beschwert, weil dies nicht plausibel ist im Zusammenhang mit der unter Juristen üblichen Terminologie, wo man nicht von »Aufwand« (was ja schon der abgeleitete Begriff ist, von dem nun wiederum das dußlige »aufwändig« abgeleitet werden soll) spricht, sondern von »Aufwendungen«. Soll das nun auch »Aufwändungen« geschrieben werden? Sie wissen selbst, daß die Reform eine Unzahl solcher unsinniger Dinge zutage gefördert hat, Sie müssen ja nur Tag für Tag Ihre eigene Zeitung lesen.

Als »nationale Spaltung« hat noch kein ernstzunehmender Reformgegner das Problem mit der neuen Rechtschreibung bezeichnet. Wenn Sie Ihre Leser dies glauben machen wollen, mißbrauchen Sie Ihre Autorität des Journalisten, dem man eine besondere Informiertheit unterstellt, stellen die Reformgegner als nationale Spinner hin, und Sie verfälschen das wahre Anliegen, das sehr wohl ein kulturelles ist, aber nicht im unterstellten Sinne ein »nationales«. »Beide Varianten werden zügig weggelesen« – damit sagen Sie in Wirklichkeit überhaupt nichts (wie geht eigentlich »weglesen«?), aber der Eindruck wird erweckt, der heutige Leser lese über alle orthographischen Formen sowieso hinweg, es käme also darauf überhaupt nicht an, oder er akzeptiere alle gleichermaßen. Und dann behaupten Sie noch etwas völlig Falsches, nämlich die Reform habe die »ohnedies verbreitete Rechtschreibunsicherheit offenbar potenziert«. Dabei gab es vor der Reform doch gar keine nennenswerte Rechtschreibunsicherheit, und das wissen Sie genauso gut wie ich! Jede Sekretärin hat so gut wie fehlerfrei geschrieben, auch die meisten Journalisten und Autoren, und die ansonsten in Schriftstücken aller Art vorkommenden Rechtschreibfehler waren minimal, schon gar im Vergleich zu der jetzigen Situation. Ich könnte Ihnen Rechnungen zeigen über Korrekturkosten, die bei Verlagen entstanden sind, nur weil in »neuer« Rechtschreibung gelieferte Manuskripte weder neu noch alt, sondern schlichtweg chaotisch abgefaßt waren. Das gab es vorher nicht. Im Augenblick hatte ich das Vergnügen, einen »reformiert« verfaßten Text wieder in »alt« zurückzukorrigieren, weil es sich um ein Geschichtswerk handelt, das auch für spätere Leser den Anstrich der Zeitlosigkeit haben, also nicht veraltet wirken soll. Und die von Ihnen immerhin eingeräumten Narreteien gab es vor der Reform schon gar nicht.

Wie der Teufel das Weihwasser scheinen Sie und Ihre Kollegen die Idee des angesichts dieser Situation einzig vernünftigen Weges zu scheuen: die Rückkehr zu den bewährten Regeln, zu der Orthographie, in der die gesamte Literatur, das gesamte Wissen der letzten Jahrhunderte überliefert ist. Stattdessen meinen Sie, man solle »aus prima und seconda prat(t)ica etwas gebrauchsfähiges Drittes destillieren.« Als ob es das »Gebrauchsfähige« nicht schon seit über 100 Jahren gäbe!

Es geht mir nicht in den Kopf hinein, warum die SZ-Journalisten, die von mir über Jahrzehnte für ihre Klugheit und ihren pragmatischen Verstand, auch für ihren Mut in heiklen Diskussionen geschätzt worden sind, hier, wo ihre eigene Arbeit in einer ganz substantiellen Dimension betroffen ist, sich so bemühen, dem Affenjäckchen partout einen Sinn und Reiz abzugewinnen. Kein Schreiner würde sich sein Handwerkszeug und seine Materialien so verderben lassen, wie man es den Journalisten mit ihrem ureigensten Medium, der Sprache, zumutet. Die finden sogar noch beschönigende Worte für ihre professionelle Erniedrigung. Ich weiß, daß wie ich viele Ihrer Leser tief hiervon enttäuscht sind. Eine Hoffnung schließe ich diesem Brief nicht an. Die SZ hat die Chance vergeudet, sich hier in ihrer traditionellen Intelligenz und Unabhängigkeit zu qualifizieren, sie wird jetzt nicht mehr zugeben wollen, daß sie einen riesigen Fehler gemacht hat. Ich werde auch auf diesen Brief, wie auf alle anderen, keine Antwort bekommen. Darauf kann man sich seinen Vers ja machen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Walter Lachenmann
__________________
Walter Lachenmann

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Jörg Metes
18.09.2001 16.16
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Der Suhrkamp Verlag antwortet


Von: Suhrkamp Verlag
An: Jörg Metes

19.9.01 (per Email)

»Sehr geehrter Herr Metes,

wir freuen uns stets, wenn unsere Bücher (in diesem Fall Texte) von aufmerksamen und kritischen Leserinnen und Lesern begleitet werden; vielen Dank für Ihre Mails zum Abdruck von Adornos „Minima Moralia“ in der Süddeutschen Zeitung, die mir leider erst heute weitergeleitet wurden.

Natürlich haben wir der neuen Rechtschreibung beim Abdruck nicht zugestimmt. Aufgrund von herstellerischen Techiken scheint es aber der Süddeutschen nicht möglich, einen Text, der neu erfaßt werden muß, in alter, das heißt, richtiger Orthographie zu bringen. Unsere Hinweise diesbezüglich konnten, so die Zeitung, nicht umgesetzt werden. Hätten wir darauf bestanden, hätte die Serie eingestellt werden müssen, auch dies wollten wir nicht: nicht zuletzt wegen der Leser. Ein Dilemma, das wir nur in unseren eigenen Bücher lösen können. Sollten wir die Serie als Taschenbuch veröffentlichen, werden wir Adorno selbstverständlich in der Adornoschen Orthographie drucken.

Ich hoffe aber, daß die Kurzweil bei der Lektüre insgesamt den Ärger überstimmt hat.

Mit freundlichem Gruß
Wolfgang Schneider

Wolfgang Schneider
Suhrkamp Verlag
Tel:069-75601-235/Fax:-314«

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Jörg Metes
17.09.2001 11.33
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Das Sekretariat des Feuilletonchefs antwortet

Von: Jörg Metes
An: Süddeutsche Zeitung
27.08.01 (per Email)

»Betreff: Neue deutsche Rechtschreibung

Sehr geehrte Damen und Herren,

vor zwei Wochen habe ich per Email schon einmal beanstandet, daß in Ihrer Serie „Minima Moralia“ die Texte Theodor W. Adornos nicht so wiedergegeben werden, wie es sich gehört. Sie werden mit Korrekturen wiedergegeben, die der neuen deutschen Rechtschreibung folgen. Ich habe Sie darauf hingewiesen, daß das nun gerade nicht die Art ist, in der Adorno selbst mit fremden Texten umzugehen pflegte. Ich habe Sie außerdem darauf hingewiesen, daß Sie die neue Rechtschreibung nicht einmal korrekt umsetzen, sondern mehrfach auch Schreibweisen unkorrigiert lassen, die den neuen Regeln zufolge falsch sind („Mißform“ statt neu: „Missform“, „zuviel“ statt neu: „zu viel“; „das Essentielle“ statt neu: „das Essenzielle“).

Mein Schreiben hat Sie leider nicht von Ihrer Linie abbringen können. Sie haben weiterhin etwa „daß" zu „dass“, „selbständig“ zu „selbstständig“ und „stehenbliebe“ zu „stehen bliebe“ korrigiert, aber ebenso weiterhin andere Schreibweisen, die gleichfalls den neuen Regeln zufolge falsch sind, stehengelassen: zum Beispiel „sinnverleihende“ (richtig wäre jetzt: „Sinn verleihende“), „des Immergleichen“ („des immer Gleichen“), „einem schon Daseienden“ („einem schon da Seienden“).

Wenn Sie das eine aber in der herkömmlichen Rechtschreibung stehenlassen – warum dann nicht auch das andere? Nach welchen Überlegungen oder Richtlinien gehen Sie vor? Gibt es überhaupt Überlegungen oder Richtlinien, oder gibt es nur ein mangelhaftes Korrekturprogramm, durch das alle in der SZ erscheinenden Texte gleichwohl hindurchmüssen? Wenn letzteres die Erklärung ist – wie aber kommt es dann, daß andererseits die in der SZ-Serie „Stadtansichten“ zitierten Schriftsteller allem Anschein nach nicht in die neue Rechtschreibung übersetzt werden? Wenn Sie Oskar Panizza ein „laßt“, ein „bißchen“ und ein „ißt“ stehenlassen können und Franz Hessel sogar ein „daß" – warum um alles in der Welt dann aber nicht einem Theodor W. Adorno?

Für Aufklärung wäre ich Ihnen wirklich dankbar.

Mit freundlichen Grüßen
Jörg Metes«



Von: Süddeutsche Zeitung
An: Jörg Metes
30.08.01 (per Email)

»Betreff: Adornos Texte

Sehr geehrter Herr Metes,

in der Regel passen wir unsere Texte der neuen Rechtschreibung an, aber wir haben sie nicht ausnahmslos in allen Punkten übernommen.
Die große Gemeinde der Anhänger Adornos und der kritischen Theorie hatten [sic] bisher keine Einwände gegen die Anpassung an die neue Rechtschreibung. Allerdings müssen wir einräumen, dass es bisland [sic] noch nicht einheitlich so gehandhabt wird, wir [sic] man auch an den von ihnen [sic] zitierten Beispielen sieht. Auf Dauern [sic] kann diese Halbherzigkeit natürlich keinen Bestand haben.

Mit freundlichen Grüßen

i.A. Nadja Henle
Sekretariat Dr. Zielcke
Feuilleton«

__________________
(Ich habe nachgehakt, aber noch keine weitere Antwort bekommen, ebensowenig wie auf mittlerweile drei Anfragen beim lizenzgebenden Suhrkamp Verlag. Was die SZ-Serie „Stadtansichten“ angeht – eine Serie über die Stadt München in der Literatur –, so gab es in der zwar Folgen, in denen wie oben gesagt korrekt zitiert, aber ebenso auch Folgen wie die über den 1998 gestorbenen Büchner-Preisträger Hermann Lenz, in der ein „daß" wieder als „dass“ zitiert wurde. Lenz war auch Mitunterzeichner der „Frankfurter Erklärung“.)

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Walter Lachenmann
12.09.2001 06.01
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Die Hunde sind schuldig

Die SZ kündigte diesen Film, der gestern bei ARD gezeigt wurde, falls man das Programm nicht wegen der Ereignisse geändert hat, mit u.a. den folgenden Worten an:

Bulettenverkäufer Engelbrecht hasst Hunde – schlechte Vo-raussetzung für den zweiten Frühling mit der Tier liebenden Dame. Eine pfiffige Groteske.

Nun: Grotesk ja, pfiffig weniger.

Denn wenn ich diesem Schunde huldig',
dann sind doch nicht die Hunde schuldig!
__________________
Walter Lachenmann

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Walter Lachenmann
10.09.2001 08.58
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Auf die SZ ist »Verlass«!

Exzesse einer verwilderten Orthographie

Erst mochte ich meinen Augen nicht trauen: In der »SZ am Wochenende« vom 8./9. September 2001, in einem feuilletonistischen Beitrag von Thomas Blubacher mit dem Titel Exzesse eines verwilderten Genies finde ich schon in der vierten Zeile ein Schluß, jawohl – mit dem guten alten »Schluß-Eß«. Was ist los? Hat man sich bei der SZ die Kritik an den von ihr gnadenlos in Reformdeutsch konvertierten Zitaten von Adorno (zu dem Horkheimer gesagt haben soll: »Deutschland braucht dringend einen glänzenden Kopf wie Sie«, aber das gehört nicht hierher), hat sich mein Raufgeselle Podak, dessen stärkste Waffe das Schweigen ist, hat er sich eventuell doch durch den Kopf gehen lassen, daß man Zitate, schon gar von Adorno, dem glänzenden Kopf, nicht nach neuer Staatsschreibung verunstalten darf? Kurz: Steht das schöne »Schluß« etwa innerhalb eines Zitates, und ich habe das bloß nicht gemerkt? Also die Augen wieder vier Zeilen nach oben geschoben: kein Anführungszeichen, was kein Wunder ist, denn der Text beginnt mit einem Initial-A, das über die bereits zurückgelegten vier Zeilen ragt, wo sollte da noch ein Anführungszeichen hinpassen? Gegenprobe nach unten: Tatsächlich, da kommt zwar noch ein schönes »daß«, aber dann steht da ein »Anführungszeichen Ende«. Also ist es doch ein Zitat, und die SZ ist zur Zitierredlichkeit zurückgekehrt, die hier bei uns ja so ein heiliges Gut ist, daß keiner es je wagen würde, es zu unterlassen, dem »Mitstreiter« auf die Finger zu klopfen, wenn nicht alles, alles, alles, was in einem Text, aus dem zitiert wird, vorkommt, wiederholt wird (und selbst dann noch, aber das gehört auch nicht hierher). Kurzum: es handelte sich bei »Schluß« und »daß« um ein Zitat. Naja, immerhin wird jetzt ordentlich zitiert, das wollen wir doch loben. Also lese ich weiter. Aber was kommt da? (Das Zitat ist wohlgemerkt zu Ende.) Es kommt ein »muß«, es kommen »die goldenen Zwanzigerjahre«, »der gutaussehende Sohn«, »hermelinbezogene Sitze«, ein »hochbegabter Cellist«, dann allerdings doch eine Trennung »sto-ckend«, »ernst nahmen«. Nein, nicht daß ab da der Redakteur sich auf seine Treuepflicht besonnen hätte, es geht munter weiter mit »mußte«, »wußte«, doch dann – ach je! – folgen leider leidige »dass«, »musste«, »fliessende Grenzen« – Halt mal! Da stimmt doch was nicht! »Fliessende Grenzen«!? Zurück zum Anfang der Passage. Es handelt sich um – Zitate! Von Emigranten in New York! Die konnten ja gar nicht anders, denn amerikanischen Schreibmaschinen hatten bekanntlich keine Taste mit dem deutschen Dreierles-ß. Bemerkenswerte Zitat-Treue der SZ oder – Zitat-Reue?

Für diejenigen, die noch ein bißchen dableiben wollen, habe ich noch eine Geschichte. In der SZ vom 10. September lesen wir »Koch fordert Respekt vor der deutschen Fahne«. »Schüler sollen das Deutschlandlied können«. Man unterstellt in Kreisen des »Blauen Kreuzes«, das sich dem Kampf gegen den Alkoholismus verschrieben hat, dieses Machtwort aus Hessen käme nicht von ungefähr gerade kurz vor dem Oktoberfest, da der hessische Ministerpräsident u. a. im Aufsichtsrat der DBfG, der aus der einstigen BfG (Bank für Gemeinwirtschaft) hervorgegangenen und umbenannten »Daten-Bank für Gemeinplätze« säße, die die bayerische Brauereiwirtschaft fest in der Hand häbe (»Krake DBfG«). Durch vermehrte Ausgabe deutschen Gerstensaftes solle so dafür gesorgt werden, daß die vielen Schulkinder beim Ausflug aufs Oktoberfest bei jeder Fahne, die ihnen entgegenweht, das Deutschlandlied anstimmen müssen, und somit dieses bald auswendig können.

Eine weitere brisante Meldung kommt aus Kreisen, die sich ihre demokratischen Wertdefinitionen beim »Bundesamt für Vermassungsstuss« abholen. Dort wurde angeblich ein Amtsersuchen an das IDS auf den Weg gebracht, man möge doch das Lemma linksradikal ändern in links radikal und analog verfahren für alle anderen Himmelsrichtungen. Wie den Schulanfängern und Lese-/Schreibschwachen die neuen Schreibungen der Rechtschreibreform, würde diese neue Schreibweise, die somit ja auch in die Amtstexte des BfV Einzug hielte, den Beamten die Überwachungsarbeit erheblich erleichtern, denn man könne dann diejenigen, die mit links radikal geschorenem Schädel herumlaufen eindeutig als links radikal einordnen, und analog könne dies für alle anderen Himmelsrichtungen gelten und im erweiterten Sinne »selbst verständlich« auch für »links extrem«. Leute mit Extremitäten auf der linken Körperseite seien damit deutlich entlarvt und dasselbe gälte analog für alle andern Himmelsrichtungen. Herrn Heller soll bei der Lektüre dieses Gesuchs vor Entsetzen das gesamte Haupthaar erst auf der einen, dann auf der andern Seite ausgefallen sein, so daß er jetzt eine verblüffende Ähnlichkeit mit Adorno aufwiese, wobei Verwechslungen aus vielen Gründen völlig ausgeschlossen seien, nicht zuletzt weil Adorno einen schütteren, kaum wahrnehmbaren Haarkranz doch noch immer gehabt häbe und außerdem nicht mehr läbe.

Den Älteren unter uns ist der unvergessene liberale Demokrat Erich Mende vielleicht noch in Erinnerung. Als er eines Tages den Saal des Bundestags betrat, rief der SPD-Abgeordnete Carlo Schmidt, ein bedeutender Schöngeist, der nicht nur das wohlgeformteste Deutsch sprach sondern dieses ausschließlich in gereimter Form, entsetzt aus:

Wo kommt denn bloß der Mende her?
Der hat ja keine Hände mehr!

P.S.: Wie mir meine Großmutter soeben mitteilen läßt, war dies nicht Carlo Schmid (so schrieb sich der nämlich) sondern der CSU-Abgeordnete Handlos. Wo wir doch so präzise zitieren wollen, mit korrekten Quellenangaben.
– geändert durch Walter Lachenmann am 11.09.2001, 14:26 –
__________________
Walter Lachenmann

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Jörg Metes
31.08.2001 13.55
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Beistand für Adorno


(Ich habe den Leserbrief – erschienen in der SZ vom 30.8.01 – schon bei den Nachrichten/Artikeln eingetragen, stelle ihn hier aber auch noch her : )

„So sehr die Begegnung mit Theodor W. Adornos „Minima Moralia“ nach 50 Jahren erstaunt und erfreut – nicht zuletzt durch die verständigen Kommentare, die alles anschaulich auf die Höhe der Gegenwart heben –, so befremdlich wirkt auf den Leser die Tatsache, dass die SZ sich nicht scheut, diese ja fast schon kanonischen Texte der Moderne ins Korsett des „Regelwerks“ der Rechtschreibreform zu zwingen, mit der sie täglich den treuen Leser schockt.

Die „Gräuel“ der Vergangenheit und der Gegenwart gehören zum Repertoire einer Tageszeitung, und man nimmt sie zähneknirschend hin. Aber nimmermehr hätte Adorno „platzieren“ und „selbstständig“ geschrieben. So viel Entfremdung war nie!

Er kann sich ja nicht dagegen wehren. Möge sein rächender Geist als Gespenst nächtens den Schuldigen im Traum erscheinen!

Der Umgang mit dem Text der „Minima Moralia“ verdient das Prädikat „Summa arrogantia“! Leider!

Ursula Flügler, Offenburg“

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Manfred Riebe
27.08.2001 22.42
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Ein öffentliches Bekenntnis Joachim Kaisers

In einem Kommentar hatte der Mitherausgeber der Süddeutschen Zeitung, Joachim Kaiser, kopfschüttelnd zur Kenntnis genommen, daß die immer konfuseren Verteidigungsargumente der fortwährend verstohlen nachbessernden Reformer ja längst wie taktische oder fanatische Aktionen von Leuten wirken, die ihre Investitionen retten wollen. Höhepunkt der Reform-Reformiererei sei die Zulassung von mehr Varianten. Die „vermaledeite Rechtschreibreform“ sei durch die von ihr angerichtete Verwirrung längst gescheitert, habe sich selbst gekippt (Joachim Kaiser: Schwere deutsche Brache. Unsere Rechtschreibreform: Auch Verwirrung ist ein Scheitern. In: SZ 09.01.98, S. 11).

Dieses öffentliche Bekenntnis Kaisers erfolgte nach dem Bekenntnis der Reformer, daß Korrekturen unumgänglich notwendig seien. Zu diesem Zweck hatten die Reformer zu einer Anhörung am 23. Januar 1998 in Mannheim eingeladen. „Joachim Kaisers neue Kleider“ zeigen, daß ein einmaliges öffentliches Bekenntnis nicht genügt, um einen Kleiderzwang zu verhindern. Ein solcher Artikel eines Mitherausgebers ist eigentlich ein deutliches Signal, auch für Journalisten. Aber gegen den Rechtschreibunsinn muß man ständig protestieren, sonst wird der einmalige Protest vergessen. Joachim Kaiser hätte sich nicht dazu zwingen lassen dürfen, die häßlichen Kleider (die fehlerhafte, lächerliche Beliebigkeitsschreibung) anzuziehen. Ein Joachim Kaiser hätte es auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ankommen lassen können.


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Manfred Riebe
27.08.2001 20.41
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Deutschlands Bekenner

Da Joachim Kaiser „Professor“ ist, habe ich einmal nachgeschaut, was das eigentlich heißt:

„Professor“ bedeutet wörtlich „wer sich (berufsmäßig und öffentlich zu einer wissenschaftlichen Tätigkeit) bekennt“. Zugrunde liegt das lateinische Verb pro-fiteri "öffentlich bekennen, erklären“ (Aus: Der Große Duden, Band 7: Etymologie, Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache).

Es gibt sogar ein Buch über deutsche Professoren mit dem Wort „Bekenner“ im Titel:
Hans Peter Bleuel: Deutschlands Bekenner: Professoren zwischen Kaiserreich und Diktatur, Bern, 1968.

Wozu sollten sich Professoren bekennen? Zur wissenschaftlichen Wahrheit natürlich. Im Falle der Rechtschreibreform herrscht aber bei den Sprachprofessoren das große Schweigen im Walde, so als ob es um Kopf und Kragen ginge. Löbliche Ausnahmen bestätigen die Regel.

Über Professoren und ihr öffentliches Bekennen oder Nichtbekennen der wissenschaftlichen Wahrheit gestern, heute und morgen sollte man nachdenken. Bekenner sollten Vorbilder sein.

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Manfred Riebe
27.08.2001 09.00
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"Die nicht beachteten Unterzeichner der Frankfurter Erklärung"

Friedrich Denk initiierte für die Initiative „Wir gegen die Rechtschreibreform“ eine ganzseitige Anzeige in der „Süddeutschen Zeitung“ und im „Münchner Merkur“: „Münchner Erklärung zur Rechtschreibreform“. In: Süddeutsche Zeitung 30.11.1996, S. 7

Darin führte er unter der Überschrift „Die nicht beachteten Unterzeichner der Frankfurter Erklärung“ diese auf und fragte unter anderem: „Warum wurde der Protest von Alfred Brendel, Dietrich Fischer-Dieskau, Abt Odilo Lechner und Weihbischof Max Zieglbauer, der Juristen Rolf Gröschner, Peter Lerche und Klaus Vogel, von Hildegard Hamm-Brücher, Joachim Kaiser, Siegfried Unseld oder Roger Willemsen überhört?“

Geld regiert die Welt! Die Fäden der Politik werden im Hintergrund von den Herrschern der Medienkonzerne gezogen. An diesen Spendenfäden tanzen machtgierige Politiker in Schlüsselpositionen wie die Marionetten. Man sollte die Kohl-Kanther-Schäuble-Spendenaffäre nicht vergessen, die zeigt, daß keineswegs alle Spenden in den offiziellen Spendenlisten des Deutschen Bundestages aufgeführt sind. Es war interessant zu beobachten, von welchen Medienzaren Helmut Kohl wegen der Schwarzgeld-Affäre hinterher Geld erhielt.

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Reinhard Markner
27.08.2001 02.05
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Wußte gar nicht, daß die SZ auch Herausgeber hat, ich dachte immer, das Blatt werde von Textgeneratoren selbsttätig erzeugt . . .
Joachim Kaiser hat öffentlich Widerstand geleistet, ganz in dem Sinne, wie deutsche Intellektuelle »Widerstand« zu verstehen pflegen, nämlich durch Ableistung einer Unterschrift. Respekt ! Mehr war nicht ernstlich zu erwarten.
Was die Bindestriche angeht, so stehen wir hier wieder vor dem Phänomen der Abweichungen, die manchmal rätselhaft, aber immer interessant sind. Deshalb hat sich ihnen Professor Ickler auch gewidmet. Gerade die großen Tageszeitungen sind von einem Korrektorat kaum zu beherrschen, so daß sich das Sprachgenie ebenso wie das Unvermögen der Redakteure hier immer wieder Bahn bricht. Im vorliegenden Falle können wir vorläufig einmal annehmen, daß die (weitgehende) Befolgung der Rechtschreibreform nicht nur forcierte Auseinanderschreibungen, die vom amtlichen Regelwerk gar nicht vorgesehen werden, sondern eben auch nie zuvor gesehene Koppelungen ehedem selbstverständlich zusammen geschriebener Wörter zur Folge hat.

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