In welchem Drama spielen wir hier eigentlich?
Antwort auf Herrn Riebes Einlassung:
»...das klingt so, als sei ich Befehlsempfänger irgendwelcher Hintermänner.«
Aha: Verschwörungstheorie, wieder einmal. Die Welt besteht aus lauter Hintermännern, es ist zum Verzweifeln.
»Ihr öffentlicher Aufruf zu einem Maulkorberlaß ist in meinen Augen nicht nur taktlos und peinlich, sondern vor allem undemokratisch.«
Ich meine, eine ähnliche Passage in einem Drama von Schiller gelesen zu haben: Gewähren Sie Meinungsfreiheit, Sire oder so. Geht es nicht ein paar Oktaven tiefer? Sie überschätzen unser aller Bedeutung und Wirkung.
»Wer nichts zu verbergen hat, braucht auch nicht Recherchen zu fürchten.«
Ist ja wahr, aber dennoch muß man nicht gleich jedem hinterherspionieren, der nicht gleich seine Visitenkarte abgibt. Bei uns im Kindergarten, da gab es auch immer welche, die meinten, man müsse alles, was man herausgefunden hat über ein anderes Kind, der Schwester Babette petzen die hat das meistens genervt, und der Petzer war sehr unbeliebt, völlig natürlich und mit Recht.
»Die Rechtschreibreformer und ihre Lobby stehen nun einmal im Rampenlicht und besonders solche, die die Reformgegner angreifen. Das tun Sie übrigens gerade auf besonders delikate Weise auch.«
Au weia! Diesmal haben Sie mich aber voll erwischt. Ja ich bins! Ich greife die Reformgegner auf besonders hinterhältige Weise an, in der Absicht, die ganze Bewegung von innen her auszuhebeln. Ich bin der ganz subtile, heimtückische Reformsatan, mein Name ist ja, man kann ihn nur so formulieren, ohne zur Salzsäure zu erstarren: ††††††† mir wird selber schon bang...
» Welchen Grund hat es wohl, daß Sie dazu auffordern, die Daten gerade dieser Persönlichkeiten des öffentlichen Interesses geheimzuhalten?«
Hab ich gar nicht gemerkt. Aber nachdem ich durch Ihr ermittlerisches Genie hoffnungslos enttarnt bin, fordere ich Sie hiermit im Namen des Instituts für Deutsche Sprache auf, und dieses zwar formell, sämtliches Wissen, über das Sie verfügen, geheimzuhalten.
»Sobald jemand Herrn Professor Ickler angreift wie Gerhard Schoebe, dann interessiert mich schon, weshalb er das tut. Und wenn sich herausstellt, daß er nicht nur verlängerter Arm des Hamburger Kultussenats, sondern auch geschäftlich interessierter Schulbuchautor ist, dann ist die Interessenlage eindeutig.«
Wir haben beide auch schon Herrn Professor Ickler angegriffen, wessen verlängerte Arme mögen wir wohl gewesen sein? Ich der Ihre, Sie der meine?
Oder wir beide, nicht voneinander wissend, die Arme von Random House? (Hinter diesem Anglizismus versteckt sich neuerdings nämlich der Klabauter- sprich: Bertelsmann) Ich stehe immerhin der Verlagsbranche nahe, wer weiß? Und Sie sind ein völlig unbeschriebenes Blatt, immer mit der Moralkeule vorneweg, das sind die Gefährlichsten.
Nun meinerseits mal im Ernst: Was soll dabei eigentlich herauskommen, wenn Sie die Anschriften vermeintlicher Bösewichte hier immer wieder veröffentlichen? Mich stört das gewaltig, es hat etwas von An-den-Pranger-stellen; seht her: dies ist der Halunke: Name, Vorname, Straße, Hausnummer, PLZ, Ort usw. Fehlt nur noch der Aufruf, ihn aufzusuchen und ihm das Vögelchen zu zeigen. Hieße ich Riebe, würde ich derartiges glatt als Femeaufruf interpretieren, reine Interpretationsssache. Aber mich stört das vom Geschmacklichen, das riecht unsympathisch, auch wenn alle Fakten wahr sind. Sammeln Sie diese doch für sich, dann weiß man, wohin man sich wenden muß, wenn man was erfahren will über diesen oder jenen.
»Investigativer Journalismus ist leider gerade auf dem Gebiet der Rechtschreibreform auch aus Gründen politischer Korrektheit so gut wie gestorben.«
Wird so aber auch nicht besser.
»Die Daten von Hinz und Kunz sind dagegen uninteressant, solange sie nicht anonym als Störenfriede auftreten.«
Ich finde, dann immer noch. Und nicht jeder, der unser Problem anders sieht als wir, muß ein Störenfried sein. Was haben wir beide schon den Frieden des lieben Herrn Ickler gestört, haben Sie das vergessen? Da war auch nicht alles so schrecklich gescheit, was da hin und her gepostet wurde.
Also denn P®ost!
Um die Diskussion nicht in Waschküchenkabbeleien abgleiten zu lassen, schlage ich vor, daß wir das Thema hiermit abschließen, schwöre Besserung und bitte Herrn Riebe, künftig ein bißchen besonnener mit seinen Maximalthesen und -theorien umzugehen, sonst erleben sie eine Art Inflation, eine Entwertung und bedeuten schließlich gar nichts mehr. Diese Meinung hätte ich natürlich auch privat unter uns Freunden mitteilen können, aber ich meine, öffentlich brausende Töne sollten auch öffentlich gedämpft werden, sonst hält sie noch jemand für offizielle Verlautbarungen oder gar für »his masters voice«.
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Walter Lachenmann
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