Daniela Kopsch und andere Uwes
Es ist wirklich traurig. Immer wieder melden sich hier Reformbefürworter zu Worte, was einen eigentlich froh stimmen sollte, denn wir wollen ja die Auseinandersetzung. Sicherlich gibt es genug Ärgerliches oder auch Erheiterndes in der Folge der Rechtschreibreform in allen Bereichen, wo sie walten darf, auch viel Interessantes über die Geschichte der Orthographie und über die diversen Versuche, sie wie eine Maschine zu beherrschen, wo es sich doch um etwas Lebendiges handelt, und es ist für den Reformgegner erfreulich, daß es mit ihm andere sensible Menschen gibt, die sich mit der amtlich verordneten Beschädigung unserer Schriftkultur nicht abfinden wollen. Aber eigentlich möchte man ja die Andersdenkenden oder diejenigen, die sich über dieses Thema gar keine Gedanken machen, von der Wichtigkeit und Richtigkeit des Anliegens überzeugen. Also sollte man sich über kontroverse Meinungen freuen, die ja auch zum Überdenken eigener Positionen führen können, sofern diese Gegenmeinungen intelligent und von inhaltlicher Substanz sind. Vielleicht haben wir ja doch in manchen Teilen gar nicht recht? Man möchte die Solidität der eigenen Position abklopfen können im Disput mit ebenbürtigen, klugen und gebildeten Gesprächspartnern.
Aber was erleben wir für »Gegner«? Ich will ja niemandem zu nahe treten, aber irgendwie sehne ich mich ein bißchen nach dem immer freundlichen, um Sachlichkeit bemühten Herrn Jansen. Man spürte förmlich seine guten Absichten. Er stand wohl oder übel auf der Seite, auf der er meinte, dem Machwerk die guten Seiten abgewinnen zu müssen, um seine Intelligenz nicht beleidigen zu lassen, und er schlug sich wacker. Aber ansonsten? Ein Leben lang bescheiden und eher zu Besorgtheit neigend, was die Sicherheit des eigenen Wissens und Urteilens anlangt, gerät man bei der Diskussion um die Rechtschreibreform plötzlich in die teuflische Versuchung der Hoffart (in der Süddeutschen Zeitung schrieb man das neulich tatsächlich »Hoffahrt«, als ob da jemand im Hof herumführe!), des geistigen Hochmutes, angesichts der oft geradezu unverschämten Unbekümmertheit, mit der die eigene Dummheit als Argument ins Feld geführt wird (siehe Frau Hohlmeier im Interview mit der WELT, das Manfred Riebe freundlicherweise auf den Seiten der »Deutschen Sprachwelt« veröffentlicht hat), und man mag gar nicht glauben, daß es für die neue Rechtschreibung wohl tatsächlich überhaupt kein vernünftiges, auch kritischer Nachprüfung standhaltendes Argument geben soll und nicht einen einzigen Befürworter, dem man zumindest intelligentes und der Dimension des Problemes angemessenes Denken zuerkennen könnte, so daß es ein fruchtbares Streiten um den richtigen Umgang mit unserer schönen Sprache wäre und nicht ein Ohrenklatschen hin und her.
Neben dem geringen intellektuellen Glanz stelle ich bei den hier auftretenden Befürwortern außerdem eine generelle Neigung zu Mißgelauntheit fest. Das tröstet, denn man könnte es darauf zurückführen, daß die Befürwortung der Reform in Wahrheit der Not gehorchend und nicht dem eignen Triebe geschieht. Dann müßten wir unsere »Gegner« tröstend in die Arme nehmen und ihnen sagen: »Mach's wie wir, laß es sein«.
Auch Frau Daniela Kopsch möchte man diese Worte zurufen, aber sie will ja nicht geduzt werden. Mit »Sie« ist dieser Satz aber nicht so schön. Auch Frau Hohlmeier hat mit dem du/Du Probleme, haben wir gehört, und das ist auch tröstlich. Es fällt ihr schwer, das »Du« klein zu schreiben, wie sie das jetzt doch lt. Kultusministerbeschluß muß!. Die Arme. Bei solchen Kultusministern ist die deutsche Kultur in wahrlich guten Händen. Weiß nicht mehr, ob sie Du oder du schreiben soll! Doofer geht's kaum. Da soll einem jemand die Fahrt im Hof übelnehmen, die Hoffahrt!
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Walter Lachenmann
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