Wortvernichtung oder konsequente Wortgruppenschreibung oder ...?
Zitat: Ursprünglich eingetragen von Stefan Weise (unter dem Leitthema Von den Reizen der neuen Rechtschreibung)
Ich will auf die Frage hinaus, ob es denn tatsächlich Wörter sind, die durch diese verstärkte Auseinanderschreibung verschwinden, oder nicht doch eher Wortgruppen, die man zusammenzuschreiben gewohnt war.
Ich weiß, dass dies der Kernpunkt der ganzen GZS-Unsicherheiten ist, kenne aber nicht die Argumente derjenigen, die unerschütterlich daran festhalten, dass es sich um Wortvernichtung handelt & nicht um konsequente Wortgruppenschreibung.
(aus: Re: Hie böse, da ernsthaft)
Zunächst möchte ich anmerken, dass es durchaus als normal anzusehen ist, wenn etwas, was nicht zusammengeschrieben dasteht, als ein Wort gilt. Das Verb 'aufgeben' in dem Beispielsatz 'Ich gebe nie auf' dürfte ein ganzes Buch voller ähnlicher Beispiele aufblättern. Wäre die Form 'gebe...auf' nicht ein Wort, wäre die Grammatik & vor allem die Frage der GZS um Einiges komplizierter, weil sich dann die Diskussion z.B. nicht mehr um alle Formen des Wortes 'sitzenbleiben' drehen würde, sondern nur noch um die infiniten Formen, wobei die finiten Formen seltsamerweise exakt mit denen einer Wortgruppe 'sitzen bleiben' übereinstimmen (grammatisch natürlich nur, & sofern man überhaupt von Flexionsformen einer Wortgruppe reden darf).
Auch, was zuammengeschrieben wird, ist nicht immer ein Wort, wie Univerbierungen wie 'sodass' oder 'näherbringen' meiner Ansicht nach zeigen. Es ist ja gerade der Witz an der ganzen GZS-Diskussion, dass durchaus auch Wortgruppen zusammengeschrieben werden & nicht nur Wörter.
Daraus folgt für mich, dass man weder die Zusammenschreibung vom Wortbegriff ableiten, noch die Entscheidung, ob etwas ein Wort ist, auf die Zusammenschreibung gründen kann, wie es aber tatsächlich in der Grammatik häufig geschieht.
(aus: Re: Re: Re: Wo genau steht diese Regel?)
Es gibt rein theoretisch noch eine andere Deutungsmöglichkeit für die Verbzusätze: Im der infiniten Form handelt es sich tatsächlich um ein Wort (dafür spricht das Nichtvorhandensein einer Sollbruchstelle), das aber mit den zwei (oder mehr) bei Distanzstellung oder bei einer umfangreichen Erweiterung (die zudem austauschbar ist) an seiner Stelle zu verwenden Wörtern so eng verwandt ist, daß man von einer Unterscheidung abgesehen hat. Aber das ist vermutlich ein zu leichtfertig herbeigeredeter Ausweg...
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Jan-Martin Wagner
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