Exklusiv-Studie:
Deutschlands Albtraum-Projekte
Ob Elbphilharmonie oder Berliner Flughafen: Sind deutsche Großprojekte immer Murks? Eine Studie liefert nun Daten seit dem Jahr 1960. Viele Vorhaben erwiesen sich als groteske Fehlplanungen ... nun haben Forscher der Hertie School of Governance eine Studie veröffentlicht, die zum ersten Mal einen aufschlussreichen Überblick liefert: ... Bei den abgeschlossenen Projekten erhöhten sich die Kosten im Durchschnitt um 73 Prozent. Diese hohen Summen hätten die Forscher selbst überrascht, sagt Studienleiterin Genia Kostka, Professorin für Energie und Infrastruktur an der Hertie School...
[In der Spiegel-Aufstellung der zehn größten Flopps wurde einer unterschlagen: Die nichtsnutzige Rechtschreib„reform“. Ich habe sie hier hinter dem „Toll-Collect-System“ nach anderen Untersuchungen unter 1a. als „Tollpatsch-Reform“ eingefügt:]
1. Lkw-Mautsystem Toll Collect
(Sektor Information- und Kommunikationstechnologie)
Kostensteigerung 1150 Prozent
Geschätzte 6,9 Milliarden Euro an Mehrkosten – also das 11,5-fache der ursprünglich für das Projekt angesetzten Summe – verursachte das Lkw-Mautsystem den Bund als Auftraggeber...
1a. Tollpatsch-Reform („Reform“ der deutschen Rechtschreibung)
(Sektor Kommunikationstechnologie)
Kostensteigerung prozentual nicht erfaßbar
Propagiert wurde die „kostenneutrale“ Reform. Die wirtschaftlichen Schäden betrugen 2006 etwa 4,74 Mrd. Euro. Inzwischen liegen die Schäden für Volkswirtschaft und Kultur im zweistelligen Milliarden-Bereich. Die „Reform“ war ein Projekt des Nazi-Erziehungsministers Rust, das kriegsbedingt unterbrochen worden war. Der Schachzug der Reformer von 1996 war, die Kultusminister neben allerlei zusammengesuchten tol[l]patschigen „Verbesserungen“ zu einer Änderung der ss-Schreibung (als Geßlerhut) zu übertölpeln. So konnte die „Reform“ leicht kontrollierbar unter Geiselnahme der Schüler – mit Beihilfe von Verfassungsgericht und Medienmafia – antidemokratisch durchgesetzt werden. Der Nutzen ist gleich null.
2. FISCUS-Steuersystem
(Sektor Information- und Kommunikationstechnologie)
Kostensteigerung 1150 Prozent
Ein regelrechtes Desaster war der Versuch von Bundesländern und dem Bund, eine gemeinsame Software für die Steuerverwaltung zu entwickeln. 1993 gestartet, scheiterte das Projekt schließlich im Jahr 2005, am Nachfolgeprojekt werkeln die Bundesländer nun allein herum. FISCUS verursachte Mehrkosten von 4,6 Milliarden Euro ...
3. Schneller Brüter in Kalkar
(Sektor Energie)
Kostensteigerung 494 Prozent
Das Atomkraftwerk, das nicht nur Strom, sondern nebenbei auch noch atomwaffenfähiges Plutonium erzeugen konnte, wurde 1985 fertiggestellt, nur zwei Jahre später als geplant. Ans Netz ging der Schnelle Brüter aber nie ...
4. Inpol Neu (BKA)
(Sektor Information- und Kommunikationstechnologie)
Kostensteigerung 491 Prozent
Seit 2003 ist die Polizei-Software beim Bundeskriminalamt in Betrieb ein Erfolg, schließlich drohte das Projekt zwei Jahre zuvor bereits komplett zu scheitern. ...
5. Bischofsresidenz Limburg
(Sektor Gebäude)
Kostensteigerung 425 Prozent
[... eine intern kirchliche Angelegenheit, deren Aufzählung hier fehl am Platz ist.]
6. Sanierung Alter Elbtunnel St. Pauli
(Sektor Verkehr)
Kostensteigerung 364 Prozent
...
7. Thorium-Hochdrucktemperaturreaktor Hamm-Uentrop
(Sektor Energie)
Kostensteigerung 336 Prozent
Das zweite Atomkraftwerk in den Flop Ten. 1971 Baubeginn, 1985 fertiggestellt statt wie geplant 1976, bereits 1989 wieder stillgelegt. Mehrkosten: 3,1 Milliarden Euro.
8. Bonner Kreuzbauten
(Sektor Gebäude)
Kostensteigerung 251 Prozent
In den Kreuz förmlich angeordneten Wohnhäusern des Gebäude Arbeitsamtes saßen uns sitzen Bundesministerien und Behörden. Gebaut wurden die Häuser Anfang der Siebziger, teurer wurden sie um 99 Millionen Euro.
9. Schürmannbau, Bonn
(Sektor Gebäude)
Kostensteigerung 245 Prozent
Geplant als Bürogebäude für die Abgeordneten des Bundestags, gebaut ab 1989, als die Mauer fiel...
10. Gesundheitskarte
(Sektor Information- und Kommunikationstechnologie)
Kostensteigerung 208 Prozent
Seit Beginn 2015 ist sie nun endlich im Einsatz: die elektronische Gesundheitskarte. Eigentlich sollte sie bereits bei 1006 eingeführt werden, was allerdings an Kritik und widerstreitenden Interessen zahlreicher verschiedener Akteure scheiterte. Bislang betragen die Mehrkosten fast 3,4 Milliarden Euro.
spiegel.de 19.5.2015
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