Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Forum - Abschiedsbrief an Stephanus
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Abschiedsbrief an Stephanus
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Reinhard Markner
12.03.2001 18.20
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Pfui Teufel (s. a. Deibel),
deutsche Grammatik, da müssen Sie mir ja Geld für zahlen. Schlimm genug, daß ich schon eine lateinische und zwei spanische Grammatiken hier rumstehen habe.

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Theodor Ickler
12.03.2001 16.23
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Antiquarisches

Nach über vier Jahrzehnten Schnäppchenjagd weiß ich natürlich, daß es Antiquariate gibt. In Berlin und München war ich besser damit versorgt als hier in Erlangen. Als Student bin ich manchmal von Marburg nach Frankfurt gefahren, wo es einen Laden gab, der Bücher aus Nachlässen usw. sozusagen nach Gewicht verkaufte. Blatz' deutsche Grammatik für 10 Mark, später wurde sie nachgedruckt zu prohibitiven Preisen. Das erzähle ich natürlich nur, um Sie neidisch zu machen, lieber Herr Markner.

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Reinhard Markner
12.03.2001 14.42
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Lieber Herr Ickler,

ich habe die Trübner-Anekdote natürlich nur erzählt, damit Sie vor Neid erblassen ! Leider war es das einzige Exemplar. Aber wenn man die vier Bände schon für 150 Mark bekommen kann (ich hätte gedacht, noch mehr Geld gespart zu haben), werden Sie sich die Anschaffung wohl auch leisten können. Aber passen Sie auf, daß Ihnen Herr Lachenmann nicht zuvorkommt !

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Walter Lachenmann
12.03.2001 05.54
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Die Sache

Lieber Herr Markner,

meine Vorstellung eines »Volkswörterbuches« müßte tatsächlich erst entwickelt werden und ist gewiß nicht so völlig abwegig. Da es heute kaum noch Kaminfeuer und vorlesende Väter gibt, paßt das Bild, das Sie von den Grimms anführen, allerdings nicht, das ist wahr. Aber es gibt ja andere Formen, wie man sich mit Büchern beschäftigen kann, zum Beispiel unendliches Schmökern, wie das bei Nachschlagewerken schon immer besonders faszinierend sein konnte, ähnlich wie heute das »Surfen« in unserem geliebten WebWebWeb.
Es hat aber nicht viel Sinn, daß ich mir das ausmale, denn ohne Experten kann das natürlich nicht gemacht werden.
Das Trübnersche Wörterbuch würde mich auch interessieren. Falls Sie es nicht schon wissen: unter http://www.zvab.com kommen Sie auf die Seite des Zentralen Verzeichnisses Antiquarischer Bücher, das ist eine unendliche Fundgrube für antiquarische Bücher, die Sie dort auch gleich bestellen können. Das funktioniert wunderbar. Sie haben viel Geld gespart: Das Trübnersche Wörterbuch wird (Bände 1 bis 4) um Ø DM 150,00 angeboten. Vielleicht freut sich auch Herr Ickler über diese Nachricht.

Vielleicht ist eine falsche Vermutung entstanden durch gewisse Ideen, die ich hier vorgebracht habe. Ich habe nicht den geringsten Ehrgeiz, im Zusammenhang mit der Rechtschreibreform oder einem damit zusammenhängenden Buchprodukt oder einer Werbeaktion persönlich oder als Verleger aktiv zu werden. Profilierungsbedürfnis in dieser Hinsicht habe ich wirklich nicht, auch nur begrenzt Zeit, und als Einzelperson letztlich nicht die Kapazität, die für ein wirklich effektives Wirken notwendig wäre.

Mir geht es um die »Sache«, und erfreulicherweise erhalte ich immer wieder Rückmeldungen, daß dies auch so verstanden wird.

Aber auch Herr Ickler schreibt: »Ich werde mich weiterhin zurückhalten, wo es nicht um die Sache geht, d.h. um orthographische Fragen«. Nun hatte ich gedacht, auf den Seiten »rechtschreibreform.com« ginge es um die Rechtschreibreform. Und ich hatte auch gedacht, dies sei hier ein Forum wo man über diese diskutiert und darüber, wie man etwas dagegen tun kann. Bei einer solchen Diskussion sollte es eigentlich nicht verwunderlich sein, wenn unterschiedliche Vorstellungen dargestellt werden, man sollte sich eigentlich darüber freuen. Nun macht man sich aber offensichtlich nicht so recht beliebt und gibt sich als unqualifizierter Zeitgenosse eine Blöße nach der andern, wenn man Gedanken äußert, die zu einer bereits bestehenden Vorstellung nicht so ganz zu passen scheinen (wobei das noch die Frage wäre).

Kurzum, nachdem dies klar ist, kann ich ja wieder einen meiner zahlreichen Abschiede nehmen, was umso leichter fällt, als ich demnächst für einige Zeit in Urlaub fahre.

Stephanus Peil danke ich noch für seinen freundlichen Beitrag zu meinem Kleintierzoo. Er hat mich sehr überrascht und natürlich gefreut, denn wir kennen uns ja eigentlich (noch) gar nicht.[Geändert durch Walter Lachenmann am 13.03.2001, 08:19]
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Walter Lachenmann

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Theodor Ickler
12.03.2001 04.18
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Verbesserungen

Lieber Herr Markner,
wie ich Sie um den Trübner beneide! Hat Ihr Buchhändler vielleicht noch einen?
Die Aufforderung, mir Korrektur-und Ergänzungsvorschläge zu schicken, kann ich nur noch einmal von Herzen unterstützen. Meistens genügt eine Mail, während wir hier in aller Öffentlichkeit besser nur die Grundsatzfragen der Neugestaltung erörtern sollten. Natürlich erfordert es eine gewisse Selbstlosigkeit, ein fremdes Werk in dieser Weise mitzugestalten. Ich hatte ja meinen verehrten Verleger zu überreden versucht, meinen Namen überhaupt wegzulassen, aber dazu war er nicht bereit. Er meint, daß der Name durch die Diskussion der letzten Jahre für eine bestimmte Position stehe und insofern den potentiellen Käufern schon etwas sage. Ich habe nachgegeben.
Aber in der Neubearbeitung werden die anderen Beiträger mit einer eigenen Ehrentafel bedacht!
__________________
Th. Ickler

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Reinhard Markner
12.03.2001 00.59
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Lieber Herr Lachenmann,

ich komme mit Ihrer Vorstellung von »Volkswörterbuch« nicht ganz klar. Ein Wörterbuch, aus dem der Vater abends am Kaminfeuer vorliest, wie die Grimms sich das vorgestellt haben ?
Heute habe ich die Bände 1--4 des Trübnerschen Wörterbuchs von Alfred Götze antiquarisch erworben. Darin kann man trefflich schmökern. (In der Vorrede heißt es : »Auch Wortgeschichten müssen gut erzählt sein, wenn man sie gern lesen soll.«) Ein in mancher Hinsicht dem grausigen »Grimm« überlegenes Werk : einem klaren, einheitlichen Konzept folgend, vorbildlichst gesetzt (nicht verschwommen faksimiliert), in ordentlicher Orthographie, nicht in jener Pippi-Langstrumpf- Variante der Gebrüder G., summa summarum, wenn man nicht gerade unter »Jude« nachschlägt (der betreffende Band ist von 1943), eine lohnende Lektüre. Aber was sagte mir der Antiquar ? »Endlich, ich dachte schon, es sei ein Fehler gewesen, das anzukaufen.« Die Bände (zus. 2300 S. in 4°) kosteten knapp 70 Mark. Sie sind noch unaufgeschnitten, gewissermaßen verlagsfrisch. Ein Volk von Wörterbuchlesern werden die Deutschen wohl nie werden.
Der »Ickler« muß zunächst einmal in jeder Hinsicht besser werden als der »Duden«, alle weiteren Ambitionen («Le Petit Icklèr») sind vorerst zurückzustellen. Konzeptionell ist der »Ickler« längst besser (und wesentliche Abstriche von dieser Konzeption zugunsten einer Sekretärinnen-Version sind nicht zielführend), der Regelteil ist auch schon sehr gut, aber das Wörterverzeichnis selbst kann noch viel gewinnen. Ich habe unter dem Titel »Revision« ein paar Proben dessen vorgestellt, was ich Herrn Ickler in loser und chaotischer Folge von Zeit zu Zeit übermittelt habe. Ich hoffe sehr, daß das zur Nachahmung anregt.
Wenn die Neubearbeitung vorliegt, kann Herr Schäbler dann die Verlagsvertretung übernehmen, von Buchhandlung zu Buchhandlung und von Marktplatz zu Marktplatz ziehen. Und Sie könnten zum Beispiel einen Werbeprospekt entwerfen. Wie wär's ?
[Geändert durch Reinhard Markner am 13.03.2001, 15:43]

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Thomas Paulwitz
11.03.2001 17.31
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Stimme Herrn Wrase völlig zu. Deswegen sollte das Wörterbuch so schnell wie möglich ins Netz, damit viele daran arbeiten können. Herr Pilch vom „Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur“ würde sicherlich Erfahrungen und Ressourcen zur Verfügung stellen.

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Theodor Ickler
11.03.2001 16.13
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Ja, da ist was dran. In meinem Wörterbuch stecken unzählige Einzelentscheidungen, die man beim Blättern kaum bemerken dürfte. Zum Beispiel liest wohl jeder über die Silbentrennung „Thid-rekssaga“ hinweg, weil ihm gar nicht in den Sinn kommt, daß es anders sein könnte. Und doch hat der Duden schon immer „Thi-drek“ getrennt (also gleichsam „Die-trich“).
Aber wichtiger als dieser Hinweis auf den Arbeitsaufwand ist natürlich das Grundsätzliche, die Konzeption. Und wer nicht so gern abstrakt diskutiert, kann ja am heißersehnten Mustereintrag zu „guttun“ klarmachen, wie er es haben will.

Übrigens amüsant, wie das mit der Technik jetzt funktioniert. Ich hatte bemerkt, daß außer mir Herr Wrase im Forum steckt, und ihm zwischendurch noch ein Mailchen geschickt, und dabei habe ich voller Vorfreude gerätselt, zu welchem Punkt er sich wohl gleich äußern dürfte ...

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Wolfgang Wrase
11.03.2001 16.00
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Lieber Herr Lachenmann,

Sie schwanken wieder einmal zwischen höchster Bewunderung und Verachtung sowie zwischen Resignation und flammendem Appell. Es ist nicht leicht, Ihre Intention klar zu erkennen, denke ich manchmal, und deshalb auch nicht leicht, darauf einzugehen. Ich möchte an dieser Stelle vor allem auf das hinweisen, was ich schon einmal erwähnte, nämlich den Arbeitsaufwand: Ein Volkswörterbuch schüttelt man nicht aus dem Ärmel!! Und man kann das auch nicht (ein einzelner Bearbeiter, als Nebenbeschäftigung) in ein, zwei Jahren machen. Etwas anderes ist das Thema Liberalität und Differenzierung. Das hat ebenfalls sehr viel mit dem Umfang und dem Arbeitsaufwand zu tun; aber hier müssen wir auch zur Kenntnis nehmen, daß der Verfasser schon selbst zu entscheiden hat, was für eine Art von Wörterbuch er machen will. Es ist jedenfalls leicht, die Klappe aufzureißen und ein paar strategische Parolen auszugeben oder marktbezogene Überlegungen anzustellen; angesichts der Kleinarbeit, die das Lexikonmachen in der Wirklichkeit bedeutet, sollte man doch grundsätzlich Respekt vor demjenigen aufbringen, der diese unglaublich mühselige Arbeit auf sich nimmt.

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Walter Lachenmann
10.03.2001 23.40
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Lieber Stephanus Peil,

einerseits stachelst Du mich unter der Schulbank auf, dem Herrn Lehrer den Marsch zu blasen, andererseits weisest Du mich vor der Klasse zurecht, ich soll nicht zu frech sein. Das finde ich hintertückisch.

Wiederum ganz andererseits bist Du zum Herrn Lehrer noch viel frecher und sagst ihm, er kann Dich am Arsch lecken mit seinem doofen Wörterbuch. Das wiederum hat mir einerseits gefallen, andererseits ist es schade, denn so ganz allein habe ich keine Lust, hier immer den scherzkeksigen Stänkerer zu mimen, und da hätte es mir schon gefallen, wenn sich eine Fraktion gebildet hätte, die dem Ickler am Zeuge flickt. Und zwar nicht immer so blödelnd, sondern mit Schmackes. Der Riebe ist ja viel zu verbiestert und verrennt sich zu schnell in Gestrüpp, wo der Ickler mit dem Zeigefinger auf ihn zeigen kann und lachen.

Nun geht es ja eigentlich nicht um Mannschaftskämpfe gegen Ickler oder sonstwen. Im Gegenteil. Man müßte sich einfach einmal darüber klar werden, wie die Situation ist. Und daß dieses Internetspiel hier einfach lächerlich ist. Da wird die Neue Rechtschreibung einem Volk von ich weiß nicht – 80 Millionen – übergestülpt, von denen das Thema den allermeisten völlig egal ist. Immerhin gibt es, lt. Zeitungsumfragen, eine gewaltige Menge an Reformgegnern. Darunter sind namhafte Leute: Schriftsteller, Akademiedirektoren, Sprachwissenschaftler, Persönlichkeiten des Kulturlebens. Wo sind die? Wo sind Denk, Munske, die frustrierten Sprachwissenschaftler und Lehrer, mir fallen die Namen so schnell gar nicht ein: Reich-Ranicki, Grass, Lenz, all die Autoren und Verleger, wo ist ein Vertreter der FAZ – ich arbeite für die Bayerische Akademie der Schönen Künste, die sind alle dagegen! Keiner ist hier vertreten oder fällt sonst öffentlich durch ein Engagement in dieser Angelegenheit auf – die ganze Latte der Leute, die man in den Anzeigen lesen konnte – : und auf der Rechtschreibreform-Seite scharen sich gerade mal eine Handvoll Hanseln um einen einzigen Protagonisten der Reformgegnerschaft, einen sehr kompetenten und klugen zwar, von dem enttäuscht zu werden gar nicht lustig ist, und kabbeln sich untereinander und lassen sich von dem Meister belehren, daß sie zwar als Gegner der Reform insoweit schon in Ordnung aber im Grunde halt doch völlig auf dem falschen Dampfer sind. Und dann will er wieder ein ganz prima Professor sein, einer zum Anfassen, der mit seinen Studenten ganz locker und unprofessoral rumdiskutiert. Nur – auf Fragen, die er nicht mag, da antwortet er nicht. Oder er unterstellt lieber Meinungen oder verwerfliche Haltungen, auf die er eine Antwort schon hat.

Es ist schade, wenn Du Dich verabschiedest. Ich habe mich hier etwa 329mal verabschiedet, jedenfalls nach jedem Beitrag, den ich schrieb. Na, dann ist die Zahl viel zu hoch, aber Du weißt, was ich meine.

Was hier getrieben wird ist – man muß das klar sehen – völlig sinnlos. So sinnlos wie es ist, Leuten Brandbriefe zu schicken, man verbäte sich Zuschriften in Neuer Orthographie. Das ist Kasperlestheater.

Hier werden Chancen verspielt. Es ist Geld da gewesen für eine sicherlich teuere Anzeigenkampagne. Eine Viertel bis halbe Million kostet so etwas schnell. Dann ist Geld da für ein alternatives Wörterbuch. Dieses Wörterbuch ist, nach dem Willen des Autor selbst, gar nicht dafür gedacht, dem neuen DUDEN eine Alternative gegenüberzustellen. Es ist gar nicht gedacht für die Sekretärin, den Schreiner, den Lehrer, den Schüler, den Autor, den Verleger, den Verlagslektor – für all die Leute, die bisher im Duden nachgeschlagen haben, wenn sie sich neben ihrer Arbeit schnell über eine Schreibweise informieren wollten, und die man dafür hätte gewinnen können mit so viel Geldmitteln, den doofen Reformduden zu vergessen und sich stattdessen lieber in einem VOLKSWÖRTERBUCH über die gute, traditionelle Rechtschreibung zu informieren und sich nach ihr zu richten.

»Nein, nein und nochmals nein.«

Die Menschen sind alle falsch programmiert. Und wir machen ein Rechtschreibwörterbuch für richtig programmierte Menschen. Der Verkauf, die Verbreitung dieses Wörterbuches lassen zu wünschen übrig, die Wirkung in der Sprachgemeinschaft ist gleich Null, trotz MANUFACTUM. Denn außer einem, der heißt Theodor Ickler, gibt es vorläufig keinen solchen, richtig programmierten, Menschen. Und auch der gerät sympathischerweise immer wieder in Zweifel über sein Tun. Überhaupt – sympathisch ist der Mann und sein Anliegen und sein Ansatz, und lohnenswert und lobenswert sein Tun. Er verdient jeden denkbaren Beifall und seine Sache jede denkbare Unterstützung, denn sie ist geeignet, das Denk- und Sprachvermögen der Menschen wachzurütteln und mit Leben zu erfüllen, phantastisch ist das insoweit, ganz im Ernst.

Aber jetzt wäre, um in der ganz aktuellen und hochnotpeinlichen Situation wirksam zu werden, etwas anderes viel wichtiger. Nämlich ein Engagement für die Pflege der gewachsenen Sprache, die durch die Reform so scheußlich beschädigt wird, was viele, auch solche, die mit der Sprache nicht so bewußt und intensiv umgehen wie wir Linguisten, Lehrer und Buchmenschen, sehr empfindlich spüren. Noch ist dieser Widerwille im »Volk« virulent, er könnte aufgegriffen werden für eine alternative »Bewegung«, die – ohne schon die perfektionistische Bewußtseinshaltung eines einzelnen Sprachtheoretikers (über die es sicherlich vieles im Detail auch kontrovers zu diskutieren gäbe) in der Sprach- und Schreibpraxis umsetzen zu wollen – jedenfalls dem Talibanismus der neuen DUDEN- und Rechtschreibverordnung aktiv entgegentreten könnte. Das allererste, was man diesen Menschen anbieten sollte, wäre ein von jeglicher Ideologie freies VOLKSWÖRTERBUCH.

Ein kluger Ideologe würde in dieses Wörterbuch seine Ideologie (ich persönlich, das ist zwar aufs Ganze gesehen unwichtig, finde sie sehr interessant und kann mich für sie begeistern) so hineinwirken, daß die Nutzer es gar nicht mit ihrem Bewußtsein merken, sondern eher halb bewußt – durch den Umgang mit diesem Buch – diese Haltung übernehmen, vielleicht nennt man so etwas Behaviourismus? Da kennt sich unser Autor besser aus als ich. So etwas hat mit Pädagogik zu tun, das geht nicht per Manifest oder Verordnung oder Belehrung, wie wir sie hier alle immer wieder, andachtsvoll und doch in unserer Unvollkommenheit verharrend, empfangen dürfen.

Und dieses Buch müßte ein so tolles Volksbuch sein, daß die Leute geradezu Freude daran haben, sich damit zu beschäftigen, darin zu schmökern, Dinge zu lernen, über die sie sich noch nie zuvor Gedanken gemacht hatten, eigene Sprach- und Schreibverhaltensmuster zu überprüfen und neu zu gestalten. So etwas kann man machen, und die Situation wäre so günstig jetzt, denn eine Sensibilisierung für Sprache und Schreibung ist durch die Diskussionen um die Reform, um das »Denglisch« und vor allem durch die allgemeine Verunsicherung in Sachen Sprache und Schreiben auf eine Weise gegeben, wie zuvor in Jahrzehnten oder Jahrhunderten vielleicht nicht.

Und dann müßte natürlich geworben werden, nicht nur für das Buch, sondern für die Vorstellung von Sprache und Schreiben, die dahinter steht. Wenn so viele Menschen gegen die neue Rechtschreibung sind, wie glaubhaft beteuert wird, dann sind da auch Leute mit Geld dabei, Industrielle mit Kultur, so etwas gibt es, und die müßte und könnte man sicherlich für diese Sache gewinnen. So viele Millionen bräuchte man da erstmal ja gar nicht.

Daß all dieses nicht passiert, ist kein Ruhmesblatt für die deutsche Intellektualität und für den kulturellen Ehrgeiz der gegenwärtigen Bildungselite. Sicherlich ist die Macht der Politik und der Medien erdrückend. Aber wo ist der Wille zur Alternative? Das rührende Diskutiergrüppchen um Herrn Ickler kann's wohl nicht sein.

Hoffen wir auf die regulative Kraft des Faktischen. Vernunft und Sinnorientierung setzen sich langfristig immer wieder durch, auch wenn es zwischendurch lange Durststrecken gibt, die an dieser Behauptung berechtigte Zweifel aufkommen lassen.

Und hoffen wir nicht darauf, daß dieser Aspekt der Diskussion von unseren Freunden sonderlich tiefgründig diskutiert werden oder aus einer solchen Diskussion gar entscheidende Ereignisse und Initiativen hervorgehen werden. Hier geht es um Lemmatisierungsfragen, und vielleicht noch darum, sich über die komischen Auswüchse der Reform zu alterieren.

Ist das zielführend?

Ich hoffe, dies ist nicht unser letztes Wort.

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__________________
Walter Lachenmann

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