Autsch ...
... da hat wohl mal wieder einer mißverständlich geschrieben und ist mißverstanden worden.
Aber: Die Bemerkung
...wie es heute bereits im Angelsächsischen für Heimat kein (nachträglich eingefügt: eigenes) Wort gibt und daher die Begriffsbildung erschwert sein dürfte). Auf dem Weg zur immer nachhaltiger nomadisierenden Menschheit könnte die Schreibweise zuhause eine Zwischenstufe sein.
klingt doch so, als stellte der Autor bei den »Angelsachsen« fest, daß es bei ihnen [für Heimat, zuhause] nicht allein »bereits« kein eigenes Wort [»mehr«?] gibt, sondern diese davon sich auch nur mühsam einen [inhaltlichen] Begriff bilden können, kurzum: unmittelbar vor dem Zustand der vaterlandslosen Gesellen stehen. Der Folgesatz über die »nomadisierende Menschheit« (keine Ahnung, wer oder was gemeint sein könnte, wenn nicht die über den ganzen Globus ausschwärmenden Geschäftsleute- und Touristenherden, Heimatvertriebene verschiedenster Herkunft oder eben die »Angelsachsen« (Frau Salbermüller hat aufgrund ihrer Unkenntnis der Übersetzung für »Heimat« sogar die Franzosen schon bei diesem Defizit ertappt), verstärkt die Vermutung, daß hier die auch anderweitig immer wieder anzutreffende Meinung vertreten wird, der Wortschatz einer Sprache sage etwas aus über die ethischen oder kulturellen oder sonstigen Eigenschaften oder Werte der Menschen, deren Muttersprache sie ist.
Wenn es für etwas kein »eigenes« Wort gibt, dann eben zwei oder drei, die das bezeichnen, was man mitteilen will, oder ein Fremdwort, das jeder versteht. Das Mitgeteilte ändert sich dadurch ja nicht. Und wenn ich etwas mitteilen will, das es in der anderen Sprache nicht gibt, dann muß ich es beschreiben, etwa eine Brezel, oder umgekehrt eine Andouille (die im Gegensatz zur Brezel auch eine übertragene Bedeutung, also je nach Verwendung etwas Doppeldeutiges oder Hintergründiges haben kann, das man als Deutscher erst erklärt bekommen muß). Solange man das »etwas« nicht selbst kennengelernt hat, wird man nie genau wissen, um was es sich handelt, und erst im praktischen Umgang mit der Sprache erschließen sich einem die Nebenbedeutungen in ihren Schattierungen, die einem die unverfälschte Übersetzung so schwer machen.
Über die »Unübersetzbarkeit« kann man sehr wohl unterschiedlicher Meinung sein. Wer sich in mehreren Sprachen gut auskennt, erlebt es immer wieder, daß er das, was er in der einen Sprache so und nicht anders ausdrücken würde, in der Gewißheit, völlig so verstanden zu werden, wie er es möchte, nicht imstande ist in der anderen so und nicht anders zu sagen und dabei ebensogenau verstanden zu werden. So ist das nun einmal.
Wenn man diesen Gedanken weiter verfolgt, kommt man allerdings zu dem Verdacht, daß es eine solche Barriere nicht nur zwischen zwei Sprachen gibt, sondern etwa auch zwischen zwei regionalen Dialekten. Und wenn man immer noch weiter geht, weiß man schließlich gar nicht mehr, ob man überhaupt »so und nicht anders« verstanden worden ist, selbst wenn man mit seinen Allernächsten spricht und diese den Eindruck erwecken, als bestünde nicht die geringste Unklarheit.
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Walter Lachenmann
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