Wortbildung
Lieber Herr Lindenthal, im neuen Forum wollte ich auf Ihre Frage nach der Wortbildung antworten, mußte aber feststellen, daß ich keinen Zugang habe, nicht registriert bin o.ä. Bin ich aber doch, oder? Gilt die Anmeldung nur für bestimmte Rubriken?
Nur kurz folgendes: Die Wortbildung ist im Deutschen so lebendig wie in kaum einer anderen Sprache, sie ist praktisch ein Teil der Syntax, d. h. man benutzt sie nicht nur zur Bereicherung des Wortschatzes, sondern auch zur Satzbildung. Was ein Wort ist, kann die Sprachwissenschaft nur annähernd sagen. Immerhin: Bei den Ableitugnen läßt sich feststellen, daß die Affixe (Ableitungselemente) nicht selbständig sind, nicht verschoben werden können: mehl-ig, ver-hauen usw. Bei den Zusammensetzungen herrscht unveränderliche Reihenfolge, Nicht-Unterbrechbarkeit und vor allem grammatische Isolierung des ersten Bestandteils. Wie man mal gesagt hat: der erste Teil eines Kompositums ist syntaktisch aus dem Verkehr gezogen. Man kann ihn weder beugen noch durch Beifügungen erweitern. Daher ist falsch: dreistöckiger Hausbesitzer (weil hier die Beifügung fälschlich nur auf den Bestandteil Haus bezogen werden kann.
Nun das Problem: Wir haben einerseits Fälle von Wortgruppenflexion, zum Beispiel des Grund und Bodens. Korrekter, aber pedantisch wäre des Grund-und-Bodens. Andererseits wird orthographisch oft zusammengeschrieben: näherkommen, was noch angeht (denn die Komparation gehört nicht zur Flexion), aber auch näherkommen als ..., wo der Vergleich grammatisch an das erste Element anknüpft. Das sind historisch gewachsene Aufweichungen der klaren Ordnung. Sie lassen sich nur um den Preis durchgreifender Schnitte in die Tradition beseitigen, und es lohnt sich kaum, vor allem wenn man die Tatsachen in der angemessenen Liberalität darstellt, wie in meinem Wörterbuch versucht.
Theodor Ickler Ringstr. 46, D-91080 Spardorf
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