Logen?
23.9.2004 R. M.
KOMMENTAR
Logen
Herr Dräger hat völlig recht. Bei der Durchsetzung der Rechtschreibreform waren Logen im Spiel. Sie tragen geheimnisvolle Abkürzungen, mit denen sie ihr Treiben bemänteln : CDU, CSU, SPD, ÖVP, SPÖ . . . Man beachte, daß es immer drei Buchstaben sind ! Das hat sicher eine verborgene Bedeutung. Es sind in diesem Umfeld auch Fälle von Seelenwanderung bekanntgeworden, im Logenjargon spricht man von „Fraktionswechsel“.
Keine Satire 23.9.2004 M. Dräger
KOMMENTAR
Schröders Verständnis für die „Reformgegner“
... im Wandel der Zeiten
Schröder hat sich bereits 1995, als er noch Ministerpräsident von Niedersachsen war, von der Rechtschreibreform distanziert. Er meinte damals, so sinngemäß, es sei nicht einzusehen, wofür man überhaupt so eine Reform brauche. Konkrete Schritte hat er aber unterlassen.
Man muß Schröder aber auch zugutehalten, daß ein Ministerpräsident nicht unbedingt in der Lage sein muß, das ganze Ausmaß eines künstlichen Eingriffes in eine bestehende orthographische Ordnung abschätzen zu können, und daß er sich hier in erster Linie auf die Vorarbeiten der Fachleute verläßt. Meistens geht das ja auch gut, in diesem, leider ziemlich entscheidenden Fall, ging es gründlich daneben.
Schröder hat 1998 allerdings einen Matchball in die Hand gespielt bekommen, mit dem er die Reform vom Platz hätte schicken können: Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtes Hannover in Sachen Rechtschreibreform Verfahren Ahrens ./. Kultusministerium Niedersachsen , das die Unzulässigkeit der Rechtschreibreform für den Schulunterricht feststellte, setzte Schröder, gegen den Widerstand seines Kultusministers Wernstedt, die Reform für ganz Niedersachsen aus. Soweit, so gut.
Nach dem Urteil des BVerfG, das den Kultusministern eine Art Persilschein ausstellte, hatte es Schröder aber eilig, die Reform in Niedersachsen wieder in Kraft zu setzen.
Er hätte sich aber keinen Zacken aus der Krone gebrochen, und niemand hätte ihn daran hindern können, vor der Wiederaufnahme der Rechtschreibreform erst einmal den Ausgang des Volksentscheides im benachbarten Schleswig-Holstein abzuwarten. Das war so offensichtlich, so naheliegend, daß meine als Vertrauensmann der schleswig-holsteinischen Initiative ihm schriftlich vorgetragene Bitte, mit einer Entscheidung in Niedersachsen bis zum Volksentscheid in Schleswig-Holstein zu warten, eigentlich überflüssig gewesen war.
Wenn man den Versuch der Durchsetzung der Rechtschreibreform über die letzten Jahre zurückverfolgt, fällt auf, daß da immer wieder die gleichen Namen auftauchen, zum Teil bis in die 80iger Jahre hinein.
Ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, daß die ganze Sache von anderer Warte eingefädelt worden ist, daß die Oberen von Logen hier nicht nur ihre Hände im Spiel haben, sondern entsprechende Direktiven ausgegeben haben.
Diese Logen gibt es wirklich, und sie sind bitte nicht mit den öffentlich bekannten eher harmlosen Freimaurer- oder Rosenkreuzergesellschaften mit Eintrag im Telefonbuch zu verwechseln. Die Logen, die ich meine, stehen nicht im Telefonbuch! Sie sind streng hierarchisch gegliedert, und die Mitglieder können weißgott nicht das machen, was sie wollen, sondern sind dem Oberen verpflichtet, und dessen Parole heißt: In meiner Loge kann jeder machen, was ich will.
Bis zur Abschaffung des §128 StGB (Geheimbündelei) waren Logen gesetzlich nicht zulässig. Daran, daß diese Gesellschaften sich dennoch bis in unsere Zeit erhalten haben, kann man unschwer erkennen, daß für sie ihre innere Satzung Vorrang hat vor den bundesdeutschen Gesetzen, und seien es die Strafgesetze.
A propos Strafgesetze: Nur ein kleiner Hinweis, daß diese Logen nicht von Pappe sind: Dieser Tage wurde mir die Geschichte eines Logenmitgliedes berichtet, der wegen Verstoßes gegen die Satzung bestraft werden sollte immerhin mit dem Tod, und das von seiner eigenen Loge. Er wandte aber eine List an: Am Tag, als das Urteil vollstreckt werden sollte, bat er darum, daß er sich vorher noch die Schuhe zubinden dürfe... Er wurde danach in seiner Stadt bekannt als der Mann, der komischerweise immer mit einem offenen Schuh herumlief.
Ich würde mich nicht wundern, wenn auch heute noch die Logen einen maßgeblichen Einfluß auf die Gestaltung unserer Gesellschaft haben. Man könnte einwenden, daß ein Politiker unserer Tage doch gar nicht mehr die Zeit hat, sich mit seinen Kollegen zu treffen, und daß so etwas gar nicht unbemerkt geschehen könne.
Dieser Einwand ist berechtigt, wenn man die Fähigkeiten dieser Leute gründlich unterschätzt. Um irgendwo hinzukommen, um sich abzusprechen, brauchen diese Herrschaften weder Dienstwagen noch Telefon.
Esoterische Spökenkikerei? Für manche Leser ganz gewiß. Für mich aber nicht. Ein ehemaliges Logenmitglied hat mir bestätigt, daß es durchaus üblich ist, gelegentlich den Körper zu verlassen. Wozu das gemacht wird, habe ich nicht weiter gefragt. Dazu hat aber Jung-Stilling etwas erzählt (aus Willy Schrödter, Historietten, 2003):*
Was bleibt, sind Fragen, eine ganze Reihe von Fragen.
Warum hat der jetzige Präsident des BVerfG seinerzeit erkennbar das Verfahren an sich gezogen, um erst verlautbaren zu lassen, man wolle sich nicht zum Obergutachter über die Sprache aufschwingen, um aber dann, nach einer sehr unausgewogenen Anhörung, nach Rückzug der Klage (!), dennoch ein Urteil zu sprechen, das selbst für juristische Laien zahlreiche Schnitzer enthält, damit also genau das macht, was man vorher verneint hat.
Ich traue diesen Leuten nicht mehr, daran ändert auch eine Mitgliedschaft im Rotary-Club (wie bei Jürgen Papier) nichts. Seine (Herrn Papiers) Bitte um Verständnis, daß das Urteil zur Rechtschreibreform einige Tage vor seiner Verkündung bekanntgeworden ist, da eine Vielzahl von Mitarbeitern mit der Ausfertigung befaßt seien, kann man gelten lassen. Nicht gelten lassen kann man dagegen die Praxis, daß bei zu erwartenden Urteilen des BVerfG die Vorsteher der Abgeordnetenbüros in Karlsruhe anrufen können, um sich den Tenor des Urteils durchgeben zu lassen. Das war so Ende der 90iger Jahre, und mir ist nicht bekannt, daß diese Unsitte mittlerweile abgestellt worden sei.
* JUNG-STILLING
Johann Heinrich Jung (1740-1817), zubenannt ‚Stilling‘, war ursprünglich Schneider, dann Lehrer und Landwirt, nach Studium in Straßburg (woselbst er 1770 mit Goethe und Herder zusammentraf) Arzt, bekannter Star-Operateur in Elberfeld, von 1787-1803 Professor der Kameralwissenschaften in Marburg a. d. L.; dann in Heidelberg mit dem Titel eines Hofrates. Seine romantischen Lebenserinnerungen ‚Heinrich Stillings Leben‘ (1806 u.ö.), deren ersten und besten Teil Goethe überarbeitet 1777 herausgab, sind durch liebevolle Kleinarbeit zeitgeschichtlich interessant, besonders für den Pietismus in der deutschen Familie, wie er denn auch als pietistischer Liederdichter und Erzähler hervorgetreten ist.
Darin erzählt er:
„An einem Morgen im Frühjahr 1796 kam ein junger schöner Mann in einem grünen seidenplüschenen Kleide, schönen Stauchen und seidenem Regenschirm nach Ockershausen in Stillings Haus; dieser Herr machte Stilling ein Kompliment, das eine feine und sehr vornehme Erziehung verriet. Stilling erkundigte sich, wer er sei – und erfuhr, daß er der merkwürdige ... war; Stilling wunderte sich über den Besuch, und seine Verwunderung stieg durch die Erwartung, was dieser äußerst rätselhafte Mann vorzubringen haben möchte. Nachdem sich beide gesetzt hatten, fing der Fremde damit an, daß er Stilling wegen einem Augenkranken konsultierte; indessen sein Anliegen drückte ihn so, daß er bald zu weinen anfing, Stilling bald die Hand und bald den Arm küßte und dann sagte: ‚Herr Hofrat. Nicht wahr, Sie haben „Das Heimweh“ geschrieben?‘ – ‚Ja! Mein Herr!‘
Er: ‚So sind Sie einer meiner geheimen Oberen‘ (er küßte Stilling wieder die Hand und den Arm und weinte fast laut).
Stilling: ‚Nein! lieber Herr ...! Ich bin weder Ihr noch irgendeines Menschen geheimer Oberer – ich bin durchaus in keiner geheimen Verbindung.‘ Der Fremde sah Stilling starr und mit inniger Bewegung an und erwiderte: ‚Liebster Herr Hofrat! Hören Sie auf, sich zu verbergen, ich bin lang genug und gar genug geprüft worden; ich dächte doch, Sie kennen mich schon!‘
Stilling: ‚Liebster Herr ...! Ich bezeuge Ihnen bei dem lebendigen Gott, daß ich in keiner geheimen Verbindung stehe und wahrlich! – nichts von dem allen begreife, was Sie von mir erwarten.‘
Diese Äußerung war zu stark und zu ernstlich, als daß sie den Fremden in Ungewißheit hätte lassen können; jetzt war nun die Reihe an ihm, zu staunen und sich zu verwundern, er fuhr also fort: ‚Also so sagen Sie mir doch – woher wissen Sie denn etwas von der großen und ehrwürdigen Verbindung im Orient, die Sie in ‚Heimweh‘ so umständlich beschreiben und sogar ihre Versammlungsörter in Ägypten, auf dem Berge Sinai, im Kloster Canobin und unter dem Tempel zu Jerusalem genau bestimmt haben?‘
Stilling: ‚Von dem allen weiß ich ganz und gar nichts, sondern diese Ideen und Vorstellungen kamen mir sehr lebhaft in die Imagination. Es ist also bloße Fiktion, pure Erdichtung.‘
Er: ‘Verzeihen Sie! – die Sache verhält sich in der Tat und Wahrheit so – es ist unbegreiflich-erstaunlich, daß Sie das so getroffen haben. Nein – das kommt nicht von ungefähr‘
Jetzt erzählte nun dieser Herr die wahren Umstände von der Verbindung im Orient; Stilling staunte und wunderte sich aus der Maßen: denn er hörte merkwürdige und außerordentliche Dinge, die aber nicht von der Art sind, daß sie öffentlich bekannt gemacht werden dürfen ...
Um die nämliche Zeit schrieb auch ein gewisser großer Fürst an ihn und fragte ihn: woher er doch etwas von der Verbindung im Orient wisse? Denn die Sache verhalte sich so, wie er sie im ‚Heimweh‘ beschrieben habe. Die Antwort fiel natürlich schriftlich so aus, wie er sie obigem Fremden mündlich gegeben hatte.“
Übrigens: Paschal Beverly Randolph (1825-1874) bringt in seinem ‚Dhoula Bel‘ (Leipzig, 1922; 83f.) diese Episode aus der englischen Autobiographie Stillings (London, 1858). Kein Geringerer als Gustav Meyrink (1868-1932) hat diesen ‚Rosenkreuzer-Roman‘, wie der Untertitel heißt, aus dem englischen Manuskript übersetzt!
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