Verantwortlich für das, was wir nicht tun
Was heißt hier Aufregung? Das erinnert mich an die Rechtschreibreformer und Kultusminister, die den Bürgern empfahlen, mit der oktroyierten Rechtschreibreform unaufgeregt umzugehen, etwa nach dem Motto Ruhe ist die erste Bürgerpflicht. Insofern könnte man das Wort unaufgeregt zum Unwort des Jahres wählen.
Vor vielen Jahren erhielt ich, obwohl ich in meinem Leserbrief meine Adresse angegeben hatte, einen Anruf einer Zeitungsredaktion, die sich vergewissern wollte, ob ich auch tatsächlich der Leserbriefschreiber sei. Dabei erfuhr ich, daß Leserbriefe, die unter Pseudonym oder ohne Absender geschrieben werden, nicht abgedruckt werden. Wer sich öffentlich in Medien äußert, z.B. als Leserbriefschreiber, müsse zu dem stehen und das verantworten, was er schreibt. Doch sind wir nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.
Offenbar stimmt aber in unserer Demokratie einiges nicht, wenn Bürger schon davor Angst haben, ihre Meinung öffentlich unter Namensnennung zu äußern. In Deutschland herrscht zwar noch nicht Wild-West, aber es ist so einiges verwildert. Es gibt Ansätze in Richtung eines Denunziations- und Überwachungsstaates.
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