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Jörg Metes
11.12.2001 23.30
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Reformpioniere in der Krise

Der „Woche“ – der Zeitung also, die vor 5 Jahren so stolz darauf war, die erste in neuer Rechtschreibung zu sein – geht es schlecht. Das liest man natürlich gern. Hier deshalb der neueste Bericht zur Lage der „Woche“ in voller Länge – aus der FAZ vom 12.12.2001.

»Hamburger Dauerregen
Sparen ohne Chefredakteur: Die „Woche“ spannt den Schirm auf
Von Jörg Thomann

Bei der „Woche“ läuft fast alles wie gewohnt. Soeben ist die Zeitung wieder einmal für ihr Design ausgezeichnet worden: Beim Wettbewerb „Europe's Best Designed Newspaper“ erhielt sie Preise in den Kategorien „Visualisierung“ und „Infografik“. Würde man Zeitungen als Dekorationsobjekte betrachten und sich ihre Seiten als Schmuckstücke an die Wand hängen, so wäre die „Woche“ von ihrem Start 1993 an ein Renner gewesen. Da aber die Leute eine Zeitung in erster Linie kaufen, um sie zu lesen, sieht es für die „Woche“ weniger gut aus. Die verkaufte Auflage von gut 130 000 Exemplaren reicht längst nicht aus, um die Kosten zu decken. So wohlvertraut wie die Tatsache, daß das Blatt Jahr für Jahr Millionenverluste macht, sind auch die Gerüchte, daß sein Verleger Thomas Ganske dem Ganzen irgendwann doch ein Ende setze und die „Woche“ verkaufe, womöglich doch an die WAZ-Gruppe, deren künftige Führungskraft Bodo Hombach an der traditionell SPD-nahen Wochenzeitung durchaus Interesse haben könnte.

Wie gesagt: Es läuft alles fast normal bei der „Woche“. Aber eben nur fast. Am Freitag, einen Tag vor seinem fünfzigsten Geburtstag, hat der Chefredakteur Hans-Ulrich Jörges seine Kündigung bekanntgegeben, wegen – so die offizielle Verlautbarung – „unterschiedlichen Vorstellungen über Besetzung und Organisation der Redaktion“. Mit Jörges verläßt jemand die „Woche“, der von Anfang an mit dabei war, der als Vertrauter des Herausgebers Manfred Bissinger gilt und letzterem vor etwa einem Jahr nachfolgte, als er das Amt des Chefredakteurs aufgab. Bis zum Freitag arbeitete Jörges noch an dem demnächst anstehenden Relaunch der Zeitung, deren Etat fürs nächste Jahr noch nicht bewilligt ist; fest steht, daß – wie derzeit überall – gespart werden muß. „Bestimmte Prozesse“ in diesem Zusammenhang, so Jörges, habe er „nicht mitverantworten“ wollen; seine Kündigung sieht er als Appell an die Geschäftsführung, das „Projekt“ namens „Woche“ nicht zu gefährden. Einen Nachfolger für Jörges will Bissinger im nächsten Jahr präsentieren.

Jörges' Widersacher in dieser Geschichte ist ein Mann, der – kurios genug – ebenfalls schon gekündigt hat: der Geschäftsführer Kurt Breme, der seinen Posten Mitte 2002 räumt. Breme kann weder die Demission des Chefredakteurs verstehen noch dessen Beweggründe: Bislang jedenfalls, so Breme, seien die Planungen „einvernehmlich“ abgelaufen und „nicht einmal drastische Sparmaßnahmen“ vorgesehen. Vor allem sei der Verlag betroffen sowie der Bereich Werbung und Marketing, weniger die Redaktion. Die sei mit vierundvierzig Redakteuren und sechzehn Pauschalisten „unter den Verhältnissen der ,Woche' gut ausgestattet“ und werde das auch bleiben: „Es gibt keine Pläne für Entlassungen.“ Breme macht kein Hehl daraus, daß er Jörges' Verhalten unkooperativ findet: „Wenn's härter wird, müssen alle den Schirm aufspannen – und da kann keiner sagen: ich nicht.“

Manfred Bissinger, der Gründer und Herausgaber der „Woche“, stand gestern für eine Stellungnahme nicht zur Verfügung. Jörges' Kündigung, so hört man aus der Redaktion, muß ihn freilich schwer getroffen haben – obgleich der Chefredakteur mit Bissingers Intimus Gerhard Schröder unsanfter umging, als der es von der „Woche“ gewohnt ist: „Schwere Fehler“ nicht nur in der Afghanistan-Politik warf Jörges dem Kanzler vor, dem wohl „der Tunnelblick der Macht die Einsicht“ verstelle. Für Schröder, der die „Woche“ gern als Sprachrohr nutzt, wird Jörges' Abgang kein Verlust sein; die Zeitung trifft er, da nicht nur finanzielle, sondern auch konzeptionelle Veränderungen bevorstehen, zur ungünstigsten Zeit. Solange der vakante Posten nicht wieder besetzt ist, dürften sämtliche Reformen von Redaktions- und Blattstruktur auf unbestimmte Zeit verschoben sein.

Dabei bräuchte die „Woche“ nichts dringender als Ideen, wie sie endlich publizistisch an Bedeutung gewinnen könnte. Die unter Jörges forcierten Versuche, mit meinungsstarken Titelstorys („Der Spitzel-Staat“, „Springers neue Macht“) Beachtung zu finden, wirkten hilflos, manche Rubriken verstaubt, etwa die überraschungsarmen Porträts auf der dritten Seite – wo jüngst das fünfte Angela-Merkel-Porträt binnen zwei Jahren erschien. Statt den Pressemarkt zu verändern, wie es dem zeitgleich gestarteten „Focus“ gelang, muß die selbsternannte „moderne Wochenzeitung“ jetzt mitansehen, wie altehrwürdige Tageszeitungen durch ausgebaute Hintergrundberichterstattung in ihrem Revier wildern – und hat dagegen kein Rezept gefunden. Immerhin hat der Verleger Ganske, dies die gute Nachricht der vergangenen Woche, der Redaktion versichert, an der „Woche“ festzuhalten – und sollte er dies nicht ernst meinen, so Geschäftsführer Breme, „dann müßte er ein besserer Schauspieler sein als Yul Brynner“. «
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Jörg Metes

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Jörg Metes
13.09.2001 20.36
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Die Woche, 1/1997

» Sie wissen, wir haben uns nie an der allgemeinen Aufregung über die Reform der deutschen Rechtschreibung beteiligt, auch nicht am jüngsten, verspäteten Aufflackern der Empörung. Viele von uns, auch ich, hielten das neue Regelwerk für überflüssig, aber da Sprache etwas Lebendiges ist, sich verändert und weiterentwickelt, haben wir gelernt, dass es durchaus gut sein kann, ihre Regeln ab und an zu renovieren. Schließlich sind bald 100 Jahre seit der letzten Rechtschreibreform vergangen. Da ist es an der Zeit, Widersprüche und Ballast zu überprüfen.
Sicher hätten wir uns den jetzt beschlossenen Kompromiss in etlichen Punkten anders vorgestellt oder gewünscht. Will sagen, auch in der WOCHE-Redaktion sind die neuen Regelungen heftig diskutiert worden. Trotzdem fanden wir die Reform nach gründlicher Prüfung so unsinnig nicht. Und um unseren Lesern die Umstellung frühzeitig zu ermöglichen (viele Schulen und Institutionen setzen bereits ein), werden wir von dieser Ausgabe an die neuen Regeln verwenden. Dabei wollen wir die Freiheiten, die die Reform zum Beispiel bei der Kommasetzung oder der Silbentrennung lässt, weitgehend auch unseren Mitarbeitern einräumen. Die WOCHE-Autoren Günter Grass, Siegfried Lenz oder Peter Rühmkorf müssen nicht um ihre persönlichen Eigenheiten fürchten; wir werden ihre Texte auch in Zukunft in ihrer Sprachdiktion drucken.
Scheußlichkeiten zudem wie die Abtrennung einzelner Buchstaben am Zeilenende (etwa bei A-bend) sollen uns und Ihnen erspart bleiben. Wo es für einige Wörter künftig mehrere Schreibweisen gibt (Delphin/Delfin), wird sich die Redaktion für eine Variante entscheiden, die das Sprachgefühl nicht allzu sehr schmerzt – eine Sonderbeilage klärt Sie darüber auf. Und wenn Sie diese WOCHE kritisch studieren, wird Ihnen wie uns schnell klar werden: So dramatisch, wie oft an die Tafel gemalt, sind die neuen Regeln wirklich nicht.

Manfred Bissinger
DIE WOCHE «

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