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Sigmar Salzburg
04.07.2018 18.34
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Don Alphonsos „Stützen der Gesellschaft“…

... jetzt in der „Welt“, nachdem er bei der FAZ rausgeschmissen wurde – in Heyse-Reformschreibung anstelle von Schweizer ß-los, hier ein kurzer Abschnitt:

Das ist nicht mehr Merkels Land ...

... Wer von hier kommt, hat die epochale Niederlage der CSU nach Stoibers Rücktritt kommen sehen. Viele Außenstehende dachten, das sei ein Zeitenwechsel. Aber wer hier gelebt hat, der wusste halt auch, dass sehr viele Eltern extrem wütend über die G8-Reform waren, die ihnen zugunsten globalisierter Konzerne das ganze Elend des Leistungsdrucks aufbürdeten.

Das G8 war eine Sünde, ein Verbrechen am Volk, die Kinder wurden mehr oder weniger schulisch kaserniert, traditionelles Familienleben wurde vor allem Lernen, und niemand schaut gern zu, wie eine schlecht gemachte und arrogant eingeführte Reform den eigenen Kindern die Zukunft zerstört.

Da war Stoiber, da waren seine Nachfolger aus der gleichen Blase eben nicht mehr our sons bitches, sondern die der großen Konzerne und ihrer Nachwuchsanforderungen. Bayern hat mit einer enormen Zähigkeit und Leistungsbereitschaft den Wandel von der agrarischen Gesellschaft an die globale Spitze geschafft: Das nahm man gerne mit, und da war man auch dabei.

Aber Stoiber hat es mehrfach überzogen, bei der überflüssigen Infrastruktur, bei der New Economy und der dazu gehörenden Geldverschwendung, beim G8 und ganz allgemein beim Gefühl, dass man in Stoibers nach vorne gepeitschten Bayern nicht mehr hinten auf der Bierkutsche sitzt und Freibier bekommt, sondern vorne als Ochs zu ziehen hat. Da hat sich dann die Zahl derer, die glaubten, Stoiber täte das für das Volk, deutlich verkleinert.

welt.de/kultur/stuetzen-der-gesellschaft 3.7.2018
Solche Worte hätte man gerne auch gegen die Rechtschreib„reform“ gehört, wo die doch eigentlich nicht Stoibers „Herzensangelegenheit“ war. Denn hier spielten er, Zehetmair und dessen Pressesprecher Toni Schmid-Bertelsmann das Spiel des Bertelsmann-Konzerns.

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Sigmar Salzburg
18.10.2017 05.00
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Nach stundenlangen Diskussionen findet die Linke einen Kompromiss

Von Marcel Leubecher

Im Übrigen sehe sie „keinen Sinn darin, meine Kraft und meine Gesundheit in permanenten internen Grabenkämpfen mit zwei Parteivorsitzenden zu verschleißen, die offenkundig nicht zu einer fairen Zusammenarbeit bereit sind, wohl aber gute Kontakte zu bestimmten SPD-Kreisen haben, die in mir schon seit Längerem ein großes Hindernis für eine angepasste, pflegeleichte Linke sehen“. Und Wagenknecht wütete weiter: „Wenn jeder, der die Position ,offene Grenzen für alle Menschen‘ jetzt sofort nicht teilt, sofort unter Generalverdacht gestellt wird, ein Rassist und ein halber Nazi zu sein, ist eine sachliche Diskussion über eine vernünftige strategische Ausrichtung nicht mehr denkbar.“ ...

Im Hintergrund des nun wieder ausgebrochenen Machtkampfes steht der seit 2015 schwelende Konflikt um die Fokussierung der Partei entweder auf die Interessen der Stammwähler: neben den DDR-Romantikern sind das Transferbezieher, Geringverdiener, die sogenannten kleinen Leute. Oder eben auf ein Milieu, dass man die neue Linke nennen könnte: junge, akademische Kosmopoliten, die das Aufgehen Deutschlands in einer Republik Europa, eine konstruktivistische Sprachpolitik und der Kampf gegen Migrationssteuerung stärker elektrisiert als die soziale Frage. Besonders deutlich zeichnet sich diese Konfliktlinie zwischen Kipping und Wagenknecht ab.

welt.de 17.10.2017

Meint „konstruktivistische Sprachpolitik“ Gender- und Dass-Deutsch?

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Sigmar Salzburg
03.08.2017 08.48
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Die Invasions-Akzeptanz-Propaganda läuft

In jeder Diktatur und Demokratur finden sich Schönfärber, Lobhudler und Volksverdummer, die das Versagen der Regierungen in ein unabwendbares oder gar erwünschtes Schicksal umfälschen. Leider beteiligen sich auch Wissenschaftler daran.

welt.de 1.8.2017:
Forscher zur Flüchtlingskrise
„Deutschland ist morgen ein anderes als heute“


Im Spätsommer 2015 öffnete Deutschland die Grenze für Flüchtlinge. Mehr als eine Million kamen – viele aus Syrien oder Afghanistan. Dramatische Bilder überfüllter Flüchtlingsboote aus Afrika prägen heute die Nachrichten. Angesichts der aufgeheizten Flüchtlingsdebatte und Diskussionen um „Obergrenzen“ weisen nun die Archäologen darauf hin, dass auch die Europäer im Prinzip Ausländer sind. Alle Europäer haben einen Jahrtausende bis Millionen Jahre alten „Migrationshintergrund“.
Das DDR-sozialisierte Merkel-Regime hat 1,5 Millionen „Flüchtlingen“ die Invasion Deutschlands ermöglicht – Familiennachzugsrecht inclusive. Bei einem Nachzug von nur drei Personen ergibt das sechs Millionen, in gut zehn Jahren 60 Millionen. Zusammen mit den schon anwesenden Migrationshintergründlern wären das 80 Millionen, während die Zahl der „Bio-Deutschen“ bis 2050 auf weniger als 40 Millionen absinken wird. Das ist eine Umvolkung, wie es sie heftiger nur noch während der Invasion des amerikanischen Kontinents gegeben hat.

Nun schwätzen die Wissenschaftler, es habe seit zwei Millionen Jahren schon „Migration“ gegeben.
Alle Europäer haben einen Jahrtausende bis Millionen Jahre alten „Migrationshintergrund“. So ist eigentlich jeder Deutsche auch ein bisschen Türke, Iraker, Iraner oder Russe – und Afrikaner sowieso. Jeder trägt eine Mischung aus drei genetischen Bestandteilen in sich: die Gene einstiger einheimischer Jäger und Sammler, früherer Bauern aus dem Gebiet des heutigen Anatoliens und Nahen Ostens sowie der Menschen aus östlichen Steppengebieten. Das macht die bis November laufende Ausstellung „Zwei Millionen Jahre Migration“ im Neanderthal-Museum in Mettmann bei Düsseldorf deutlich.

„Die Deutschen, die hier gewachsen sind, gibt es genauso wenig wie die deutsche Kartoffel“, sagt die stellvertretende Leiterin Bärbel Auffermann. Und: „Gerade in der Offenheit für neue Lebensräume lag in der Menschheitsgeschichte auch die große Chance.“
Die „deutsche Kartoffel“ ist schon abfälliges „Kiez-Deutsch“ der Migranten-Vorstädte. Im übrigen stammen wir alle von affenartigen Afrikanern ab, die ihre Chance wahrgenommen haben. Das besagt gar nichts. Sicher ist, daß heute alle Lebensräume besetzt sind: Seit mindestens dreitausend Jahren leben die Vorfahren der Deutschen in Mitteleuropa. Größere Unterschiede in sprachlicher und genetischer Hinsicht waren um 9 nach Jesus längst eingeebnet. Trotz räumlicher Trennung konnten sich die Stämme immer noch verständigen. Spätestens seit 843 hat sich das Bewußtsein durchgesetzt, einem Volk anzugehören. „Deutsch“ ist geradezu die Ableitung des indogermanischen Wortes für „Volk“.

Die ideologische Überformung durch das (inzwischen bedeutungsloser werdende) Christentum konnte das entwickelte gemeinsame Miteinander zwar abwandeln, aber nicht grundsätzlich verändern. Auf diese Weise stieg der deutsche Sprachraum zu einem einzigartigen Wissenschafts- und Kulturraum auf – bis die Unterwanderung durch Fremdvölker und wüstenmäßige Religionsideologien dem ein Ende zu machen droht.


Siehe auch dies.

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Sigmar Salzburg
18.07.2017 18.42
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„Reform“: 50 Prozent mehr Fehler!

Deutsche Sprache

„Duden war weise, die Reformer frech“


Matthias Heine

Niemand weiß mehr über das Deutsche als der Linguist Peter Eisenberg. Ein Gespräch über geprügelte Anglizismen, das V in Vater, die Schönheit der Muttersprache und die Daseinsberechtigung des Eszetts.

Peter Eisenberg ist der Mann, den Sprachwissenschaftler zitieren, wenn sie anderen Sprachwissenschaftlern beweisen wollen, dass etwas richtig ist. Seit er 1986 seinen „Grundriss der deutschen Grammatik“ veröffentlichte, gilt Eisenberg als die größte Koryphäe für Bau und Funktionsweise des Deutschen. Nun hat er ein schmales Buch mit dem Titel „Deutsche Orthografie: Regelwerk und Kommentar“ (De Gruyter, 14, 95 Euro) geschrieben, mit dem er versucht, die immer noch offenen Wunden der Rechtschreibreform zu heilen.

LITERARISCHE WELT: Warum muss Orthografie überhaupt sein?

Die geschriebene Form des Deutschen war schon in großen Gebieten des deutschen Sprachgebiets beinahe dieselbe, als die gesprochene Form noch sehr unterschiedlich war. Das Bemerkenswerte daran ist, dass sich diese Gleichheit der geschriebenen Form ohne Normierung eingestellt hat. Sie war nicht überall genau gleich, aber die verschiedenen Ausprägungen waren sich so ähnlich, dass eine Kommunikation ohne Problem möglich war. Das ist die erste und trivialste Aufgabe des geschriebenen Standarddeutschen: dass jeder jeden versteht und jeder sich jedem Gegenüber verständlich machen kann.

LITERARISCHE WELT: Wer legt in Deutschland heute die Regeln fest?

Peter Eisenberg: Die Norm ist aus dem Gebrauch erwachsen, ohne dass der Staat sich darum gekümmert hat. Ganz anders etwa im Französischen. Seit Jahrhunderten wird das geschriebene Französisch von staatlicher Seite her stark beeinflusst und kann sich nicht frei entwickeln wie im Deutschen. Heute liegen das Geschriebene und Gesprochene so weit auseinander, dass Franzosen ohne einen jahrelangen Orthografiedrill in der Grundschule nicht mehr auskommen. Im Deutschen hat es bis 1996 niemanden gegeben, der die Möglichkeit hatte, die Orthografie durchgängig zu regeln.

LITERARISCHE WELT: Nicht mal Konrad Duden?

Eisenberg: Konrad Duden wollte sich im Jahr 1880 mit seinem Wörterbuch gar nicht von Staats wegen einmischen. Duden war ein wirklicher Kenner der deutschen Orthografie und hat das in sein Wörterbuch aufgenommen, was der verbreitetste Gebrauch im deutschen Sprachgebiet war. Er selbst hat das als Orthografietheoretiker gar nicht gut gefunden. Aber er hat gesagt: Die Einheitlichkeit ist das Entscheidende. Das war auch theoretisch weise, wie wir heute wissen.

LITERARISCHE WELT: Warum war man in den Jahrzehnten, die der Rechtschreibreform 1996 vorausgingen, nicht so weise?

Eisenberg: Die Gründe waren nicht sprachlicher Art, sondern politischer Natur. Es sollte eine Vereinbarung zwischen der DDR und der Bundesrepublik auf diesem Gebiet geben. Sie galt als Bestandteil der Politik nach dem Motto ,Wandel durch Annäherung'. Man wollte ein kulturpolitisches Faktum schaffen, das von der DDR und der Bundesrepublik gemeinsam vertreten werden konnte.

LITERARISCHE WELT: Was ist dann schiefgelaufen?

Eisenberg: Das Regelwerk von 1996 hatte linguistisch große Schwächen. Sie können zum Beispiel keine Kommaregelung formulieren, wenn Sie nicht einen Syntaktiker damit beauftragen. Und Sie können keine Laut-Buchstaben-Beziehungen regeln, wenn Sie nicht ausgewiesene Phonologen dabei haben. In den Gremien saßen fast nur sogenannte ,Orthografieexperten'. Die haben das Sprachgefühl ignoriert, das die Sprecher im primären Spracherwerb und dann im sekundären in der Schule entwickeln. Eine normative Regelung darf dieses Sprachgefühl nicht konterkarieren und die Leute zwingen, etwas zu schreiben, was sie nicht empfinden.

LITERARISCHE WELT: Ein Beispiel?

Eisenberg: Im Laufe der letzten hundertfünfzig Jahre ist im allgemeinen immer häufiger kleingeschrieben worden. Für einen Grammatiker ist das Ausdruck der Tatsache, dass die Sprecherinnen und Sprecher das Empfinden hatten, hier stehe kein Substantiv: Und in der Tat können Sie zu im allgemeinem beispielsweise keine Attribute hinzufügen. Deswegen hat sich die Kleinschreibung immer weiter durchgesetzt. Die Verfasser des Regelwerks von 1996 wollten aber die Großschreibung erzwingen. Auch bei der Fremdwortschreibung und bei der Getrennt- und Zusammenschreibung haben sie so weit gegen das Sprachempfinden verstoßen, dass sie Hunderte von Wörtern verboten haben, die den Leuten geläufig waren – so etwas wie fertigmachen oder eisenverarbeitend. Die mussten getrennt geschrieben werden. Und das wollten die Leute nicht.

LITERARISCHE WELT: Es kam ja dann zu einem teilweisen Rückbau.

Eisenberg: Ja. Aufgrund von Initiativen insbesondere von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt wurden schlimme Fehler beseitigt. Aber eben nicht in ausreichendem Umfang. Deshalb hat der Rat für Rechtschreibung im Jahr 2010 beschlossen, eine Reformulierung des amtlichen Regelwerks zu erarbeiten.

LITERARISCHE WELT: Sie waren bis 2013 im als Vertreter der Akademie im Rat für deutsche Rechtschreibung, der die Rechtschreibung weiterentwickeln soll. Warum sind Sie ausgetreten?

Eisenberg: Nachdem ich im Auftrag des Rates den Regelteil zur Substantivgroßschreibung neu formuliert hatte, der verständlicher und halb so lang wie der amtliche war, stand als Nächstes die Neuformulierung der Kommaregeln auf der Tagesordnung. Damit ist der beauftragte Kollege aus dem Rat gescheitert, und man beauftrage erneut die Vertreter der Akademie. Wichtig ist: Man kann die Regeln einfacher formulieren, ohne gleich wieder eine Reform der Reform der Reform anzustoßen. Einige Mitglieder des Rats sind dann in Panik geraten und haben beschlossen, das Konzept der Reformulierung des amtlichen Regelwerks aufzugeben und in einem jahrelangen Prozess erst einmal zu erforschen, wo denn dessen Schwächen liegen. 17 Jahre nach 1996 wollten sie sich zum ersten Mal anschauen, wo die Schwächen des amtlichen Regelwerks liegen! Da hat mich so ein Zorn befallen, dass ich aus dem Rat ausgetreten bin.

LITERARISCHE WELT: Jetzt haben Sie die Regeln der deutschen Orthografie auf eigene Faust neu formuliert.

Eisenberg: Ja. Ich dachte: Du kannst nicht auf sich beruhen lassen, dass die Damen und Herren des Rechtschreibrats sich zweimal im Jahr treffen, über nichts und wieder nichts reden und das Elend mit der Neuregelung immer weitergeht. Man muss sich vor Augen führen, dass führende Vertreter der Neuregelung behauptet haben, es würde 30 Prozent weniger Rechtschreibfehler geben. Aber es gibt die Hälfte mehr. Die Verantwortlichen sollten sich eigentlich bekreuzigen und schämen. Das tun sie aber nicht. Sie sind frech genug, so zu tun, als hätten sie immer nur Gutes bewirkt. Ich weiß gar nicht, wie solche Leute ruhig schlafen. Wenn man einer Sprachgemeinschaft etwas Derartiges angetan hat, sollte man in Sack und Asche gehen und fragen: Wie können wir das gutmachen? Und nicht darauf beharren, nun ewig recht zu behalten.

LITERARISCHE WELT: Sie haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass wenigstens die schlimmsten Auswüchse geheilt werden können.

Eisenberg: Nach meinem Austritt aus dem Rat für Rechtschreibung hat die Akademie gesagt: Dann schreib doch die Orthografieregeln mal hin, wie du es siehst! Das habe ich getan. Wir können nicht als Leistung unserer Generation von Sprachwissenschaftlern den Deutschen das amtliche Regelwerk vererben. Dafür müssten wir uns vor der Geschichte unserer Sprache schämen. Wir wollen wenigstens zeigen, dass wir den Versuch gemacht haben, es besser zu machen.

LITERARISCHE WELT: Wie ist die Resonanz auf Ihr Buch?

Eisenberg: Der Zuspruch ist groß und es gibt schon eine Reihe von Unis, die es in der Lehrerbildung verwenden.

LITERARISCHE WELT: Ein konkretes Beispiel aus Ihrem Regelwerk: Warum schreibt man es hallt mit zwei L und andererseits kalt mit einem L, obwohl es sich um genau die gleiche Lautung handelt?

Eisenberg: Alphabetisch geschriebene Sprachen entwickeln sich im Lauf ihrer Geschichte zu größerer Lautferne. Das drückt sich darin aus, dass die Bausteine der Sprache, die Morpheme, möglichst in allen Formen gleich geschrieben werden, unabhängig von ihrer Lautung. Es kommt im Deutschen darauf an, dass man die sogenannte Langform findet, um zu sehen, wie ein Wortstamm nun wirklich geschrieben wird. Die zweisilbige Langform zu hallt ist der Infinitiv hallen. Bei kalt gibt es so etwas nicht wie kallen. Da heißt die Langform kaltes, deshalb behält das Wort immer das T nach L. Die Schreibung K A L T entspricht genau dem Verhältnis zwischen Laut und Buchstabe. Während Sie bei hallen einen Laut drin haben, der nicht so eindeutig zu einer Silbe gehört. Wir haben zwei Silben, die eine heißt hal- die andere -len. Dass beide Silben dieses L haben, drückt sich in der Verdoppelung aus. Wenn das doppelte L einmal im Stamm drin ist, dann bleibt es überall drin.

LITERARISCHE WELT: Die meisten Leser werden den Begriff „Wortstamm“ in der Schule kennengelernt haben. Viele haben dann aber wieder alles vergessen. Was ist der Wortstamm?

Eisenberg: Ein Wortstamm ist eine Einheit, die Wörter bilden kann. Sie muss nicht identisch mit einem Wort sein. Beim Verb hallen ist der Wortstamm hall-. Mit einer angehängten Flexionsendung wird daraus ein Wort: hall- plus die Endung -en ist der Infinitiv. Jedes Wort enthält mindestens einen solchen Stamm, der die volle Wortbedeutung hat. Beim Substantiv ist es noch einfacher: Da ist der Stamm normalerweise die Grundform. Der Stamm Kind ist die Grundform, im Genitiv Kindes oder im Plural Kinder steckt immer der Stamm mit seiner ganzen Bedeutung.

LITERARISCHE WELT: Große Teile der Probleme mit der Groß- und Kleinschreibung rühren daher, dass Deutsch als einzige Sprache die Substantivgroßschreibung hat. Warum ist das so?

Eisenberg: Um den Kern einer Nominalgruppe besonders zu kennzeichnen. Wenn Sie so etwas haben wie „Der große grüne Stuhl dort drüben“, dann haben Sie vor dem Substantiv Adjektive, danach haben Sie auch irgendetwas, aber der substantivische Kern wird sofort sichtbar. Es gibt schon lange die These, dass die Komplexität der deutschen Nominalgruppe nur deshalb so groß werden konnte, weil der Kern durch Großschreibung hervorgehoben wird. Das ist ein bisschen Spekulation. Aber man hat zum Beispiel festgestellt, dass Muttersprachler des Niederländischen schneller lesen, wenn man in niederländischen Texten auch die Substantive großschreibt.

LITERARISCHE WELT: Der Schreiber muss also die Großschreibregeln lernen, weil Substantivgroßschreibung dem Leser hilft?

Eisenberg: Ja. Unsere Orthografie ist insgesamt eine Leseorthografie. Das Stammprinzip erleichtert auch das Lesen – nicht das Schreiben. Die Lautferne, über die wir gesprochen haben, dient dem Lesen.

LITERARISCHE WELT: Anglizismen wie strike oder cakes sind um 1900 eingedeutscht worden als Streik und Keks. Warum findet diese Art Integration von englischen Wörtern in das Deutsche heute nicht mehr statt?

Eisenberg: Sie findet sehr wohl statt. Und es stimmt auch nicht, dass Streik vollkommen eingedeutscht ist. Das Wort Streik hat genauso wie Park seinen besonderen Plural behalten. Es heißt nicht die Streike, sondern die Streiks. Das Wort ist nicht völlig eingedeutscht. Wir haben gerade im Computerbereich sehr viele Verdeutschungen: Maus oder Bildschirm – wir sagen nicht screen. Oder Toner – das sprechen wir nicht englisch aus. Der Plural von Computer ist im Englischen computers, im Deutschen heißt er die Computer. Das Wort hat ein grammatisches Geschlecht bekommen, das es im Englischen gar nicht gibt. Der Genitiv heißt des Computers. Sie sehen daran: Das Deutsche ist eine Sprache, die Anglizismen sehr schnell und sehr stark anpasst. Auch bei den Verben: Recyceln kam hier an mit dem englischen Infinitiv to recycle und das englische Partizip heißt recycled mit ed am Ende. Als das Wort dann im Deutschen benutzt wurde, ging es ganz schnell, dass der Infinitiv zu recyceln wurde und das Partizip recycelt mit T. Das können Sie dann als Adjektiv flektieren: das recycelte Papier. Die Deutschen nehmen die Anglizismen, hauen ihnen sozusagen die deutsche Grammatik um die Ohren, dann sind sie drin bei uns.

LITERARISCHE WELT: Warum gibt es das ß?

Eisenberg: Viele Sprachen schreiben das stimmhafte S mit Z, beispielsweise das Englische: zone, zombie. Das Deutsche hat das Z anders belegt, nämlich mit dem Laut ts wie in Zahn, schwarz. Und da war nur noch ein S übrig. Das hat nicht ausgereicht. Deswegen hat das Deutsche das ß erfunden, damit sie den Unterschied zwischen Muse und Muße schön sichtbar machen können.

LITERARISCHE WELT:Warum schreiben wir Vater mit V, obwohl im Englischen und in anderen germanischen Sprachen ein F am Anfang der verwandten Wörter steht?

Eisenberg: Das Problem, dass wir mal F und mal V schreiben, beruht auf dem lateinischen Alphabet. Im klassischen Latein fallen U und V zu einem Buchstaben zusammen. Im Deutschen ist der Latinismus pater durch die Lautverschiebung zu vater geworden. Dann hat man sozusagen die lateinische Schreibung des Lautes übertragen. Es gibt im Kernwortschatz neun Wörter, bei denen der F-Laut mit V geschrieben wird, etwa noch Vogel, voll, von, vor und insbesondere das Präfix ver-, mit der dann wieder Hunderte von Verben gebildet werden. Warum das so ist, darüber ist viel spekuliert worden. Eine eindeutige theoretische Erklärung gibt es nicht.

LITERARISCHE WELT: Sie schreiben in Ihrem Buch, die Rechtschreibreform sei von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Warum?

Eisenberg: Die „Studiengruppe Geschriebene Sprache“, der ich jahrelang angehörte, hat der Reformkommission Anfang der Neunzigerjahre vorausgesagt, dass ihre Reform scheitern wird. ,Einfachheit' war ein Schlüsselbegriff in dieser Diskussion. Wir haben gesagt: 'Einfach' bedeutet, dass die Sprecher ihrem Sprachgefühl folgen können. Auf der Gegenseite wurde besonders von den Schweizern und von DDR-Seite ein Einfachheitsbegriff vertreten, der besagte: ,Einfach' ist, wenn man die Regel einfach hinschreiben kann. Dann haben wir gesagt: Wenn ihr eure Regeln so versteht, dass der Lehrer sie einfach aufsagen kann, ihr aber damit an der Sprache vorbeiregelt, dann wird es für die Schreiber kompliziert.

LITERARISCHE WELT: Warum war es so schwierig, zu bestimmen, was ,einfach' ist?

Eisenberg: Sie hatten einen falschen Begriff von dem, was in der Struktur der geschriebenen Sprache an Sprachwissen aufgehoben ist. Für uns war das richtig viel. Für die andere Seite war das wenig. Deswegen haben sie sich überhaupt getraut, in die Sprache einzugreifen und so viel zu verändern und Wörter wie eisenverarbeitend zu verbieten! Dazu muss man schon ganz schön selbstbewusst sein. Wir haben immer gesagt: Die Sprache ist, wie sie ist, und wir wollen sie verstehen. Schon der große Grammatiker Johann Christoph Adelung hat am Ende des 18. Jahrhunderts einmal sinngemäß geschrieben: Ich weiß nicht, warum wir das th mit h schreiben. Und solange ich es nicht verstanden habe, vergreife ich mich auch nicht daran. Das ist weise.

LITERARISCHE WELT: Konrad Duden war auch noch so weise.

Eisenberg: Ja. Erst wenn du dir ganz sicher bist, dass du wirklich verstanden hast, warum etwas so ist, kannst du anfangen darüber nachzudenken, es zu verändern. Aber in der Regel bist du dann so beeindruckt, dass du es schon gar nicht mehr willst.

welt.de 07.07.2017

Siehe auch Eisenbergs Vortrag v. 22.1.2007

Leider hat Eisenberg fatalistisch beschlossen:

„Das ß kriegen wir nicht mehr, das ist klar. Das ist weg. Obwohl das auch nicht nötig war und auch möglicherweise ein Schade für die deutsche Sprache ist.“

Die als „neu“ exhumierte ß-Regel nach Heyse ist das fehlerträchtige Gift, das alle Texte durchsetzt, uns von unserer Tradition trennt und die Ausgrenzungsorgie von älteren Schriften in Schulen und Bibliotheken ermöglicht hat. Schande über die Politiker, die das betrieben haben!


Nachtrag: Treffende Kommentare auch bei sprachforschung.org.

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Sigmar Salzburg
26.04.2017 06.19
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Das Kulturschurkenstück der Kulturminister, ...

... die Rechtschreib„reform“, ist so gut wie durchgesetzt, wenn man den einzigen öffentlich zugänglichen Indikator fürs private Schreiben beobachtet – die Leserbriefe in den Online-Medien. Aber auch hier sind Erhebungen, anders als der Linguist Peter Eisenberg hoffte, inzwischen sinnlos, denn zwischen den Schreiber und den Text schalten sich die effektiven Autokorrekturprogramme der Smartphones (Smartfons?), die dafür sorgen, daß zumindest in der ß-Anwendung kein „falsches“ „ß“ in die Texte kommt. Nach Durchsicht von 440 Leserbriefen zum „Welt“-Artikel „Kriminalitätsstatistik „In Deutschland ist etwas ins Rutschen geraten“ (24.4.2017) wagten höchstens 3 Prozent der Schreiber den traditionellen ß-Gebrauch, nicht immer erfolgreich:

Gabor K.
Ich hoffe, daß Deutschland bald was tut. So wird nicht lange gehen...Ich als Ungarn, bin bereits 49 Jahre alt, habe immer in Ungarn bei deutschen Firmen gearbeitet. Meistens in Führungsposition. Ich habe immer Deutschland gewundert! Die Landschaft, die Stätde, die Leute, Tracht, Industrie, alles. Das wird langsam alles verlorengehen. In den letzten 2 Jahren habe ich immer weniger wohl gefühlt. Abends in München wird Zigarette verlangt, im Metro schaut lange nicht mehr sicher aus. München, die Stadt, die immer so sauber war, ist Schmutzig geworden. Ihr Seid nicht richtig unterwegs..., schade.
Die freihändige Anwendung der reformierten Regeln (ß nach Diphthong) geht oft schief:
Marc R.
Die Bevölkerung benötigt, in großen Teilen, diesen „Weckruf an uns alle“ nicht, Herr de Maizière. Hier werden die Probleme meißt klar erkannt und benannt.
Einst waren bis 90 Prozent der Deutschen gegen die „Reform“, heute leisten 97 Prozent keinen Widerstand mehr. Dagegen sind, nach den Leserbriefen zu urteilen, 97 Prozent der Deutschen zumindest gegen die Informationspolitik der Bundesregierung oder gar gegen ihre „Flüchtlings“-politik überhaupt.
Jörg S.
Herr de Maizière, Sie müßten doch eigentlich soviele Schuldgefühle für diese schlimme Situation in Deutschland haben, dass Sie keine Nacht schlafen können, oder ?

Stefan S.
Das die PKS (S. 80) einen Anstieg der Gruppenvergewaltigungen um 106,3% auf 524 Taten und bei überfallartigen Gruppenvergewaltigungen um 54,1 % auf 225 Fälle verzeichnet, scheint keiner besonderen Erwähnung wert.

Norman L.
Vor allem muß aber der Kampf gegen Räschts gewonnen werden.
In den Printmedien finden sich noch selbst nach „Reform“ überflüssige Großschreibungen:
Zum Schluss seines mehr als eineinhalbstündigen Auftritts stellte de Maizière noch die Trends bei der politisch motivierten Kriminalität (PMK) vor. Die Gewalt von Rechtsextremen und bei Ausländerkriminalität erreichte 2016 die höchste Fallzahl seit Einrichtung des Meldedienstes 2001. So wurden 23.555 Straftaten (plus 2,6 Prozent) von Rechtsextremen registriert, 9389 Delikte (minus 2,2 Prozent) von Linksextremen sowie 3.372 Taten (plus 66,5 Prozent) bei der Ausländerkriminalität. Bei Letzterer nahmen die Gewalttaten um 73 Prozent auf 597 Fälle zu.
welt.de 24.4.2017
Fazit: Nach der Abschaffung des traditionellen Deutschs durch die „Reform“ werden die Deutschen selbst und ihre traditionellen Werte durch die Bevölkerungs„reform“ abgeschafft. Aller Widerstand war also sinnlos.

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Norbert Lindenthal
11.04.2017 08.12
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Rechtschreibreform … ein Flop

MEINUNG RECHTSCHREIBUNG
Wir sind auf dem Weg in eine Republik der Analphabeten
Von Hildegard Stausberg | Stand: 10.04.2017 | Lesedauer: 2 Minuten


7,5 Millionen Deutsche können nicht lesen und schreiben
Quelle: Die Welt/Sebastian Plantholt

[Film 1]

Wer nicht richtig lesen und schreiben kann, hat es im Alltag schwer und auch beruflich schlechte Chancen. Der Bund startet nun eine Initiative, um Kompetenzen zu verbessern.

Quelle: Die Welt/Sebastian Plantholt
Wenn schon Hochschulabsolventen ohne Punkt und Komma und voller Rechtschreibfehler schreiben, dann muss man die Notbremse ziehen. Orthografie geht nicht nach Gehör. Sie muss geübt werden. Üben ist sexy.

Wenn man Geld für einen guten Zweck braucht, ist es völlig legitim, Bittbriefe an Leute zu schicken, von denen man sich Hilfe erhoffen darf. Insofern wunderte ich mich auch gar nicht, als mich vor Kurzem ein junger Mann anschrieb, der in Rio de Janeiro ein Sozialprojekt betreut, das mithelfen soll, Kindern aus Favelas eine bessere Schulausbildung zu ermöglichen. Toll!

Früher hätte man einen Brief bekommen, der zwingend begonnen hätte mit einem „Sehr geehrte Frau Stausberg“. Geraume Zeit später wäre man wohl übergegangen zu einem „Liebe Frau Stausberg“. Heute heißt es im lockeren E-Mail-Verkehr nur noch: „Hallo Frau Stausberg“. Na ja, geht auch.

Rechtschreibreform war ein Flop

[Film 2, auch mit Josef Kraus]

Die Rechtschreibreform hat ihr Ziel verfehlt. Zu dem Ergebnis kamen jetzt Forscher, denn die Fehlerquote an den Schulen hat sich deutlich erhöht. Vor allem drei Bereiche bereiten den Schülern Probleme.

Quelle: Die Welt
Was aber gar nicht geht, sind Schriftstücke – egal ob Brief oder E-Mail –, in denen kein einziges Komma mehr gesetzt wird (sic!) und wo in mindestens jedem dritten Satz irgendein dicker Orthografiefehler steht.

Wohlgemerkt: Ich rede nicht von einem Volksschüler, dem man das in den unteren Klassen noch nachsehen könnte, sondern einem jungen Menschen, der auf die 30 zugeht und ein sozialwissenschaftliches Studium an einer deutschen Fachhochschule mit Abschlussnote „gut“ absolviert hat, wie ein beigefügter Lebenslauf bewies, mit dem er seine Seriosität ausweisen wollte.

Üben ist sexy

Wie kann das sein? Was züchten wir uns da eigentlich heran an unseren Unis? Eine Zwei für einen Analphabeten – grausam! Ich habe den Schreiber umgehend gebeten, mir sein Anliegen, das ich unterstützen möchte, doch bitte in einer fehlerfrei verfassten Form zukommen zu lassen, schließlich möchte ich damit auch in meinem Bekanntenkreis werben. Auf die Antwort warte ich noch.

Kann es eigentlich noch mal besser werden? Und was rollt da auf uns zu, wenn erst die nach der phonetischen Methode des „Schreibens nach Gehör“ ausgebildeten Schülergenerationen an die Unis drängen? Ihre Verteidiger, angeblich „schülerzugewandte“ Pädagogen, sprechen verharmlosend von „Erleichterungsdidaktik“.

In Wirklichkeit zeigen die katastrophalen Ergebnisse: Rechtschreibung kann nur durch beharrliches Üben der orthografisch richtigen Schreibweise erlernt werden. Der hohe Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund verbietet sowieso eine weitere Anwendung der phonetischen Schreiben-nach-Gehör-Methode: Wer soll denn da zu Hause, wo häufig gar kein Deutsch gesprochen wird, korrigierend eingreifen?

Letztlich fördert das nur Isolation. Im ganzen Land findet in den nächsten Wochen der sogenannte Vera-3-Test statt. Er bildet den Lernstand der dritten Klassen ab, also auch Schreibleistungen. Aus den Ergebnissen müssen endlich Konsequenzen gezogen werden: Üben ist sexy!





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Norbert Lindenthal

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Sigmar Salzburg
06.04.2017 07.30
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Der Staat greift weiter nach den Kindern

Manuela Schwesig gehört zur extremen Linken in der SPD. Das ist sicher der DDR-Sozialisation geschuldet, aber auch einem Jugendtrauma. Wegen ihrer nazihaft „arischen“ Erscheinung, die ihr auch den Spitznamen „Küsten-Barbie“ eintrug, mußte sie eine extrem gegenteilige Gesinnung ständig schlagend beweisen.

Wie alle Extremisten nimmt sie es mit der Wahrheit nicht so genau. Das wurde kürzlich sichtbar, als Jörg Meuthen (AfD) ankündigte, vernünftige Vorschläge anderer Parteien zu unterstützen, und sie daraufhin verbreitete, „AfD verbrüdert sich jetzt auch offiziell mit den Neonazis der NPD zu einer Art braunen Koalition“.

Das erste, was Manuela Schwesig nach ihrem Aufstieg ins Familienministerium veranlaßte, war die Streichung der Verpflichtung „zivilgesellschaftlicher“ linker Gruppierungen und ihres Netzwerkes auf das Grundgesetz bei ihrer finanziellen Förderung.

Religiöse und ideologische Extremisten wissen naturgemäß um die Wirksamkeit kindlicher- und frühkindlicher Prägung und nutzen diese auch in ihrem Sinne aus. Deswegen setzten die Parteistrategen auch mit der – von den Parteiideologen und Bildungs-Gewerkschaftlern herbeigesehnten – Rechtschreib„reform“ bei den wehrlosen Schülern an, um der gut funktionierenden Rechtschreibung ihre Brandmarke aufzudrücken. Hier behauptete das Verfassungsgericht eine Gleichrangigkeit von Staats- und Elternrechten.

Sobald dieser Staatsstreich gelungen schien, verkündete der SPD-Mann Olaf Scholz, „die Lufthoheit über die Kinderbetten“ erobern zu wollen. Damit sollten die Frauen möglichst schnell wieder an ihren Arbeitsplatz, damit die staatlichen Horte und Kindergärten die – nun „frühkindliche Bildung“ genannte – indoktrinierende Aufbewahrung in ihrem Sinne möglichst lückenlos durchführen können. Birgit Kelle schreibt in der WELT:

Familie: Manuela Schwesig will uns Eltern an den Kragen

Von Birgit Kelle | Stand: 04.04.2017 |

Vor der Bundestagswahl im September nimmt der Wahlkampf langsam Fahrt auf. Auf ein Thema scheinen die Parteien diesmal besonders zu setzen: die Familienpolitik...

Kinder genießen Grundrechte wie jeder andere Bundesbürger welchen Alters auch. Wer nun wie die Familienministerin gesonderte Kinderrechte im Grundgesetz fordert, hat anderes im Sinn.

Man kann fast die Uhr danach stellen, dass uns alljährlich von der Familienministerin im Namen des Kinderschutzes die Forderung nach der Aufnahme von Kinderrechten in die Verfassung ereilt, ...

Wer also „Kinderrechte ins Grundgesetz“ fordert, hat anderes im Sinn, als die Rechtslage oder den Schutz von Kindern zu verbessern, denn Kinder sind auch Menschen. Es existiert keine Altersgrenze für Grundrechte, ergo kein Handlungsbedarf. ...

Es geht also vielmehr um die Frage: Wer vertritt dann diese neu zu schaffenden Rechte der Kinder, und vor allem gegen wen? Nach aktueller Rechtslage haben laut Artikel 6 Grundgesetz die Eltern eine natürliche Vertretungsvollmacht für ihre Kinder, weil man ja nicht zu Unrecht annimmt, dass Eltern ein natürliches Interesse am Wohlergehen ihrer Kinder haben. Eltern haften deswegen übrigens auch für ihre Kinder, die Schilder an Bauzäunen kennen wir alle.

Eltern bestimmen über ihre Kinder

Im Umkehrschluss heißt es aber auch: Wir Eltern bestimmen über unsere Kinder. Entscheiden, was wir für richtig halten, wie wir sie erziehen, welche Werte wir weiterreichen, was wir ihnen erlauben oder verbieten. Dieses Recht müssen wir als Eltern nicht erst vom Staat erwerben, es wird nicht zugeteilt, wir haben es. Die Rechte unserer Kinder können wir übrigens auch gegen die Einmischung des Staates vertreten, wenn wir es für nötig halten.

Kinderrechte in der Verfassung würden genau diese Selbstverständlichkeit brechen. Nicht mehr die Eltern allein, sondern der Staat selbst schwänge sich damit als Vertreter der Rechte unserer Kinder auf. Im Zweifel auch gegen die Eltern der Kinder, sollte der Staat eines Tages der Meinung sein, dass Eltern die Interessen ihrer Kinder nicht so vertreten, wie er es gerne hätte oder für richtig hält. Kinderrechte in der Verfassung taugen also im Ernstfall als handfester Keil zwischen Eltern und Kind...

Generalverdacht gegen Eltern

... Hören wir rein ins Jahr 2012. Die Nation stand damals unter Schock, weil in Hamburg die kleine Chantal an einer Überdosis Methadon gestorben war. Bei den vom Jugendamt eingesetzten, aber leider drogensüchtigen Pflegeeltern, wohlgemerkt, nicht bei den leiblichen.

So was dürfe nicht sein, da war auch Schwesig im Interview mit dem Deutschlandradio mit dabei, erfreute uns gleichzeitig aber auch mit Sätzen wie diesen: „Wir brauchen Kinderrechte im Grundgesetz. Oftmals sind Elternrechte oder andere Rechte höher als die Kinderrechte. Das halte ich für falsch.“ Um dann nachzuschieben: „Und das Betreuungsgeld, das gezahlt werden soll, ist auch eine Gefahr für den Kinderschutz.“

Mehr Zeit für die Kinder – mit staatlicher Förderung

Vor allem Frauen müssen sich häufig zwischen Familie und Beruf entscheiden. Manuela Schwesig will einen Kompromiss für Eltern erleichtern. Mit ihrem Konzept für eine Familienarbeitszeit.

Das war ein kurzer Bogen von der toten Chantal zum Betreuungsgeld als pauschale Gefahr für Kinder, weil sie dann zu Hause bei ihren Eltern und nicht in einer Kita sind. So was muss man sich erst mal einfallen lassen. Aber erfrischend, diese Offenheit.

Versagen Eltern, kommt der Staat

Nun gibt es tatsächlich Eltern, die sich nicht kümmern, die gar vernachlässigen und misshandeln. Schlimm genug. Die gute Nachricht ist: Der Staat kann, darf und muss dann sogar heute schon eingreifen. Diese Situationen sind rechtlich gelöst...

Ob das Kindeswohl wirklich gefährdet ist, muss im konkreten Fall gar nicht erst bewiesen werden, ein Verdacht reicht aus. Den wenigsten Eltern ist wohl bekannt, dass seit 2008 für dies Verfahren die Beweislast umgedreht wurde...

2014 hat Schwesig ihre Forderung nach Kinderrechten übrigens damit begründet, dass Jugendämter und Gerichte sich dann bei ihren Entscheidungen, wo ein Kind leben soll, stärker nach dem Kindeswohl richten könnten und nicht nach dem Vorrecht der Eltern, das im Grundgesetz verankert ist. Ganz offen ist hier längst zugegeben worden, dass das Instrument Kinderrechte ein Zugriffsrecht des Staates schaffen soll.

Auch Schwesigs Staatssekretär Ralf Kleindiek arbeitet in diesem Thema als Adjutant. Ebenfalls 2014 begründete er die Forderung nach Kinderrechten mit Verfassungsrang mit den Worten, Kinder und Jugendliche hätten „das Recht auf Förderung ihrer Fähigkeiten zur bestmöglichen Entfaltung ihrer Persönlichkeit sowie auf Schutz und Beteiligung“.

Der Staat wird wichtiger als die Eltern

... Die Rhetorik der pauschalen Kindeswohlgefährdung durch die eigenen Eltern kennt man von der SPD nur allzu gut, gerade aus der einstigen Betreuungsgelddebatte. Nicht umsonst nennen die Genossen das Betreuungsgeld konsequent bis heute eine „Fernhalteprämie“, weil Eltern ihre Kinder ja von wertvoller Bildung in der Kita „fernhalten“...

Das schreit nach Fahrlässigkeit und Kindeswohlgefährdung. Wie schön könnte man diese durch genormte Bildungszufuhr in Kindergärten beheben, könnte der Staat doch die Interessen der Kinder vertreten. Da war sie wieder, die berühmte „Lufthoheit über den Kinderbetten“, die Parteikollege Olaf Scholz schon lange für den Staat anstatt für die Eltern reklamierte.

Dass die SPD gerne eine Kitapflicht einführen würde, ist längst kein Geheimnis mehr, zu viele Genossen haben es bereits offen gefordert. Das Thema schleicht seit 2006 durch die Partei.

Unter dem schönen Titel „Prüfung der Verbindlichkeit frühkindlicher staatlicher Förderung“ war die ehemalige Berliner SPD-Justizsenatorin Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit schon damals in einem Gutachten für die Friedrich-Ebert-Stiftung der Frage nachgegangen, ob man auch gegen den Willen der Eltern eine Kindergartenpflicht einführen kann...

Vergessen wir also besser die herzerwärmende Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung, sie ist der Hebel gegen das Erziehungsrecht der Eltern...

welt.de 4.4.2017
Daß Frau Kelle ins Wespennest gestochen hat, bestätigt ein inhaltsloser „Tweet“ von der SPD-Seite:
Ralf Stegner‏@Ralf_Stegner 4. April 2017
Ralf Stegner hat WELT retweetet
Was für eine bescheuerte Überschrift – seriös geht wirklich anders!

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Sigmar Salzburg
15.01.2017 07.34
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Es reicht!

Erika Steinbach verlässt die CDU und wirft Merkel Rechtsbruch vor

Erika Steinbach war über 40 Jahre Mitglied der CDU. Die umstrittene menschenrechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion kehrt ihrer Partei aus Empörung den Rücken.

Die Abgeordnete wirft Bundeskanzlerin Merkel vor, das Recht zu ignorieren und tritt aus der Union aus.

• Die AfD müsse unbedingt in den Bundestag, sagt die frühere Präsidentin des Bundes der Vertriebenen.
• Steinbach beklagt, Merkel habe mit der Grenzöffnung im Herbst 2015 gegen geltendes Recht verstoßen.

823 Kommentare

Das Bundestagswahljahr beginnt für Angela Merkel mit einem Paukenschlag – aus Protest gegen ihre Flüchtlingspolitik verlässt die erste CDU-Abgeordnete ihre Fraktion. Erika Steinbach, seit 1974 Mitglied der CDU, tritt auch aus der Partei aus und begründet diesen Schritt im Interview mit der „Welt am Sonntag“: „Würde ich aktuell CDU wählen? Nein. Würde ich heutzutage gar in die CDU eintreten? Nein. Daraus kann ich nur die ehrliche Schlussfolgerung ziehen, die CDU zu verlassen.“...

Steinbach, die Sprecherin für Menschenrechte ihrer Fraktion ist und deren Vorstand angehört, beklagt, Merkel habe mit der Grenzöffnung im Herbst 2015 gegen geltendes Recht verstoßen: „Dass monatelang Menschen unidentifiziert mit Bussen und Zügen über die Grenze geschafft wurden, war keine Ausnahme, sondern eine gewollte Maßnahme entgegen unserer gesetzlichen Regelungen und entgegen EU-Verträgen.“

Keine Flüchtlinge im Sinne der Flüchtlingskonvention

Steinbach unterstellt der Bundesregierung, absichtlich illegale Einwanderung herbei_zu_führen: „Beim Bundesamt für Migration sind tausende von Pässen als gefälscht identifiziert worden, ohne dass die rechtlich vorgesehenen Konsequenzen für die jeweiligen Migranten gezogen worden wären. Ein solches Ignorieren unseres Rechts wagt keine Bundesbehörde auf eigene Verantwortung. Da steht ein politischer Wille dahinter. Am Recht vorbei.“

Steinbach kritisiert Merkel in der Flüchtlingspolitik

Ärger zwischen Erika Steinbach und Bundeskanzlerin Merkel. CDU-Politikerin Steinbach kritisiert, dass die Abgeordneten nie befragt wurden. Stattdessen werde "über die Köpfe hinweg“ entschieden.
Das Asylrecht sei missbraucht worden, so Steinbach: „Ein erheblicher Teil der Menschen, die kamen, sind keine Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention.“

Die Folgen für Deutschland seien dramatisch, warnt Steinbach: „Mit den Migranten kamen nicht nur Schutzsuchende [„Reform“: Schutz Suchende] ins Land, sondern, wie viele von Anbeginn an gewarnt haben, auch Terroristen. Unsere Sicherheitslage hat sich seit der Grenzöffnung signifikant verschlechtert.“

Kauder – ein „Vollzugsbeamter der Kanzlerin“

Auch bei der Energiewende und der Euro-Rettung habe sich die Kanzlerin über geltendes Recht hinweg_gesetzt, ohne dass ihr das Parlament in den Arm gefallen sei, meint Steinbach: „Beunruhigenderweise gibt es zu den angesprochenen Politikfeldern praktisch keine Opposition mehr im Deutschen Bundestag. Die Bundesregierung kann und konnte diese Art der Politik nur betreiben, weil sie den linken Teil des Parlaments weitgehend auf ihrer Seite hat.“

Bedenken seien lediglich von Abgeordneten der CDU und der CSU geäußert worden: „Bei uns gab es in den Fraktionssitzungen sehr kontroverse Debatten. Letztlich hat die Unionsfraktion aber mit Volker Kauder einen Vorsitzenden, der sich als Vollzugsbeamter der Kanzlerin versteht.“ ...

AfD sei „Fleisch vom Fleische der CDU“

... In der Gesellschaftspolitik habe sich die CDU einem linken Zeitgeist angepasst und Alleinstellungsmerkmal aufgegeben. Deshalb sei eine neue Partei entstanden: „Die AfD greift heute Themen auf, die in den vergangenen Jahren defizitär geworden sind. Und: sie ist auch Fleisch vom Fleisch der CDU!“

Einen Übertritt zur AfD will Steinbach aktuell nicht vollziehen. „Aber ich hoffe, dass die AfD in den Bundestag einzieht, damit es dort endlich wieder eine Opposition gibt. Nur so bleibt die Demokratie lebendig.“

welt.de 15.1.2017

Frau Steinbach hatte sich dem (durch Merkel schon verwässerten) Protest der Abgeordneten vom 12.11.2004 gegen die nichtsnutzige Rechtschreib„reform“ angeschlossen, hat sich dann aber ohne Not „angepasst“ – wie die meisten. Deswegen habe ich im obigen Text zur Erinnerung die betroffenen Wörter durchgehend markiert. Erst die „Umvolkung“ Deutschlands hat bei Steinbach ein Umdenken hervorgerufen. Das alberne Attribut „umstritten“ hätte sich die „Welt“ verkneifen können.

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Norbert Lindenthal
10.12.2016 06.48
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Der Offenbarungseid des Rats für Rechtschreibung

Die Welt
Von Dankwart Guratzsch | Stand: 09.12.2016 | Lesedauer: 3 Minuten

[Bild]
Die Hähnchen sind frisch, die Rechtschreibung nicht. Ein Imbiss in Hannover
Quelle: picture alliance / dpa

Die ratlosen Berater: Der Rat für deutsche Rechtschreibung soll den Effekt der Reform kontrollieren. Aber man ignoriert dort Forschungen, die beweisen, dass die Rechtschreibreform ein Desaster war.

Es gehört schon eine beachtliche Portion Ignoranz und Abgehobenheit dazu, wenn der Rat für deutsche Rechtschreibung unter seinem ewigen Vorsitzenden Hans Zehetmair der Kultusministerkonferenz in seinem „3. Bericht“ seit der Rechtschreibreform mitteilt: Im Wesentlichen alles in Ordnung, die neue Rechtschreibung bedürfe nur „an zwei Stellen“ einer gelinden Nachbesserung. Die Stellen sind: Für den zur Hälfte beseitigten Buchstaben „ß“ solle eine Großschreibung zugelassen werden, desgleichen für das „Schwarze Brett“. Die Einlassung ist an Komik kaum zu überbieten.

Ein Tiefstand wie seit 100 Jahren nicht

Lesen die Leute keine Zeitung, keine Pisa-Studien, keine Klagen der Wirtschaft, Universitäten und Kommunen? Wissen sie wirklich nicht, wie es um die Rechtschreibung seit der überflüssigen, teuren und chaotischen Reform steht? Haben die Mitglieder des eigens von der Bundesregierung eingesetzten, für deutsche Orthografie zuständigen Gremiums allen Ernstes nichts davon mitbekommen, dass die Rechtschreibleistungen inzwischen einen Tiefstand erreicht haben wie seit 100 Jahren nicht?

In sozialen Medien kann man derzeit immer häufiger lesen: Bitte keine Zuschriften in falscher Rechtschreibung! Das Volk, von dem Martin Luther gesagt hat, man solle ihm aufs Maul schauen, hat längst durchschaut, dass es sich bei dieser „Reform“ um den schlimmsten sprachpolitischen Rohrkrepierer seit des seligen Konrad Dudens Zeiten handelt – und spricht es aus.

Karrieren werden versaut, Menschen lächerlich gemacht

Doch es geht ja nicht um Petitessen. Das Versagen in der Rechtschreibung verbaut Karrieren, vermasselt Schulleistungen, liefert Bewerber an Universitäten und in Betrieben der Lächerlichkeit aus. Selbst Internetuser, denen man nachsagt, dass sie es mit dem genauen Lesen und erst recht Schreiben angeblich nicht so genau nehmen, greifen inzwischen zur Selbsthilfe. „Bitte nur in korrekter Rechtschreibung antworten!“ ist ein Hilferuf, der vor allem eins dokumentiert: das Reformversagen selbstherrlicher Eliten, die gar nicht daran denken, begangene Fehler einzugestehen und zu korrigieren.

Vor wenigen Monaten hat der Philologe und Pädagoge Uwe Grund unter dem Titel „Orthographische Regelwerke im Praxistest“ die bisher umfassendste, 240 Seiten dicke Studie über „schulische Rechtschreibleistungen vor und nach der Rechtschreibreform“ vorgelegt – eine Arbeit, die zu veranlassen und sorgsamst auszuwerten dem sogenannten Rat gut angestanden hätte. Allein aus der Zeit vor der Reform hat Grund dafür 15.000 Schülerarbeiten mit einem Fundus von 90.000 Fehlern aus einem Gesamtaufkommen von drei Millionen Wörtern untersucht, und zwar sowohl aus der Bundesrepublik als auch der DDR. Dieses Datenmaterial konfrontierte der Autor mit Vergleichsdiktaten von Schülern aller Schulformen der Jahre nach der Reform.

Schlechter geht es nicht

Obwohl diese unglaubliche Fleißarbeit eines Wissenschaftlers in den Berichtszeitraum des „Rates“ fällt, würdigt sie dieser mit keinem Sterbenswort. Das hat einen leicht durchschaubaren Grund. Die Studie zeigt nämlich nichts anderes als die Unfähigkeit des Rates, den ihm erteilten Auftrag zur „Beobachtung des Schreibgebrauchs und der Analyse von Veränderungen und Schwankungen in der Schreibung“ wahrzunehmen. Wie der Philologe nachweist, ist die Fehlerquote in Diktaten nach der Reform um 30 bis 50 Prozent gestiegen. Einer weitverbreiteten Meinung entgegen hat dabei auch und gerade die neue ss-/ß-Schreibung zu einer „erhöhten Fehlergefährdung“ selbst bei oberen Klassenstufen geführt. Von alldem hat der „Rat“ als Wächter der deutschen Rechtschreibung nichts bemerkt. Die Reform als das zu bezeichnen, was sie ist: ein Scherbenhaufen, kommt ihm nicht in den Sinn.

Man sollte ihm raten, weiterer Ratschläge zu entraten und es seinem Oberrat Zehetmeir nachzutun, der am Ende einer ratlosen Beratungstätigkeit zum Jahresende seinen Hut nimmt. Schlechter kann eine Amtszeit sich kaum entwickeln.

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Sigmar Salzburg
12.12.2015 07.24
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Alan Posener in „Die Welt“

Schneller abschieben? Wir schaffen das!

... Selfies der Kanzlerin mit syrischen Flüchtlingen gingen um die Welt; Fotos von abgeschobenen illegalen Zuwanderern – es werden eben keine „Flüchtlinge“ abgeschoben – werden auch ihre Wirkung tun. Sie könnten auch Demagogen das Wasser abgraben, die mit absurden Verschwörungstheorien von einer geplanten „Umvolkung“ des Landes den Mob gegen die Demokratie mobilisieren wollen.

welt.de 11.12.2015

Auch Alan Posener ist ein Demagoge. Gewiß gibt es in der Bundesregierung keinen „Plan“ einer „Umvolkung“. Absurd ist die Feststellung dennoch nicht, daß kapitalistische wie linkssozialistische Kreise eine solche herbeiwünschen und nach Kräften fördern – die einen aus Profiterwägungen, die anderen aus Ideologie. Indem Posener von „Verschwörungstheorien“ spricht, stellt er diese Tatsache als Hirngespinst rechter Spinner dar.

Dabei geht es aber doch um das öffentlich sichtbare Wirken verschworener, indoktrinierter Teile des Volkes. Demonstrativ vorgeführte Antifa-Parolen wie „We love Volkstod“ und „Deutschland, du mieses Stück Scheisse!“ sind der beste Beweis dafür. Die Vorsitzende der staatlich geförderten Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, sehnt in rassistischem Eifer eine „Umvolkung“ geradezu herbei:


„Im Osten gibt es gemessen an der Bevölkerung noch immer zu wenig Menschen, die sichtbar Minderheiten angehören, die zum Beispiel schwarz sind“... Es sei „die größte Bankrotterklärung der deutschen Politik nach der Wende“ gewesen, dass sie zugelassen habe, „dass ein Drittel des Staatsgebiets weiß blieb“ (Tagesspiegel).

Die von Posener beschworene „Demokratie“ ist nichts anderes als die jeweils vierjährige Merkel-Diktatur, während der die Kanzlerin die linke Opposition entmachtet, indem sie deren Wünsche übererfüllt. Echte Volksvertreter sucht man im Parlament vergebens, wie das Volk schon längst hätte bemerken müssen.

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Sigmar Salzburg
02.07.2015 06.10
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Beredtes Schweigen

Rabe fordert bessere Rechtschreibung

Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe (SPD) fordert einen klaren Rechtschreibunterricht in der Grundschule mit „Mut zur Korrektur“. Ein Schreiben nach Gehör ohne Korrektur trage dazu bei, dass sich Fehler verfestigten, warnte Rabe in einem Gastbeitrag für die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ am Sonnabend. „Heute haben wir an Schulen ein viel freundlicheres Lernklima und hervorragend ausgebildete, pädagogisch geschulte Grundschullehrer, die mit der Korrektur falsch geschriebener Wörter sicher keine Kinderseele verletzen.“ Umgekehrt würden Kinder schlicht beschummelt, wenn man sie in dem Glauben lasse, alles sei gut, schreibt Rabe. Der Bildungssenator kritisiert insbesondere die Reichen-Methode. Der Reformpädagoge Jürgen Reichen (1939-2009) habe in den 1970er Jahren das „Lesen durch Schreiben“ erfunden, nach der die Kinder nach Gehör „drauf los“ schreiben sollten. „Korrigiert wird erst mal nicht. Denn – so die Theorie – das frustriert und hemmt die Kreativität.“ Doch die vielerorts beliebte Methode sei zumindest anfällig für Fehler und Missverständnisse. Eltern beschwerten sich zu Recht, wenn Schule die Rechtschreibung auf die leichte Schulter nehme, so Rabe. Studien belegten eine deutliche Verschlechterung.

welt.de 29.6.2015

Vor 20 Jahren haben die regierenden Versagerparteien mit der Rechtschreib„reform“ Deutschlands größte Büchervernichtung herbeigeführt, vor allem in der Schul- und Jugendliteratur. Der Verlust von Tradition und Kontinuität bewirkte das Gegenteil der angestrebten „Erleichterungen“. Nun dulden die Kultusminister die antipädagogische Reichen-Methode, um ihr das Rechtschreibchaos anzulasten und zugleich das eigene Volkserpressungswerk „Rechtschreibreform“ beschweigen zu können. Von „Korrektur“ ist keine Rede mehr.

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Sigmar Salzburg
03.03.2015 09.56
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Der automatische Reform-Durchsetzer

Aus einem Text von Hannes Stein in der Welt v. 15.2.2015:

AutoCorrect, du fieser Geselle!

Die Menschheit verzweifelt an der Terrorherrschaft des Rechtschreibprogramms. Es muss ein Aufstand der Anständigen her, eine Rebellion gegen dieses Programm. Es ist von Zynikern für Idioten erfunden.
[...]

Erinnert sich noch jemand an die Empörung gegen die „neue Rechtschreibung“ (die mittlerweile schon eine ziemlich alte Rechtschreibung ist)?

Der „Spiegel“ sprach seinerzeit von einem „Aufstand gegen den Unverstand“ und barmte, die Rechtschreibreform habe zu einer so chaotischen Lage geführt, „als hätte ein antikes Trio infernale, bestehend aus den anstrengenden Herren Sisyphos, Drakon und Prokrustes die Vormundschaft über die deutsche Sprache ... übernommen“.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ wiederum fand ganz furchtbar, dass sich mit der Reform „ein neuer Pluralismus ausbreitet“, weil jeder sich aus den Regeln eben seine eigene Rechtschreibung zusammenzimmert (als ob das etwas Schlimmes wäre!). Der Dichter Reiner Kunze widmete dem Thema sogar ein ganzes Büchlein, „Die Aura der Wörter“.

Dort hieß es: „Wer das Niveau der geschriebenen Sprache senkt, senkt das Niveau der Schreibenden, Lesenden und Sprechenden.“ Kunze insinuierte, es handle sich bei der Rechtschreibreform um ein totalitäres Experiment – er werde damit zum zweiten Mal aus Deutschland ausgebürgert. Kurz und furchtbar, im Jahr der Rechtschreibreform – 1996 – ging das Abendland wieder einmal unter, endgültig und für immer, ohne dass jemand groß etwas davon bemerkt hätte.

Bitte: Wo bleibt der Aufstand der Dichter und Denker jetzt? Wann vernimmt man einen Aufschrei? Wann sieht man eine neue, eine andere Pegida-Bewegung gegen AutoCorrect auf die Straße gehen? Bei der Rechtschreibreform konnte man sich am Ende immerhin aussuchen, wie_viel davon man mitmachen wollte.
welt.de 14.2.2015

Nein, AutoCorrect hat entscheidend zur Durchsetzung der Rechtschreib„reform“ beigetragen. Die kennzeichnenden neuen „ss“ werden immer sicher in alle Texte hineingeprokelt. Bei manchen Programmen kann man das gar nicht abstellen.

Übrigens: Den „Untergang des Abendlandes“ haben die Reformpropagandisten erfunden, um Widerständler damit zu denunzieren.

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Norbert Lindenthal
07.10.2014 10.21
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Der große Schriftsteller Siegfried Lenz ist tot

Die Welt, 7. Okt. 2014, 12:16

Der große Schriftsteller Siegfried Lenz ist tot
Er war einer der großen Chronisten der Nachkriegszeit: Siegfried Lenz, Schöpfer von Bestsellern wie „Deutschstunde“ und „Heimatmuseum“, ist tot. Das bestätigte der Verlag Hoffmann & Campe der „Welt“.

[Bild]
Foto: pa/dpa
Siegried Lenz (1926 bis 2014)
„Als Schriftsteller habe ich erfahren, wie wenig Literatur vermag, wie dürftig und unkalkulierbar ihre Wirkung war und immer noch ist“, erklärte Siegfried Lenz 1988, als man ihm den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verlieh. Wie immer war Siegfried Lenz – und das war er privat wie öffentlich, in seinem Schreiben und in seinem Dasein – leise gewesen und allzu bescheiden. Denn Siegfried Lenz, der mehr als 60 Jahre lang schriftstellerisch tätig war, dessen Werk mehr als 10.000 Seiten umfasst, der Romane, Erzählungen, Hörspiele und Theaterstücke geschrieben hat, der weltweit knapp 30 Millionen Bücher verkaufte, hat durchaus gewirkt.

Der 1926 in Ostpreußen geborene Lenz war ein anerkannter, gefeierter und berühmter Schriftsteller. Darüber hinaus war er, so sein Freund, der Kritiker Marcel Reich-Ranicki, „höchst beliebt und vielleicht auch geliebt“. Als Gründe dafür führte Reich-Ranicki die elementare Lebensbejahung von Lenz an, dessen Herzlichkeit und warme Menschenfreundlichkeit. Lenz hat seinerseits dem Kritiker eine Erzählung gewidmet, in der er Reich-Ranicki als den „Großen Zackenbarsch“ bezeichnet, jenen Fisch, der im Aquarium das Leben (oder besser dessen Abbild, die Literatur) reguliert, sich durch keinen Köder verführen lässt, viel Appetit hat, aber seine Beute nicht wahllos verschlingt. Auch dies, eine eher liebevolle als vergiftete Huldigung, die Autoren und Kritiker gewöhnlich meist verbindet.

Der Volksschriftsteller

„Ich wurde am 17. März 1926 in Lyck geboren, einer Kleinstadt zwischen zwei Seen, von der die Lycker behaupteten, sie sei die „Perle Masurens“. Die Gesellschaft, die sich an dieser Perle erfreute, bestand aus Arbeitern, Handwerkern, kleinen Geschäftsleuten Fischern, geschickten Besenbindern und geduldigen Beamten“ schrieb Lenz in seiner „Autobiografischen Skizze“. Aus genau solchen Menschen setzt sich das Lenz'sche Werk zusammen. Genau das macht Lenz zum Volksschriftsteller.

Fischer wollte Lenz ursprünglich werden. Oder Spion. Jedenfalls wollte er einen Beruf ergreifen, in dem nicht viel gesprochen wird. „Ich wüsste nicht, was ich lieber täte als Schreiben“, erklärt Lenz an anderer Stelle seiner „Autobiografischen Skizze“. „Doch was ich ebenso gern tue, das ist Fischen – eine Tätigkeit, bei der es nicht auf die Beute ankommt, sondern auf das Gefühl der Erwartung“.

Volontär bei der „Welt“

Siegfried Lenz wurde 1943, nach dem Notabitur in den Weltkrieg geschickt, zur Kriegsmarine. Kurz vor Kriegsende desertierte er in Dänemark, kam 1945 in britische Gefangenschaft und landete später in Hamburg. Hier und in Dänemark hatte er zeitlebens seine Wohnsitze. Er begann Philosophie, Anglistik und Literatur zu studieren, wurde Volontär bei der „Welt“ und schrieb 1949 seine erste Kurzgeschichte „Die Nacht im Hotel“, eine Vater/Sohn-Geschichte, die wie so viele Werke von Lenz, in einer Männerwelt spielt.

1951 veröffentlichte er seinen ersten Roman „Es waren Habichte in der Luft“. Bereits hier schlug Lenz mit der Erfahrung totalitärer Herrschaft eines seiner wichtigsten Themen an und bekannte seine Solidarität mit den Macht- und Sprachlosen. Seine Kriegserfahrungen, die Erinnerungen an eine Jugend in einer Diktatur, ließen ihn in seinen Romanen, die sich um politische Themen der deutschen Vergangenheit drehten, sozialkritische Perspektiven entwickeln, die immer wieder von existenziellen, auch pessimistischen Motiven gebrochen wurden.

Seit 1951 lebte Lenz als freier Schriftsteller. Das bedeutete für ihn, mehrere Stunden am Vormittag und mehrere Stunden am Nachmittag diszipliniert zu schreiben.

Klug, leise, humorvoll

„Man schreibt eigentlich nur von sich selbst“ hat Siegfried Lenz einmal gesagt. Und so konnten wir durch Lenz' Werke einen Blick auf den klugen, leisen und humorvollen Schriftsteller erhaschen und erkennen, dass Siegfried Lenz ein nachdenklicher, bescheidener, gerechtigkeitsliebender Mensch war. Ein Mann, dem Geschichten oft dazu dienten, Geschichte lebendig werden zu lassen.

In seinen berühmten Romanen „So zärtlich war Suleyken“ (1955) und „Heimatmuseum“ (1978) ließ Lenz seine Jugend in Masuren wieder aufleben, zeigte sich aber auch als Meister der humoresken Kleinform. Hier werden Menschen in Masuren, Traditionen und Lebensweisen in Schelmenstücken, Märchen und Anekdoten unterhaltsam beschrieben, heraus kommt eine Mischung aus Münchhausiaden und Eulenspiegeleien.

Ostpreußen erscheint hier als Landschaft voller Käuze und Originale, die Lenz als „zwinkernde Liebeserklärung an mein Land“ ausgab. Und dennoch hat Lenz einmal bekannt: „Heimat bedeutet mir nicht so viel, als dass ich um jeden Preis zurück gehen möchte.“ Lenz fühlte sich durch und durch wohl in seiner Wahlheimat Hamburg.

„Suleyken“ wurde für das Fernsehen verfilmt, ebenso wie „Der Geist der Mirabelle“ (1975). Zu den anekdotischen Erzählungen von seiner Heimat zählt auch „So war das mit dem Zirkus“, ein Stück, das 1971 entstand. 1961 hatte Siegfried Lenz sein erstes Drama geschrieben, „Zeit der Schuldlosen“, das sich mit der deutschen Vergangenheit auseinandersetzte und das am Deutschen Schauspielhaus von Gustaf Gründgens uraufgeführt wurde.

Kein Beschöniger, kein Fantast

Wer anfing Lenz zu lesen, konnte sich schnell von dessen Geschichten fesseln lassen, von seinen zweifelnden, aufrechten Helden, den glasklaren Beobachtungen, der ökonomischen Erzählstruktur und der konzentrierten Handlung, die Gefühle weitgehend ausspart. Lenz war kein Schmeichler, kein Beschöniger, kein Fantast. Ihn beschäftigten einfache Menschen. Über sie erzählte er einfache Geschichten. Wer ihm eine Neigung zum Betulichen unterstellte, einen Rückzug in vergangene Welten, der hatte die Kraft nicht erfasst, die in ungezuckerten, direkten Sätzen liegt. Lenz' Erzählungen und Romane sind wie japanische Möbel. Sie sind schlicht und schön und beinahe perfekt.

Siegfried Lenz, dessen Prosa sich bewusst an die Tradition der deutschen Novelle anlehnte, an die englische Kurzgeschichte und die russische Erzählung, fesselte in den meisten seiner Werke durch seine Anteilnahme am menschlichen Schicksal. Von Verfolgung, Freundschaft und Verrat erzählt Lenz. Seine Helden sind oft norddeutsche Kleinbürger, „normale Leute“, Menschen mit Moral, die gegen Niederlagen ankämpfen, meist wortkarg, zurückhaltend, bodenständig, spröde.

Fast immer sind es Männer, die auch ein „männliches Leben führen, also Fischer, Taucher, Sportler, Bauern, Kapitäne. Sie leben in der Natur. Seine Lieblingsfigut ist wohl der auf sich selbst angewiesene Außenseiter. Die Konflikte, die die Männer ausfechten, scheinen ewig gültig. Da geht es um Auseinandersetzungen von Vater und Sohn, Lehrer und Schüler, Mensch und Natur. Kitsch, Gefühligkeit, opernhafte Dramatik kommen in Lenz' Werk nicht vor. Fast könnte man meinen, Lenz sei wie Hemingway, nur auf deutsch und mit deutschen Charakteren.

„Ich habe über meine Nachbarn geschrieben, habe versucht, ihre Eigenarten zu zeigen“, erklärte Lenz gern. Eine seiner ersten großen literarischen Figuren war ein Taucher im Hamburger Hafen. Er ist der „Mann im Strom“. Diesen Roman schrieb Siegfried Lenz 1957 und er wurde zwei Mal verfilmt. Er lebt von dem Kontrast zwischen Alt und Jung, Ehrlichkeit und krimineller Energie und der Symbolik, bei der ein Schiffswrack ebenso ausgeweidet und unbrauchbar übrig bleibt wie der alte Mann, der Titelheld. Lenz berührt damit ewig gültige, archaische Themen. Er trifft realistische Details ebenso scharf wie Atmosphäre und Stimmungen. Seine Figuren leben. Für einen Schriftsteller gibt es nichts, was größere Bedeutung hätte.

„Deutschstunde“ 2,5 Millionen Mal verkauft

Lenz thematisiert die Vereinsamung des modernen Menschen und die Machtlosigkeit des Einzelnen. Sein berühmtester Roman „Deutschstunde“, der sich 2,5 Millionen Mal verkaufte, spielt in einer „Besserungsanstalt“ für kriminelle Jugendliche. Dort soll der Bilderdieb Siggi Jepsen einen Aufsatz über die „Freuden der Pflicht“ schreiben. Siggi denkt über seine Rolle als Täter und Opfer nach. Und Lenz liefert in diesem Roman, der viele Jahre zur Grundausstattung des Unterrichts gehörte, ein Plädoyer für das Gewissen, die Eigenverantwortung und die kritische Hinterfragung von Autoritäten.

Er verdeutlicht, dass ein Verständnis der Gegenwart erst durch die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit möglich ist. Ob Lenz seine Personen erzählen oder handeln lässt, nie klagt er sie an. Aber er verteidigt oder verurteilt sie auch nicht. Dem Schriftsteller Siegfried Lenz geht es immer nur darum, die Menschen zu verstehen. Vielleicht, weil er ein Menschenfreund ist. Anders als die beiden anderen deutschen Großschriftsteller, Günter Grass und Martin Walser, die zeitweilig auch den Krawall des Literaturbetriebes brauchten, die gern deutlich und deftig schildern, was Menschen miteinander verhandeln, bleibt Lenz ein Schriftsteller der Andeutung, der Stille, der leisen Töne.

Zwischen 1948 und 2010 hat Siegfried Lenz knapp 180 Erzählungen veröffentlicht, 15 Romane und sieben Theaterstücke.

Einer seiner frühen Erfolge, die Erzählung „So zärtlich war Suleyken“, zaubert eine verlorene Welt Ostpreußens herbei. Lenz entfaltete sich hier als großer Fabulierer, als Landschaftsschilderer und Erfinder skurriler Gestalten. Zu seinen bedeutenden Werken zählen auch „Das Feuerschiff“ (1960) „Das Vorbild“ (1981) „Arnes Nachlass“ (1999). Mit 82 Jahren schrieb Siegfried Lenz seine erste Liebesgeschichte. Die Novelle „Schweigeminute“ war mit rund 360.000 verkauften Exemplaren der Überraschungserfolg des Jahres 2008.

Niemand, der Lenz kennenlernte, zeigte sich unbeeindruckt von der zugewandten Freundlichkeit des Schriftstellers, der bei jedem Gespräch seine Pfeife am Glühen hielt. Seine langjährigen Freunde, das Ehepaar Loki und Helmut Schmidt oder der israelische Autor Amos Oz, schätzten an Lenz dessen Gradlinigkeit. Oz befand: „Siegfried Lenz beurteilt seine Charaktere nicht. Er beschreibt zwar ihre Schwächen, aber ohne auf sie herabzublicken. Er behandelt sie mit einem Feingefühl, das man in der Weltliteratur nur selten findet.“

Siegfried Lenz wurde 88 Jahre alt. Zuletzt hatte er in diesem Verlag gemeinsam mit Altkanzler Helmut Schmidt (95) das Gesprächsbuch „Schmidt – Lenz. Geschichte einer Freundschaft“ herausgebracht.

Lenz hatte im Juni dieses Jahres in Hamburg die gemeinnützige Siegfried-Lenz-Stiftung ins Leben gerufen, die sein Werk wissenschaftlich aufarbeiten soll. Das persönliche Archiv des Schriftstellers soll an das Deutsche Literaturarchiv in Marbach gehen.

DW
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Tja, die Rechtschreibreform wird in Siegfried Lenz’ Zusammenhang schon totgeschwiegen …
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Norbert Lindenthal

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Sigmar Salzburg
03.10.2014 15.51
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Die Spaltung nach der Wiedervereinigung

Geflügelte Jahresendfigur
Von Matthias Heine
Feuilletonredakteur

Die DDR hatte einen eigenen Wortschatz. Manche Begriffe verraten immer noch die Herkunft des Sprechers. Anderes ist schon wieder untergegangen ...

Das Deutsch, das in der DDR gesprochen wurde, überlebt nicht nur in den Anspielungen einer Werbesprache, die die vage Ostalgie einer älteren Zielgruppe anspricht. Gerade in Berlin, wo mittlerweile Ossis und Wessis äußerlich kaum noch zu unterscheiden sind, können einzelne Wörter die Herkunft verraten. Davon gibt es jenseits der immer wieder zitierten Gegensätze von Broiler und Hähnchen, Plaste und Plastik noch viele, die den Sprechern häufig selbst nicht bewusst sind. Der Ossi nennt den Supermarkt eher Kaufhalle und die Region eher Territorium, für ihn ist das Metallgefäß voller Bier eine Büchse und keine Dose, und seine kleinen Kinder spielen in der Buddelkiste oder Sandkiste – nicht im Sandkasten.

Ist dies nun alles ein Indiz dafür, dass es ein eigenes DDR-Deutsch gegeben hat, so wie es in Wortschatz und Orthografie abweichende Varianten der deutschen Sprache in Österreich und der Schweiz gibt? Dann hätte Walter Ulbricht recht gehabt, als er 1970 vor dem 13. ZK-Plenum der SED verkündete: „Sogar die einstige Gemeinsamkeit der Sprache ist in Auflösung begriffen.“ ...

In der Bundesrepublik hat Ulbrichts linguistisches Credo mächtigen Alarm ausgelöst. Nicht umsonst erschien 1973 die erste wissenschaftliche Arbeit zu den sprachlichen Ost-West-Unterschieden – von Manfred W. Hellmann, der bis heute als der größte Experte auf dem Gebiet gilt. Er verglich die offiziöse Zeitungssprache des „Neuen Deutschlands“ mit der der „Welt“. Bis zum Ende der DDR 1991 wurden dann in der Bundesrepublik sechs(!) Wörterbücher publiziert, die den Wortschatz des Ostens bis in die Alltagssprache hinein beleuchteten...

Es hat aber immer Widerstand gegen Ulbrichts sprach-isolationistisches Dogma gegeben. In der DDR wurden die wissenschaftlichen Zweifel an der „Sprachspaltung“ am frühesten und schärfsten von dem Etymologen und Sprachhistoriker Wolfgang Fleischer artikuliert. Seine treuesten Anhänger hatte Ulbricht als Linguist paradoxerweise im Westen, wo sich Feuilletonisten, Satiriker und Leitartikler über vermeintlich Ostzonen-typische Sprachmonster wie die geflügelte Jahresendfigur (angeblich für „Weihnachtsengel“) ereiferten, die aber im Alltag tatsächlich niemand gebraucht hat und die in diesem konkreten Falle möglicherweise schon in der DDR eine kabarettistische Erfindung war...

Heute geht die Germanistik davon aus, dass es ein „Altbundesdeutsch“ gegeben hat, dessen Sprecher einen Alleinvertretungsanspruch als Erben der Sprachtradition erhoben und deshalb die Abweichungen im DDR-Deutsch als Verfallserscheinungen betrachteten, auch wenn sie ideologisch harmlos waren.

Einiges ist in die deutsche Standardsprache eingegangen, etwa die Wörter Exponat und Fakt...

welt.de 2.10.2014

„Dirigat” habe ich auch zuerst in Ostsendern gehört. Mich erinnerte das immer an „Ejaculat“. –
Die Angst vor der Sprachspaltung hat dann wohl die Gründung der gemeinsamen Reformkommission begünstigt, die nach der Wiedervereinigung glücklich die Spaltung in der Rechtschreibung durchgesetzt hat.

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Sigmar Salzburg
28.09.2014 11.18
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Ein frustrierter Lehrer sympathisiert mit einer neuen Radikalreform

Willkommen in der Republik der Legastheniker
Ein Lehrer erzählt vom Schreibverhalten und Rechtschreibmurks seiner Schüler. Aber geht die Welt wirklich unter, nur weil viele Jugendliche das und dass nicht mehr unterscheiden können?
Von Ralph Gehrke

So ziemlich alles, was uns Deutschen wichtig erscheint, ist hierzulande klar geregelt. Logisch, dass wir deshalb in Bezug aufs korrekte Schreiben geradezu akribisch festlegen, was geht und was nicht. Dafür gibt es natürlich Regeln, zusammengefasst und offiziell gemacht von der Duden-Redaktion. ... Allerdings werden sie immer weniger ernst genommen, vor allem von den Jüngeren. Die setzen davon unberührt, eines ums andere, ihre Zeichen in die virtuelle und reale Welt, sei es in sozialen Netzwerken, im privaten Nachrichtenaustausch oder eben in Schulen und Berufsbildungsstätten.

Und so findet sich hier in zunehmender Frequenz, mehr oder weniger lesbar, alles das wieder, was in der Umgangssprache toleriert wird, im Schriftlichen aber als nicht korrekt gilt. Da werden nicht nur Nebensatzstrukturen konsequent übersehen, Kommas, wenn überhaupt, per Zufallsgenerator eingestrichen und treffsicher Präpositionen vertauscht...

Nähmlich schreiben, ohne sich dämlich zu fühlen

Buchstäbliche Fehlerlawinen kann das vermaledeite dass auslösen. Das Monströse daran scheint zu sein, dass das Wörtchen das zu Beginn einer Schullaufbahn zunächst als harmloser Artikel daherkommt und deshalb leicht beherrschbar scheint. Irgendwann jedoch nimmt die Vielfalt seiner Erscheinungsformen aus Schülersicht einschüchternden Charakter an. Demonstrativpronomen könne es jetzt sein oder Relativpronomen, je nach dem, ob es auf etwas hinweist oder einen Attributsatz einleitet.

Zusätzlich müsse es dann noch unterschieden werden von jenem dass, das als Konjunktion fungiere und vor dem immer ein Komma stehe, also fast immer. Ebenso könne aber auch vor das ein Komma stehen, wenn es einen Relativsatz einleite. Zu viel offenbar für die Auffassungstoleranz unseres Nachwuchses.

Solcherart Rechtschreibzickzack, der sich sukzessive im Anspruch steigert, muss Schülern vorkommen wie ein Malefiz-Spiel...

Rechtschreibresistenz bis zum Abitur

... Nicht das möglichst fehlerfreie Schreiben ist hier Lernziel, sondern dass überhaupt geschrieben wird. Wir freuen uns, wenn wir das, was Jannis oder Milena aufs Papier gekritzelt haben, dechiffrieren können. Immer begleitet vom positiven Feedback: Toll, wie die sich schon ausdrücken können, und wir übersehen jetzt mal, dass es mitunter ein bisschen dada ausschaut.

Unfair wäre, mit solchen Eingeständnissen den Eindruck zu erhärten, Schule schlechthin trage die Hauptverantwortung für den permanenten Ärger mit dem Richtigschreiben. Immer noch registrierbar sind die Nachwirkungen der Rechtschreibreformen, und zwar weniger die beabsichtigten als ungleich häufiger solche, die nicht bedacht wurden und schlicht unerwünscht sind...

Den jedoch folgenreichsten orthografischen Schwund erzeugt unsere neue Cyber-Kommunikation mit ihren Kindern, den Digital Natives...

Wie es mit dem Deutschen zu halten ist, wird daher nicht mehr in Mannheim (Dudenredaktion) oder Wiesbaden (Gesellschaft für deutsche Sprache) verwaltet, sondern von Redmond (Microsoft), Cupertino (Apple) und Seoul (Samsung) aus ferngesteuert und mit freundlicher Hilfe von Google, Facebook, Twitter, WhatsApp und Co. nachhaltig erledigt. Im digitalen Universum wird Lesen zum Scannen und das Eintippen latent durch eine leichte Tupf- oder Wischbewegung überflüssig gemacht. Den Rest besorgt der urnaive Glaube an die Autokorrektur. Was da durchgeht, muss richtig sein!

Fehler gelten mehr denn je als unbedingt verzeihliche Flüchtigkeiten, die nicht wirklich wichtig scheinen. Dieser Einstellung ist kein Regelwerk auf Dauer gewachsen. Deshalb erscheint es nur konsequent, die Normen unserer Schriftsprache der Realität des allgemeinen Gebrauchs anzupassen oder, um es schöner klingen zu lassen, zu „liberalisieren“.

In einem Sofortprogramm könnten wir uns von der Großschreibung verabschieden, die Kommasetzung freistellen, das anstößige dass aufgeben sowie den Apostroph beim Genitiv als zulässiges Stylingtool deklarieren. Danach sollten wir uns ein bisschen Zeit geben (aber nicht zu lange), um herauszufinden, welchen orthografischen Ballast wir außerdem entsorgen könnten, um ein für die Android-Logik kompatibel verschlanktes Schreiben zu kodifizieren.

Und sonst? Was könnte man noch tun?

Nun, wenn man tatsächlich etwas retten möchte an unserem Schriftvermögen, bleiben eigentlich nur Appelle. Etwa so wie eine Lehrerkollegin, die nicht müde wird, ihren Eleven anzuraten: „Geht ins Museum. Umgebt euch mit Kunst! Lernt! Hört Musik, seht euch Gemälde an, lest Bücher!“

Der Autor ist Lehrer an einer Gesamtschule bei Osnabrück

welt.de 28.9.2014

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