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Deutscher Bundestag (18.4.1997)
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Fritz Koch
30.11.2004 16.39
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Wenn "die Politik sich aus der Rechtschreibung heraushalten" soll,

verurteilt Herr Zehetmair zugleich auch, daß die 1996 von der Rechtschreibkommission als unbedingt notwendig vorgetragenen Korrekturvorschläge von der Kultusministerkonferenz, der er selber als bayerischer Kultusminister angehörte, abgelehnt wurden, „damit die Reform in Kraft treten konnte“.
Daß er 1996 als Politiker die Verbesserungsvorschläge der von ihm miteingesetzten Kommission aus rein politischen Gründen abgelehnt hat, muß man ihm schon vorhalten.
Inzwischen ist er als einziger der dafür Verantwortlichen zu einer besseren Einsicht gekommen, wohl weil er nicht mehr als Politiker, sondern jetzt als Experte tätig werden soll. Was wieder einmal beweist: Politik verdirbt den Charakter, automaticamente.
Oder Herr Zehetmair gehört jetzt (heimlich) auch zu den (ehrenwerten) CSU-Rebellen, die Herrn Stoiber und Frau Merkel nicht mehr gehorchen.

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Ruth Salber-Buchmüller
30.11.2004 09.41
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WAZ 30.11.04/Kultur:Rat für Rechtschreibung

„Zehetmair soll den Vorsitz übernehmen“,

„Neben Sprachforschern gehören ihm Praktiker
wie Autoren, Journalisten, Lehrer sowie Buch-
und Zeitungsverleger an“

„Das Gremium soll „die Einheitlichkeit der
Rechtschreibung im deutschen Sprachraum bewahren“ und
das orthografische Regelwerk weiterentwickeln“.

Das hört sich ja alles hervorragend an.
Da können sich Spiegel, SZ und Konsorten
beruhigt „Pfeifchen rauchend“ in ihre Sessel zurücklehnen
und abwarten.

„Bewahren“? Bewahren kann ich nur, was ich besitze!
Haben wir zur Zeit die zu bewahrende Einheitlichkeit?

Fest steht, was auch immer die Verursacher anpacken, es gelingt.
Wer sind bloß ihre strategischen Berater?
__________________
Ruth Salber-Buchmueller

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Matthias Dräger
30.11.2004 08.48
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Warum Joschka Fischer die Rechtschreibreform liebt

„Ich war schon immer für Reformen“ kanzelte Joschka Fischer den Grünen-Abgeordneten Gerald Häfner ab, als dieser um Unterstützung für den Gruppenantrag bat.

Es ging übrigens bei obigem Wortwechsel nicht um den derzeitigen, sondern um den von Detlef Kleinert 1997 initiierten Gruppenantrag zur Rechtschreibreform, der bekanntlich am 26. März 1998 mit Stimmen aller Fraktionen angenommen wurde.

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Fritz Koch
29.11.2004 20.00
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Warum SPD und GRÜNE die Rechtschreibreform lieben:

„Wir können nur das denken, wofür wir Worte haben, und wir denken immer weniger, weil uns immer weniger Wörter zur Verfügung stehen.“

Stephen Vizinczey in der Südd. Zeitg. v. 27./28.11.04, Wochenende, „Die Sprache wechseln“

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margel
28.11.2004 08.03
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Schadensbegrenzung

Da Tante Schavan ganz sicher nicht Ministerpräsidentin von BW werden wird, sorgt sie wohl schon mal vor: zukünftige Bundesbildungsministerin einer Großen Koalition (die liegt ja in der Luft) wäre auch nicht schlecht. Wenn abgewählte Ministerpräsidenten (Eichel u.a.) zur Belohnung Bundesminister werden können, ist der Weg doch vorgezeichnet.

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Theodor Ickler
28.11.2004 06.52
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Klientelpolitik

Schon die Vorlage zum Bundestagsbeschluß am 26.3.1998 war verwässert worden, weil die Lobby ihre Leute entsprechend beeinflußt hat. Mir ist damals von MdBs und anderen viel erzählt worden, was ich nicht so richtig gewürdigt und aufgezeichnet habe, weil ich nicht ahnen konnte, daß sechs Jahre später das Ganze nochmals neu aufgelegt werden würde. In meinen Büchern habe ich immerhin die Auskunft des SPD-MdB und Obmannes im Rechtsausschuß festgehalten, daß das Bundesinneministerium die treibende Kraft war (Kanther, Bergsdorf, Palmen-Schrübbers, letztere eine Schlüsselfigur der ganzen Rechtschreibreform).

Auch jetzt wird wieder viel erzählt, wovon ich nur erwähnen will, daß die Verwässerung der Unionsvorlage vor allem auf Frau Schavan zurückgeht.

Wenn man es richtig anpackt, kann aus dem Vorstoß immerhin die Bundes-Mitkompetenz für die RSR hervorgehen. Die KMK sieht das nicht ungern, weil sie die Sache loswerden möchte.

Es ist zwar dafür gesorgt, daß der Gruppenantrag überstimmt wird, aber der zahmere Unionsantrag kann nur schwer angefochten werden, wenn man sich nicht als obrigkeitshöriger Einfaltspinsel offenbaren will.

Es wird darauf ankommen, die beiden Einwände abzuwenden: die Kostenfrage und die Rücksicht auf die armen Schüler.
__________________
Th. Ickler

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margel
27.11.2004 22.52
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Gar nicht so übel - oder doch?

Der Wortlaut des CDU-Antrags sowie besonders seine Begründung sind doch eigentlich ganz vernünftig. Die Diagnose des durch die Reform verursachten Chaos stimmt. Das ist angesichts so viel sonst verbreiteten Nebels (KMK! Ahnen! usw.) erfreulich nüchtern und wirklichkeitsnah. Nebulös bleibt allerdings der Appell an die MK, eine einheitliche Rechtschreibung (wieder-)herzustellen. Was ist mit der „breiten gesellschaftlichen Basis“ gemeint? Sollen die Kultusminister auf Presse und Verlage einwirken, gar Druck ausüben? Jedenfalls tritt die Schulorthographie als Objekt der „Schadensbegrenzung“ nicht deutlich ins Blickfeld. – Neu ist, daß die Ministerpräsidenten(!) einen „Rat für Rechtschreibung“ berufen haben. Das muß von der Öffentlichkeit ganz unbemerkt geschehen sein. Und daß die Kultusminister der Länder „in Abstimmung mit den Ländern“ für ein Ende des unbefriedigenden Zustandes sorgen sollen, bleibt auch rätselhaft.

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Fritz Koch
27.11.2004 20.20
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SPD-Abgeornete dürfen nichts von Rechtschreibung verstehen.

Jedenfalls weniger als Herr Müntefering. Damit der nicht „sein Gesicht verliert“, wenn sie zeigen würden, daß sie mehr von der Sache verstehen. Auch Herr Müntefering will eine mißglückte Reform aus Prinzip durchziehen. Das Ansehen der Partei wird darunter leiden, denn wer wird noch glauben, daß Abgeornete Fachleute sind. Für Herrn Müntefering sind sie nur Marionetten.

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Theodor Ickler
27.11.2004 17.02
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Schreibhemmung für SPD-Abgeordnete



ban. BERLIN, 26. November. Die SPD-Abgeordnete Jelena Hoffmann hat ihre Unterstützung zugunsten eines interfraktionellen Antrags zurückgezogen, der sich für eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung einsetzt. Dies wurde am Freitag bekannt. Frau Hoffmann war bisher die einzige SPD-Abgeordnete, die den – vor allem von Politikern der FDP initiierten – Antrag unterstützt hatte. Es hieß, die engere Fraktionsführung habe die Abgeordnete dazu gedrängt. Außerdem seien auch andere SPD-Abgeordnete, die als Gegner der neuen Rechtschreibung bekannt seien, ermahnt worden, den Gruppenantrag nicht zu unterzeichnen. Auch die Fraktionsspitze der Grünen bedrängt dem Vernehmen nach die beiden Fraktionsmitglieder Winkler und Uschi Eid, ihre Unterschriften ebenfalls zurückzuziehen. Die Führung der Koalition will damit sicherstellen, daß bei der Entscheidung des Bundestages über Anträge gegen die neue Rechtschreibung – neben dem FDP-dominierten Gruppenantrag liegt noch ein zurückhaltend formulierter Antrag der CDU/CSU-Fraktion vor – eine Ablehnung der Mehrheit des Hauses gesichert ist.


Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.11.2004, Nr. 278 / Seite 4

__________________
Th. Ickler

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Fritz Koch
27.11.2004 10.56
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Die Kultusminister haben nur die biologische Lösung

Nicht nur die „Alten“ sind gegen die Reform, sondern fast alle, die ihren Schulabschluß nach den alten Rechtschreibregeln gemacht haben. Das kann man immer wieder in Gesprächen mit „Jungen“ erfahren. Also erst wenn die Schulabsolventen mit neuer Rechtschreibung übriggeblieben sind oder wenigstens die Mehrheit sind, gibt es überwiegende Zustimmung zur neuen Rechtschreibung. Grob geschätzt: Wer 1996 etwa 20 Jahre alt war, ist nach etwa 45 Jahren Rentner, also im Jahre 2041. So lange würde es etwa dauern, bis die Reformbeführworter in der Mehrheit sind.
Wenn wir eine wirkliche Demokratie hätten, wäre die Rechtschreibreform nie durchgesetzt worden. Das muß man auch Herrn Müntefering sagen. (Man kann ihm E-Mails schreiben: franz.muentefering@bundestag.de)

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Matthias Dräger
27.11.2004 07.57
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Kommentar zu den beiden Anträgen zur Rechtschreibreform

Der Antrag der CDU-Fraktion des Deutschen Bundestages lautet:

„Der Deutsche Bundestag bittet deshalb die Kultusminister der Länder,
Ø ausgehend vom Beschluss der Ministerpräsidenten von Anfang Oktober 2004 schnellstmöglich und in Abstimmung mit den Ländern dafür zu sorgen, dass der unbefriedigende und verunsichernde Zustand durch eine klare Entscheidung über eine verbindliche Rechtschreibung auf allen staatlichen Ebenen beendet wird;
Ø dabei anzustreben, dass, unter Beachtung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1998, wonach eine rechtliche Verbindlichkeit der neuen Rechtschreibregeln auf gesellschaftliche Akzeptanz gegründet sein muss und auf den Bereich der Schulen beschränkt bleibt, die Regeln der Rechtschreibung auf eine breite gesellschaftliche Basis gestellt werden;
Ø bis zum Ende des Jahres 2004 in einem Bericht darzustellen, welche Schritte zur Erreichung einer einheitlichen Rechtschreibung unternommen werden. “


Die Kultusminister würden doch nichts lieber tun, als endlich die Rechtschreibung zu vereinheitlichen, das war ihr erklärtes Ziel von Anfang an. Daß die Einheitlichkeit unserer Rechtschreibung aus bestimmten (noch nicht genannten) Gründen absichtlich zerstört worden sein soll, wie Doris Ahnen, Vorsitzende der KMK, im aktuellen Spiegel zugibt (und im nächsten Atemzug widerruft), ist wenig glaubhaft.
Das Problem der Kultusminister ist nur: sie können es nicht, die Einheitlichkeit zerrinnt ihnen unter den Händen, sie können machen, was sie wollen. Es gäbe eine Lösung, natürlich, aber bevor die Kultusminister DAS machen, baden sie eher im Weihwasser.
Die Reformer haben die Widersinnigkeit vieler ihrer Vorschläge mittlerweile selbst eingesehen und einige der „alten“ Schreibungen gnädigst wieder gestattet. Dieser Weg führt aber zur Aufweichung unserer vormals weitgehend eindeutigen Rechtschreibung, und das Problem der Aufspaltung in bewährte ß-Schreibung und konstruierte ss-Schreibung ist damit auch nicht gelöst.

In der Praxis sieht es doch so aus (wenn man einmal von zahlreichen Hausorthographieen einiger Zeitungen absieht): Die einen schreiben mit (bewährter) blauer Tinte. Die anderen schreiben mit „neuer“ roter Experimentaltinte.
Frau Merkel stellt sich jetzt vor den Bundestag und sagt: Liebe Kultusminister, sorgt bitte dafür, „dass“ endlich alle mit roter Tinte schreiben!
Wie soll das gehen?
Oder ist der CDU-Antrag nur eine Finte, ein durchsichtiges Mannöver, um vom sinnvollen Gruppenantrag der 45 Abgeordneten abzulenken – wohlwissend, daß der Antrag der CDU bei den derzeitigen rot-grünen Verhältnissen ohnehin nicht angenommen wird? Das Letztere scheint am wahrscheinlichsten zu sein. Daß der Gruppenantrag erst nach dem Antrag von Frau Merkel eingereicht wurde, tut nichts zur Sache: Der Inhalt des Gruppenantrages war in Berlin sicher schon seit Wochen auch inhaltlich bis in Detail bekannt (das haben Gruppenanträge so an sich), als die CDU ihren Antrag stellte.

Ganz anders dagegen der Gruppenantrag der 45 Abgeordneten. Dieser fordert u.a.:
„Für die amtliche Schreibung gilt ab dem 1. August 2005 wieder die Rechtschreibung in ihrer Form vor Einführung der Neuregelung. Die für die Rechtschreibung zuständige Arbeitsgruppe der Kultusministerkonferenz wird aufgelöst.“

Das ist eine klare Aussage, damit kann man etwas anfangen. Mit der Annahme dieses Antrags wäre das Herumgeeiere mit der Rechtschreibreform im deutschen Sprachraum beendet.
Dann bliebe nur noch, den Schutt wegzukehren und die Zeit die Wunden verheilen zu lassen
– geändert durch Matthias Dräger am 28.11.2004, 06.34 –

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Matthias Dräger
27.11.2004 07.22
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Antrag der CDU: Klarheit für eine einheitliche Rechtschreibung

Hier die Nebelkerze der CDU von Tante Merkel:


Der Unions-Antrag im Wortlaut
 
Deutscher Bundestag Drucksache 15/
15. Wahlperiode neu: 12.11.2004



Antrag
der Abgeordneten Günter Nooke, Bernd Neumann (Bremen), Renate Blank, Dr. Maria Böhmer, Dr. Peter Gauweiler, Dr. Günter Krings, Dr. Martina Krogmann, Dr. Norbert Lammert, Vera Lengsfeld, Werner Lensing, Dorothee Mantel,
Melanie Oßwald, Katherina Reiche, Heinrich-Wilhelm Ronsöhr, Erika
Steinbach, Christian Freiherr von Stetten, Edeltraut Töpfer und der Fraktion der CDU/CSU



Klarheit für eine einheitliche Rechtschreibung

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland haben sich mit Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 1. Dezember 1995 darauf verständigt, von einer Expertenkommission ausgearbeitete Neuregelungen für die deutsche Rechtschreibung als verbindliche Grundlage für den Unterricht an deutschsprachigen Schulen einzuführen. Am 1. August 1998 wurden die neuen Regeln in den Schulen und in vielen Verlagen offiziell übernommen. Diese Änderungen finden nach einer zwischenstaatlichen Erklärung auch in Österreich, Liechtenstein und der Schweiz Anwendung. Die Ministerpräsidenten der Länder haben auf ihrer Jahreskonferenz vom 6.-8. Oktober 2004 in Berlin die Reform grundsätzlich bekräftigt, allerdings auch einen „Rat für Rechtschreibung“ berufen, der bis August 2005 besonders strittige Reformvorschläge einvernehmlich klären soll.
Bereits im März 1998 hatte sich der Deutsche Bundestag mit der Rechtschreibreform befasst und in einem Antrag festgestellt:
„Der Deutsche Bundestag nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, daß die Art und Weise der Umsetzung der Rechtschreibreform und ihre Inhalte bei vielen Bürgern unseres Landes ein hohes Maß an rechtlicher und sprachlicher Unsicherheit über die deutsche Rechtschreibung hervorgerufen haben.“ (Bundestags-Drucksache 13/10183)
Sechs Jahre später ist festzustellen, dass sich diese Unsicherheit eher noch vergrößert hat. Um eine weitere und dauerhafte Verunsicherung zu vermeiden, bedarf es einer eindeutigen und zügigen Entscheidung über die Regeln für die deutsche Rechtschreibung, die den Konsens der Sprachgemeinschaft wiederherstellt. Insbesondere muss Klarheit darüber bestehen, welche Rechtschreibung an den staatlichen Schulen in allen Ländern in Deutschland und in Österreich und der Schweiz gelehrt werden soll.
Schon 1998 wurde die „Gefahr einer Aufsplitterung der deutschen Sprache“ gesehen; um ihr entgegenzuwirken hieß es in der Begründung zum o.gen. Antrag: „Deshalb bittet der Deutsche Bundestag die Kultusminister der Länder, das Lehren und Lernen der Rechtschreibung an den Schulen nicht ohne eine gesicherte Verfahrensgrundlage ändern zu wollen.“

Der Deutsche Bundestag bittet deshalb die Kultusminister der Länder,
Ø ausgehend vom Beschluss der Ministerpräsidenten von Anfang Oktober 2004 schnellstmöglich und in Abstimmung mit den Ländern dafür zu sorgen, dass der unbefriedigende und verunsichernde Zustand durch eine klare Entscheidung über eine verbindliche Rechtschreibung auf allen staatlichen Ebenen beendet wird;
Ø dabei anzustreben, dass, unter Beachtung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1998, wonach eine rechtliche Verbindlichkeit der neuen Rechtschreibregeln auf gesellschaftliche Akzeptanz gegründet sein muss und auf den Bereich der Schulen beschränkt bleibt, die Regeln der Rechtschreibung auf eine breite gesellschaftliche Basis gestellt werden;
Ø bis zum Ende des Jahres 2004 in einem Bericht darzustellen, welche Schritte zur Erreichung einer einheitlichen Rechtschreibung unternommen werden.

Begründung
Das vorrangige Ziel der Neuregelungen sollte seinerzeit die Erleichterung des Schreibens für die Bewohner des deutschen Sprachraumes und Deutschlernende sein. Dieses Ziel wurde bislang nicht erreicht. Die Rechtschreibung in Deutschland ist heute weniger einheitlich als im Jahr 1998, und ihre entscheidende Funktion, die Lesefreundlichkeit, ist erheblich beeinträchtigt.
Sechs Jahre nach der Reform leidet die deutsche Rechtschreibung zunehmend an Unverbindlichkeit und verunsichert weite Teile der Bevölkerung. Zahlreiche Auslegungsdifferenzen in Wörterbüchern und eine unübersehbare Zahl von Fehlern in Zeitungen, Lehrwerken, Kinderbüchern u.s.w. sind zu beobachten. Neun Jahre nach dem Beschluss der Kultusministerkonferenz wird überall in Deutschland eine Rechtschreibung unterrichtet, die außerhalb der Schule kaum jemand vollständig anwendet oder anzuwenden in der Lage ist.
Nach der Rückkehr mehrerer großer deutscher Pressehäuser und Buchverlage zur alten Regelung ist die Diskrepanz zwischen der in der Schule gelehrten Rechtschreibung und der außerhalb der Schule angewendeten Schreibweise noch erheblich größer geworden. Diese Diskrepanz beschädigt das Bild unserer Sprache, erschwert ihre nationale und internationale Anwendung und kompliziert das Erlernen von Deutsch im In- und Ausland.
Der Deutsche Bundestag hatte 1998 festgestellt: „Die Sprache gehört dem Volk“. Darum kann es bei der neuerlichen Befassung des Deutschen Bundestages mit dem Thema nicht um die Klärung von Zuständigkeiten gehen oder darum, ob überhaupt staatliche Ebenen quasi gesetzgeberisch in eine gewachsene und sich selbständig weiterentwickelnde Sprache eingreifen sollten. Vielmehr geht es um schnellstmögliche Schadensbegrenzung. Dabei werden die Entscheidungen der letzten Jahre nicht unberücksichtigt bleiben können.


Berlin, den 12. November 2004

Günter Nooke
Bernd Neumann (Bremen)
Renate Blank
Dr. Maria Böhmer
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Norbert Lammert
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Dorothee Mantel
Melanie Oßwald
Katherina Reiche
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Edeltraut Töpfer
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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Matthias Dräger
27.11.2004 07.18
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Gruppenantrag: Die Einheit der deutschen Sprache bewahren

Antrag

der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (FDP), Jelena Hoffmann (SPD), Vera Lengsfeld (CDU/CSU), Josef Winkler (Bündnis 90/ Die Grünen), Dr. Karl Addicks (FDP), Dr. Wolf Bauer (CDU/CSU), Dr. Christoph Bergner (CDU/CSU), Rainer Brüderle (FDP), Anke Eymer (CDU/CSU), Axel Fischer (CDU/CSU), Dirk Fischer (CDU/CSU), Ulrike Flach (FDP), Rainer Funke (FDP), Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP), Dr. Wolfgang Götzer (CSU), Joachim Günther (FDP), Dr. Karlheinz Guttmacher (FDP), Klaus Haupt (FDP), Klaus-Jürgen Hedrich (CDU/CSU), Ulrich Heinrich (FDP), Uda Heller (CDU/CSU), Birgit Homburger (FDP), Prof. Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU), Steffen Kampeter (CDU/CSU), Dr. Heinrich Kolb (FDP), Hellmut Königshaus (FDP), Gudrun Kopp (FDP), Dr. Günter Krings (CDU/CSU), Sibylle Laurischk (FDP), Harald Leibrecht (FDP), Walter Link (CDU/CSU), Dirk Niebel (FDP), Eberhard Otto (FDP), Dr. Peter Paziorek, (CDU/CSU), Beatrix Philipp (CDU/CSU), Cornelia Pieper (FDP), Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP), Dr. Hermann Otto Solms (FDP), Erika Steinbach (CDU/CSU), Max Straubinger (CDU/CSU), Dr. Dieter Thomae (FDP), Jürgen Türk (FDP), Jörg van Essen (FDP), Dr. Claudia Winterstein (FDP), Dr. Volker Wissing (FDP).


Die Einheit der deutschen Sprache bewahren


Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Bundestag stellt fest:

Die Rechtschreibreform ist gescheitert. Ihre wichtigsten Ziele, die Wahrung einer einheitlichen Rechtschreibung im deutschen Sprachraum und mehr Klarheit bei den Regeln, hat sie verfehlt und in das Gegenteil verkehrt.

Dessen ungeachtet haben die Kultusminister der Länder auf ihrer Konferenz am 4. Juni 2004 beschlossen, die neue Rechtschreibung zum 1. August 2005 als einzig gültiges Regelwerk verbindlich einzuführen. Die Ministerpräsidenten der Länder haben auf ihrer Jahreskonferenz in Berlin am 7. und 8. Oktober 2004 diesen Beschluß bestätigt. Ein „Rat für deutsche Rechtschreibung“ soll damit beauftragt werden, die Details der Reform zu überprüfen. Eventuelle Änderungsvorschläge dieses Gremiums, welches sich aus 36 Vertretern von Verbänden und Akademien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammensetzen soll, können bis zur verbindlichen Einführung der Reform am 1. August 2005 eingearbeitet werden. Aufgrund der Besetzung dieses Gremium vorwiegend mit Reformbefürwortern und lediglich systeminternen, nicht aber grundsätzlichen Kritikern der Rechtschreibreform stellt der „Rat für deutsche Rechtschreibung“ keine neutrale Instanz dar. Angesichts des äußerst knappen Zeitrahmes sind keine grundlegenden Korrekturen zu erwarten. Zudem ist der von der Kultusministerkonferenz vorgegebene Rahmen für Korrekturen auf der Grundlage des orthographischen Regelwerkes zu gering. Aufgrund dieser Kritikpunkte haben die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung sowie das deutschen PEN-Zentrum bereits eine Mitarbeit im „Rat für deutsche Rechtschreibung“ abgelehnt. Damit hat dieser seine Berechtigung endgültig verloren.

Trotz der zwischenzeitlich mehrfach vorgenommenen Korrekturen hat die Rechtschreibreform zu einem Anstieg der möglichen Schreibweisen, zu einer Zunahme von Regeln und Ausnahmen und einer gestiegenen Fehlerhäufigkeit geführt. Die große Mehrheit der Bevölkerung ist nach wie vor gegen die Rechtschreibreform. Nach jüngsten, repräsentativen Umfragen sehen 68 Prozent der Bevölkerung keinen Grund für eine Umstellung ihres eigenen Schreibverhaltens, 60 Prozent sind gegen die Rechtschreibreform, lediglich 11 Prozent dafür. Fast alle Schriftsteller schreiben und publizieren nach den alten Regeln. Mehrere große Verlage sind bereits zur bewährten Rechtschreibung zurückgekehrt. Dies hat zur Folge, daß an den Schulen eine Rechtschreibung gelehrt wird, die außerhalb der Schulklassen so gut wie keine Relevanz hat. Auch mit den Änderungsvorschlägen eines Gremiums wie dem „Rat für deutsche Rechtschreibung“ bleibt die grundsätzliche Problematik der Reform, daß die Sprache von „Sprachlenkern“ oder Gremien weiterentwickelt wird, bestehen. Sinnvolle, im Rahmen der Rechtschreibreform eingeführte Änderungen etablieren sich durch den tatsächlichen Sprach- und Schriftgebrauch, ohne daß hierfür besondere Regeln vonnöten sind.

Bereits in der 13. Wahlperiode hat der Deutsche Bundestag festgestellt, daß er mit Besorgnis zur Kenntnis nimmt, „daß die Art und Weise der Umsetzung der Rechtschreibreform und ihre Inhalte bei den Bürgern unseres Landes ein hohes Maß an rechtlicher und sprachlicher Unsicherheit über die deutsche Rechtschreibung hervorgerufen haben.“ In dem Beschluß vom 4. März 1998 heißt es weiter, daß der Deutsche Bundestag der Überzeugung ist, „daß sich die Sprache im Gebrauch durch die Bürgerinnen und Bürger, die täglich mit ihr und durch sie leben, ständig und behutsam, organisch und schließlich durch gemeinsame Übereinkunft weiterentwickelt. Mit einem Wort: Die Sprache gehört dem Volk.“ Die gegenwärtigen Entwicklungen und das Resultat der Zwischenstaatlichen Kommission sowie die Beschlüsse von Kultusminister- und Ministerpräsidentenkonferenz, die neue Rechtschreibung zum 1. August 2005 verbindlich einzuführen, widersprechen diesen Forderungen und Feststellungen des Bundestages.

Darüber hinaus ist die Rechtschreibreform in der beschlossenen Form verfassungsrechtlich bedenklich, wenn nicht gar verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 14. Juli 1998 zur Verfassungsmäßigkeit der Rechtschreibreform – die es grundsätzlich bejaht – festgestellt, daß der Staat die Sprache „nicht beliebig regeln“ kann. „Regulierende Eingriffe“ sind dem Staat laut Bundesverfassungsgericht erlaubt, wenn sie „Widersprüche im Schreibusus und Zweifel an der richtigen Schreibung beseitigen oder – etwa aus Vereinfachungsgründen – bestimmte Schreibweisen erstmals festlegen“. Die beabsichtigten Regelungen werden diesen Anforderungen nicht gerecht, sondern führen erst gerade zu Widersprüchen.

Die Sprache stellt als Grundelement nationaler Identität einen Grundtatbestand von gesamtstaatlicher Bedeutung dar. Daher darf die Bundesregierung die Entscheidung über die Reform der deutschen Rechtschreibung nicht allein den Ländern überlassen. Nach Artikel 91 b GG fällt die Bildungsplanung in die gemeinschaftliche Verantwortung von Bund und Ländern. Naturgemäß gehören die Pflege der Sprache und der Rechtschreibung und mithin die Entscheidung über die Einführung einer neuen Rechtschreibung zu diesem Komplex. Die Bundesregierung ist aufgerufen, sich der gesamtstaatlichen Bedeutung der Rechtsschreibreform bewußt zu werden und alles ihr mögliche zu unternehmen, die Einheit der deutschen Sprache zu bewahren. Eine völlige Rücknahme der überflüssigen und inhaltlich verfehlten Rechtschreibreform ist aus den dargelegten Gründen unumgänglich.

Hinsichtlich des Verfahrens, welches an die Stelle der reformierten Rechtschreibung treten soll, hat der Bundestag bereits 1998 die Bitte an die Kultusminister gerichtet, „an der Entwicklung eines Verfahrens mitzuarbeiten, in dem die Fortentwicklung der Sprache behutsam nachgezeichnet und festgestellt wird, was als Konsens in der Sprachgemeinschaft gelten kann.“ In diesem Sinne sollen in Zukunft die Regeln der Rechtschreibung weder vom Staat noch durch von ihm beauftragte Kommissionen festgelegt werden, sondern wie vor der Rechtschreibreform dem Sprach- und Schriftgebrauch folgen. Die Veränderungen der Rechtschreibung sollen von einer neuzuschaffenden nichtstaatlichen Instanz deskriptiv dargestellt und festhalten werden.


II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,


sich bei den Ministerpräsidenten und Kultusministern der Länder für eine Rücknahme der Rechtschreibreform und die Rückkehr zur bewährten Entwicklung der Rechtschreibung einzusetzen. Für die amtliche Schreibung gilt ab dem 1. August 2005 wieder die Rechtschreibung in ihrer Form vor Einführung der Neuregelung. Die für die Rechtschreibung zuständige Arbeitsgruppe der Kultusministerkonferenz wird aufgelöst.

Läßt sich eine vollständige Rücknahme der Reform nicht erreichen, muß die Konzeption und Zusammensetzung des „Rates für deutsche Rechtschreibung“ grundlegend verändert werden. Eine neuzuschaffende nichtstaatliche Instanz soll zukünftig die Entwicklung der deutschen Sprache beobachten und Veränderungen deskriptiv festhalten.



Berlin, den 21. November 2004

Hans-Joachim Otto (FDP)
Jelena Hoffmann (SPD)
Vera Lengsfeld (CDU/CSU)
Josef Winkler (Bündnis 90/ Die Grünen)
Dr. Karl Addicks
Dr. Wolf Bauer
Dr. Christoph Bergner
Rainer Brüderle
Anke Eymer
Axel Fischer
Dirk Fischer
Ulrike Flach
Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Dr. Wolfgang Götzer
Joachim Günther
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Klaus-Jürgen Hedrich
Ulrich Heinrich
Uda Heller
Birgit Homburger
Prof. Dr. Egon Jüttner
Steffen Kampeter
Dr. Heinrich Kolb
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Dr. Günter Krings
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Walter Link
Dirk Niebel
Eberhard Otto
Dr. Peter Paziorek
Beatrix Philipp
Cornelia Pieper
Prof. Dr. Andreas Pinkwart
Dr. Hermann Otto Solms
Erika Steinbach
Max Straubinger
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Jörg van Essen
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing (FDP)

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margel
13.11.2003 17.31
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Aufschwung

Kann es ein vernichtenderes Urteil über die sogenannte Rechtschreibreform geben als die Angaben der Duden-Sprachberatung über die enorm gestiegene Zahl der Anfragen – fast ausschließlich zu diesem Komplex? Wahrscheinlich sehen die Sprachberater das noch als Fortschritt und Bestätigung ihrer Wichtigkeit an. Auch ein Refomer hat ja einmal seine Freude darüber geäußert, daß jetzt wieder häufiger im Wörterbuch nachgeschlagen werden müsse... Was ist das für eine Orthographie, die ein durchschnittlich gebildeter Muttersprachler (sicher rufen da nicht die Dümmsten an) nicht ohne fremde Hilfe mittels eines Wörterbuchs verstehen geschweige denn beherrschen kann? Bei einem Minutenpreis von 1,86 kommt man auf einen hübschen Stundenlohn. Wieder ein Beispiel dafür, daß die Betreuten für die Betreuer da sind. Die Rechtschreibreform ist ein Segen!

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Matthias Dräger
13.11.2003 13.42
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Haushaltsausschuß

Interessant und fast gar nicht bekannt ist, daß neben dem Rechtsausschuß auch der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages in seinen Beratungen die Rechtschreibreform abgelehnt hat. Und zwar, wie ich später auf Nachfrage vom Sekretariat des Ausschußvorsitzenden erfuhr, wegen „nicht abzuschätzender Kosten“.

Die Anfragen bei der Sprachberatungsstelle wegen richtiger Rechtschreibung haben sich seit den 80iger Jahren verfünffacht, und 90 Prozent dieser Anfragen gehen auf das Konto der Rechtschreibreform.

Wer zahlt die Allotria? Die Bürger, wir alle. Wollen wir das?

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