entlehnen und be-/ge- halten
Zitat: Ursprünglich eingetragen von Ernst Haft
Aus aktuellem Anlaß (entlehnen versus entleihen) sah ich heute „im Duden“ nach.
Duden Band 7 (Herkunftswörterbuch, Etymologie der deutschen Sprache, 1.10.1963):
lehnen: „veraltet, aber noch mdal. führ 'leihen'"
Bünting, Deutsches Wörterbuch (1996, 'mit der neuen Rechtschreibung'): entleihen, entleist, ...
(...)
– gilt auch dem alten Duden als veraltet bzw. „noch mundartlich“ und verweist auf 'entleihen'
– Bünting sieht es fachsprachlich („aus einer Fremdsprache entlehnen“) oder gehoben für 'entleihen'
– Österr. Wörterbuch (ziemlich neu): kennt nur 'entlehnen' nicht aber 'entleihen' (z.B. 'ein Buch entlehnen').
Und noch eine Frage zur Tagespolitik:
Ist im folgenden Satz eher be- oder ge- angebracht, ist ein unbestimmter, ein bestimmter(,) oder gar kein Artikel zu verwenden:
„Die SPD hat Federn gelassen, aber (den|einen|) Kiel (b|g)ehalten“?!
Als veraltet würde ich „entlehnen“ nicht bezeichnen. Das Wort wird zwar hierzulande (man sei vorsichtig mit der Regionalität) kaum mehr im direkten Sinn „ent- oder ausleihen“ gebraucht, aber um die übertragene Bedeutung im Sinn von „abstammend“ oder ugs. „abgekupfert“ auszudrücken, würde ich niemals „entleihen“ verwenden. Wie man hier vielleicht schon merken kann, habe ich selber große Probleme, ein einigermaßen taugliches Synonym zur Beschreibung zu finden – der beste Beweis für ein Wort, daß es noch vonnöten und nicht „out“ ist.
Zum zweiten Problem. Ich glaube, ein bißchen Freiheit hat da und dort auch der Schreiber selber, in diesem Zusammenhang würde ja beides verstanden.
Ich jedenfalls würde folgendermaßen vorgehen:
„Kiel“, wenn es ohne Artikel geschrieben ist, steht für die Stadt Kiel und als Landeshaupstadt in der Journalistensprache auch stellvertretend für das zugehörige Bundesland. Egal welche Bedeutung hier gemeint ist, weder die Stadt noch das Land sind Besitztümer der SPD, also kann sie sie auch nicht be-halten. Folglich: gehalten.
Anders mit Artikel: „Der oder ein (Feder-) Kiel“ steht hier für ein Eigentum, daß man behalten (im Gegensatz zu weggeben) oder halten (im Gegensatz zu fallenlassen) kann. Hier wäre also – je nach Bedeutung – beides möglich.
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Bernhard Schühly
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