Gegenseitiger Respekt!?
Zitat: Ursprünglich eingetragen von uwe
Deine Behauptung, dass Schüler, die jetzt die ss-Schreibung verinnerlichen, kein Buch in ß-Schreibung zur Hand nehmen werden, kann ich auch nicht nachvollziehen. Ihre Schulbücher sind teilweise noch in ß-Schreibung. Und so groß ist der Unterschied nun auch nicht, dass man die alte Version nicht mehr lesen kann.
Hallo Uwe,
litebloo äußerte in diesem Forum die Befürchtung, daß man zur ß-Schreibung zurückkehren könnte. Sie hat Probleme, diese alte ß-Schreibweise zu lesen. Ich merke es auch an mir selbst: wenn ich einen Text mit ss gelesen habe, dann muß ich mich erst einmal innerlich umstellen, um dann einen Text mit ß zu lesen und umgekehrt. (Furchtbar dieses Durcheinander, das man da angerichtet hat!)
Es geht auch nicht in erster Linie um Sachliteratur. Wenn ich beispielsweise einen Roman lese, dann entstehen dort am laufenden Band Bilder in meiner Vorstellung die Schrift und die Buchstaben nehme ich gar nicht mehr wahr. Und jedesmal, wenn ich auf eine ungewohnte Schreibweise treffe, z.B. auf ein ss, wird man aus seinem Traum geworfen und die Bilder verschwinden. Am besten liest es sich, wenn man gar nicht merkt, daß man liest.
Oder stell Dir eine Musik-CD vor, bei welcher laufend Störgeräusche zu hören sind, beispielsweise alle 30 Sekunden ein kurzes, ganz leises Knacken. Prozentual gesehen fällt das überhaupt nicht ins Gewicht, aber es verdirbt einen den ganzen Spaß. (Nur, was kann man machen, damit man dieses Knacken nicht mehr hört? Ich muß Dich nochmals bitten, Dich in die Leute hineinzuversetzen)
Ich bin mir ziemlich sicher, daß die mit der ss-Schreibung großgewordenen Menschen die Bücher bevorzugen werden, in welchen es nicht laufend knackt. Das bedeutet also letztendlich, daß viel Wissen, Erfahrung, Kunst und Kultur verloren gehen würde.
Ich bleibe also dabei: man wird hier mit vielerlei Problemen im Stich gelassen. Diese Probleme existieren scheinbar gar nicht für die verantwortlichen Reformer. Mir fallen da auch noch andere Sachen ein, die ich selbst erlebt habe. Es bestehen beispielsweise Konflikte, in welcher Rechtschreibung man nun irgendeinen Text verfaßt. Dieser Konflikt existiert natürlich nur, wenn man den Adressaten achtet und respektiert.
Oder da gibt es auf den Konflikt, in welcher Sprache man nun sein Bewerbungsschreiben verfassen sollte. (Dieses Beispiel hattest Du selbst einmal genannt.)
Zeig mir eine Stelle, wo man sich zu diesen Problem beraten lassen kann, bzw. wo einem von der Reformerseite Ratschläge gegeben werden, beispielsweise im Internet. Zeig sie mir bitte!
Zitat: Ursprünglich eingetragen von uwe
All deine Argumente sprechen im übrigen nicht für eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung, da der Aufwand für eine Rückumstellung wieder genau so groß sein dürfte und unsere Kinder dann vollends verwirrt würden.
Wünschen würde ich mir persönlich, daß man diese Reform zurücknimmt. Ich versuche aber realistisch zu sein. Man sieht ja, in den Foren schreibt kaum noch jemand ß, alle schreiben sie ss. Andererseits gibt es wohl noch die Mehrheit, welche genauso schreibt wie bisher. Wenn ich die Anschläge an unserer Uni betrachte, dann ist mindestens noch die Hälfte aller Texte in alter Rechtschreibung verfaßt.
Wir haben also einen Scherbenhaufen. Vieles ist kaputt. Nur, wie geht man damit um? Wie wäre es mit gegenseitigem Respekt? Das würde bedeuten, daß die Reformer zugeben müßten, daß es Probleme (s. oben) gibt. Die Reformgegner tun das bereits. Man sollte den Reformgegnern dann auch nicht vorwerfen, daß sie keine Visionen hätten, denn das ist gar nicht der Punkt. Weiterhin sollten sollten ab sofort auch irgendwelche albernen Privatkriege unterbleiben, egal wer angefangen hat.
Gegenseitiger Respekt würde auch bedeuten, daß sämtliche Bücher ab sofort in mindestens zwei Varianten erscheinen müßten. Das könnte man tatsächlich fordern. Print-on-demand, oder wie das heißt, würde es möglich machen.
Könnte man zumindest mal fordern. Wenigstens das.
Es ist furchtbar. Ich könnte manchmal heulen.
Carsten
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