Augst & Zabel
Augst und Zabel
Eine Spitzbubengeschichte in vielen Streichen
frei nach Wilhelm Busch
Ach, was muß man oft von bösen
Kindern hören oder lesen.
Wie zum Beispiel hier von diesen
welche Augst und Zabel hießen.
Die, anstatt durch weise Lehren
sich zum Guten zu bekehren,
oftmals noch darüber lachten
und sich heimlich lustig machten. –
– Ja, zur Übeltätigkeit,
Ja, dazu ist man bereit! –
– Menschen necken, Bücher quälen,
Wörter still und heimlich stehlen –
das ist freilich angenehmer
und dazu auch viel bequemer,
als in Kirche oder Schule
festzusitzen auf dem Stuhle. –
Aber wehe, wehe, wehe,
Wenn ich auf das Ende sehe!! –
Ach, das war ein schlimmes Ding,
wie es Augst und Zabel ging.
Mancher gibt sich viele Müh
mit dem deutschen Orthogravieh:
Erst der goldnen Eier wegen,
welche diese Vögel legen,
zweitens, weil man dann und wann
gut Reformen machen kann;
drittens aber nimmt man’s auch
für die Federn zum Gebrauch,
mit viel Tinte und Papier,
denn das bildet manchmal sehr:
Seht, das wollt Ministrin Behler,
und sie tönt von „wenig Fehler“.
Ihrer ‚Hännen‘ waren drei,
ein rotgrüner Hahn dabei.–
Augst und Zabel dachten nun:
Was ist hier jetzt wohl zu tun? –
Ganz geschwinde, eins, zwei, drei,
schneiden sie manch Wort entzwei;
in zwei Teile, jedes Stück
mal groß, mal klein und ganz nach Glück.
Diese binden sie an Fäden,
übers Kreuz, ein Stück an jeden,
und verlegen sie genau
in den Hof der guten Frau. –
Der bunte Hahn, der dies gesehen,
fängt gleich kräftig an zu krähen:
Kikeriki, kikikerikih!
Tak, tak, tak, da kommen sie!
Hahn und Hühner schlucken munter
diese Regelung hinunter;
aber als sie sich besinnen,
konnte keines recht von hinnen.
In die Kreuz und in die Quer
reißen sie sich hin und her,
flattern auf und in die Höh,
ach herrje, herrjemine!
Ach, sie bleiben an dem langen,
dürren Ast des Baumes hangen. –
– und ihr Hals wird lang und länger,
ihr Gesang wird bang und bänger.
Jedes legt noch schnell ein Ei,
und dann kommt der Tod herbei.
Witwe Behler in der Kammer
hört im Bette diesen Jammer;
ahnungsvoll tritt sie heraus:
ach was war das für ein Graus!
„Fließet aus dem Aug, ihr Tränen!
All mein Hoffen, all mein Sehnen,
meines Lebens schönster Traum
hängt in diesem Wörterbaum!“
Demonstrativ mit Trauerblick
kehrt sie in ihr Haus zurück.
Dieses war der erste Streich,
doch der zweite folgt sogleich ...
Jeder gute Kieler kannte
eine, die sich Böhrk benannte.
Alltagsreden, Sonntagsreden,
schöne Worte auch für jeden,
all die netten Phrasensachen
wußte sie mit Fleiß zu machen.
Wie und wo und was es sei,
oben, unten, einerlei
alles macht Ministrin Böhrk,
denn das ist ihr Lebenswörk. –
– Aber Augst und Zabel dachten
wie sie sie verdrießlich machten.
Nämlich vor der Meistrin Hause
floß ein Wasser mit Gebrause.
Übers Wasser führt ein Steg,
zur Rechtschreibinsel geht der Weg.
Augst und Zabel, gar nicht träge,
sägen heimlich mit der Säge,
Ritzeratze! voller Tücken,
in die Brücke Wörterlücken.
Als nun diese Tat vorbei,
erhebt das Volk ein groß Geschrei:
„He, heraus, du ‚Gämsen‘-Böhrk!
Frau Minister, meck, meck, meck!“ –
Und schon ist sie auf der Brücke.
Kracks, die Brücke bricht in Stücke!
Wieder tönt es: „Meck, meck, meck!“
Plumps, die Ministerin ist weg!
Dieses war der dritte Streich,
doch der vierte folgt sogleich...
Also lautet der Beschluß:
daß der Mensch was lernen muß. –
nicht allein das ABC
bringt den Menschen in die Höh;
nicht allein im Schreiben, Lesen
übt sich ein vernünftig Wesen,
sondern auch die frommen Lehren
muß man mit Vergnügen hören.
Daß dies mit Verstand geschah
war der Zehetmair da. –
Augst und Zabel, diese beiden,
mochten ihn darum nicht leiden.
Nun war dieser brave Lehrer
vom starken Tobak ein Verehrer.
Augst und Zabel unverdrossen
sinnen aber schon auf Possen.
Als er ohne Taktgefühle
heimlich übt am Orgelspiele,
imitiert Vorgänger Maier
mit recht ‚gräulichem‘ Geleier,
füllt der Augst nun – stopf,stopf,stopf –
‚Stussschießpulver‘ in den Pfeifenkopf.
Jetzt nur still und schnell nach Haus,
denn schon ist die Kirche aus! –
Zehetmair zündet dann
zu Haus sein kleines Pfeifchen an.
„Ach!“ spricht er, „die größte Freud
stört nun wohl kein Volksentscheid!“
Rums, da geht die Pfeife los
mit Getöse, schrecklich groß !
Bibel, Tisch und Sorgensitz –
alles fliegt im Pulverblitz.
Als der Dampf sich nun erhob,
Zehetmair nun – gottlob! –
lebend auf dem Rücken liegt,
hat er doch was abgekriegt!
Wer soll künftig für ihn leiten
seines Amtes Tätigkeiten?
Ob’s die hohle Meier schafft,
mit viel gottesfürchtger Kraft?
Dieses war der vierte Streich,
doch der fünfte folgt sogleich ...
Augst und Zabel, wehe euch!
Jetzt kommt euer letzter Streich!
Wozu müssen auch die beiden
Löcher in die Säcke schneiden?
Seht, da trägt der Bauer Mecke
einen seiner Regelsäcke,
und verwundert steht und spricht er:
„Zapperment! dat Ding wird lichter!“
Hei! da sieht er voller Freude
Augst und Zabel im Getreide.
Rabs! in seinen großen Sack
schaufelt er das Lumpenpack.
Augst & Zabel – jetzt wird ’s schwüle,
auf zur Volksabstimmungs-Mühle! –
„Meister Müller, he, heran!
Mahl Er das, so schnell Er kann!“
„Her damit!“ Und in den Trichter
schüttelt er die Bösewichter. –
Rickeracke! rickeracke!
Geht die Mühle mit Geknacke.
Hier noch kann man sie erblicken
fein geschroten und in Stücken.
Doch sogleich verzehret sie
Meister Müllers Federvieh.
Als man dies im Land erfuhr,
war von Trauer keine Spur.
Nur die Behler, Schroedel, Klett,
fanden sie nun doch recht nett!
„Mich“ rief Exministrin Böhrk,
„behandelt man als Gartenzwerg!“
und Schrumpfminister Zehetmair,
„hol die Schreibreform der Geier!“
Aber unser Onkel Fritze
sprach: „Das kommt von dumme Witze!“
Und der brave Bauersmann
dachte: „Wat geiht mi dat an!“
Kurz, im Lande meerumschlungen
hat es weit und breit geklungen:
„Gott sei Dank! Nun ist’s vorbei
mit der Übeltäterei!“
(Verfaßt von Hans Flachs im hoffnungsvollen Frühjahr 1999)
Die Personen und ihre Darsteller:
Gerhardt Augst ... führender Schreibreformer, GHS Siegen, Vorsitz Zwischenstaatliche Kommission.
Hermann Zabel ... führender Reformer, Uni Dortmund, Zwischenstaatliche Kommission.
Gabriele Behler ... Kultusministerin NRW, seinerzeit KMK-Vorsitzende: „Sowenig wie man über die Erkenntnisse von Wissenschaft eine Volksabstimmung herbeiführen kann, so wenig ... ob Thron mit th oder nur mit t geschrieben werden soll.“
Gisela Böhrk ... Bildungsministerin in Kiel, Propagandistin des 50-Prozent-weniger Fehler-Märchens, nach ihrer Niederlage im Volksentscheid abgelöst durch Ute Erdsiek-Rave.
Hans Zehetmair .... seinerzeit Bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultus, seit dem Volksentscheid ohne das Schulressort. Auf sein Betreiben wurde der „Heilige Vater“ wieder groß geschrieben, so daß ganze fertige Lexikonauflagen Makulatur wurden. Seine Nachfolgerin wurde:
Monika Hohlmeier ... Tochter von Franz Josef Strauß, die angeblich schon immer „Gämsen“ geschrieben hat und damit für ihr Amt ausreichend qualifiziert war.
Hans Maier ... Vorgänger im Amt des bayrischen Kultusministers, als orgelspielender Abendländer bekannt. Er gab zu, daß die Aufklärung des 18. Jahrhundert bis heute noch nicht Bayern erreicht hat.
Schroedel, Klett ... Schulbuchverlage
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Sigmar Salzburg
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