Perfekt (ion)
Lieber Luiggi!
Ich habe die Bildung in einem humanistischen Gymnasium hinter mich gebracht und daselbst das Große Latinum abgelegt. Begriffe wie „Perfekt, Imperfekt und Plusquamperfekt“ wurden mir eingetrichtert.
Daneben habe ich in meinen 52 Lebensjahren schon mit vielen Leuten geredet und oftmals das aufs Ohr bekommen, von dem Du berichtest.
Du hast im übrigen recht, wenn Du tolerant bleibst und die Leute schwätzen läßt. Du hast aber auch recht, wenn Du auf Dein Sprachgefühl hörst und Dinge beanstandest.
Was die Grammatik angeht, kriegst Du nicht in jedem Falle recht, denn innerhalb dieses wissenschaftlichen Klüngels, der sich Grammatiker schimpft, gibt es sehr unterschiedliche Anschauungen.
Manche von denen bezeichnen das aus dem Lateinischen entlehnte Perfekt“ als sogenannte „vollendete Gegenwart“, während ich selbst dazu neige, entsprechend des Latinums drei verschiedene Vergangenheitsstufen zu definieren.
„Ich war“, „ich bin gewesen“, „ich war gewesen“ ergibt für mich eine zeitliche Struktur, und ich würde in meiner Muttersprache eine kleine Nuance vermissen, wenn das „ich bin gewesen“ der Zeitstufe des „Präsens“ zugewiesen würde.
Kennst Du übrigens die „Lausbubengeschichten“ von Ludwig Thoma?
Das ist ein bayerisches Schmankerl, das offensichtlich viele Bajuwaren dazu veranlaßte, ihre Redegewohnheit umzustellen und das Perfekt in den Bereich der „Gegenwart“ (Präsens) umzusiedeln. (Das wirkt fast so wie die englische Verlaufsform "-ing)
So richtig helfen, kann ich Dir bei Deiner Anfrage nicht, aber ich kann Dir zumindest den Unterschied zwischen Imperfekt und Plusquamperfekt klarmachen, denn die zweite „Perfektstufe“ schwebt sozusagen im Niemandsland.
Aber bitte, fang bei normalen Unterhaltungen nicht an, im Imperfekt zu sprechen.
Die halten Dich nämlich dann für einen Spinner!
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