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Hamburger Abendblatt
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Christian Melsa
19.05.2001 13.00
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Beherrschung der so wunderbar vereinfachten Regeln

Anzeigenschluß – Anzeigenschluss

Hier hat das Abendblatt wieder einmal an besonders exponierter Stelle eine Kuriosität untergebracht (die roten Pfeile sind natürlich von mir hinzugefügt). Wären derartige Rechtschreibpannen vor der Reform in einer solchen Zeitung denkbar gewesen? Wohl kaum. Doch wie drückte sich Peter Meyer noch wenige Tage vorher an mich gerichtet aus: „Aber Fehler hat es (leider!) auch vor 1999 in der Zeitung gegeben, und zwar weit mehr als heute.“

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Theodor Ickler
25.04.2001 14.59
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Vorgeschoben

In der Tat ist das Argument, man dürfe die Schüler nicht verwirren, unglaubwürdig, wenn man zugleich eine gemeinsame Hausorthographie befolgt, die in gar nicht unwesentlichen Punkten von der amtlichen Regelung abweicht. Denn gerade die partielle Abweichung erzeugt mehr Verwirrung als das vollständige Beharren auf der bekannten „Altschreibung“, mit der die Menschen ja ohnehin noch Jahrzehnte in Berührung kommen werden. Einen entsprechenden Verwirrungseffekt haben die jetzt vorgenommenen Veränderungen gegenüber der amtlichen Fassung von 1996. Heute morgen konnte ich feststellen, daß meine Studenten inzwischen überhaupt nicht mehr wissen, was nun gerade gilt, obwohl sich die meisten von ihnen, wie in Erlangen zu erwarten, überdurchschnittlich mit Rechtschreibung beschäftigt haben.
Die Nachrichtenagenturen übrigens haben das erwähnte Argument nicht zur Begründung herangezogen, sondern nur die Besorgnis geäußert, die künftigen Leser könnten ihnen davonlaufen, weil sie in der Schule eine andere Rechtschreibung gelernt haben. Das führt aber zu demselben Dilemma, daß auch in diesem Falle eine genaue Befolgung der amtlichen Regeln angebracht gewesen wäre. Auch ein Abwarten bis 2005 wäre angezeigt gewesen, zumal nach den Vorgängen um die Mannheimer Anhörung, die ja das Vorläufige der Neuregelung vor aller Augen rückten und die zu erwartenden Revisionen schon an den Horizont malten.
Insgesamt bestätigten die Presseagenturen und Zeitungen, daß sie dem Trick der Reformbetreiber – Geiselnahme an den Schülern – zum Erfolg zu verhelfen gedachten. Was dahintersteckt, ist bisher unbekannt.
__________________
Th. Ickler

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Christian Melsa
25.04.2001 14.37
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jetzt neu: 2+2=5

Und wieder der große Widerspruch:

- Wir sollten nun mal die gleiche Rechtschreibung benutzen, wie sie in der Schule gelehrt wird.

- Wir wollen an der Rechtschreibung eigenmächtig herumrevidieren, ergo: Mit der Schulschreibung doch nicht identisch.

Kann es sein, daß einem Chefredakteur das nicht selber auffällt?

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Matthias Dräger
25.04.2001 05.31
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Hamburger Abendblatt
Chefredakteur

Hamburg, 17. November 2000

Sehr geehrter Herr Dräger,
Sie haben dem Axel Springer Verlag Material zukommenn lassen über die Rückführung der Rechtschreibreform. Ich möchte Ihnen darauf antworten.

Seit geraumer Zeit werden auch bei uns in den Printobjekten Überlegungen angestellt, die Reform nicht abzuschaffen, sondern optimal zu revidieren. Da dies nur in Verbindung mit den deutschsprachigen Agenturen geschehen kann, um ein einheitliches Bild zu schaffen, braucht dies noch eine gewisse Zeit.

Zur Ihrer Feststellung, die Springer-Zeitungen seien „in die ganze Sache hineingeschlittert“, kann ich Ihnen sagen, dass es so nicht war, denn die Reform war eine für alle Schule verbindliche Festlegung.
Da beispielsweise das Hamburger Abendblatt eine große Familienzeitung ist, können Sie sich vorstellen, zu welchen Komplikationen es gekommen wäre, hätte das Blatt anders geschrieben als die Kinder unserer Abonnenten lernen.

Mit freundlichen Grüßen
Peter Kruse


----------

Kommentar: Und die Rechtschreibreform selber? Die führt wohl nicht zu Komplikationen? Und daß Kinder anders schreiben sollen als ihre Eltern, diese damit gewissermaßen „umerziehen“ sollen, frei nach dem Motto „der Kultusminister ist alles, der einzelne ist nichts“, das ist auch alles normal? Und der ganze Sumpf, der mit der Rechtschreibreform verbunden ist (Drosdowski:„mafiaähnliche Zustände“), die Geschäftemacherei, die Beschädigung der Demokratie usw., usw. – wie blauäugig darf man sich als Chefredakteur eigentlich geben, ohne den Anspruch zu verlieren, glaubwürdig zu sein?
Nur der Mietling läßt seine Herde (sprich: Leser) im Stich.

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Theodor Ickler
25.04.2001 03.07
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Hamburger Abendblatt

Dazu mag ein Auszug aus meinem Buch „Regelungsgewalt“ interessieren:

„Es war nicht so, daß die deutschsprachigen Zeitungen die Agenturen gezwungen haben, sich der Reform anzunehmen. Der Bundesverband der Deutschen Zeitungsverleger und die Agenturen haben gemeinsam den Beschluß gefaßt, 1999 die Rechtschreibreform einzuführen.“ (Brief von Chefredakteur Peter Kruse, Hamburger Abendblatt, vom 8.7.1999 im Auftrag des Vorstands der Axel Springer Verlag AG) Vgl. auch: „Die künstlerische Freiheit ist uns – den einzelnen Redaktionen – nicht erlaubt, da ein Beschluß der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger, sich der Reform anzuschließen, besteht.“ (Brief der Redaktion von „Hörzu“ vom 23.8.1999)
__________________
Th. Ickler

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Reinhard Markner
24.04.2001 22.34
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Motivation

Warum man mitgemacht hat ? Aus Konformismus. Warum man immer noch mitmacht ? Aus Staatsnähe. Dies meine Interpretation der Verlautbarungen aus dem Hause S.

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Christian Melsa
24.04.2001 21.28
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Schon klar, das glaube ich auch. Was ich andeuten wollte, war eher, daß es scheint, als ob man als Mitarbeiter bei Springer leicht glauben kann, eine gewisse Narrenfreiheit zu besitzen, man kann ja ruhig alles behaupten, und wenn´s knifflig wird, macht man eben einen Rückzieher. Die Millionenauflagen werden schon dafür sorgen, daß die unbequemen Wahrheiten sich nicht in den Köpfen der Massen festsetzen, sie am besten gar nicht erst erreichen. Außerdem sind Peter Meyer und seine Reformbefürworterkumpels von der Etage nicht die einzigen, die dem Neuschrieb folgen, es ist eben der ganze Verlag. Ob Leo Kirch sein Geschäft nach irgend kulturell gearteten Kriterien betreibt, ist äußerst zweifelhaft. Und ob Friede Springer sich von etwaigen pseudotrendorakelnden Beratern einwickeln läßt, wer weiß? Warum hat man denn überhaupt erst mitgemacht bei der Tour? Es ist halt alles sehr seltsam, man kann da nur spekulieren.

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Reinhard Markner
24.04.2001 12.49
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Springer

Ich würde die Reaktion dieses Angestellten nicht mit dem »Springer-Verlag« in toto gleichsetzen. Sollten Friede Springer und Leo Kirch sich entscheiden, den Daumen zu senken, wird er sich beeilen, etwas anderes zu schreiben und womöglich auch zu denken.

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Christian Melsa
23.04.2001 23.28
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Kommentar

Dem Springer-Verlag kann nichts und niemand etwas anhaben. Von Studentenprotesten bis Wallraff hat er immer alles relativ unbeschadet überstanden. Die hartnäckige Behauptung, die Reformgegner seien „tausendfach widerlegt“ worden, bei der auch angesichts von mir vorgetragener klar nachvollziehbarer Thesen und nachprüfbarer Fakten geblieben wird, läßt Schlimmes über die Höhe der Distanz ahnen, die die Medienrealität von der objektiven angenommen hat. Offensichtlich ist man beim Springer-Verlag der Ansicht, der Grad von Wahrheit ließe sich in der Größe von Druckwalzen messen, die sie aufs Papier pressen. Springer braucht sich nicht unbedingt an die vorliegenden Fakten zu halten, dort wird gleichsam die Wahrheit in den Köpfen der Menschen produziert – wie auch anderswo, doch Springer verfügt über das riesige Machtgewicht „Bild“.

Daß meine Ankündigung, den Briefwechsel zu veröffentlichen, als „Drohung“ aufgefaßt wird, ist schon ein wenig verräterisch, zumal es sich um einen Pressemenschen handelt.

Die Rechtschreibreform für sich ist schon schlimm genug, was anhand ihr indirekt offenbar wird, ist noch viel deprimierender. Ich bin jedenfalls vom arroganten Ton des Abendblatts etwas enttäuscht, da hätte ich mehr erwartet.

Natürlich waren meine Schreiben ziemlich lang, und natürlich war mir auch klar, daß man in der Redaktion noch andere Sachen zu tun hat, als meinen Wortschwall zu lesen. Aber die Beantwortung wäre ja nicht dringend gewesen. Genug, um den Mailserver des Abendblatts in die Knie zu zwingen, habe ich nun auch wieder nicht geschrieben. Doch wie soll man sonst die Problematik zur Sprache bringen, ohne durch Kürze erzwungene Auslassungen offene Flanken zu bieten, die die Diskussion letzten Endes nur in eine Länge ziehen würden, die insgesamt noch „arbeitskraftzersetzender“ wäre? Anknüpfend an das von Peter Meyer zitierte Sprichwort „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch heraus“ kann man dazu unter Bezugnahme auf die Fülle der Argumente gegen die Rechtschreibreform und ihre Folgen nur feststellen: Der Mann „sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht“ – mit krampfhaft zusammengepreßten Augenlidern kein Wunder.
– geändert durch Christian Melsa am 25.04.2001, 03:09 –

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Christian Melsa
23.04.2001 23.01
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Exkommunikation

Auf meine letzten beiden Mails erhielt ich dann folgende Antwort:

Subject: Ungelesen gelöscht
Date: Tue, 24 Apr 2001 05:03:27 +0100
From: „Eingangskontrolle, HA“
To: Christian Melsa
CC: ".“

Ihre Sendung wurde automatisch und ungelesen vom Server gelöscht. Stellen Sie bitte alle redaktionellen Mails und Mitteilungen an die Domäne ...@abendblatt.de und an die entsprechenden Adressen der Domäne ...@asv.de ein. Wir danken Ihnen für Ihr Verständnis.
MAILsweeper Hamburger Abendblatt

Your mail was automatically deleted from the server before it had been read. It will be ignored. Do not send any mails to our domains ...@abendblatt.de and ...@asv.de.
MAILsweeper Hamburger Abendblatt, Hamburg, Germany

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Christian Melsa
23.04.2001 22.54
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Allensbach-Institut

Meyers Erwähnung einer Allensbach-Untersuchung machte mich neugierig, so surfte ich gleich auf die Homepage dieses Instituts. Was ich dort fand, entsprach nicht gerade einer Stärkung der Position des Abendblatt-Mitarbeiters, deswegen schob ich ihm schnell eine Kopie der relevanten Zeilen der vorigen Mail nach. Über die von ihm genannte Untersuchung müßte man mal etwas Näheres erfahren, ob die Rechtschreibreform überhaupt das zentrale Thema war, welche Fragen dem Panel gestellt wurden, ob diese eventuell suggestiv formuliert waren usw.

Subject: Copy&Paste von der Allensbach-Homepage
Date: Tue, 24 Apr 2001 05:10:02 +0200
From: Christian Melsa
To: PMeyer@asv.de

ZUR ALTEN RECHTSCHREIBUNG ZURÜCKKEHREN!

Die Bevölkerung plädiert für eine Rücknahme der Reform. Kaum jemand praktiziert die neue Rechtschreibung
(Nr. 19/ September 2000)

(http://www.ifd-allensbach.de/)

---------------------------------

...selektive Realitätswahrnehmung?

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Christian Melsa
23.04.2001 22.47
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Re: AW: AW: Demonstration des Scheiterns

Die (eventuell absichtlichen) Mißverständnisse der letzten Mail von Peter Meyer wollte ich so natürlich nicht stehenlassen und habe trotzdem noch einmal, diesmal so kurz wie möglich, geantwortet. Wie sich später herausstellte, ist es jedoch sehr unwahrscheinlich, daß diese Zeilen vom Adressaten überhaupt noch gelesen wurden. Aber allzu ausführlich scheint das auch zuvor schon nicht der Fall gewesen zu sein, so war ja anscheinend z.B. die Nennung meines Berufs Herrn Meyer völlig entgangen.

Subject: Re: AW: AW: Demonstration des Scheiterns
Date: Tue, 24 Apr 2001 04:50:18 +0200
From: Christian Melsa
To: „Meyer, Peter“

Hm, besonders galant geht das Abendblatt mit Abendblattlesern, die ein ernsthaftes Gespräch suchen, ja nicht um...

Sie scheinen die Ironie von „Kasperl“ usw. wohl nicht ganz erfaßt zu haben. Dabei habe ich extra ein paar Smileys in meinem Text verteilt und dachte, es sei ziemlich deutlich, wie diese Worte gemeint waren. Bedenken Sie auch, daß nicht ich es war, der den Spott über die alten Leute, die nicht umlernen wollten, ins Spiel gebracht hat. Sie sind es doch offenbar, der so etwas „Rückständiges“ lächerlich findet.

Es ist einigermaßen sonderbar, daß Sie von einer Teilnahme Ihrer Etage an der Umfrage erzählen, deren Existenz Sie kurz zuvor noch kategorisch ausgeschlossen haben. Da Reformbefürworter genauso abstimmen konnten wie Gegner, ist das Ergebnis sehr wohl repräsentativ für all jene, denen die Sache nicht ohnehin egal ist. Ich frage mich auch, wie eine Abstimmung ver-/gefälscht sein soll, deren Teilnehmer auf den Coupons namentlich identifizierbar sind. Als nächstes wollen Sie mir wahrscheinlich auch noch erzählen, der Schleswig-Holsteinische Volksentscheid sei ver-/gefälscht gewesen.

Bitte tun Sie mir noch einen Gefallen: Wenn es stimmt, daß meine Argumente bereits tausendfach widerlegt worden sind, dann nennen Sie mir bitte, wann das im Abendblatt geschehen ist, ich werde dann dort nachsehen.

Sie wollen meinen Stand, Zugehörigkeit und Adresse? Meinen Beruf kennen Sie bereits, ich bin Mitglied nur im Mieterbund und wohne Veltheimstr. 26, 22149 Hamburg. Wozu wollen Sie das eigentlich wissen? Hat das irgendeinen Einfluß auf die Stimmigkeit meiner Argumentation? Wenn Sie auf Kaffee und Kuchen vorbeikommen wollen, sind Sie herzlich eingeladen, kündigen Sie sich aber bitte vorher per Mail an.

Abschließend erkläre ich Ihnen noch einmal kurz, warum Ihre „Widerlegungen“ keine sind: Ich habe genau erläutert und beleuchtet, warum die neue Rechtschreibung gar nicht einfacher sein KANN als die alte. Die allermeisten Schreibfehler selbst des Abendblatts sind offenkundig durch die Reform ausgelöst, das habe ich sehr ausführlich exemplarisch dargelegt. Der neue Regeltext ist bedeutend länger und inhaltlich komplexer als der alte (prüfen Sie´s nach!), das läßt sich auch in nüchternen Zahlen nachweisen, und die führenden, hochprofessionellen Wörterbuchredaktionen waren nicht in der Lage, ohne intensiv beratende Hilfe der Reformer die Neuregelung einheitlich auszulegen. Dafür liegen es ebenfalls handfeste Belege vor, nämlich die ersten Wörterbücher nach der Reform. Einen besseren Beweis kann es nicht geben, daß dieses Regelwerk für Schulkinder eine massive Überforderung sein muß. Denen bleibt kaum etwas anderes übrig, als die Einzelschreibweisen auswendig zu lernen, das war immer schon möglich, vor der Reform aber viel besser, da es nur EINE einheitliche Rechtschreibung gab, die Schüler also nicht verunsichert sein mußten, ob in irgendwelchem Druckwerk vorgefundene Schreibweisen in der Schule reproduziert werden dürfen. Die sprachlichen Mängel der neuen Rechtschreibung, die in der alten nicht vorhanden waren, habe ich ebenfalls genau dargelegt. Sie haben keine meiner argumentativen Herleitungen sachlich entkräftet, sondern sie einfach nur ignoriert oder als falsch bzw. Propagandageschwätz abgetan. So etwas nennt man nicht Widerlegung, das ist nichts weiter als schlichtes Abstreiten. Damit beweist man aber nicht die Richtigkeit der eigenen Position, abstreiten kann jeder.

Ihre Exkommunikationsstrategie ist nur zu durchsichtig...

Ich verbleibe ebenfalls mit besten, freundlichen Grüßen und einem gewandelten Bild vom Abendblatt,

Christian Melsa

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Christian Melsa
23.04.2001 22.37
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AW: AW: Demonstration des Scheiterns

Subject: AW: AW: Demonstration des Scheiterns
Date: Mon, 23 Apr 2001 23:32:16 +0100
From: „Meyer, Peter“
To: "'c_melsa@gmx.net'"

Doch, der Dialog ist beendet, selbst wenn ich Ihnen einen gewissen Respekt vor Ihrer Kondition nicht versagen kann, in einer einzigen Nacht nun einen weiteren achtseitigen „Nachschlag“ mit dem anmaßenden Betreff „Demonstration des Scheiterns“ zu produzieren. [Vernünftig formatiert sind es in normaler Schriftgröße keine 8, sondern höchstens 5 Seiten, wenn man die Leerzeilen wegrechnet, nur 4; zieht man zudem die Zitatteile ab, so passen meine Erläuterungen auf rund 2 Schreibmaschinenseiten. "Demonstration des Scheiterns" war bereits der Betreff zu meiner zweiten Mail und bezog sich dort klar auf das Scheitern der korrekten Umsetzung auch nur der übernommenen Reformregeln.] Ich bedaure, dass ich mich überhaupt zu einer Antwort habe hinreißen lassen, weil ich einen Moment dachte, es ginge Ihnen wirklich um einen dummen Fehler in unserer Zeitung. Um was es Ihnen wirklich geht, zeigt Ihr Schlusssatz oder besser Ihre „Schlussdrohung“. Leider haben auch andere Kollegen schon erfahren müssen, wie sie von orthografischen Fanatikern verleumdet worden sind. Weder der Springer-Verlag noch ich haben die Rechtschreibreform erfunden, halten sie sogar in Teilen für misslungen, denken aber nicht daran, das noch fehlerhaftere Alte zu restaurieren. Darum geht es. Und alle Ihre hanebüchenen Behauptungen sind bereits tausendfach widerlegt worden, aber ich werde mich hüten, erneut darauf einzugehen, wenn Sie es überheblich Ihrer Entscheidung unterwerfen, ob etwas widerlegt ist, und längst beschlossen haben, dass Christian Melsa (Warum verschweigen Sie uns beharrlich Stand, Zugehörigkeit und Adresse?) nicht widerlegt werden kann. Man darf doch nicht im Ernst behaupten, dass das Zurücksenden von Anzeigenseiten als repräsentative Leserumfrage zu bezeichnen wäre, und dann auch noch, hoffentlich unwissentlich, gefälschte Zahlen verbreiten, denn als Leser der „Welt“ haben wir allein auf unserer Etage mehr Stimmen FÜR die neue Rechtschreibung eingeschickt, als es angeblich gegeben hat. Bei uns ist im Übrigen gerade eine repräsentative Leserbefragung durch das Institut Allensbach abgeschlossen worden, und niemand der mehr als 1000 Interviewten hatte etwas an der neuen Rechtschreibung in unserer Zeitung auszusetzen. Sie sprechen nicht für die überwältigende Mehrheit der Leser. Da Sie sogar Analogien zur rechten Szene konstruieren und unbekannte Empfänger prophylaktisch als „eitle Narren“ und deren Großväter als „Kasperl“ bezeichnen, wundern Sie sich bitte nicht, wenn es aus dem Wald herausschallt, wie Sie hineingerufen haben (altes deutsches Sprichwort). Natürlich war mein Vergleich mit Don Quijote nicht sehr charmant. Aber wohl treffend.

So, jetzt produzieren Sie sich, wo Sie wollen, aber bitte nicht mehr in unserem Postfach.

Viel Erfolg wünscht mit besten Grüßen
P.M.
– geändert durch Christian Melsa am 25.04.2001, 08:14 –

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Christian Melsa
23.04.2001 22.27
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Re: AW: Demonstration des Scheiterns

Da ich möglichst präzise anworten wollte, habe ich daraufhin meine Replik zwischen ausgewählte Zitate der Mail von Peter Meyer gesetzt.

Subject: Re: AW: Demonstration des Scheiterns
Date: Mon, 23 Apr 2001 09:42:32 +0200
From: Christian Melsa
To: „Meyer, Peter“

„Meyer, Peter“ wrote:

> Sehr geehrter Leser, ich möchte Sie dringend bitten, von weiteren
> nächtlichen „Nachschlägen“ abzusehen, da sie zusammen mit dem Original eine
> Guinness-Buch-würdige Länge erreicht haben, die, wenn nicht
> „wehrkraftzersetzend“, so doch „arbeitskraftzersetzend“ zu werden droht.

Ich weiß, mir ist das auch etwas unangenehm, es ist aber leider sachbedingt kaum möglich, sich kurz zu fassen. Wenn ich gleich möglichst viele Punkte zur Sprache bringe, läßt sich der Dialog straffen, sonst müßte man all dies sequentiell durchackern.

> Beim Überfliegen einzelner
> Absätze scheint es sich -- bei verbindlichem Ton und offensichtlich
> perfekter Regelkenntnis Ihrerseits -- um das übliche Konglomerat an
> Falschbehauptungen, Fehlinterpretationen, Irrtümern und Propagandafloskeln
> zu handeln, die wir hundertfach von Theodor Ickler, Deng, Riebe und ihren
> Claqueuren kannten, die aber inzwischen aufgegeben haben.

Na, dann lesen Sie nochmal richtig, anstatt nur zu überfliegen. So dämlich bin ich nicht. Ich bin seit knapp zwei Jahren intensiv damit beschäftigt, all das nachzuprüfen, was ich aus allen möglichen Quellen erfahre, darunter natürlich auch den Text der Neuregelung selbst, der Kern der ganzen Diskussion ist. Ich weiß, wovon ich rede. Den ganzen Protest als „das übliche Konglomerat an Falschbehauptungen, Fehlinterpretationen, Irrtümern und Propagandafloskeln“ abzutun, ist da beinahe schon unverschämt. Sie sind ja anscheinend auch nicht in der Lage, die Argumentation des Protests zu widerlegen.

> Sie retten eine
> verlorene Sache nicht, wenn Sie das verdorbene Gericht nun mit direkten
> Angriffen und absurden Unterstellungen gegenüber dem Springer-Verlag wieder
> aufwärmen, die im Einzelnen zu widerlegen mir die Zeit und auch die Lust
> fehlen,

Wie charmant: „das verdorbene Gericht“. Meinen Sie damit das Bundesverfassungsgericht?

Ansonsten: die übliche Ausrede. Ich habe von der Presse noch nie irgendwo eine sachliche Verteidigung ihres Handelns gelesen (daß man sich der Schulorthographie anpassen möchte, kann kaum ernst genommen werden, da das ja nicht geschehen ist, statt dessen hat man einfach mit den Agenturen mitgezogen), im Gegenteil, es wird immer so verfahren, wie Sie es jetzt auch wieder tun: Sie unterstellen Angriffe, wo gar keine waren. Man nennt die Reformgegner „polemisch“, „emotional“, „rückständig“, „lernfaul“ oder ähnlich, und das war´s dann an „sachlicher“ Widerlegung. Ich habe doch nur meine Eindrücke von Ihrer Arbeit formuliert. Trotzdem kann ich es natürlich nachvollziehen, daß Sie sich angegriffen fühlen, da es sich um unangenehme Kritik handelt. Nichtsdestoweniger war sie gut gemeint und konstruktiv.

> da ich sehe, dass Sie sich uns gegenüber sogar zu dem Vergleich mit
> dem „eitlen Narren“ auf seinem angeblich falschen Weg versteigen. Selbst der
> Hinweis auf Cervantes, bei dem derjenige, der Überholtem und Verlorenem im
> Kampf gegen Windmühlen nachhängt, leicht zur traurigen, wenn nicht gar zur
> lächerlichen Figur werden kann, würde mir keinen Spaß mehr machen.

Die Sachlichkeit des Don-Quichotte-Vergleichs verschlägt mir fast den Atem...

Wie wär´s damit: Papier ist überholt. Wer Zeitungen kauft, anstatt sich gratis im Internet zu informieren, ist hoffnungslos veraltet. Wir können uns die unangemessene Unterstellung, Veraltetem hinterherzuhängen, bis in alle Ewigkeit gegenseitig zuwerfen.

Wenn Sie es mir nicht glauben, prüfen Sie es doch selber nach: Die „neue“ Rechtschreibung holt veraltete Orthographiekonzepte zurück, zwischen 100 und 300 Jahren alt. Die Schriftsprachentwicklung wird zurückgedreht, das läßt sich schlecht leugnen, man braucht nur ein paar alte Bücher aufzuschlagen. Die „alte“ Rechtschreibung für veraltet zu halten, nur weil sie „alte“ genannt wird, ist doch nun wirklich arg oberflächlich.

> Es würde Stunden dauern und Sie sicherlich nicht zu einer offenen Diskussion
> verleiten, auf all die Falschbehauptungen Punkt für Punkt und wieder und
> wieder einzugehen.

Sie brauchen nur ein einziges Mal darauf einzugehen, wenn Sie wirklich sachlich argumentieren und sich nicht auf schlichte Urteile beschränken. Die müssen schon stichhaltig begründet und die Fakten abgesichert sein, um seriös zu bleiben. Zu einer offenen Diskussion bin ich immer bereit, ich möchte Sie hiermit ausdrücklich darum bitten.

Das Thema ist nicht unwichtig, man bedenke, was Schriftsprache für die menschliche Kultur bedeutet.

> Es hat keine Umfrage unter den Lesern von Tageszeitungen
> mit dem von Ihnen behaupteten Ergebnis gegeben,

Daß Sie wissentlich die Unwahrheit behaupten, traue ich Ihnen nun auch wieder nicht zu. Ich habe selber an der Umfrage teilgenommen und auch im Bekanntenkreis ein paar Unterschriften eingeholt. Das sich dort ergebende Bild fügte sich prächtig in das Gesamtresultat. Die Umfrage erfolgte zwar nicht auf Eigeninitiative der betroffenen Zeitungen, sondern via Anzeigenschaltungen dort, aber sie fand statt. Sollten Sie davon wirklich nichts mitbekommen haben? Vielleicht waren Sie gerade im Urlaub?

Am 19. August wurde in ganzseitigen Anzeigen in den folgend genannten Zeitungen zur Abstimmung aufgerufen, am 1. September wurde das Ergebnis auf einer Pressekonferenz präsentiert.

Berliner Zeitung: 98,36% für Rücknahme
FAZ: 99,11%
Münchner Merkur: 99,0%
Nordwest-Zeitung 98,34%
Süddeutsche Zeitung 97,06%
Die Welt 99,28%
Kopierte Coupons: 98,1%

Insgesamt 71161 Abstimmungsteilnehmer. Man konnte auf den Coupons selbstverständlich auch ankreuzen, man sei für die Beibehaltung der Reformorthographie (sowie, als dritte Option, daß man unentschieden sei).

Aber es hat ja noch unzählige andere Umfragen von TED bis Forsa gegeben. Zeigen Sie mir mal eine, auch nur eine einzige, in der die Reformbefürworter in der Mehrheit waren.

> die FAZ ist seit ihrem
> elitären Salto rückwärts auf den Schrottplatz der Orthografie hoffnungslos

Ich muß gerade innerlich grinsen über die üblichen Vorwürfe gegenüber Reformgegnern, sie würden immer so „polemisch“ reden... )

> isoliert, hat dadurch keineswegs in der Summe Leser gewonnen, sondern macht
> wegen sinkender Auflage, Mobbings unter den Herausgebern und des Exodus der
> Feuilletonspitze von sich reden,

Genau, das hat aber alles mit ihrer Rückkehr zur alten Rechtschreibung doch überhaupt nichts zu tun.

> und der Duden, Band 1, wird in seiner 22.
> Auflage keineswegs verramscht, sondern ist noch vor der Bibel das
> meistverkaufte Buch in Deutschland.

Ich habe ja auch von der 21. Auflage geredet. Wer wirklich glaubt, die 22. Auflage sei nur wegen der vielen neuen Wörter so schnell nachgeschoben worden, dem ist nicht mehr zu helfen. Immerhin scheinen Sie mir ja beizupflichten in meiner Einschätzung, daß die Reform einer prächtigen gewinnbringenden Marktstrategie entspricht. Wie lange die Käufer das mitmachen, ist allerdings fraglich. Wenn sie merken, daß jedes (parallel zeitgleich auf dem Markt angebotene!) Wörterbuch aus dem Dudenverlag sich von dem anderen in inhaltlichen Aussagen unterscheidet, werden sie wohl langsam automatisch beginnen, sich Gedanken über die Verläßlichkeit und damit den eigentlichen Zweck eines solchen Wörterbuchs zu machen. Der Ruf des Dudens ist jedenfalls auf einem rapide absteigenden Ast.

> Dass die vorherige Auflage auf dem
> Grabbeltisch landet, ist nicht auszuschließen, während der Vor-Reform-Duden
> hingegen nicht zum Kultbuch geworden, sondern eingestampft worden ist.

Wenn man ihn einstampft, kann er schwerlich als Kultbuch Markterfolge feiern. Warum ist er denn eingestampft worden? Die Übergangszeit reicht doch noch bis 2005, und es ist nicht ganz so unbekannt, daß in Sachen Rechtschreibung das letzte Wort noch nicht gesprochen ist, nicht mal von den Reformern, die ja immer noch an ihrem Werk basteln, während es schon längst auf die Schule losgelassen worden ist. Warum werden die Restbestände der 21. Auflage nicht eingestampft? Sollten vielleicht gewisse Tatsachen geschaffen werden?

> Aber Fehler hat es
> (leider!) auch vor 1999 in der Zeitung gegeben, und zwar weit mehr als
> heute.

Daß das Gegenteil zutrifft, ist schon einwandfrei nachgewiesen worden. Ich bin allerdings nicht sicher, ob Ihre Zeitung bei der Untersuchung mit berücksichtigt wurde, aber beim Spiegel und einer Reihe anderer Pressepublikationen ist eine eindeutige Fehlervermehrung festgestellt worden, warum sollte ausgerechnet das Abendblatt eine Ausnahme machen?

> Weder das Abendblatt noch der Springer-Verlag, noch die Presse, noch
> die Medien gehörten zu den Betreibern der Rechtschreibreform, aber sie haben
> sie schließlich zögernd akzeptiert, um orthografisch nicht anders zu
> schreiben, als es die Schüler in der Schule lernen.

Das tut die Presse doch. Es gibt doch sogar Dokumente, die die Unterschiede zwischen Agentur- bzw. meist auch Presseorthographie und der offiziellen Reformorthographie haarklein beschreiben. Glauben Sie, ich habe keine Augen im Kopf? Haben Sie meine Ausführungen wirklich aufmerksam gelesen?

> Dieser Weg ist
> unumkehrbar.

Eine klare Behauptung, die genauso klar jeglicher Grundlage entbehrt. Erklären Sie mir mal, warum man nur in eine Richtung ändern kann. Natürlich wird die Rechtschreibreform von denen, die sich mit ihr bereits bekleckert haben, gern als so unumgänglich und unumkehrbar wie die Jahrtausendwende dargestellt, was selbstverständlich völliger Nonsens ist. Was für eine bedauernswerte Flexibilitätslosigkeit muß man denn hinter einer solchen Aussage vermuten? Sogar die Kernenergieerzeugung wird wieder abgeschafft. Genausogut hätte man schon vor
der Reform behaupten können, die Rechtschreibung ließe sich unmöglich ändern.

> Die neue Rechtschreibung enthält Dummheiten in Einzelfällen, ist
> aber im Großen und Ganzen einfacher als die alte.

Ja, wenn die Kultusminister das sagen, wird´s schon stimmen. Deswegen ist der Regeltext auch um 50% länger als bisher. Und deswegen ist auch nur noch im „germanistischen Oberseminar“ zu klären, ob eine konkrete Schreibweise richtig oder falsch ist.

> Das gilt besonders bei der
> ss/ß-Regel und der Silbentrennung, die 95 Prozent der Änderungen abdecken,
> wie sogar Ickler in einem Brief an mich einräumte.

Aber Sie setzen in Ihrer Zeitung ja nicht nur dieses um, sondern auch den Rest. Die neue ss/ß-Regel SCHEINT einfacher, aber sie ist es nicht wirklich. Man kann sie ohnehin nur sicher anwenden, wenn man auch die alten Schreibweisen kennt, denn nach kurzem betonten Vokal steht nur dann ein ss, wenn bisher dort ein ß stand. Oder habe ich unrecht? (Würden Sie übrigens an meiner Stelle ernsthaft schreiben: „Oder habe ich Unrecht“?)

> Sie ist keineswegs auf
> die Schule beschränkt, sondern wird durchgehend, mehr oder weniger richtig,
> in JEDEM aktuellen Schriftstück,

Leben wir in der gleichen Realität? Ich habe gerade den aktuellen Roman „Blackbox“ von Benjamin Stuckrad-Barre (ein uralter Autor, der nur zu verkalkt zum Umlernen ist) gelesen, das war dann wohl kein Schriftstück. „Generation Golf“ von Florian Illies, noch so ein Greis, kann auch kein Schriftstück gewesen sein. Bei den FAZ- und Titanic-Ausgaben, die hier bei mir rumliegen, kann es sich demnach auch nicht um Schriftstücke handeln. Außerhalb der Schule existieren außer der nach wie vor stark präsenten „alten“ Rechtschreibung vor allem Hausorthographien, die lediglich das eine oder andere richtig oder fehlerhaft aus der Reform entlehnen. Meines Wissens ist „Die Woche“ die einzige Zeitung, die die Reform ohne Abstriche umzusetzen gewillt ist.

Anmerkung: Florian Illies, übrigens Kulturkorrespondent der Welt, und Benjamnin v. Stuckrad-Barre, beim dem ich das „v.“ vergessen hatte, sind tatsächlich keine dreißig Jahre alt. Leider hatte ich vergessen, außer Romanen und bekannten Ausscherern der Presse außerdem meine sämtlichen noch sehr frischen Versicherungsdokumente von ARAG, Volksfürsorge und Hamburg-Mannheimer sowie meine E-Plus-Abrechnungen zu erwähnen, die nach Meyer-Nomenklatur auch alle keine Schriftstücke sind.

> in jeder aktuellen Textverarbeitung, in
> allen rund 3000 Mitteilungen am Tag an unsere Redaktion angewendet.

Was Sie intern in Ihrer Redaktion machen, können Sie handhaben, wie Sie wollen. Bei der Gestaltung der Zeitung sollten Sie aber doch an die Wünsche der Leser denken.

> Sie sind
> eine seltene Ausnahme, ein Hauch von verfehlter Nostalgie.

Klar. In Schleswig-Holstein waren auch 75% eine seltene Ausnahme, und die weit über 90% der Zeitungsleser, die in der genannten Abstimmung, die Sie offenbar nicht wahrhaben wollen, sich für die Rücknahme der Reform ausgesprochen haben, sind natürlich auch alles Ausnahmen. Jetzt weiß ich ja, welche Definition von „Ausnahme“ ich annehmen muß, wenn ich dieses Wort künftig im Abendblatt entdecke.

Als 28jähriger Computerspielgrafiker bin ich glaube ich kaum in einer Situation, in der man übertriebener Nostalgie zum Opfer fällt.

> Es besteht nicht der geringste Grund, den Untergang Deutschlands als
> Kulturnation,

Von einem „Untergang Deutschlands als Kulturnation“ habe ich nie etwas gesagt. Um bei dem Bild zu bleiben, entspricht die Rechtschreibreform eher nur einigen Zentimetern, die das Schiff sinkt, aber es sinkt eindeutig, sie ist ein Teil des Untergangs, der noch viele andere Teile hat. Fragen Sie doch mal bei unseren nationalen Kulturkoryphäen herum. Hat doch bestimmt etwas zu sagen, wenn Günther Grass und Marcel Reich-Ranicki einer Meinung sind, oder? Die Hunderten weiteren bedeutenden Schriftsteller, Dichter, Gelehrten usw. lasse ich jetzt der Kürze zuliebe einmal weg.

> die Unabhängigkeit sowie den Wahrheitsgehalt (!)

Das Ausrufezeichen verrät: ein wunder Punkt. Ach wissen Sie, das Abendblatt hat z.B. auch schon ausführlich über das Game Development Team berichtet, das ich mitgegründet habe, da konnte ich ja sehr gut überprüfen, wie hoch der Wahrheitsgehalt Ihrer Zeitung ist. Ich habe mich schon daran gewöhnt, alles erst einmal mit Vorsicht zu genießen, aber das gilt ja für alle anderen Zeitungen und sonstigen Publikationen ebenso. Ich will gar nicht sagen, daß im Abendblatt bewußt gelogen wird – aber daß alles wahr ist, was man dort lesen kann... Nein, an den Weihnachtsmann glaube ich auch nicht mehr.

> des Inhalts
> einer Zeitung oder gar, wie Sie es tun, die Qualität von Agenturmeldungen an
> die Rechtschreibreform zu koppeln, ohne sich lächerlich zu machen.

Ich habe allein die sprachliche Qualität der Agenturmeldungen angesprochen, und de ist in der Tat miserabel, das weiß ich aus eigener Anschauung. Das kann man den Agenturen auch nur begrenzt zum Vorwurf machen, da sie natürlich sehr schnell arbeiten müssen. Fest steht aber, daß die Meldungen unbearbeitet nicht in einer Qualitätszeitung in Druck gehen können.

> Sie
> finden das Abendblatt und seinen Verlag an Ihrer Seite, wenn es gilt, den
> winzig kleinen Teil der misslungenen neuen Regeln zu revidieren, aber zur
> alten, noch weitaus chaotischeren Rechtschreibung werden wir nicht
> zurückkehren.

Nun gut, ich bin gerne bereit, mich mit Ihnen zusammenzusetzen, um alles Mißlungene mit detaillierter und wasserdichter Begründung aus den Regeln herauszuschmeißen. Dann bleibt aber nicht mehr sehr viel übrig, und vor allem schreiben Sie dann erst recht nicht mehr so, wie es von Schülern zur Zeit verlangt wird. Irgendwie kommt mir Ihre Rechtfertigung hier extrem unschlüssig vor. Die Zeitungen hätten sich „zögerlich“ auf die Reform eingelassen, um nicht anders zu schreiben als die Schüler? So wichtig scheint das auf einmal nun doch wieder nicht zu sein...

> Ich werde Ihre Briefe (deshalb das Attachment) und diese Antwort
> vorsichtshalber gleich als Blindkopien an den neuen Chefredakteur, den
> Verlagsgeschäftsführer und den Direktor des Zeitungsvorstandes weiterleiten.

Sehr schön, vielen Dank. Hoffentlich lesen die das auch wirklich. Bei Ihnen scheint das Thema ja auch schon etwas Abgeschmacktes zu atmen, was für jemanden aus dem schnellebigen Zeitungsgeschäft verständlich ist, der Sache jedoch nicht gerecht wird.

> Das ist nach vielen Erfahrungen der Vergangenheit besser, da einige
> orthografische Nostalgiker häufig unterstellten, sie würden von einer
> unteren Charge abgefertigt, die aber im Thema durchaus sachkundig ist.

Mit Verlaub, aber Ihre Sachkunde haben Sie mir mit den bisherigen Worten noch nicht bewiesen.

> Irgendwann sollte man eine Entwicklung akzeptieren.

Stimmt. Man muß wohl damit leben, daß es immer mehr junge Neonazis gibt, daß das Klima sich erwärmt, die Weltbevölkerung explodiert und...

Machen Sie aus Ihrem Satz doch einen Slogan, eine Kampagne des Aufrufs zur Zivilcourage, wider die Gleichgültigkeit! Man müßte nur hoffen, daß die Leute die Ironie verstehen.

> Das erinnert mich an
> meinen Großvater, der schon die vorherige Reform des Jahres 1901 nicht
> akzeptiert hatte und bis zu seinem Tode im Jahre 1945 stur „Thür“ und „Thor“
> mit h schrieb.

Lächerlich, nicht wahr? Diese alten Leute sind schon ein paar Kasperls.

Man sollte dabei beachten, daß die th-Schreibungen schon vor 1901 rückläufig waren. Die „Reform“ von 1901/1902 hat nicht, wie die von 1996, irgendwelche Sprachregeln aus dem Nichts erfunden, sondern nur eine vereinheitlichende Norm aus der bis dahin nie gesamtdeutsch einheitlichen Orthographie festgeschrieben. Alles, was in der neuen Norm vorkam, war bereits lange praxiserprobt und weitgehend akzeptiert. Ich plappere hier nicht einfach irgendwelche Ickler-Behauptungen nach, sondern habe das in antiquarischen Büchern selber gewissenhaft nachgeprüft, und es ist wahr.

> Mit freundlichen Grüßen
> Chef vom Dienst
> Redaktion Hamburger Abendblatt
> Hamburg, Germany

Vielen Dank für die zügige Antwort. Ich hoffe, der Dialog ist damit noch nicht beendet, denn viel argumentative Substanz habe ich von Ihnen ja noch nicht vernehmen können. Ich möchte Sie auch darauf aufmerksam machen, daß ich den Briefwechsel im Internet veröffentlichen werde.

Mit freundlichen Grüßen,

Christian Melsa

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Christian Melsa
23.04.2001 22.18
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AW: Demonstration des Scheiterns

Subject: AW: Demonstration des Scheiterns
Date: Mon, 23 Apr 2001 05:30:37 +0100
From: „Meyer, Peter“
To: 'Christian Melsa'

Sehr geehrter Leser, ich möchte Sie dringend bitten, von weiteren nächtlichen „Nachschlägen“ abzusehen, da sie zusammen mit dem Original eine Guinness-Buch-würdige Länge erreicht haben, die, wenn nicht „wehrkraftzersetzend“, so doch „arbeitskraftzersetzend“ zu werden droht. Ich hatte Ihre erste Fleißarbeit gerade ausgedruckt und dabei einmal Papier nachlegen müssen, aber noch nicht genau gelesen, weil eine derartige Quantität jede eventuelle Qualität erschlägt. Beim Überfliegen einzelner Absätze scheint es sich -- bei verbindlichem Ton und offensichtlich perfekter Regelkenntnis Ihrerseits -- um das übliche Konglomerat an Falschbehauptungen, Fehlinterpretationen, Irrtümern und Propagandafloskeln zu handeln, die wir hundertfach von Theodor Ickler, Deng, Riebe und ihren Claqueuren kannten, die aber inzwischen aufgegeben haben. Sie retten eine verlorene Sache nicht, wenn Sie das verdorbene Gericht nun mit direkten Angriffen und absurden Unterstellungen gegenüber dem Springer-Verlag wieder aufwärmen, die im Einzelnen zu widerlegen mir die Zeit und auch die Lust fehlen, da ich sehe, dass Sie sich uns gegenüber sogar zu dem Vergleich mit dem „eitlen Narren“ auf seinem angeblich falschen Weg versteigen. Selbst der Hinweis auf Cervantes, bei dem derjenige, der Überholtem und Verlorenem im Kampf gegen Windmühlen nachhängt, leicht zur traurigen, wenn nicht gar zur lächerlichen Figur werden kann, würde mir keinen Spaß mehr machen.

Es würde Stunden dauern und Sie sicherlich nicht zu einer offenen Diskussion verleiten, auf all die Falschbehauptungen Punkt für Punkt und wieder und wieder einzugehen. Es hat keine Umfrage unter den Lesern von Tageszeitungen mit dem von Ihnen behaupteten Ergebnis gegeben, die FAZ ist seit ihrem elitären Salto rückwärts auf den Schrottplatz der Orthografie hoffnungslos isoliert, hat dadurch keineswegs in der Summe Leser gewonnen, sondern macht wegen sinkender Auflage, Mobbings unter den Herausgebern und des Exodus der Feuilletonspitze von sich reden, und der Duden, Band 1, wird in seiner 22. Auflage keineswegs verramscht, sondern ist noch vor der Bibel das meistverkaufte Buch in Deutschland. Dass die vorherige Auflage auf dem Grabbeltisch landet, ist nicht auszuschließen, während der Vor-Reform-Duden hingegen nicht zum Kultbuch geworden, sondern eingestampft worden ist. Sie können davon ausgehen, dass der Spotmarkt als Spottmarkt nicht nur Spott, sondern auch ernste Worte beim Abendblatt hervorgerufen hat. Sie werden sicherlich weitere Fehler im Blatt finden, dumme Fehler zum Teil oder Fehler, deren Interpretation ins germanistische Oberseminar gehörte. Das tut uns Leid, wie wir auch bereit wären, die Substantivierung von „leid“ für eine Dämlichkeit der Rechtschreibreform zu halten. Aber Fehler hat es (leider!) auch vor 1999 in der Zeitung gegeben, und zwar weit mehr als heute. Weder das Abendblatt noch der Springer-Verlag, noch die Presse, noch die Medien gehörten zu den Betreibern der Rechtschreibreform, aber sie haben sie schließlich zögernd akzeptiert, um orthografisch nicht anders zu schreiben, als es die Schüler in der Schule lernen. Dieser Weg ist unumkehrbar. Auch die FAZ wird eines Tages klein beigeben müssen, glauben Sie mir. Über Details können wir uns unterhalten, aber nicht über den Grundsatz. Die neue Rechtschreibung enthält Dummheiten in Einzelfällen, ist aber im Großen und Ganzen einfacher als die alte. Das gilt besonders bei der ss/ß-Regel und der Silbentrennung, die 95 Prozent der Änderungen abdecken, wie sogar Ickler in einem Brief an mich einräumte. Sie ist keineswegs auf die Schule beschränkt, sondern wird durchgehend, mehr oder weniger richtig, in JEDEM aktuellen Schriftstück, in jeder aktuellen Textverarbeitung, in allen rund 3000 Mitteilungen am Tag an unsere Redaktion angewendet. Sie sind eine seltene Ausnahme, ein Hauch von verfehlter Nostalgie.

Es besteht nicht der geringste Grund, den Untergang Deutschlands als Kulturnation, die Unabhängigkeit sowie den Wahrheitsgehalt (!) des Inhalts einer Zeitung oder gar, wie Sie es tun, die Qualität von Agenturmeldungen an die Rechtschreibreform zu koppeln, ohne sich lächerlich zu machen. Sie finden das Abendblatt und seinen Verlag an Ihrer Seite, wenn es gilt, den winzig kleinen Teil der misslungenen neuen Regeln zu revidieren, aber zur alten, noch weitaus chaotischeren Rechtschreibung werden wir nicht zurückkehren.

Ich werde Ihre Briefe (deshalb das Attachment) und diese Antwort vorsichtshalber gleich als Blindkopien an den neuen Chefredakteur, den Verlagsgeschäftsführer und den Direktor des Zeitungsvorstandes weiterleiten. Das ist nach vielen Erfahrungen der Vergangenheit besser, da einige orthografische Nostalgiker häufig unterstellten, sie würden von einer unteren Charge abgefertigt, die aber im Thema durchaus sachkundig ist. Irgendwann sollte man eine Entwicklung akzeptieren. Das erinnert mich an meinen Großvater, der schon die vorherige Reform des Jahres 1901 nicht akzeptiert hatte und bis zu seinem Tode im Jahre 1945 stur „Thür“ und „Thor“ mit h schrieb.

Mit freundlichen Grüßen
Chef vom Dienst
Redaktion Hamburger Abendblatt
Hamburg, Germany

Im Original folgen hier meine vorangegangenen Schreiben, die Herr Meyer interessanterweise nicht ohne seine kommentierenden Worte weitergeleitet zu haben scheint – selbstverständlich als Blindkopie, damit ich bloß nicht die Möglichkeit erhalte, die Herren direkt anzuschreiben.

– geändert durch Christian Melsa am 25.04.2001, 03:12 –

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