Teurer Kompromiß
Der jetzt angesteuerte „Kompromiß“ ist auf seine Kosten noch gar nicht abgeklopft worden. Ein Kompromiß gefällt besonders den Politikern gut, aber auch die Presse scheint ihn als sympathisch zu empfinden. Es ist nämlich kein Kompromiß, der sich um die Sache, also um die Schrift selbst bemüht. Der Kompromiß bezieht sich lediglich auf die persönlichen Befindlichkeiten von Reformern und Politikern, auf den Inhalt des zu regelnden Gegenstandes nimmt er überhaupt keine Rücksicht. Wir haben es mit einem rein machtplitischen Kompromiß zu tun.
Für die Verlage bedeutet dies – das scheint noch niemand begriffen zu haben – folgendes:
100% Mehrkosten. Der Kompromiß „Reformunsinn beseitigen, ss-Schreibung behalten“ hat zur Folge, daß ausnahmslos alle Schul-, Kinder- und Sachbücher neu gesetzt und gedruckt werden müssen. Alle! Nicht nur die bereits in Reformschreibung erschienenen, sondern auch die noch in bewährter Schrift vorhandenen.
Die bessere, weil weitaus kostengünstigere Lösung wäre die Wiederherstellung einer Einheitsorthographie auf bewährter Basis. Umgestellt werden muß nur die Reformliteratur, eine angemessene Übergangsfrist hilft, größere Einbrüche zu vermeiden. Kein Buch in „neuer“ Schreibung muß zeitaufwendig überarbeitet und der Reform-Reformschreibung angepaßt werden. Die Rückstellung auf Bewährtes kann rasch und ohne Probleme erfolgen.
Der vorhandene Buchbestand von Millionen von Büchern in bewährter Rechtschreibung muß nicht angetastet werden und bleibt auch für unsere Kinder und Kindeskinder aktuell.
Ist diese Tatsache genügend bedacht worden? Oder ist der immer beliebter werdende „Kompromiß“ ein ebensolcher Schnellschuß wie es schon das gesamte Unternehmen von Beginn an war? Voreilig abgeschlossene „Machtkompromisse“ können der Sache, also unserer Sprache, schaden. Jetzt ist keine Eile nötig! Ich bitte die Presse, über dieses nachzudenken.
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Karin Pfeiffer-Stolz
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