Ich weiß nicht, ob Herr Riebe verstanden hat, daß ich seinen vorangegangenen Beitrag als überflüssige »Interpretationshilfe« bezeichnet habe. Meinen Beitrag selbst halte ich für so klar, daß er eigentlich keinerlei Exegese bedarf, wobei Herrn Riebes Retourkutschen auf mich etwas knabenhaft wirken und nicht gerade auf einen großen Vorrat an eigenen Gedanken schließen lassen, wie sein permanentes Herunterbeten anderer moralischer Standardparolen auch. Im übrigen hat sich Herr Riebe mir gegenüber immer sehr dankbar und glücklich gezeigt, wenn er meine »Stänkereien« gegen seine tagesaktuellen persönlichen Kontrahenten, die heute als Zeugen gegen mich herhalten müssen, gerichtet fand. Seine damaligen Beifallsbekundungen mir gegenüber und sein heutiges Klagen wirken auf mich umso peinlicher.
Zum Kern der von mir wiederholt angesprochenen Thematik, die ich für wichtig halte, kommt von ihm leider überhaupt nichts.
Es ist aber nicht an den Haaren herbeigezogen, wenn man befürchtet, daß die Diskussion um die Rechtschreibreform diskreditiert werden kann, wenn Äußerungen wie die von Herrn Niedetzky, wie immer er sie auch verstanden wissen will, unwidersprochen bleiben. Den folgenden Satz aus meinem so übel aufgenommenen Beitrag haben die Herren Riebe und Niedetzky, die ansonsten gewissenhaftes Zitieren einfordern, nicht zur Kenntnis genommen und bei ihrer Verdammung des »Stänkerers« und Diffameurs natürlich ebensowenig einfließen lassen:
»Dieser vermutlich nur unvorsichtige Beitrag von Herr Niedetzky ist geeignet, ihn persönlich in ein Licht zu stellen, von dem ich nicht hoffe, daß er darin gesehen werden wollte oder gar in diesem stünde.«
Leider kann man in dem Browser der DEUTSCHEN SPRACHWELT nachträglich keine Korrekturen ausführen, sonst hätte ich »hoffe« geändert in »hoffe oder gar unterstelle«. Dies sei damit nachgeholt, es war eigentlich nie anders gemeint und bei unvoreingenommener Lektüre meines Erachtens auch nicht anders zu »interpretieren«. Am besten, man liest das, was geschrieben steht, und redet dann nicht über das, was man meint, was gemeint sei.
Solche bedenklichen Äußerungen zum Rechtsradikalismus stehen auf der Seite der DEUTSCHEN SPRACHWELT übrigens nicht zum ersten Male und allein da. Sie gehören, wie die »Schriftleitung« selbst immer wieder betont, weiß Gott nicht zum Thema Sprache. Also sollten sie unterbleiben oder gelöscht werden, oder man sollte Widerspruch hinnehmen und diesen nicht als übelwollende Nestbeschmutzung niederprügeln. Ob sich einer zum Widerspruch gedrängt fühlt, ist jedermanns persönliche Sache, und ein Unterlassen des Widerspruchs ist noch lange nicht als ein Einverständnis mit unwidersprochenen Aussagen zu betrachten. Es gehörte wirklich böser Wille dazu, dies so zu interpretieren, und ich meinerseites tue das auch nicht. Böser Wille mag aber tatsächlich vorhanden sein bei Leuten, die diese Diskussionen verfolgen und sich über jedes Pseudoargument freuen, das ihnen die sachliche Auseinandersetzung erspart. Die pauschale Qualifizierung: Sprachwahrer/Reformgegner = rechts, ergo = Deutschtümler, Rassisten und Verfassungsfeinde usw., ist dann schnell gefunden, und ich möchte einer solchen Vorhaltung gegenüber, so dumm und ungerecht sie auch wäre, nicht in Rechtfertigungsnotstand geraten, denn die Erfahrung zeigt, daß man in solchen Situationen mit Engelszungen reden könnte und alle Wahrheit auf seiner Seite hätte, so würde es doch nichts nützen.
Eine Diskussion um die Rechtschreibreform, die sich dieser Gefahren nicht bewußt ist, blendet einen wichtigen Teilaspekt der Problematik aus. Das kann fatale Folgen haben, auf die ich immer wieder hingewiesen habe und hinweisen werde.
Und daß man Überbringer schlechter Botschaften und Warner schon in der Antike erschlagen hat, anstatt sich mit der bedrohlichen Botschaft auseinanderzusetzen, ist wohl gemeinhin bekannt. Also auch hier das übliche Schema, es wundert nicht weiter.
Daß aber, soweit ich beobachte, Reformkritik so gut wie ohne jegliche sachfremden ideologischen Gesinnungskonnotationen, damit verbundene Meinungsäußerungen und hochnotpeinliche Dementis geht, zeigt erfreulicherweise die Seite »rechtschreibreform.com«.
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Walter Lachenmann
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