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Reinhard Markner
22.03.2001 16.13
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Dezisionismus

Moment mal, der Lexikograph kann sich ganz gelassen entscheiden, wie er es halten will, und der in seinem Werk Nachschlagende auch ? Der springende Punkt ist doch gerade, daß der unfehlbare Lexikograph schon alles (und sein kritischer Zuarbeiter fast alles) weiß, der Nutzer der Wörterbuchs aber von ihm lernen will. Außerdem geht es ja nicht nur um die Entscheidung, welche Einträge aufgenommen werden und welche nicht, sondern auch darum, wie dann mit den aufgenommenen Varianten umgegangen wird.
– geändert durch Reinhard Markner am 23.03.2001, 21:40 –

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Theodor Ickler
22.03.2001 15.51
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Weltfremd

Im konkreten Fall stellen sich diese Fragen eigentlich gar nicht. Und wenn das Rechtschreibwörterbuch ein Angebot ist und der Druck der staatlichen Lizenzierung wegfällt, dann kann man ganz gelassen entscheiden, wie man es halten will. Wenn ich „Entgeld“ sehe, denke ich: nein, das ist mir zu blöd – obwohl ich weiß, wie's gekommen ist. Bei „posthum“ denke ich: durch Alter und Verbreitung geheiligt. Usw. Wem das nicht gefällt, der kann ja was anderes kaufen, denn die Qualität des Angebots zu beurteilen ist nun wieder jedermanns Sache, während man früher nur fragen konnte, ob es mit der amtlichen Festlegung übereinstimmt. Ich denke, über die Qualität der angebotenen Schreibung wird sich ein Konsens herstellen lassen.
__________________
Th. Ickler

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Wolfgang Wrase
22.03.2001 14.57
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Einverstanden -

aber wieso denn gleich wieder so schroff? Ich hatte doch nicht von Differenzierungen geredet, die man erfinden müßte. Sondern ich meinte solche, wie sie schon im Wörterbuch vorhanden sind („als Verbzusatz meist zusammengeschrieben“) und wie sie noch zahlreicher untergebracht werden könnten.

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Reinhard Markner
22.03.2001 13.42
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Glaubensfragen

Wenn der deskriptiv verfahrende Lexikograph sich vorbehält, nach eigenem Ermessen bestimmte Varianten zu berücksichtigen, andere hingegen nicht, stellt sich die Frage, wie dieses »Ermessen« funktioniert. Vor geraumer Zeit war einmal von der Schreibung »Entgeld« die Rede. Sie ist nicht ganz selten, entspringt aber einer etymologischen Verwechslung und widerspricht geradezu der Schreibung des Verbs »entgelten«. Also findet sie beim Lexikographen keine Gnade. Anders die Schreibung »posthum«. Ich zitiere das Random House Dictionary : »< L posthumus, erroneously (by association with humus earth, ground, as if referring to burial) for postumus last, superl. of posterus See POSTERIOR.« Dennoch findet »posthum« Aufnahme. Die etymologische Verwirrung ist uralt und die Schreibung gängig. Nicht zuletzt aus dem Englischen, wo sie ohne Alternative ist (!), wird sie auch immer wieder ins Deutsche zurückkehren, sie ist gewissermaßen unausrottbar wie das berühmte »selbstständig«.

Ich bringe dieses Beispiel, weil hier ein »meist/selten«-Hinweis keine Klärung bringen wird. Es war auch schon einmal die Rede davon, daß man seltenere Schreibvarianten mit guten Gründen vorziehen kann. Wer aber die guten Gründe (hier die etymologischen Zusammenhänge) nicht kennt, kann seine Entscheidung nicht als »mündiger Schreiber« treffen. Damit, im Prozeß des Verfertigens der Gedanken beim Schreiben, bin ich wieder bei meinem alten Fazit angelangt, daß jedes Orthographikon ein defizienter Modus eines einsprachigen Wörterbuches ist. (Hinweis für alle Freunde des alten Dudens : Das subtile Hinundher zwischen Haupt- und Nebeneinträgen, das dort in solchen Fällen vorherrschte, hat auch niemandem Klarheit verschafft.)

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Theodor Ickler
22.03.2001 13.02
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Dogmen

Darauf antwortet der Rechtschreibpapst urbi et orbi:
Totaliter aliter!

Ich vertrete nicht das Dogma des Liberalismus (Schreibt, wie ihr wollt!), sondern das Dogma des Deskriptivismus, womit ich allerdings ziemlich undogmatisch umgehe. Das ist übrigens kein Widerspruch. Es läuft darauf hinaus, daß ich keine Differenzierungen ERFINDE, nur weil sie wünschenswert sind, damit des Zweifelns ein Ende sei. Wenn es Differenzierungen gibt, die nicht nur der Schreibende macht, sondern der Lesende auch versteht, die also gewissermaßen schon zum System der Sprache gehören, dann müssen sie verzeichnet weden. Das muß man erforschen. Bei „stehen bleiben/stehenbleiben“ glaube ich immerhin eine Tendenz zu erkennen, sie ist folglich auch vermerkt.

Bei der distinktiven Synonymik sind die Unterschiede immer objektiv vorhanden und lassen sich ermitteln, bei der Rechtschreibung gerade nicht.

Fein ausgedachte Differenzierungen, die aber nicht anerkanntes und praktiziertes Wissen der Gemeinschaft sind, schaffen nur unendliche Lernaufgaben und führen in den Sumpf zurück, aus dem wir gerade entkommen sind. Ich habe gelegentlich in Aussicht gestellt, das in einer Stilistik unterzubringen. Sinnreiche Textgestaltung kann man dort üben und vielleicht auf diesem Wege allmählich auch verbreiten, aber für ein orthographisches Wörterbuch wäre es tödlich.

Mir scheint, der unvergleichliche argumentative Wert des deskriptiven Ansatzes, seine Tauglichkeit als Waffe, ist noch nicht so recht erkannt. Man bedenke, daß er nicht nur dem Subjektivismus und dem geschmäcklerischen Treiben rigoroser Sprachkritiker entgegenzusetzen ist, sondern auch auf den Volkswillen zurückgreift, also sehr demokratisch ist.

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Wolfgang Wrase
22.03.2001 11.35
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Icklersches Wörterbuch: nur kumulatives Niveau?

So, und nun gebe ich Herrn Lachenmann recht. Beziehungsweise seinem Anliegen. Ich habe schon öfter versucht, zwischen dem „Dogma der Liberalität“ (wie Herr Riebe übertrieben, aber immerhin deutlich formuliert hat) und dem „Dogma der Eindeutigkeit“ (wie man ebenso deutlich zurückformulieren kann und was sich nun plöztlich ganz seriös als „distinktives Niveau“ bezeichnen läßt) zu vermitteln. Ich meine, sehr geehrter Herr Professor, daß Sie ein wenig an der Schärfe und scheinbar keinem Kompromiß zugänglichen Spaltung zwischen diesen beiden Dogmen bzw. Ansätzen mitwirken, wenn Sie Ihre Richtung, Ihr Anliegen so absolut setzen („Dies ist ein Glaubensbekenntnis, Diskussion zwecklos“). Dabei handelt es sich doch schlicht um die beiden gleichberechtigten Pole der Rechtschreibung: Einerseits ist Liberalität (Orientierung an der Realität, Nachzeichnen der inhärenten Norm statt willkürliche Setzung einer Norm) ebenso vollständig wünschenswert wie nun eben Eindeutigkeit. Was Sie beim Fremdwörterlexikon für sinnvoll halten (Differenzierung, sonst „stimmt etwas nicht“, zumindest ist das Niveau bloß „kumulativ“), ist doch beim Wörterbuch der deutschen Rechtschreibung ebenso sinnvoll: Undifferenziert angebotene Varianten (oder als „funktionslos“ dargebotene Varianten) setzen voraus, daß der Benutzer schon wissen wird, worin sie sich unterscheiden – sie setzen den mündigen Lexikonbenutzer voraus, dessen Existenz Herr Lachenmann insofern zu Recht anzweifelt, als dieser mündige Benutzer, der zwischen zwei angebotenen Varianten zu differenzieren weiß, unter seinem Niveau bedient wird, wenn er diese Varianten als „gleich berechtigt“ vor sich sieht, während derjenige, der sie nicht einzuordnen vermag, eben gerade diese zusätzliche Hilfe bräuchte.

Sie haben dieser Kritik hin und wieder ja auch zugestimmt, so als Ihr Hinweis auf das Bréalsche Verteilungsgesetz zitiert und auf Ihr Wörterbuch angewendet wurde (von Herrn Fleischhauer, wenn ich mich nicht irre). Da sagten Sie doch sinngemäß: Stimmt, ich gebe ja zu, daß ich der Kritik zur Hälfte zustimme, schon weil sie von mir selber stammt usw. So gesehen, wäre es doch schön, wenn Sie sich nicht so ausschließlich auf die Unumstößlichkeit der Liberalität, ja man könnte doch mit Herrn Riebe sagen: das Dogma der Liberaliät verlegen würden, denn die Liberalität, absolut gesetzt, würde doch heißen, daß man alles und jedes zuläßt, jede nur vorkommende Schreibweise verzeichnet (das ist natürlich weder technisch möglich noch sinnvoll) und ebenso jede Regel beispielsweise als Kann-Regel darstellt.

Dabei geht es doch bei der Rechtschreibung gerade darum, aus dem Meer aller Schreibweisen diejenigen herauszusondern, die man vernünftigerweise als Konsens der kompetenten Schreiber feststellen kann, was notwendigerweise eine Einschränkung des Liberalen bedeutet zugunsten größerer, wenn auch nicht vollständiger Einheitlichkeit. Das ist eine Sache des Ermessens (was läßt man gerade noch als Variante bzw. als sinnvoll gelten, was nicht mehr) und deshalb der Willkür des Verfassers anheimgestellt. Sie können also doch nicht ernsthaft so tun, als ob sie nichts anderes täten, als vorkommende Schreibweisen zu verzeichnen, und Sie sprechen das ja auch gelegentlich aus, zum Beispiel im Vorwort des Wörterbuchs: Der Lexikograph sei „nicht verpflichtet, jede vorgefundene Schreibweise aufzunehmen, und zwar auch dann nicht, wenn sie des öfteren angetroffen wurde“.

Soweit ist das ja sowieso klar, und nun sprechen Sie anhand des Beispiels deutsch/englisch (bestreitbar: open to question, contestable, disputable) von nur kumulativem Niveau, bei dem etwas „nicht stimmt“. Ist es nicht genau das, was die kritischen Stimmen von Ihnen wollen, mich eingeschlossen: keine absolute Eindeutigkeit, sondern einfach etwas mehr Eindeutigkeit; eine Verschiebung des Kompromisses zwischen Liberalität und Eindeutigkeit zugunsten der Eindeutigkeit; eine Hebung des Niveaus (Ickler) bzw. eine Stärkung der Zweckmäßigkeit und Benutzerfreundlichkeit (Lachenmann)?

Könnten wir also nicht etwas einfacher zum Konsens finden, wenn man die beiden Anliegen – „Ihres“: die Liberalität, „unseres“: mehr Differenzierung – als gleichberechtigte Ansätze begreift, zwischen denen den besten Kompromiß zu finden die Kunst des Wörterbuchmachens ist? Könnte es nicht sein, daß man weder „absolut liberal“ noch „absolut eindeutig“ sein kann, sondern daß es pragmatische Überlegungen sein müssen, wo man die Grenzen zieht?

So arbeitet das von mir zitierte Langenscheidt-Wörterbuch (das dicke Handwörterbuch mit rund 1500 prallvollen Seiten) natürlich mit Differenzierungen, die aber ihrerseits nicht absolut trennscharf und zuverlässig sein können und überdies manchmal fast unmöglich oder zumindest unökonomisch wären, so daß man auf sie verzichtet. Wie sollte denn der Leser instruiert werden, wann er lieber „open to „question“, wann er eher „contestable“ oder „disputable“ verwenden soll oder was dazwischen die Unterschiede sein mögen? Das wäre allzu fein gesponnen, würde das Handwörterbuch im Umfang verdoppeln und den Benutzer irgendwann zur Verzweiflung bringen, oder nicht?

Ist es also nicht genauso mit Ihrem Wörterbuch, so daß wir uns eine Menge Streit sparen und schließlich Friede, Freude, Eierkuchen ausrufen können, wenn die grundsätzliche, hälftige Berechtigung des Anliegens „Eindeutigkeit“ auch von Ihnen ausdrücklich anerkannt wird?

Um die Sache noch deutlicher zu machen und zu komprimieren, übersetze ich Ihre Bemerkungen zum Problem der distinktiven Synonymik abschließend in einen Antrag derer, denen die bisher von Ihnen verwirklichte Liberalität zu weit geht.

Zitat:
„Wenn ein Wörterbuch zu einem Stichwort drei Übersetzungsvorschläge bietet, ohne zwischen ihnen zu differenzieren, dann stimmt tatsächlich etwas nicht. Oder vielmehr: Das ist das Niveau einer kumulativen Synonymik, die darauf vertraut, daß man die Sprache bereits beherrscht und nur an die Wörter erinnert werden muß, die einem grad nicht einfallen, deren unterschiedliche Bedeutungen man aber kennt. Manchmal hilft das, aber irgendwo sollten auch die Unterschiede erklärt werden. Das ist die distinktive Synonymik ...“

Übersetzung (Riebe, Lachenmann, Peil et al.):
„Wenn ein Wörterbuch zu einem Ausdruck zwei oder drei Schreibweisen bietet, ohne zwischen ihnen zu differenzieren, dann stimmt tatsächlich etwas nicht. Oder vielmehr: Das ist das Niveau einer kumulativen Lexikographie, die darauf vertraut, daß man das Schreiben bereits beherrscht und nur auf die Varianten hingewiesen werden muß, die überwiegend verwendet werden, deren unterschiedliche Bedeutung, Betonung oder Qualität man aber beurteilen kann. Manchmal hilft das, aber irgendwo sollten auch die Unterschiede angegeben werden. Das ist das distinktive Niveau eines benutzerfreundlichen Wörterbuchs im Gegensatz zur bloßen Aufführung der Varianten ...“

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Wolfgang Wrase
22.03.2001 09.47
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Lieber Herr Lachenmann,

ich bin eigentlich schon froh, daß Sie mir meinen Zornausbruch nicht übler nehmen, offenbar sogar kaum. Ich frage mich natürlich: Was hat mich eigentlich so geärgert, und wieso gerade jetzt? Der Anlaß war Lars Kerner, und es ging mir einfach so, daß ich ihm zustimmte und nicht Ihrer Antwort. Er schrieb sinngemäß: Was für eine lächerliche Truppe – der Chef macht ein Wörterbuch, und seine fleißigsten Helfer hacken auf ihm herum und sagen: „Total daneben, das kann keiner brauchen, sinnloses Projekt“. Und da gebe ich ihm recht, genau das findet hier statt. Lars Kerner sagte, auf wen das zutrifft, auf Herrn Riebe und Sie (er hätte noch Herrn Peil dazunehmen können) – was sollte daran nicht richtig sein? Noch in Ihrem Dementi bestätigten Sie das: Kann doch keiner brauchen! Ich fand dieses halbe Dementi im Vergleich zu dem ehrlichen Rückzug von Herrn Peil eher feige (so kam das bei mir jedenfalls an). Und dann finde ich es eben ganz einfach unverschämt, wenn sich einer mehr als die hundertfache Mühe im Vergleich zu einem anderen macht, und dann kommt dieser fachlich weniger bewanderte Typ daher und kräht den Fleißigen an: „Alles Quatsch, was du da machst!“ Dazu noch ausufernder Spott – das löste insgesamt diesen Ärger aus. Es ehrt Professor Ickler wieder einmal und muß uns beruhigen, daß ihn das alles selbst nicht auf die Palme bringt (oder nur sehr selten), aber das trübt meine eigene Wahrnehmung eines Unverhältnisses nicht. Er und wir alle machen ja bei der Rechtschreibreform dasselbe: Obwohl es den meisten Opfern ziemlich schnuppe ist, wie sie mit der Rechtschreibreform belogen und verarscht werden, obwohl sie selbst sich mit einer Engelsgeduld in diesen Blödsinn fügen, ergreifen wir stellvertretend für sie Partei und wollen anständige, vernünftige, produktive Verhältnisse wiederherstellen. Also kurz: Wenn wir uns schon für solche letztlich ethischen Ziele einsetzen, müssen wir doch aufpassen, daß wir uns am Ende nicht noch mehr blamieren, noch verdrehter argumentieren und noch weniger solidarisch sind als diejenigen, die uns aus Blödheit und/oder Gehässigkeit verspotten. Ihr Dementi kam bei mir übrigens so an (zusammenfassend): „Stimmt, zu meiner Kritik an Professor Ickler stehe ich, und sein Wörterbuch ist Mist; aber deshalb ist die neue Rechtschreibung noch lange nicht besser.“

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Walter Lachenmann
21.03.2001 19.04
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der keiser und die narren in seinem bot

Lieber Herr Wrase,
Sie, den ich über alles schätze, was Sie wissen, bringen mich in die Verlegenheit, Ihren (und meinen – ob Sie es glauben oder nicht) hochverehrten Herrn Professor Theodor Ickler zu zitieren (nicht persiflieren): Herr Ickler hat besser verstanden, worum es (mir) geht als Herr Wrase, wenn offenbar aber auch er nicht, er aber offenbar besser nicht als Sie nicht...
Das ist zwar kein Schüttelreim, aber Prosa, die vielleicht etwas geschüttelt werden muß, bevor man weiß, was gemeint ist, sozusagen Prosamen für unter des Herren Tisch. Tut mir leid, mir fällt immerzu solches Zeug ein, deshalb bin ich ein Verleger geworden, wenn auch, vermutlich ebenfalls deshalb, ein unbedeutender, immerhin einer, der die paar Sächelchen, die er macht, bekennerhaft reformfrei publiziert, mit speziellem Hinweis auf der Impressumseite der Neuerscheinungen:

Lesen ohne Verdruß
Aus Liebe zu unserer schönen Sprache
bleiben wir trotz »Reform« bei der guten
traditionellen Rechtschreibung.

Der Verleger

Und in der Werbung, inklusive Börsenblattanzeige, wird zu lesen sein:
Aus Liebe zur Sprache erscheinen OREOS BÜCHER in der guten alten Orthographie

Das ist, geben Sie es zu, mehr als meine großen Kollegen tun, die angeblich ebenfalls gegen die Reform sind, aber in den Verlagen, in denen sie das Sagen ebenfalls angeblich haben, dümmlichstes und widersprüchlichstes Reformdeutsch drucken lassen. Lassen Sie mir halt meine kleinen Späßchen, ich gebe ja zu, daß ich ein lästiger Angeber bin.

Zu meiner keiserschelte allgemein: Es gab eine ganze Reihe an Rückmeldungen, hinter den Kulissen und auch in der Öffentlichkeit der Rechtschreibreformseite, die darauf schließen lassen, daß meine gelinden Versuche einer »Kritik« oder eines Nachfragens nach den Grundlinien der Ickler'schen Orthographietheorie (z.B. Schreibmündigkeit) von manchen Diskussionsteilnehmern zumindest nachvollzogen werden können, und das nicht nur, weil ich so dummes Zeug und Schüttelreime oder manchen nach dem Munde schreibe. Es könnte also was dran sein, was ich möglicherweise deutlicher formulieren sollte. Aber erst einmal geht es nach Silencien. Das Essen dort soll gut sein, wer hat nicht schon von dem berühmten Sizilianischen Vesper gehört! (Ich weiß selber, wie schwach dieser Kalauer ist).

Vielleicht versuchen wir es nochmals nach meinem Urlaub? Ich kann es Ihnen aber auch ersparen. Je nachdem. Aber wir hatten doch Pläne...

.
P.S.: Ich kann Sie ja verstehen. Ich darf/muß in den letzten Stunden vor meinem Abflug noch etwas Geld verdienen, indem ich in einem Text, der in gemäßigter xyz-verlagseigener Halbreform-Orthographie ohnehin schon ziemlich bescheuert daherkommt, aber eigentlich insofern einigermaßen »fehlerfrei« wäre, »Korrekturen« ausführen.
Etwa: Die Hungrigen und Zukurzgekommenen wird = Die Hungrigen und zu kurz Gekommenen.
Oder: furchterregend = Furcht erregend
alleinerziehende Mütter = allein erziehende Mütter
usw., aber dann doch wieder:
ein Kahn, der dahin dümpelt = dahindümpelt.

Für solchen Unsinn geben Verlage Geld aus – und ich bekomme es!

Peinlich. Sie kennen das, und da kann einem das Lachen tatsächlich vergehen.

– geändert durch Walter Lachenmann am 22.03.2001, 22:09 –
__________________
Walter Lachenmann

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Wolfgang Wrase
21.03.2001 17.39
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So meine ich es auch nicht,

weil mir, wie Sie richtig erkannt haben, eben nur eine Laus über die Leber gelaufen ist und ich mich tierisch über Herrn Lachenmann geärgert habe. Wir können Sie als Vorbild kaum einholen: Sie brauchen zum Beispiel einfach eine höhere Dosis „Riebe“ bzw. „Beliebigkeitsschreibung!!“ als ich, um sich wenigstens einmal ein bißchen so viel aufregen zu können wie ich, das gebe ich ja zu. Man bemüht sich oft ohne Erfolg, dem Vorbild ähnlicher zu werden ... Wobei ich jetzt im Stil einer Beziehungsdiskussion in einer übersensiblen Psychogruppe geschrieben habe, gar über einen eigenen Gefühlszustand: Deshalb muß ich meine Vorwürfe gleich wieder zur Hälfte zurücknehmen und jetzt ganz schnell Schluß machen, bevor ich den frechen Herrn Lachenmann weiter nachahme.

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Theodor Ickler
21.03.2001 17.08
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Leberlaus

Aber Herr Wrase! Was regen Sie sich denn so auf? Ich rege mich doch auch nicht auf. Schon weil das so ungesund sein soll.
Übrigens haben Sie ein interessantes Thema angeschnitten. Wenn ein Wörterbuch zu einem Stichwort drei Übersetzungsvorschläge bietet, ohne zwischen ihnen zu differenzieren, dann stimmt tatsächlich etwas nicht. Oder vielmehr: Das ist das Niveau einer kumulativen Synonymik, die darauf vertraut, daß man die Sprache bereits beherrscht und nur an die Wörter erinnert werden muß, die einem grad nicht einfallen, deren unterschiedliche Bedeutungen man aber kennt. Manchmal hilft das, aber irgendwo sollten auch die Unterschiede erklärt werden. Das ist die distinktive Synonymik – mein eigentliches Arbeitsgebiet, bevor mich die Rechtschreibreform vorübergehend davon abbrachte.
Vor einer halben Stunde habe ich gerade darüber nachgedacht, was eigentlich der Unterschied ist zwischen „Das meine ich nicht“ und „So meine ich es nicht“.
Und was Herrn Lachenmann betrifft: So meint er es nicht, aber was er meint, ist in der Tat nicht immer ganz klar. (Dies wird sogleich wieder einen Schüttelreim hervorrufen. Mich stört es nicht.)

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Wolfgang Wrase
21.03.2001 16.47
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Boah, ist das lustig!

Wenn man nun einmal anschaut, wie sich dieser so toll aufgezogene „Faden“ entwickelt bzw. vor sich hin dämmert, möchte ich noch einmal fragen: Was soll das eigentlich? Das betrifft zum einen das Anliegen, das ich an anderer Stelle gerade formuliert habe: Brauchen wir für alles und jedes einen neuen Faden? Ich finde das Ganze inzwischen schon verdammt unübersichtlich. Ich möchte ganz allgemein an die Disziplin der Teilnehmen appellieren, damit wir in einem halben Jahr nicht von 70 auf 150 „Diskussionen“ hypertrophiert sind. (Vielleicht gibt es für dieses Problem ja auch eine andere Lösung.)

Zum anderen, jetzt ehrlich, finde ich die dreifach dick aufgetragenen Kalauer von Herrn Lachenmann allmählich ziemlich lästig und ärgerlich. Mir geht es so, daß ich den Possen-Weltmeister jedenfalls nicht mehr ernst nehme, wenn er dann zur Abwechslung wieder flammende Appelle an Professor Ickler richtet, ihn dann wieder durch den Kakao zieht („Outing: Fickler!“ usw.), dann beleidigt tut, weil Professor Ickler angeblich nie (nein, wie arrogant, gar nie!!) auf seine, Lachenmanns, großartige Erkenntis eingeht, daß das Wörterbuch überhaupt nichts tauge, überhaupt Professor Ickler so behandelt, als sei das ein dummer, ideologisch abgehobener Theoretiker; und hier nicht nur freiwillig den frechen Hofnarren spielt, sozusagen den Lars Kerner der Reformkritiker, sondern die ganze Auseinandersetzung immer wieder auf die Ebene der Beziehungsdiskussion in einer übersensiblen Psychogruppe zieht.

Ich finde das allmählich überhaupt nicht mehr komisch, sondern sehe darin eine überzogene Selbstdarstellung am Werk, was man ja zum Beispiel daran sieht, daß Lars Kerner völlig zu Recht sagen kann: Ihr seid doch eine verrückte Truppe, da macht Professor Ickler ein Wörterbuch, das nicht einmal seine angeblich besten Mitstreiter ernst nehmen. Daß das Wörterbuch Herrn Riebe und Herrn Lachenmann nicht gefalle, hat Lars Kerner (sogar eher vorsichtig) gesagt, und das stimmt ja wohl – noch einmal bestätigt in dem wenig überzeugenden Dementi von Herrn Lachenmann: Das will doch keiner haben, das braucht niemand! Ist zwar ein völlig unbrauchbares Wörterbuch, aber für das Konzept bin ich trotzdem!

Ich schlage Herrn Lachenmann noch einmal vor, sich ein wenig Gedanken über die Konsequenzen seiner Idee zu machen, bevor er wieder einmal mit Gewißheit hinausposaunt, daß Professor Ickler auf dem falschen Dampfer sei, oder es sich schon einmal im Vorgriff als persönliches Verdienst anzurechnen, wenn in der nächsten Auflage des Wörterbuchs noch mehr Differenzierungen enthalten sind, nach dem Motto: „Hat also Professor Ickler doch eingesehen, daß ich recht habe! Es war ja so mühsam, ihn zu überzeugen; er ist eben zu stolz, eigene Irrtümer einzugestehen! Aber was bin ich doch großzügig, wenn ich ihn so tun lasse, als sei er selbst auf die Notwendigkeit eindeutiger Hinweise im Wörterbuch gekommen.“ Einen solchen allzu vorlauten Tonfall kann ich auch nicht als angemessen empfinden, wenn sich Herr Lachenmann durch ausgiebigste Blödeleien gewissermaßen selbst als ernstzunehmender Diskussionspartner in Frage stellt (Motto: „Wer so witzig ist, darf auch seine Narrenfreiheit nutzen, um so richtig unverschämt zu sein“).

Also, Herr Lachenmann: Wir wissen jetzt, daß Sie in der Lage sind, in jedem Satz drei, vier ganz toll witzige Späße zu machen. Das brauchen Sie nicht mehr zu beweisen. Auch daß es Ihnen gelingt, sogar zu „Walters Psyche“ oder „Wogen legen“ einen passenden Schüttelreim zu finden: toll, ganz prima! Das erkennen wir an. Vielleicht könnten Sie sich aber einmal entscheiden, ob Sie nun eigentlich ernst genommen werden wollen oder nicht – mir fällt das jedenfalls mittlerweile ziemlich schwer. Der „Kleintierzoo“ hat mir jedenfalls nichts gebracht.

Nun noch ein Hinweis zur Sache – es sind im übrigen schon viele Antworten auf Ihr Anliegen gegeben worden, daß das Wörterbuch überall eindeutige Angaben enthalten solle: Diese Forderung ist ungefähr so intelligent durchdacht wie die Forderung, in einem Fremdsprachenlexikon, z. B. Englisch-Deutsch, müsse zu jedem deutschen Wort möglichst genau eine englische Entsprechung stehen (und umgekehrt), und wenn mehrere, dann müßte immer angegeben sein, worin genau der Unterschied besteht, denn sonst wisse der bedürftige Leser nicht, welche der angebotenen Übersetzungen er nehmen soll. Nun lese ich zum Beispiel in meinem Langenscheidt (ein beliebiges Beispiel von zehntausend): bestreitbar – open to question, contestable, disputable. Ja, was soll ich denn jetzt nehmen? Drei Möglichkeiten, einfach mit Komma! Soll ich meinen Langenscheidt wegwerfen, weil ich den nicht brauchen kann, wie Sie meinen?

Vielleicht haben Sie einfach noch nicht darüber nachgedacht (obwohl hier ständig darüber diskutiert wird), daß es auch bei der Rechtschreibung so sein könnte, daß man einen Ausdruck auf zwei oder drei verschiedene Schreibweisen zu Papier bringen kann, so daß diese zwei oder drei Schreibweisen tatsächlich häufig vorkommen und es absurd wäre, so wie der Duden willkürlich eine davon als allein richtig (oder als eindeutig am besten) zu kennzeichnen; oder wobei es absurd aufwendig wäre, die minimalen und dennoch komplexen, von Fall zu Fall unterschiedlichen Motive der differenzierten Schreibweisen jedesmal „eindeutig“ erläuternd zu identifizieren.

Darin, pathetische Forderungen aufzustellen, ohne sie selbst ein wenig durchdacht zu haben, gleichen Sie den Reformern, die Sie bekämpfen wollen. Oder haben Sie schon auf die mehrfach geäußerte Bitte von Professor Ickler geantwortet, daß die Kritiker doch wenigstens an einem einzigen Fall – gutgehen/gut gehen – demonstrieren möchten, wie sie dies „eindeutig“ regeln wollen und mit welcher Begründung?

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Stephanus Peil
11.03.2001 20.36
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Lachenmann - der Name ist Programm

Früher mußte ich mich schieflachen über Heinz Erhardt. Schade, daß es ihn nicht mehr gibt. Wir haben aber einen würdigen Nachfolger auf dieser Netzseite: Walter Lachenmann. Charakterisierte und karikierte er nicht herzerquickend die Personen seines Kleintierzoos? Köstlich! Da muß doch selbst der Zoowärter schmunzeln.

Herr Ickler hat schon manchen als scharfsinnigen Beobachter gelobt. Ich weiß nicht, ob Walter dabei war. Wenn nicht, gehört er für mich in diesen durchlauchten Kreis. Er hat überdies die Fähigkeit, uns die Wahrheit wie ein Till Eulenspiegel auf seine humorvolle Art vor die Augen zu halten. Durch das Strapazieren der Lachmuskeln weitet er unseren engen Blickwinkel. Die Verbissenheit weicht. Die knochentrockene Diskussion wird aufgelockert. Wer keinen Spaß versteht, braucht ja seine Beiträge nicht zu lesen.

Ist es nicht schon traurig genug, wenn unsere paar Leutchen nichts mehr gegen die RSR ausrichten können? Jetzt zerfleischen sie sich obendrein selbst auf diesen Seiten. Da kommt doch Walldi gerade recht. Ohne ihn fehlte das Salz in der Suppe. Ich möchte seine Glossen nicht mehr missen. Lachen ist gesund. Laß uns weiter lachen, Mann!

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Thomas Paulwitz
11.03.2001 16.10
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Und was ist mit dem Zoooloogen?

Will denn niemand aus diesem Stall auch über den Zoooloogen (was kreucht und fleucht denn da?) eine Bestimmungshilfe schreiben? Der Zoooloog hätt's verdient. Wie wär's mit Noos als Psychooloog?

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Wolfgang Wrase
09.03.2001 02.34
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Was soll das eigentlich?

Walter Lachenmann,

ein Mann mit unschlagbarem Wortwitz und großer Geisteskraft, der zwischen Ernst und Humor in spielerischer Weise und unvermittelt hin und her springt, so daß man auch seine erwachsener daherkommenden Beiträge oft nicht ganz ernst nehmen kann und andererseits nicht weiß, ob sich in den Blödel-Beiträgen ein ernsthaftes Anliegen verbirgt – denn warum sollten sie sonst so ausführlich formuliert werden oder gar einen eigenen Diskussionsstrang eröffnen?

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Walter Lachenmann
08.03.2001 21.08
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Mein Zeintierklo

Mein Kleintierzoo

Ickler, Vorführkarnickel, auch schon als Zickler nachgewiesen, seit seinem neuesten Outing »fertig ist der kleine Klaus« auch Fickler. Der Mann baut sich eine wunderschöne Sandburg und dann pinkelt er drüber und wundert sich, daß die Burg putt ist.

Was machste da? Rette mich vor meinen Freunden, mit meinen Feinden komme ich allein klar, hat mal ein bedeutender Mensch gesagt.

Ich kenne inzwischen mehrere Rechtschreib- bzw. Schulpolitik-Märtyrer mit gravierenden psychischen und echt pathischen Befunden:

Wrase: Leidet unter dem Zwang, Sprachkrampfiges so hinkorrigieren zu müssen, daß es sprachkrampfig ist, was seiner ästhetischen Sprachseele Leiden zufügt, die existenzielle Konflikte nach sich ziehen. Ist nur über aktive Seelsorge einigermaßen über Wasser zu halten.

Schäbler: Hat sich vom Schuldienst mit ärztlichem Befund dispensieren lassen, könnte noch über ein Jahrzehnt die Kinder mit seiner liebevollen und klugen Lebensweisheit und seinem Wissen ins Leben führen, als leidenschaftlicher Pädagoge. Er bringt es nicht mehr hin, hockt zuhause und labert mit seinem PC und mir herum, teilweise absoluten Stuß, aber mit Herzblut und unerschöpflichem Gestaltungswillen.

Forster: Geht immerhin noch in die Schule, was phantastisch ist, denn es geht ja um die Kinder, die die besten Lehrer verdienen, die wir haben, und der Peter ist so einer (auch wenn er mir das Du verweigert hat, der Blödmann), muß das aber nicht mehr lange, vielleicht kann er es deshalb ertragen. Schreibt sich die Tastaturen kaputt mit wahrhaft paulinischen Sendschreiben an völlig doofe und desinteressierte Adressaten in Schulämtern und Ministerien, die eigentlich umgenannt werden sollten in Finisterien.

Genzmann: Ein ganz besonders interessanter Fall, hat mich zu Tränen gerührt. Ich weiß noch zu wenig über ihn. Er hockt deprimiert zuhause, ist unheimlich klug und sensibel, hat Humor und eine Marotte: er zählt Buchstaben! Den mag ich besonders! Könnte noch einige Jahre dem Staate was bieten für das Geld, das er als Frühpensionierter von ihm kriegt, und die Kinder Weisheiten lehren, von denen Eure Schulweisheit nicht träumt.

Peil: Ein Neuzugang in meiner kleinen butzenscheibigen Zirbelholzwohnküche. Ein Mann mit Leidenschaft für's Anständige, der es ebenfalls nicht fertigzubringen scheint, den Kindern nicht nur obrigkeitsstaatlich verordnetes Dummdeutsch sondern zugleich auch die damit verordnete obrigkeitsstaatliche Anpassungsgesinnung zu vermitteln. Ist Frühpensionär, ist Klein-LKW-Fahrer geworden, auch für Sozialdienste. Schade, daß die Kinder auf ihn verzichten müssen.

Kuddel: Weiß zu wenig über ihn. Ist jedenfalls gegen die Neuen. Hat viel Humor, spinnt irgendwie mit Atlantis herum, bringt mich immer wieder zu beglückendem Lachen. Die Gitarre und das Meer haben ihn geprägt. Kriegt immer gern einen Steifen georg.

Riebe: Ein respektabler Mann. Der typische Don Quichotte. Immer gradeaus, auch wenn die Wege krumm sind. Vermutlich ohnehin in Rente. Ein Lehrer, der in der Erinnerung seiner Schüler einen Vorzugsplatz einnimmt. Ich hatte solche.

Hab ich einen ausgelassen? Ich bin gerührt. Ich habe mit Lehrern nix zu tun, war als Schulkind deren Opfer und natürlicher Gegner. Und nun lieben mich so viele von ihnen – wessen die Jugend entbehrt, dessen hat das Alter die Fülle, so irgendwie gibt es einen Speibelbruch.

Menschenskinder! Fast hätte ich mein Paulchen vergessen! Einer meiner ganz frühen Pfreunde. Der hat es auch mit der Gitarre. Paulchen habe ich ins Herz geschlossen. Er läuft noch ein bißchen neben der Spur, dort wo es zu braun ist, aber das kann noch werden, für einen richtigen Repp ist er nicht bescheuert genug. Ein tragisches Rechtschreibschicksal scheint er bislang nicht zu haben, es könnte ihm aber ein Rechtsschreibschicksal blühen, wenn er nicht bald zur Räson kommt.

Was ganz anderes. Ich schreibe schon immer und spreche so und bestehe darauf: brilliant. Nicht etwa weil mein Paulchen brilliant wäre, komme ich darauf, sondern wegen der Räson. Da wollte ich schon Raison schreiben, kam dann aber zur Räson. Das nur nebenbei.

.[Geändert durch Walter Lachenmann am 10.03.2001, 08:20]
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Walter Lachenmann

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