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Norbert Lindenthal
04.05.2006 09.33
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Die Akademie ist kein Jugendzentrum

Berliner Zeitung, 02.05.2006

Meinung

Kommentar

Die Akademie ist kein Jugendzentrum
Harald Jähner

Klar, darüber kann man lachen von Flensburg bis München. Die Berliner Akademie der Künste – eine Zeitmaschine! Nachdem sie von ihrem letzten Präsidenten, dem Schweizer Schriftsteller Adolf Muschg, der Schlafmützigkeit geziehen wurde an dem Tag, als er entnervt sein Amt hinschmiss, hat sie ein Vierteljahr später einen Nachfolger gefunden. Klaus Staeck, mit 68 Jahren immerhin gute zehn Jahre jünger als Papst Benedikt, wirkt genauso beständig wie dieser: Klaus Staeck ist ein Wahrzeichen der Siebziger Jahre. Und weiter zurück: der Plakatsatiriker hat seine ästhetischen Wurzeln in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts, in den agitatorischen Fotocollagen von John Heartfield. Wenig wirkt künstlerisch betagter als das.

Ausgerechnet dieser Klaus Staeck soll nun das ramponierte Erscheinungsbild der Akademie aufbessern helfen und ihr neues Leben einhauchen? Zugegeben: es fällt schwer, darüber keine Witze zu machen. Tatsächlich aber war es klug, sich genau diesen Mann zu wählen und zwar gerade, weil Klaus Staeck ein schon skurril wirkendes Musterbeispiel von Beständigkeit ist. Staeck ist die absolute Zeitgeistbremse. Er ist, was immer man von seinen politischen Ansichten halten mag, das, was die Akademie im Augenblick braucht. Was gegen die Akademie in den letzten Jahren gebetsmühlenartig vorgebracht worden und seit Muschgs Abgang zur handfesten Legitimationskrise angeschwollen ist, stimmt ja alles: Sie ist antiquiert, prinzipiell elitär, und sie verwöhnt uns nicht mit Äußerungen spritziger Meinungsfreude. Sie mischt nicht mit im alltäglichen Geplapper, obwohl sie doch alltäglich unser Geld verbraucht. Das einzige, was der Akademie wirklich fehlt, sind der Mut und das Selbstbewusstsein, zu sagen: Genau so soll es sein.

Es gibt einige, und zwar sehr wenige Institutionen, für die müsste ein geistiger Denkmalschutz ausgerufen werden, ein Bestandsschutz ihrer überkommenen Strukturen. So wie man an Schlössern nicht ständig herumbauen darf, sollte man darauf verzichten, an den Strukturen dieser dreihundert Jahre alten Künstlersozietät herumzustümpern, die uns wie kaum eine andere in ihren institutionellen Strukturen mit der aristokratischen Vergangenheit verbindet.

Die Akademie mit ihrem exklusiven Prinzip, sich ihre neuen Mitglieder nur selbst und dann auf Lebenszeit zu wählen, kann gar nichts anderes sein als ein elitärer Verein, egal wie fortschrittlich sich ihre Mitglieder fühlen. Und da ein neues Mitglied meistens in Anerkennung eines schon beträchtlich angewachsenen Werkes gewählt wird, ist diese Künstlerakademie naturgemäß kein Jugendzentrum. Trostlos ist es aber, mit ansehen zu müssen, wie sich die Akademie von dem reflexhaften Jugendkult der Öffentlichkeit hat in die Defensive drängen lassen. In Wahrheit vergreist ja nichts schneller als die von der Kulturkritik stereotyp favorisierte Jugendlichkeit. Genauso gichtig ist die immergleiche Forderung nach Innovation. Fast jede Bühne fetischisiert inzwischen das Experiment. Eine Akademie aber zielt ihrem Wesen nach auf Beharrung und Normierung, nicht auf Erneuerung. Damit bildet sie eine wertvolle Ausnahme. Unsere Gesellschaft, die sich in unaufhörlichem Reformgetue verzehrt, weil ihr zu grundsätzlichen Veränderungen die Möglichkeiten fehlen, kann doch wenigstens eine Institution ertragen, der das Auf und Ab der geistigen Moden ziemlich gleichgültig ist.

Wir, die Steuerzahler, finanzieren die Akademie der Künste, weil wir traditionell die Künstler achten. Wir vertrauen darauf, dass sie die Möglichkeit wahrnehmen, sich dort zu treffen und über die Grenzen ihrer Künste hinweg miteinander zu sprechen. Wir tun das in der Hoffnung, dass die Künstler sich voneinander beeindrucken lassen. Vor allem in ihren Werken erhalten wir dann vielleicht etwas von dem zurück, was wir mit unserem Steuerzahlergeld ermöglicht haben. Wir sind aber nicht so naiv, uns von der Akademie Dienstleistung in Form heilbringender Resolutionen zu erwarten. Es ist schon zynisch, wenn Politiker von der Akademie Politikberatung wie von einem Thinktank einfordern, aber im Fall der von ihr erteilten Ratschläge zur Rechtschreibreform nicht mal den Erhalt der Briefe bestätigen.

Wer nach einer Akademietagung tief in der Nacht Volker Braun aus Dresden und Günter Grass aus Lübeck miteinander hat grübeln sehen, der spürt vielleicht etwas vom historischen Sinn der ganz unzeitgemäßen, traditionellen Achtung der Deutschen vor der Kunst, die hier in 18 Millionen Euro ihren Ausdruck finden.

Berliner Zeitung, 02.05.2006

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