In dem Brief von Sitta und Gallmann las ich gerade mit Erstaunen:
Die Trennung nach Sprechsilben verlangt, dass von mehreren Konsonanten in der Regel der letzte auf die neue Zeile kommt (ext-ra, Rek-rut).
Diese Trennung hat mit Sprechsilben nichts zu tun, mich wundert daher, daß der Duden (1996) dies tatsächlich vorschreibt. Wollte man nach Sprechsilben trennen, müßte man sich an die herkömmliche Trennung ex-tra halten, denn genau so spricht man.
Um es zu verdeutlichen: Es ist allgemein bekannt, daß ein /r/, wenn es einem stimmlosen Verschlußlaut im Anlaut folgt, stimmlos wird. Kohler (Einführung in die Phonetik des Deutschen, 1995, S. 166) nennt als Beispiele u. a. die Wörter protzen, trat und kriechen. In der Standardaussprache bedeutet das, daß ein /r/ eher wie ch in ach ausgesprochen wird.
Anders verhält es sich, wenn ein /r/ allein im Anlaut steht, und ein auslautendes /t/ vorangeht, z. B. in wächst richtig. Hier wird das /r/ zumindest in sorgfältiger Aussprache nicht entstimmt, weil es keine Verbindung mit dem /t/ eingeht.
Um das ein wenig zu verdeutlichen, habe ich mal ein paar Bildchen mit den entsprechenden Oszillogrammen hochgeladen:
Bild 1 zeigt die Lautfolge /tro/ in dem Wort Wachstropfen, in dem das /r/ erwartungsgemäß im Anlaut von "-tropfen völlig entstimmt ist: Es sind keine periodischen Schwingungen bei zu erkennen.
Bild 2 stellt die Lautfolge /tri/ in wächst richtig dar: Das /r/ als stimmhafter Reibelaut zeigt deutliche Periodizität.
Bild 3 zeigt /tra/ in extra": Das /r/ ist aperiodisch und damit stimmlos, geht also phonologisch eine Verbindung mit dem /t/ ein.
Die einzige sinnvolle Trennung nach Sprechsilben ist demnach nicht ext-ra, sondern ex-tra, analog Wachs-tropfen. Dasselbe gilt auch für Rekrut und ich weiß nicht wieviele andere Beispiele.
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