Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Forum - Vorzüge der neuen Rechtschreibung
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Vorzüge der neuen Rechtschreibung
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Christoph Kukulies
27.07.2001 08.18
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Re: Lieber Uwe!

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa

....
Das Verfassungsgericht hat in seinem Urteil zum Ausdruck gebracht, daß in Schulen eigentlich solche Kulturtechniken unterrichtet werden sollten, von deren allgemeiner Gebräuchlichkeit ausgegangen werden kann, damit die Lehre sich nicht auf eine andere Welt bezieht als die reale. Die Reformbetreiber strickten sich daraus folgende Begründung ihres Tuns: Da künftig die reformierte Rechtschreibung die Norm sein wird, müssen wir diese auch den Schülern beibringen. Wenn man betrachtet, daß sogar die Presse vorgibt, widerwillig, aber eben halt aus Rücksicht auf die Schulkinder umgestellt zu haben, die nicht mit einer Sonderschreibung alleingelassen werden sollten, ergibt sich, daß hier in Wahrheit nicht die Schule sich an eine bereits gegebene Entwicklung anpaßt, sondern umgekehrt die Entwicklung überhaupt erst durch die Schule gegeben ist, sich also tatsächlich der ganze Rest an die Schule anpassen soll. Das bedeutet im Endeffekt ein gesamtgesellschaftliches kulturelles Diktat durch Kultusminister(ien), die sich über die nicht verfassungskonforme Institution der KMK außerhalb der staatlichen Ordnung befinden, demokratischer Kontrolle praktisch entzogen. Die Ereignisse beweisen, daß es sich hierbei um mehr als bloß hypothetische Strukturtheorie handelt. In Zeiten, in denen die Erziehung des Nachwuchses immer mehr an staatliche Einrichtungen und den Fernseher bzw. die mehr oder weniger kommerziellen Medien delegiert wird, läßt sich absehen, daß die Wertebildung bei Kindern und Jugendlichen immer mehr zwischen Medienkommerz (naive Trendgläubigkeit, wie sie die Werbestrategen der Konsumindustrie am liebsten haben), Internet (Medienkommerz plus Anarchie) und demokratisch unkontrollierter KMK-Doktrin pendeln und so die Gesellschaft von morgen intensiv prägen wird. Ist das wünschenswert? Am Ablauf der Umsetzung der Rechtschreibreform zeigt sich, wie berechtigt solche Befürchtungen sind. Schulkinder bekommen unrichtige Fakten geradezu eingeflößt („rauhe“ in etwa „der rauhe Winter“ wird als angeblich "überholt“ markiert, obwohl die Mehrzahl der Sprachgemeinschaft es so schreibt; die bewährte Rechtschreibung wird als veraltet dargestellt, die neue sei dagegen „entrümpelt“, „logischer“, famos vereinfacht und natürlich hochmodern, was ja alles so nicht stimmt). Weil die Schulpolitik zu feige zum Eingeständnis von Fehlern ist, weil es ihr egal ist oder weil sie es sogar ausdrücklich will, wer weiß? Pädagogisch katastrophal ist jede dieser Möglichkeiten.

...



Hat eigentlich jemand einmal erwogen, eine neuerliche Verfassungsklage anzustrengen, auf Grund dieser Verkehrung
von Ursache und Wirkung sowie gegen die in der Verfassung nicht verankerte Rolle der KMK? Oder die Grundsatzfrage, ob der Staat überhaupt eine Sprachnorm dekretieren darf und wenn, ob er sie dann vorbei am bisherigen Sprachusus
vorschreiben darf.

Das bisherige Verfassungsgerichtsurteil bestätigt ja nur die
Rechtmäßigkeit der Unterrichtung der RSR an den Schulen, wenn ich das richtig erinnere.

Haben die Gegner die Hoffnung, auf dem Wege der Verfassungsklage der RSR beizukommen, vollständig aufgegeben?

– geändert durch Christoph Kukulies am 28.07.2001, 17:32 –
__________________
Christoph Kukulies

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Theodor Ickler
27.07.2001 02.59
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Wie gesagt

lehne ich für meine Person Anonymität ab, sehe aber ein, daß der Schutz vor Datensammlern ein gutes Argument ist. Ich lösche fast täglich E-Mails, ohne sie geöffnet zu haben, weil ich den Absender nicht kenne. Meine Adresse hat er wahrscheinlich hier gefunden.
Wie ich schon oft bewiesen habe, diskutiere ich auch mit anonymen Partnern, allerdings ist es mir nicht so angenehm.

Täusche ich mich, oder sind im allgemeinen die Argumente der offen auftretenden Partner besser? Melsa, Dörner, Wrase, Lachenmann, Riebe und all die anderen – sie beeindrucken mich mehr und fordern mich auch mehr. (Ausnahmen seien gern zugestanden.) Wenn ich in fremde Diskussionsforen gerate, stoße ich fast immer auf ein haltloses anonymes Gequassel. Nix wie weg!
__________________
Th. Ickler

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Jan
26.07.2001 22.53
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Anonymität im Internet

1.) Grundlegende Errungenschaft unserer Demokratie sind geheime Wahlen. Heißt das, daß alle Wähler, die ihre Wahlentscheidung nicht bewußt öffentlich bekanntgeben, feige sind?

2.) Die besonderen Gegebenheiten des Internets machen es sinnvoll, unter Pseudonymen aufzutreten. Das Internet ist ein Medium mit vollkommen neuen Eigenschaften, so daß die ständige Offenlegung von Anschrift und Telefonnummer Gefahren birgt. Stellen Sie sich mal vor, in einem sehr brisanten Forum befinden sich tatsächliche Störenfriede (was ich von diesem Forum nicht gerade behaupten kann). Die Folgen der ungeschützten Offenlegung der Identität reichen von 1.)Werbeflut im eigenen Briefkasten, 2.)Telefonterror bis hin zu 3.) körperlichen Übergriffen/Gewaltakten.

Schon lange, bevor ich Internetzugang hatte, holte ich mir den Rat von Fachleuten ein. Ich hoffe, Sie schenken mal folgenden Fakten Beachtung:
1.) Das Internet ist ein Tummelplatz für Datensammler: Für Firmen, Institutionen, staatliche Organe u.s.w. kann man schnell zum „gläsernen User“ werden
2.) Es ist mit demokratischen Prinzipien nicht vereinbar, daß die Gefahr besteht, daß Dritte ohne meines Wissens Daten über mich sammeln. Somit ist die „Vermummung“ eine legitime Abwehrhaltung.
3.) Wenn dieses Forum innerhalb eines geschützten lokalen Netzwerkes stattfinden würde, hätte ich nicht die geringsten Probleme, persönliche Daten preiszugeben.
4.) Mit einzelnen Personen, zu denen ich ein gewisses Vertrauen aufgebaut habe, trat ich bisher zunächst in telefonischen Kontakt, danach fand ein Treffen statt. Bei beiderseitigem Interesse hätte ich nicht die geringsten Probleme damit, mich mit Ihnen zu treffen.
5.) Für mehr oder weniger öffentliche Personen, wie Sie es zweifellos auch sind, ist es sinnvoll, zumindest mit vollständigem Namen aufzutreten.
6.) Außer Ihnen hat in meiner 15monatigen Internetrepräsentanz noch nie jemand Anstoß an meiner „Vermummung“ genommen, geschweige denn den Begriff „Vermummung“ überhaupt verwendet.

Zum Partei-ergreifen für „Reformbefürworter“: In welcher Weise tat ich das? Bitte klären Sie mich auf.

Für mich gehört zu einer sinnvollen Diskussion, bei der ich andere von meinem Standpunkt überzeugen möchte, auch ein gewisses Maß an Diplomatie. Voraussetzung dafür ist die Fähigkeit, auf mein Gegenüber eingehen zu können und dessen Denkweise zu analysieren. Der „Gegner“ wird schnell merken, daß man ihn nicht radikal ablehnt, sondern bemüht ist, sich in seine Lage hineinzuversetzen.

Wenn sie dieses eben beschriebene Verhalten, das ich Uwe gegenüber an den Tag legte, als „Partei-ergreifen“ geißeln, sollten Sie sich ihre demokratischen Grundprinzipien noch mal durch den Kopf gehen lassen. „Entweder gehörst du zu mir oder zu denen! Überlege dir nochmal genau, was du eben gesagt hast!“ – mit solchen Nötigungen traten Agitatoren in vergangenen Diktaturen auf.

Für kurze, direkte Stellungnahmen bzw. Kommentare aller Forumsteilnehmer zu meinem Statement wäre ich sehr dankbar.
was meinen Sie,
-selbstverständlich Herr Riebe
-Herr Christian Melsa
-Herr Theodor Ickler
-Frau Ursula ...(ihren Nachnamen kann ich im Augenblick gerade nicht sehen bzw. habe ihn mir nicht gemerkt)
-Uwes Meinung kenne ich ja schon

mit freundlichen Grüßen,
Ihr rechtschreibreformablehnender Störer



__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net

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Manfred Riebe
26.07.2001 20.26
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Daten von Politikern und anonymen Personen

Lieber Herr Melsa!

1. Wo habe ich die Anonymität von Gesprächsteilnehmern, deren Diskussionsmanieren sowie deren Fähigkeit schlüssigen Argumentierens und Verteidigung des eigenen Standpunkts in einen Topf geworfen?

2. Ich diskutiere auch in http://www.deutsche-sprachwelt.de mit und kann nur bestätigen, daß gerade durch das Zulassen pseudonymer Beiträge Texte geschrieben werden, die man unter Nennung des Namens oft sicher nicht oder nicht so schreiben würde. Wir leben ja nicht in einer Diktatur, in der man um sein Leben fürchten müßte, wenn man seinen Namen nennt. Wenn Ihnen das Beispiel einer Tafelrunde mit einem maskierten Gast nicht gefällt, dann stellen Sie sich eben vor, unter den Bundestagsabgeordneten säßen im Plenum maskierte Mitglieder des Ku-Klux-Clan. Ebenso wie ich ein solches Verhalten nicht achten könnte, sind anonyme Schreiber in meinen Augen verantwortungslos und feige. Leute, die in einer Demokratie ihre Identität nicht preisgeben, um ihr Unwesen treiben zu können, sind identitätsmäßig eigentlich Unpersonen, weil man sie nicht unmittelbar zur Rechenschaft und Verantwortung ziehen kann. Das ist ja der Sinn ihrer anonymen Agitation. Ich verweise auf mein Beispiel mit den Leserbriefen und dem TAZ-Forum, wonach Anonymität nicht mehr zugelassen wird, weil anonyme Personen sich außerhalb der öffentlichen oder privaten Ordnung bewegen.

3. Die Offenlegung der Daten des Herrn Schoebe hat nichts mit Bevormundung zu tun. Alle Daten des Gerhard Schoebe, auch seine Anschrift und Telefonnummer sind aus frei zugänglichen Quellen ermittelbar oder stehen wie in vorliegendem Fall im Telefonbuch. Dies hat mit Privatsphäre nichts zu tun. Wer sich öffentlich betätigt wie ein Politiker, muß bereit sein, seine Biographie offenzulegen. Die Bundestags- und Landtagsabgeordneten tun dies in Kürschners Volkshandbuch Deutscher Bundestag usw. Daraus können Sie auch den Wohnort und damit die Adresse entnehmen. Die Offenlegung der Daten eines Störenfrieds oder Agent provocateurs betrachte ich als Notwehr. Sie hat zum einen das Ziel, den Motiven seiner Störversuche auf die Spur zu kommen und zum anderen seine Provokationen einzudämmen, siehe TAZ-Beispiel. In allen diesen Fällen greift der Datenschutz nicht.

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Christian Melsa
26.07.2001 18.58
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Lieber Uwe!

Hier meine neue Replik auf die Deine:

Ist es eine Unsitte, zu kritisieren und zu korrigieren? Ich denke, nicht. Sprachpflege muß nicht allein ein Steckenpferd nerviger Besserwisser sein, sie dient auch der guten Verständigung der Menschen untereinander. Je sauberer und unmißverständlicher Gedanken, Meinungen, Ideen, Gefühle ausgetauscht werden können, desto besser für jeden. Zu einer Unsitte wird das angesprochene Verhalten erst, wenn zum Kritisieren und Korrigieren das Diskriminieren hinzutritt, wenn also Menschen nicht wohlwollend auf ihre Fehler aufmerksam gemacht, sondern sie damit nur eingeschüchtert, schlechtgemacht, gering geachtet, verworfen werden sollen.

Im übrigen bezieht sich das Phänomen solcher Korrektur ja nicht nur auf Rechtschreibung. Unvollständige Sätze, falsche Deklinationen, falsch gebrauchte Zeitformen, falsch gebrauchte Begriffe, all das ist ebenfalls Gegenstand davon. Sollte man gemäß einer falsch verstandenen Nachsicht den weniger gekonnten Sprachnutzern gegenüber nun wünschen, daß die Sprache insgesamt (also nicht nur in Schrift, sondern auch in Rede) absichtlich abgestumpft wird? Analog zur Rechtschreibreform müßte man dann sogar wünschen, es mögen doch allerlei neue, so ungebräuchliche wie unbrauchbare und komplizierte Sprachregeln hinzukommen, von denen die Sprachgemeinschaft – vor allem deren schwächere Vertreter – nur hoffnungslos überfordert sein kann. Aber da diese Umformung von ihren Urhebern und Umsetzern als segenhafte Vereinfachung angepriesen wird sowie ihre Anwendung als furchtbar modern gilt, werden alle unkritischen Zeitgenossen bei dieser Reform mitmachen, da sie natürlich keinesfalls unmodern oder unflexibel wirken wollen.

Was ist unsittlicher?

Das Verfassungsgericht hat in seinem Urteil zum Ausdruck gebracht, daß in Schulen eigentlich solche Kulturtechniken unterrichtet werden sollten, von deren allgemeiner Gebräuchlichkeit ausgegangen werden kann, damit die Lehre sich nicht auf eine andere Welt bezieht als die reale. Die Reformbetreiber strickten sich daraus folgende Begründung ihres Tuns: Da künftig die reformierte Rechtschreibung die Norm sein wird, müssen wir diese auch den Schülern beibringen. Wenn man betrachtet, daß sogar die Presse vorgibt, widerwillig, aber eben halt aus Rücksicht auf die Schulkinder umgestellt zu haben, die nicht mit einer Sonderschreibung alleingelassen werden sollten, ergibt sich, daß hier in Wahrheit nicht die Schule sich an eine bereits gegebene Entwicklung anpaßt, sondern umgekehrt die Entwicklung überhaupt erst durch die Schule gegeben ist, sich also tatsächlich der ganze Rest an die Schule anpassen soll. Das bedeutet im Endeffekt ein gesamtgesellschaftliches kulturelles Diktat durch Kultusminister(ien), die sich über die nicht verfassungskonforme Institution der KMK außerhalb der staatlichen Ordnung befinden, demokratischer Kontrolle praktisch entzogen. Die Ereignisse beweisen, daß es sich hierbei um mehr als bloß hypothetische Strukturtheorie handelt. In Zeiten, in denen die Erziehung des Nachwuchses immer mehr an staatliche Einrichtungen und den Fernseher bzw. die mehr oder weniger kommerziellen Medien delegiert wird, läßt sich absehen, daß die Wertebildung bei Kindern und Jugendlichen immer mehr zwischen Medienkommerz (naive Trendgläubigkeit, wie sie die Werbestrategen der Konsumindustrie am liebsten haben), Internet (Medienkommerz plus Anarchie) und demokratisch unkontrollierter KMK-Doktrin pendeln und so die Gesellschaft von morgen intensiv prägen wird. Ist das wünschenswert? Am Ablauf der Umsetzung der Rechtschreibreform zeigt sich, wie berechtigt solche Befürchtungen sind. Schulkinder bekommen unrichtige Fakten geradezu eingeflößt („rauhe“ in etwa „der rauhe Winter“ wird als angeblich "überholt“ markiert, obwohl die Mehrzahl der Sprachgemeinschaft es so schreibt; die bewährte Rechtschreibung wird als veraltet dargestellt, die neue sei dagegen „entrümpelt“, „logischer“, famos vereinfacht und natürlich hochmodern, was ja alles so nicht stimmt). Weil die Schulpolitik zu feige zum Eingeständnis von Fehlern ist, weil es ihr egal ist oder weil sie es sogar ausdrücklich will, wer weiß? Pädagogisch katastrophal ist jede dieser Möglichkeiten.

Sicher kann man lange darüber streiten, ob die „neuen“ Schreibweisen besser oder schlechter als die „alten“ sind. Genau das geschieht ja auch. Doch die Tatsache, daß sich der Streit derartig in die Länge zieht, ist wohl hauptsächlich der Uneinsichtigkeit derjenigen zu verdanken, die sich inzwischen einfach weigern, Gegenargumente vorzubringen, statt dessen nur entgegnen, die Argumente der Kritik seien nicht neu – als ob sie damit schon widerlegt wären. Das sture Aussitzen von gesellschaftlichem Widerstand in der Politik einfach hinzunehmen, führt allerdings gerade zum Erfolg dieser Strategie, über deren Unsittlichkeit wir uns hoffentlich einig sind. Wohin wird sich die politische Kultur eines Staates entwickeln, wenn Machtschichten, denen die Macht im Sinne der Verfassung doch nur vom Volk geliehen, befristet und begrenzt anvertraut sein soll, sich über ihre Grenzen einfach hinwegsetzen in der Erwartung, anfänglicher berechtigter Widerstand wird sich schon legen, wenn man einfach den Dialog verweigert und ungerührt Tatsachen schafft? Die Schwelle, zu dieser Strategie zu greifen, wird immer weiter sinken. Irgendwo taucht wieder ein unliebsamer Volksentscheid auf? Na ja, dann kassiert man ihn eben ein, hat man doch schon mal gemacht, also ist das doch „ein ganz normaler Vorgang“, nicht wahr?

Es gibt wichtigere Dinge. Natürlich. Es gibt immer etwas, das noch wichtiger ist. Doch auch eine Angelegenheit, die in ihrer Wichtigkeit anderen unterlegen sein mag, ist damit noch lange nicht unwichtig. Daß Aushöhlung bzw. offene Mißachtung von Demokratie, Recht und Verfassung, Vernachlässigung der Kultur, Pervertierung von Bildungsprinzipien, steigende Politik(er)verdrossenheit, Angriffe auf die Sprachnorm usw. usw., daß das alles so unwichtige Probleme sein sollen, daß man die Zeit doch lieber mit einem Playstationspiel oder einem Kinofilm verbringt (selbstverständlich beim wohlverdienten Feierabend nach dem täglichen zeitaufwendigen Kampf gegen Globalisierung – was immer man darunter auch verstehen mag – , den Klimawandel, Castortransporte, Kindesmißbrauch, Todesstrafe, Walfang, Armut, Hunger, Krankheit, Krieg...), das wirst Du doch nicht ernsthaft meinen wollen?



Noch etwas an Herrn Riebe: Ich würde die Anonymität von Gesprächsteilnehmern, deren Diskussionsmanieren sowie deren Fähigkeit schlüssigen Argumentierens und Verteidigung des eigenen Standpunkts nicht in einen Topf werfen. Besonders an den Foren dieser Seite fällt mir auf, daß dies alles eigentlich völlig getrennt voneinander zu beurteilen ist (mehr oder weniger anonyme Beteiligte können sinnvolle Beiträge schreiben, namentlich bekannte ebenso weniger sinnvolle). Außerdem läßt es sich ja doch nicht verhindern, daß vielleicht sogar jemand unter völlig falschem Namen Beiträge schreibt. Was soll´s? Mir ist es wichtiger, die Sachen zu behandeln als die Personen. Vergleiche wie der des Vermummten am Eßtisch treffen die Sache meiner Meinung nach nicht so recht, da wir die Gesichter voneinander doch ohnehin nicht kennen. Der Name in einem Internetforum dient somit eigentlich nur der Identifikation im Rahmen dieses Forums, insofern ist es doch vollkommen egal, ob man unter Pseudonym oder bürgerlichem Namen operiert, Hauptsache, die Beiträge lassen sich ihren Quellen zuordnen. Ehrlich gesagt empfinde auch ich es dagegen unangebrachter, zu jeder Person gleich Anschrift und Telefonnummer offenzulegen, vor allem, wenn aus ihrem selbstgewählten Verhalten eigentlich hervorgeht, daß sie dies gar nicht wünscht. Was ist das anderes als bevormundeter Grad von Privatsphäre?

Übrigens ist es wohl etwas verkürzt formuliert, zu sagen:“Heute tut jeder, was ihm gefällt [...] und was alle anderen auch tun.“ Tut er nun, was ihm ganz persönlich gefällt, oder ordnet er sein Verhalten demjenigen der anderen unter, indem er sich anpaßt? Tatsächlich ist es wohl so, daß eigene Unsicherheit oft dazu führt, daß es einem gefällt, dasselbe zu tun wie die anderen – nicht aus Anpassungsbereitschaft im Sinne von Unterordnung, das könnte ja sogar tugendhafte Rücksichtnahme sein; sondern weil man es nicht besser weiß, sich einen Alleingang nicht zutraut oder einfach, Einsamkeit befürchtend, glaubt, wegen diesem von anderen Menschen gemieden zu werden oder, vielleicht nicht weniger schlimm, sich unverstanden zu fühlen. Wer „die anderen“ sind, hängt dabei auch von der sozialen Position des Betreffenden ab. Zum Beispiel muß dies nicht unbedingt die allgemeine Mehrheit sein (wie man an der Rechtschreibreform sieht, die von „Anpassern“ praktiziert wird, obwohl die Mehrheit aller dagegen ist). Es ist schwierig, wenn nicht wohl in den meisten Fällen unmöglich, die Anpassung auf allgemeine Massenphänomene zurückzuführen; vielmehr werden oft Phänomene einfach durch ihr massenhaftes Auftreten zu jenen, wobei es sich auch um massenhaft vereinzeltes Auftreten handeln kann, das nicht unbedingt von Anpassungsdrang herrührt (so sicherlich die mehrheitlich verbreitete Ablehnung der Rechtschreibreform, die daher ja ebenfalls ein Massenphänomen ist).

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Manfred Riebe
26.07.2001 11.46
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Tugend ist die rechte Mitte zwischen zwei Extremen

Mich wundert es, wenn jemand aus dem eigenen Lager in aller Öffentlichkeit Partei für einen rechtschreibreformbefürwortenden Störer ergreift. Das mit der Palme und der Gelassenheit darf ich erwidern. Tugend ist die rechte Mitte zwischen zwei Extremen. Deshalb haben Sie meinen pädagogischen kleinen provokativen Impuls bezüglich Anglizismen als „radikale Auffassung“ mißverstanden.

Man weiß nicht, wer sich hinter einem Pseudonym verbirgt. Stellen Sie sich eine Gesprächsrunde im Fernsehen vor, in der ein Diskussionspartner mit einer Maske aufträte, das Phantom. Man kann sich auch einen Eßtisch vorstellen, an dem ein vermummter Gast sitzt. Ich habe – offen gestanden – bisher kein sonderliches Interesse, mit Vermummten zusammenzuarbeiten. Es würde mich freuen, wenn Sie sich „enttarnen“ würden.

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Jan
26.07.2001 11.15
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rechtschreibreformablehnender Störer

Lieber Herr Riebe,

ich bitte Sie, jetzt kommen Sie mal wieder ein wenig runter von Ihrer Palme!

Gelassenheit scheint alles andere als Ihre Stärke zu sein. Falls Sie es noch nicht bemerkt haben: Ich bin jemand aus Ihrem Lager!

Mein Interesse ist es daher, produktiv mit Ihnen zusammenzuarbeiten mit dem Ziel, gegenseitig Argumentationen auszutauschen und so den eigenen Wissensstand zu aktualisieren.

Zu „Päpsten“ und „Oberlehrern“: Fragen Sie doch mal den Sprachwissenschaftler Theodor Ickler, was der Volksmund mit dem Begriff „Oberlehrer“ assoziiert. Ich wollte damit keineswegs Ihren Berufsstand beschädigen, im Gegenteil: Für fähige Lehrer empfinde ich Hochachtung. Von Päpsten halte ich tatsächlich nicht viel, mangels Begeisterung für den Katholizismus.

Zur „Autorität des Lehrkörpers“: Ich gebe ihnen dahingehend recht, daß ein Lehrer, der versucht, sich durch Gebrauch des vulgären Jargons auf die Ebene der Jugendlichen zu begeben, einfach lächerlich wirkt. Das andere Extrem ist jedoch, zu versuchen, durch totalitäre Autorität Achtung zu gewinnen. Das kann Haß verursachen. Beide Extreme halte ich für pädagogisch falsch. Daß Lehrer heutzutage eher an den Spätfolgen der Alt68er-Philosophie leiden, ändert nichts an der Tatsache.

Gerade die Schwierigkeit dieser Gratwanderung ist jedoch Anlaß für mich, für einen erfolgreichen Lehrer Hochachtung zu empfinden. Komplizierter wird die Sache noch dadurch, daß jeder Lehrer auch ein anderer Typ „Mensch“ ist. Beispiel: Unser Lehrer für Mathe, Sport und Physik war ein Typ „Bauer vom Lande“. Er rannte öfters in Trainingshosen über den Flur und unterrichtete sogar so. Bei ihm wirkten jedoch Kraftausdrücke, die er in seinen Späßen mit Schülern verwendete, noch glaubwürdig und echt. Von unserer vornehmen Deutschlehrerin hingegen erwartete man aufgrund ihres Erscheinungsbildes schon eine ganz andere Wortwahl.

Jetzt bin ich aber ganz schön vom Thema abgeschweift. Nur eines noch: Ihre radikale Auffassung bezüglich Anglzismen teile ich nicht in jeder Beziehung. Sicher, gegen künstlich eingeführte Werbe-Schlagwörter habe ich auch etwas. Aber wenn sich gewisse englische Begriffe etabliert haben, weil der deutsche Sprachraum einfach zu langsam war für eine äquivalente Begriffsfindung, sollte man sie dann verbieten?
Zu diesem Thema gibt es irgendwo hier auf den Rechtschreibseiten einen sehr schönen Artikel.

Ich würde es Bedauern, wenn Sie aufgrund meiner „Vermummung“ von einer weiteren Kommunikation mit mir absehen, doch eines sei gewiß: Zu allem, was ich hier schreibe, stehe ich mit meinem vollen Namen. Ich werde deshalb über die Konsequenzen einer „Enttarnung“ meinerseits in diesem Forum nachdenken.


__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net

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Karl Eichholz
26.07.2001 11.09
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Ickler: „Duden und andere“ Fortsetzung

Lieber Herr Ickler,

>Gegen die Zeitungen kann der Staat auf die Dauer nicht ankämpfen. Insofern liegt die Verantwortung nicht nur bei den Kultusministern, sondern auch bei den Zeitungen.

Nicht nur gegen die Zeitung könnte der Staat nicht an (deswegen ist die Kommasetzung ja auch definitv vom Tisch),
sondern wenn alleine die eingebauten Korrekturroutinen der Textprogramme NICHT stillschweigend die neue Schreibung verwendeten, sondern den Benutzer bei Installation fragten:

_____________________________________________
Welche Rechtschreibung wollen Sie beim Korrigieren verwenden:

() Neue Rechtschreibung (nur für Schüler Vorschrift)
() Herkömmliche Rechtschreibung (von den meisten bevorzugt)
_____________________________________________

(und keines wäre voreingestellt, die Anwender müßte also eine bewußte Entscheidung treffen)

dann wäre auch heute schon in der Praxis die RSR gestorben.


Man müßte also einen Weg finden, die Softwarehersteller zu verpflichten, auf den Wunsch des Einzelnen Rücksicht zu nehmen.
Meiner Meinung nach geht das sowohl mit Zuckerbrot als auch mit Peitsche.

Gerade unter den Programmierern gibt es ja nichts als Leute, die auf präzise Angaben ihr täglich Brötchen aufbauen. Die werden mit wenigen Argumenten von dem Fehlschlag der RSR zu überzeugen sein, wenn sie es denn noch nicht wären.


__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz

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Jan
26.07.2001 10.23
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uwe schrieb:
Selbstverständlich sollten Zeitungen, Buchverlage usw. bestrebt sein, eine hochwertige und fehlerfreie Rechtschreibung zu publizieren.

Hallo uwe,

die Rechtschreibung der meisten Verlage ist aber nicht mehr „hochwertig“!

Dein Ansatz, soweit ich das richtig interpretiere, ist:

„Ich, Uwe Cassens, profitiere von der RSR. Sie macht das Lesen und Schreiben zwar nicht einfacher, hat aber ein riesiges Chaos angerichtet. Keiner kann mehr so richtig definieren, was „falsch“ und was „richtig“ ist. Daher brauche ich jetzt keine Minderwertigkeitskomplexe zu haben, wenn andere meine Texte lesen.“

Jetzt zu meinem Ansatz:

Daß Du Dich bisher als „Rechtschreibschwacher“ diskriminiert fühltest, kann 2 Ursachen haben:

1) Du siehst Dich selber nur so. In Wirklichkeit hat man vor der RSR Deinen Fehlern genausowenig Bedeutung beigemessen wie danach. D.h., Du hast Dich in etwas hineingesteigert.

2) Du machtest in der Vergangenheit tatsächlich schlechte Erfahrungen mit Mitmenschen, die Dir Deine Fehler vorhielten. Du mußtest Spott und Hohn über Dich ergehen lassen.

Variante 2 ist wirklich übel, aber was kann die alte (hochwertige) Rechtschreibung dafür, wenn es solche Mitmenschen gibt? Menschen, die die Schwächen anderer ausnutzen, gab es nach der RSR genauso wie vor der RSR!
Du mußt die Menschen ändern, nicht die Rechtschreibung primitiv machen!

Jeder vernünftige Personalchef sieht großzügig darüber hinweg, wenn in einer Bewerbung 5% der Wörter fehlerhaft sind. Im Gegenteil, kleine Fehler können sogar sympathisch wirken und zeigen mir, daß ich es mit einem Menschen zu tun habe, der auch seine Ecken und Kanten hat.

Im übrigen: Deinen Schreibstil empfinde ich als vergleichsweise gut. Du bist für mich alles andere als „schreibschwach“! Um die wenigen Fehler, die Du machst, zu kaschieren, darf keine Schriftsprache zerstört werden! Das ist ein zu hoher Preis!
__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net

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Theodor Ickler
26.07.2001 10.23
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Duden und andere

Jeder kann die Rechtschreibung reformieren, d.h. andere Schreibweisen vorschlagen oder einfach anwenden. Ob sie angenommen werden, ist eine zweite Frage. Christian Stetter zum Beispiel, ein bedeutender Gelehrter, von dem zur Zeit niemand sagen kann, ob er für oder gegen die Reform ist, hat vor Jahren andere Schreibweisen vorgeschlagen und näher begründet. Warum nicht?

Im übrigen: volle Zustimmung! Gegen die Zeitungen kann der Staat auf die Dauer nicht ankämpfen. Insofern liegt die Verantwortung nicht nur bei den Kultusministern, sondern auch bei den Zeitungen. Genau aus diesem Grunde bemühe ich mich in „Regelungsgewalt“, diesen Zusammenhängen nachzugehen.
__________________
Th. Ickler

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uwe
26.07.2001 10.04
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Re: Die "Ethik" der Anpassung

Mal was zum Nachdenken:

Ist in Internet-Foren nicht jeder ein Anonymus ? Auch wenn ich Ihren Namen kenne, Herr Riebe, kennen tue ich Sie trotzdem nicht. Was macht es da für einen Unterschied, ob jemand als Jan F., Theodor Ickler oder liteboo auftritt ?

Und außerdem: Keiner wird gezwungen die Beiträge der Anonymen zu lesen. Insofern kann man sich auch jeglichen Kommentar dazu ersparen.

Uwe

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Theodor Ickler
26.07.2001 09.54
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Anonym

Ich trete nie anonym oder unter Pseudonym auf, weil mir das so vorkommt wie anonyme Briefe (die ich immer gleich wegwerfe, wenn ich sie bekomme, möglichst ohne sie zu lesen). Hinzu kommt, daß ich anderes sage und mich anders ausdrücke, wenn ich weiß, wer mein Partner ist. Muß ich ihm sprachwissenschaftliche Begriffe erklären, oder langweile ich ihn damit? Usw. Das sind meine Hauptgründe.
__________________
Th. Ickler

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uwe
26.07.2001 09.52
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Schönes, sonniges Wochenende!

Zur Amtlichkeit:

Ich stimme Ihnen voll und ganz zu, Herr Ickler, dass im Grunde keine amtlichen Rechtschreibregeln erforderlich sind. Der Duden ist durchaus dazu in der Lage die Rechtschreibung gemäßigt weiter zu entwickeln und den gebräuchlichen Schreibweisen anzupassen.

Der Duden kann die Rechtschreibung aber nicht reformieren. Dies kann nur der Staat verbindlich für Schulen und Behörden tun. Nach Erlass des amtlichen Regelwerkes lag es doch an den Menschen, den Zeitungen und Verlagen, ob die neue Rechtschreibung angenommen wird. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte der Staat über Kurz oder Lang sein amtliches Regelwerk reumütig einstampfen können.

Eine bedeutende Rolle spielen in diesem Zusammenhang nun einmal die Printmedien. Und die haben, von einigen Ausnahmen abgesehen, die Neuregelungen übernommen.

Zur Präzision:

Muss jedermann einen Mercedes bauen können, Herr Eichholz ? Ich denke nicht. Genau so wenig muss jedermann die Rechtschreibung bis zur Perfektion beherrschen. Ich würde ein einfaches und beherrschbares Regelwerk favorisieren. Alles was darüber hinaus geht, wäre dann eine Sache des guten Stils.

Am Beispiel der Kommasetzung wird das sehr deutlich. Wenn es darum geht, Kommas (oder: Kommatas ?) nur lesefreundlich zu setzen, könnte dies jeder beherrschen. Was sollen unzählige Grammatikregeln, die die Zeichensetzung verkomplizieren ? Ich halte sie für überflüssig. Das gleiche gilt für die Worttrennung. Hier würde die Regel ausreichen, dass zwischen ganzen Wortsilben getrennt werden darf. Ohne Ausnahmen. Ob man nun s-t trennt oder nicht, bliebe jedem selbst überlassen.


Mit diesen zwei Klarstellungen meiner Positionen möchte ich allen ein schönes Wochenende wünschen.

Uwe

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Manfred Riebe
26.07.2001 09.42
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Die "Ethik" der Anpassung

Herr Anonymus „Jan F.“!

Theodor Ickler schreibt: „Für mich selber lehne ich das (die Anonymität, M.R.) allerdings ab.“ Auch ich lehne Anonymität im Internet ab. Das ist der Stein des Anstoßes, Herr Jan F., an dem Sie sich stoßen! Ich habe lediglich meine Meinung über Vermummung im Internet geäußert, und was machen Sie daraus? Sie verwechseln die Ebene rationaler Diskussion mit der (irrational-emotionalen) Beziehungsebene; denn Sie schreiben: „Doch Ihre Äußerungen ‚nicht vorbildlich...' wirken nicht nur oberlehrerhaft, sondern sogar päpstlich.“

Es fragt sich, wer hier „oberlehrerhaftes Gehabe“ zeigt. Ihre Schutzbehauptungen sind reine Killerphrasen oder Totschlagsargumente, die lediglich aussagen, daß Sie weder von Päpsten noch von Lehrern etwas halten. Sie fühlen sich betroffen, weil Sie selber ebenfalls Ihren Namen verschweigen und vermummt als „Jan F.“ auftreten. Es ist klar, daß der ebenfalls anonyme „Uwe“ in das gleiche Horn stößt. Frau Morin und andere haben schon bemerkt, daß „Uwe“ auf bestimmte Fragen keine Antworten gibt. Deshalb vermute ich inzwischen, daß es sich um eine Beschäftigungstherapie oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahme mit der Bezeichnung „Uwe-Effekt“ handelt. „Uwe“ wendet die Stasi-Methode der Zersetzung, d.h. der Gerüchtebildung durch Desinformation an. Ich schrieb: „In Gästebüchern von Zeitungen geht es dagegen noch einigermaßen normal zu.“ (Pubertäre Umgangsformen, 25.07.2001). Was macht „Uwe“ hinterfotzig daraus? „Wenn jemand Diskussionsteilnehmer in Internetforen als nicht ‚normal' bezeichnet, nur weil sie nicht ihren vollständigen Namen preisgeben (richtig?), kann das nicht widerspruchslos hingenommen werden.“ (Hallo Jan, 27.07.2001). Es ist mir schon klar, daß ich als Vorsitzender des VRS eine bevorzugte Zielscheibe für rechtschreibreformbefürwortende Störer bin.

Herr Jan F., Ihre Gerüchteküche hatte folgende empörte Reaktion Theodor Icklers zur Folge, der leider ungeprüft den Behauptungen eines Anonymus Glauben schenkt und schreibt: „Erstens scheint es mir unangemessen, sich in alles und jedes einzumischen, was irgendwo gesagt und geschrieben wird. Es geht mich nichts an, wie junge Leute sich in ihren Chatrooms ausdrücken. Warum soll ich darüber die Nase rümpfen?“

Das kann ich nur unterschreiben und glaube auch nicht, daß jemand hier arrogant die Nase rümpft. Ich habe auch gar nicht die Zeit, mich in jeden Sinn oder Unsinn in irgendwelchen „Chatrooms“ einzumischen. Aber allgemein erinnern darf ich daran, daß es nicht von ungefähr Sprachpflegevereine gibt, die sich bei passender Gelegenheit angemessen um die Pflege der Sprache kümmern sollten. Was sind z.B. „Chatrooms“? Ich halte von diesem Jargon wenig.

Es geht aber – wie gesagt – um etwas anderes, das anonyme Auftreten im Internet.
Ein Beispiel: Das taz-Forum hat aus den negativen Erfahrungen gelernt und ein „abwärtskompatibles Mindestniveau“ (Jan F.) festgelegt, um ein „Wildwest“ zu verhindern. Die taz verlangt eine Registrierung der Teilnehmer mit Namen und Email-Adresse. „Durch die dann nicht mehr gegebene Anonymität erwarten wir ein verträglicheres Diskussionsklima.“ – „Falls Forumsbeiträge auch als Leserbrief in der taz erscheinen sollen, bitte Anschrift angeben, ansonsten dürfen wir den Beitrag nicht drucken.“ – „Eine anonyme Teilnahme an den Diskussionen ist nicht (mehr) möglich, da wir uns durchaus kontroverse, aber sachliche und faire Diskussionen wünschen, für deren Veröffentlichung wir die Verantwortung übernehmen können. Wir bedauern, mit der Registrierung aller Teilnehmer Hürden aufzubauen, auf die wir gern verzichtet hätten. Die Erfahrungen der letzten Monate lassen jedoch leider nur den Schluss zu, dass Regelverletzungen einzelner Teilnehmer nur durch Aufhebung der Anonymität entgegengewirkt werden kann.“ http://www.taz.de/taz/forum/

Woher wollen Sie übrigens wissen, daß es sich nur um junge Leute handelt? Es kann sich doch auch um kleine und große Kinder handeln, bis hin zu Spätpubertierenden und Alt-68er-Opas.

„Heute tut jeder, was ihm gefällt oder was er für zweckmäßig hält und was alle anderen auch tun. Daraus ist eine neue Ethik entstanden. Alle machen mit, keiner tanzt aus der Reihe. Die Anpassung ist eines der wichtigsten Gesetze diese Welt geworden.“ Es gibt viele Beispiele für diese „Ethik“ der Anpassung. Dazu gehört nicht nur die politische Korrektheit oder die Gleichschaltung der Zeitungen, sondern auch die willfährige Anpassung der Älteren an die Jugend. Ich erinnere mich, daß ein griechischer Philosoph (Plato?) dieses merkwürdige Verhalten näher beschrieb (Kennt jemand den Text und die Quelle?). Das hat etwas mit Gruppenzwang und Mitläufertum zu tun. Willige Vollstrecker der Geschäftemacher sind die Werbefachleute und die Massenmedien. Sie führen vor, wie anonym bleibende Werbetexter das Unterbewußte im Menschen und besonders der Jugend beeinflussen und ihnen Maßstäbe aufzwingen.

Lehrer haben u.a. die Aufgabe, Schüler zu verantwortungsbewußten Staatsbürgern und Demokraten zu erziehen. Dieser Aufgabe können Lehrer nicht gerecht werden – und werden es auch vielfach nicht – wenn sie selber kein Vorbild sind, d.h. wenn sich nicht zivilisiert benehmen, sondern z.B. rauchen und saufen und sich an das Kauderwelsch und die Unerzogenheiten mancher Jugendlicher oder Spätpubertierender anpassen. Lehrer sollten viel Geduld und Toleranz haben und keine Wunder erwarten, denn in der Schule des Lebens findet ein lebenslanger Lernprozeß statt, weil die meisten Menschen oft erst aus Erfahrung klug werden. Siehe oben.

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Karl Eichholz
26.07.2001 09.14
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Präzision darf nicht leiden

Lieber Uwe,
wenn ich mich nochmal einmischen darf:

>Und von den Angehörigen der „schreibenden Berufe“ kann man auch erwarten,
>dass sie die Rechtschreibung beherrschen. Das gilt aber nicht für den
>alltäglichen Schriftverkehr. Hier muss nicht so viel Wert auf eine korrekte
>Rechtschreibung gelegt werden, wie es in der Vergangenheit bei uns
>praktiziert worden ist.

Immerhin soll der Sinn unverfälscht ankommen, und das Auge des Lesers soll nicht beleidigt werden. (Dies hat natürlich vor allem mit Gewohnheit zu tun. )
Was hilft es uns nun also, daß es „nummerieren“ heißen soll, und zukünftig soll „numerieren“ (wie es vom Wortstamm her übrigens alle anderen Sprachen verwenden) ausdrücklich FALSCH sein?

Wir legen willkürlich fest, daß „links“ zukünftig „rechts“ sei, und „rechts = links“? und für eine Übergangszeit sind natürlich als Kompromiß beide Versionen erlaubt?

Das hilft uns nicht weiter. Vor diesem Scherbenhaufen stehen wir nun ja auch.

„Hängen nicht leben lassen!!“ war die Anweisung des Königs. Leider wurde das Komma nicht originalgetreu übermittelt. Pech gehabt.

Natürlich sind nicht alle Beispiele mit so drastischen Folgen, aber der Trend ist unübersehbar: Wenn niemand den Takt oder das Ideal vorgibt, wird es keinen Maßstab oder Übereinkunft geben, an dem sich der Rest messen läßt.

Wenn der bisherige Qualitätsmaßstab für nichtig erklärt wird durch Leute, die keine Übersicht und Einsicht haben, weil es Leute gibt, die hiermit nicht zurechtkommen: dann wird das Mittelmaß zum Ideal.

Übertragen Sie dieses Beispiel doch mal auf die Wirtschaft:

In Deutschland werden sieben unterschiedliche Automarken hergestellt, die alle weltweit höchste Geltung haben. Natürlich wissen wir, daß ein Opel nicht das gleiche ist wie ein Mercedes. Aber man darf vielleicht sagen daß ein Mercedes einer Vorgeneration mit einem Opel von heute vergleichbar ist? Mercedes gibt den Takt an. So war es und so wird es wohl auch eine ganze Weile noch bleiben. Mercedes ist ja nicht für sich genommen ein Wertmaßstab, es ist schlicht ein Name, der damals zur Hand war. Aber heute sieht man, daß „Mercedes“ gleichbedeutend ist mit „Fokus auf höchste Qualität“, weil dort Leute versammelt sind, die die Qualität als ihr Ideal sehen, und nicht rasten noch ruhen, das gute noch besser zu machen. Mercedes steht für ständige Fortentwicklung. Das sieht man beispielsweise mal dann, wenn man ein Fahrzeug aus dem Ende der Serie mit Teilen aus dem Anfang der Serie reparieren will. Es geht nicht, denn das Auto ist komplett anders. Nur außen sieht es gleich aus. (Man möge mir die Werbung für den Namen verzeihen, ich habe keine Aktien dort und keinen Onkel)

Im übertragenen Sinne würde man jetzt hingehen und sagen: Qualität is nich. Das Mittelmaß regiert ab heute. Wir haben so viele Autohersteller hier, die mit der Qualität Probleme haben, wir müssen ein anderes Ziel vorgeben. Innovation ist nicht gefragt, das ist doch alles überkommene Tradition. Wir wollen die Wertmaßstäbe so setzen, daß auch Hans und Franz ein Auto zu bauen in der Lage sind, welches den Anforderungen genügt.

Dann gehen wir doch in den Kuhstall, lassen die Politik von dort regieren. (übrigens ein heißes Beispiel, es wäre gar nicht mal gesagt, daß wir damit schlechter führen als heute)


__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz

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