Ein KN-Korrektor versucht das freie Denken
Aus dem gerade verschickten Rundbrief 3/04 des Deutschen Freidenkerverbandes e.V., Landesverband Nord:
Für und Wider die Rechtschreibreform
Gedanken eines Korrektors
Im August diesen Jahres ist durch den Beschluss des Springer-Verlages und des „Spiegel, auf die alte Schreibweise zurückzukehren, eine neue Diskussion über die Rechtschreibungsreform entfacht worden. Der Sinn der Rechtschreibreform wird in Frage gestellt und ihre Abschaffung provoziert Leidtragende sind unsere Kinder und Jugendlichen und letztlich die gesamte Gesellschaft. Wir baten unser Vorstandsmitglied Gerd Adolph, von Beruf Korrektor, zu nachfolgenden Fragen seine Meinung zu äußern.
Frage 1: Welche Hintergründe vermutest du bei dieser Aktion von Springer und Co. 1
Frage 2: Was würde eine bundesweite Korrektur der Rechtschreibreformfür die Gesellschaft bedeuten!
Frage 3: Wer konnte Nutzen aus dieser Korrektur ziehen!
Hier die Antwort von Gerd Adolph:
Im November 1997 ging es in Schleswig-Holstein um die Abstimmung über die Rechtschreibreform. Eine solche Abstimmung hätte bundesweit stattfinden müssen, aber man versteckte sich hinter der Kulturhoheit der Länder. Ich habe seinerzeit gegen diese Reform gestimmt, obwohl schon ein Jahr vorher diese Reform in den Schulen eingeführt wurde. Die Schüler/innen mussten sich damit abfinden und hatten sich am Ende daran gewöhnt. Für „meine Zeitung, die Kieler Nachrichten, galt nach wie vor die alte Rechtschreibung, da die Mehrheit der Bevölkerung das so wollte. Der Volksentscheid in Schleswig-Holstein fiel auch dementsprechend aus. Den Schüler/innen gefiel das natürlich nicht, da sie sich schon mehr oder weniger umgestellt hatten. Die Landesregierung hatte die Volksabstimmung gekippt. Mitte 1999 hieß es dann auch in „meinem Betrieb (Kieler Nachrichten), wir sollten uns auf die neue Rechtschreibung einstellen, da die Agenturen alle schon danach verfahren. Das betraf nicht nur den Textteil der Zeitung, mit denen wir als Korrektoren weniger zu tun haben, sondern auch den Anzeigenteil. Also waren wir gezwungen, nach dem neuen Rechtschreibduden Korrektur zu lesen (obwohl die Leute, die es anordneten, selber nicht durchblickten). Man musste „wittern, wo sich etwas geändert haben könnte, und anschließend im neuen Duden nachschlagen. (Ein Korrektor kommt nie ohne Duden aus, der ist sein Handwerkszeug, egal ob alt oder neu, denn niemand kann im Gehirn alles speichern.) Wir haben noch den alten Duden, wir könnten auch wieder zurückdenken, aber wollen wir die Bevölkerung und die kommende Generation der Schüler noch weiter verunsichern?
Deshalb plädiere ich für die Beibehaltung der jetzigen Rechtschreibung.
Der Rückführung auf die alte Rechtschreibung (auch wenn nur zu einem Teil, da alles neu gedruckt werden müs-ste) kann doch nur ein kommerzielles Interesse von bestimmten Verlagen zugrunde liegen.
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