Demokratie ist, wenn der Staat mit den Bürgern macht, was e r will?
Erst jetzt wurde mir wieder bewußt, daß Hitler auch Wahlen fälschte.* Es wurden nicht nur Anordnungen herausgegeben, Wahlen zu fälschen, sondern auch nachträglich die Ergebnisse der Wahlen aufgehoben, z. B. durch das Verbot der Kommunistischen Partei nach der Wahl zum Reichstag 1933. Man ging damals sogar soweit, durch das Justizministerium die örtlichen Staatsanwaltschaften anzuweisen, bei einer Anzeige wegen Wahlfälschung keine Anklage zu erheben. (Eine dieser Anweisungen blieb irrtümlich durch ein Büroversehen liegen, erreichte den zuständigen Oberstaatsanwalt nicht, so daß das Landgericht Nordhausen versehentlich wegen einer eingegangenen Anzeige wegen Wahlfälschung Anklage erhob und der dortige Wahlleiter verurteilt wurde.)
Die „Reformer“ waren zur weiteren Verfolgung ihrer Pläne leider genötigt, das Ergebnis eines Volksentscheides annullieren zu lassen. Für mich stellt sich hier die Frage, wer eleganter vorging: Hitler, der Wahlen fälschen ließ und Parteien verbot, oder Augst, Simonis und Konsorten, die einen Volksentscheid annullieren ließen?
* Ich lese gerade: „Offiziere gegen Hitler“ von Fabian v. Schlabrendorff (Europa Verlag 1951, leider vergriffen). Wenn man in die damaligen Vorkommnisse eintaucht, fallen einem zahlreiche Parallelen ein. Ich denke zum Beispiel an die ablehnende schriftliche Stellungnahme zur Rechtschreibreform des Bundesverbandes der deutschen Zeitungsverleger für das Bundesverfassungsgericht, die unter dem vorsitzenden Richter Papier im Urteil später in ihr Gegenteil verkehrt wurde. Solche Leute wie Papier (mittlerweile ja zum Vorsitzenden des BVerfG aufgestiegen!) hätten auch damals einen hervorragenden linientreuen Vorsitzenden des Reichsgerichtshofes abgegeben.
Die zuständigen Leute beim Bundesverband der Zeitungsverleger sind leider so lahmarschig, daß man sich weder für das Urteil des BVerfG inhaltlich interessierte, dieses also noch nicht einmal gelesen wurde (obwohl man als Beteiligter eine Stellungnahme abgegeben hatte) und selbst dann keinen Krach schlug, als man auf die 180 Grad Drehung der Stellungahme im Urteil aufmerksam gemacht wurde.
Auch dazu fällt mir leider bei v. Schlabrendorff eine passende Stelle ein (S. 31): „Mit der Zeit mußten wir erkennen, daß das deutsche Volk in drei Gruppen eingeteilt werden konnte: In Nazis, Nichtnazis und Antinazis. Der Kampf gegen die Nazis belehrte uns weiter, daß die Nichtnazis manchmal schlimmer waren als die Nazis. Sie hatten oft die richtige Einsicht. Aber ihr mangelnder Charakter hat uns mehr zu schaffen gemacht als die Willkür und Brutalität der Nazis.
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