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Spaltung der Orthographie
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Reinhard Markner
22.09.2002 15.20
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Re: Substantive auf -y

Die Diskussion um die aus dem Englischen stammenden Substantive können wir wohl abschließen. Hier ist nichts »reformiert«, sondern nur eine Kleinigkeit begradigt worden. Der Punkt fiel mir auf, weil er in der Liste der angeblich akzeptablen Reformbestandteile gleich an zweiter Stelle stand.

Zitat:
Was Fälle wie Rote Karte, Schneller Brüter usw. betrifft, stimme ich Ihnen zu; Dritte Welt fällt jedoch eindeutig unter § 60(5), und nur um dieses Beispiel ging es bisher.

Ich sehe da keinen Unterschied, und gerade darum geht es !

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Michael Schneider
22.09.2002 15.00
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Re: Fehler strotzend

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa
Inkonsequenz? Wenn derlei von den Reformern neu eingeführt wird, nennen die es gerne „Variantenfreiraum“.

Wenn in allen Fällen alle Varianten möglich sind, ja. Bei den -y-Substantiven konnte man in den meisten Fällen aber nicht zwischen den beiden Varianten wählen, sondern hatte sich für eine zu entscheiden; die Frage war nur, für welche. Übrigens bin ich weit davon entfernt, das Variantenunwesen der Reform verteidigen zu wollen.

Zitat:
Gut wäre es, wenn Sie schon Icklers Werke zu dem Thema in Ihre Untersuchung miteinbezogen haben, dann bei der Suche nach einer wünschenswerten Rechtschreibung auch zu dem naheliegenden Schluß zu kommen, nicht eine Reform als Ausgangspunkt zu wählen, die fachlich nicht gerade der Knüller ist und zu den in der Bevölkerung unbeliebtesten Reformen überhaupt zählt, sondern ein Konzept in der Weise, wie es Ickler mit seinem eigenen Rechtschreibwörterbuch vorgelegt hat. [...] Die aktuelle Rechtschreibreform ist nicht als weicher Einfluß gedacht, sondern als ein oktroyierter Eingriff; nicht als Angebot, sondern als Zwang (in der Schule und an anderen Orten ist das zweifellos so). Das macht sie im Kern so ablehnungswürdig. Man muß sie ablehnen, weil man Erpressungsmethoden gar nicht erst einreißen lassen sollte.

Als Privatperson können Sie sich diese Haltung sicher leisten; der Lehrer in der Schule kann das aber nicht, und deswegen konnte ich in meinem Seminar, das sich vor allem an Lehramtsstudenten richtete, kein völlig abweichendes Alternativkonzept lehren. Die Reform ist nun einmal da, sie wird seit sechs Jahren an den meisten Schulen unterrichtet, und es kommt m.E. jetzt darauf an, das Beste aus ihr zu machen, d.h. auf die gröbsten Mängel hinzuweisen und in diesen Punkten zum „zivilen Ungehorsam“ aufzurufen, um dadurch, wenn möglich, Nachbesserungen zu erreichen. Eine Rücknahme der Reform als Ganzer erscheint mir nicht wünschenswert, da ich persönlich auf Sinnvolles wie das in der linken Spalte meiner Tabelle Genannte nicht mehr verzichten möchte. Im Übrigen stört mich der Zwangsaspekt nur insofern, als auf diese Weise z.T. Ungrammatisches zur Norm erhoben wurde; gäbe es ein ideales, in jeder Hinsicht befriedigendes Reformkonzept, könnte es von mir aus auch mit diktatorischen Mitteln durchgesetzt werden ... ;-)
__________________
Michael Schneider

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Michael Schneider
22.09.2002 14.53
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Substantive auf -y

Ich möchte zunächst Ihrem Urteil zustimmen, Herr Markner, dass es sich bei der Beispielgruppe englischer Substantive auf -y

Zitat:
um eine Lappalie handelt.

Andererseits waren Sie es, der diese Beispielgruppe hier ins Gespräch gebracht hat (was sicherlich daran lag, dass ich in meiner tabellarischen Zusammenfassung nicht zwischen Lappalien und zentralen Punkten unterschieden habe). Ich erlaube mir daher noch einige kurze Bemerkungen zu diesem Thema:

Zitat:
Die Beispiele Partys, Babys halte ich für trefflich, denn es dürften die häufigsten Plurale dieses Musters sein. Eine vollständige Liste habe ich nicht parat.

Ich habe mir gerade einmal die Mühe gemacht, anhand der alten Duden-CD-ROM eine solche Liste zusammenzustellen. Sie sieht folgendermaßen aus:

immer -ys:
Baby, Body, Brandy, Buggy, Bully, City, Dandy, Derby, Gully, Guppy, Hickory, Hobby, Military, Pantry, Penalty, Pony, Rummy, Sherry, Shimmy, Shoddy, Shorty, Sulky, Teddy, Tilbury, Toddy, Tommy, Wallaby, Whisky

immer -ies:
Bunny, Panty, Penny

beides zulässig:
Bobby, County, Daddy, Dummy, Husky, Lady, Lobby, Paddy, Party, Rowdy, Shanty, Story, Tory

Dieser Liste ist zweierlei zu entnehmen:

1. Für etwa zwei Drittel der betroffenen Fälle galt der neue § 21 sinngemäß auch früher schon.

2. Das Kriterium für die „richtige“ Schreibung schien die Frequenz des Wortes zu sein: hochfrequente Wörter wie Babys integriert, niedrigfrequente wie Bunnies nichtintegriert. Dem widersprechen allerdings einige Beispiele eklatant, etwa Hickorys, Pantrys, Shoddys, Tilburys. Auch ist nicht einzusehen, weshalb zum Beispiel Paddys/Paddies stärker integriert sein soll als Panties. Die alte Duden-Regelung lässt also zwar eine gewisse Tendenz erkennen, führt diese jedoch nicht systematisch durch (wobei die Frage zu stellen ist, ob das bei frequenzbasierten Unterscheidungen überhaupt möglich ist).

Im Übrigen scheint mir im ungesteuerten Schreibgebrauch früher eine umgekehrte Tendenz erkennbar gewesen zu sein, nämlich Babies, Hobbies usw. möglichst so wie im Englischen zu schreiben (was sicherlich mit der allgemeinen Anglizismenfreudigkeit der Deutschen zusammenhängt).

Zitat:
Die Neuregelung ist gerade in der Frage der Groß- oder Kleinschreibung von Verbindungen des Musters Heiliger Vater, Rote Karte, Dritte Welt von größter Undurchschaubarkeit. Dieser Teil der Regelung ist deshalb auch von der Presse abgelehnt und im 3. Geheimbericht thematisiert worden. Es kann nicht die Rede davon sein, daß die Reform hier dem Schreibgebrauch entgegenkommt. Vielmehr handelt es sich um eine ususferne Reißbrettlösung.

Was Fälle wie Rote Karte, Schneller Brüter usw. betrifft, stimme ich Ihnen zu; Dritte Welt fällt jedoch eindeutig unter § 60(5), und nur um dieses Beispiel ging es bisher.
__________________
Michael Schneider

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Theodor Ickler
22.09.2002 06.38
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Willkommen

Auch ich begrüße es, daß sich Herr Schneider nach längerer Pause wieder auf diesen Seiten eingefunden hat, und wollte ihn schon besonders dazu einladen. Seine Internetseiten zur Rechtschreibreform haben doch ein ganz anderes Niveau als die der Reformpropaganda, und es macht viel mehr Freude, mit ihm zu diskutieren. Natürlich ist seine tabellarische Übersicht vor dem Hintergrund seiner ausführlicheren Beiträge zu würdigen, und so war meine pauschale Anerkennung auch gemeint. Der Anfang mit den „Babys“ usw. ist nun gemacht, und so könnte man alles andere ebenfalls in dieser klärenden Weise durchdiskutieren. Vieles ist zwar schon früher gesagt worden, aber die Beiträge sind sehr verstreut.

Ähnlich wie Herr Melsa sehe ich (natürlich!) diesen Punkt: Solange man nur zwischen Dudennorm und neuer Vorschrift unterscheidet, fehlt gewissermaßen etwas, nämlich die Idee des deskriptiven Ansatzes. Gerade dies haben aber Reformer wie Munske frühzeitig angemahnt: erst einmal den üblichen Schreibbrauch angemessen darstellen und in seiner inneren Logik erfassen. Eigentlich sollte sich eine solche Aufgabe von selbst verstehen, denn in der Phonologie oder Grammatik tun die Sprachwissenschaftler doch nichts anderes. Bloß bei der Schreibung schiebt sich ständig die Dudennorm dazwischen.
__________________
Th. Ickler

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Christian Melsa
22.09.2002 00.59
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Re: Re: Fehler strotzend

Eingangs muß ich gestehen, daß ich noch nicht die Gelegenheit hatte, mich mit Ihrer Untersuchung genau zu befassen; es kann also sein, daß ich hier jetzt Aspekte anspreche, die durch Ihre Texte bereits geklärt sind. Aber spontan möchte ich doch gerne die hier vorgebrachten Worte folgendermaßen kommentieren:

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Michael Schneider
Sie werden aber gewiss nicht leugnen, Herr Markner, dass es bei Pluralformen englischer Substantive auf -y im alten Duden drei verschiedene Regeln gab, deren Gültigkeit im Einzelfall nur durch Nachschlagen zu ermitteln war (-ies, -ys oder beides). Diese Inkonsequenz hat die Reform beseitigt.

Inkonsequenz? Wenn derlei von den Reformern neu eingeführt wird, nennen die es gerne „Variantenfreiraum“. Wie Herr Markner bereits entgegnet hat, wirft das hier behandelte Phänomen aber eigentlich keine großen Probleme auf, sondern hat durchaus seine Berechtigung.

Zitat:
Wieso hätte ich die neue präskriptive Norm mit einer alten deskriptiven Norm vergleichen sollen? Wenn der Duden Schreibungen wie Dritte Welt nicht sanktioniert hat, die Neuregelung dies aber tut, bedeutet das doch, dass die Neuregelung in diesem Punkt natürlichen Schreibtendenzen eher entgegenkommt, und das kann man doch sicher als Positivum verbuchen. Oder darf ich Ihrer Meinung nach nur geniale Eigenerfindungen der Reformkommission loben?

Gut wäre es, wenn Sie schon Icklers Werke zu dem Thema in Ihre Untersuchung miteinbezogen haben, dann bei der Suche nach einer wünschenswerten Rechtschreibung auch zu dem naheliegenden Schluß zu kommen, nicht eine Reform als Ausgangspunkt zu wählen, die fachlich nicht gerade der Knüller ist und zu den in der Bevölkerung unbeliebtesten Reformen überhaupt zählt, sondern ein Konzept in der Weise, wie es Ickler mit seinem eigenen Rechtschreibwörterbuch vorgelegt hat. Die großen Vorteile dieses Ansatzes gegenüber künstlicher Reformmurkserei liegen doch auf der Hand. Und er ist auch sozusagen wissenschaftlich viel lauterer, da seriöse Wissenschaft normalerweise die Verhältnisse so darstellt, wie sie sind, anstatt bewußt Entstellungen von der beobachtbaren Realität in ein Theoriesystem zu bauen, das jedoch allen Ansprüchen der Praxis gerecht werden soll. Zwar gab es in der Geschichte der deutschen Orthographie immer auch mal wieder Einflüsse seitens Quellen absichtlich normativer Tendenz (Adelung, Gottsched usw.), aber niemals wurde solch eine Regelung in solch einer arroganten Aktion der Sprachrealität aufzudrängen gesucht wie bei der gegenwärtigen „Reform“. Angesichts dieser Form ist, so finde ich, die Grenze dessen, was als künstliche, somit unerprobte Normänderung toleriert werden kann, meilenweit überschritten. Weil sie unerprobt ist – vor allem aber, weil die Änderungen letztendlich auf Änderungen um der Änderungen willen beruhen, um mit winzigminderheitlichen ideologischen Zielen einfach eine Reform gleich welcher Art ins Werk zu setzen! – sollte man nicht sie als Ausgangspunkt wählen, sondern eine möglichst deskriptive Darstellung der vorhandenen, lebendig mit gutem Grund evolutionär so gewachsenen Rechtschreibung. Die aktuelle Rechtschreibreform ist nicht als weicher Einfluß gedacht, sondern als ein oktroyierter Eingriff; nicht als Angebot, sondern als Zwang (in der Schule und an anderen Orten ist das zweifellos so). Das macht sie im Kern so ablehnungswürdig. Man muß sie ablehnen, weil man Erpressungsmethoden gar nicht erst einreißen lassen sollte.

(Jetzt bin ich wieder bei der Grundsatzdiskussion angelangt... Aber die ist ja auch wichtig.)

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Reinhard Markner
21.09.2002 22.54
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Schön, daß Sie sich der Diskussion stellen, Herr Schneider. Die Beispiele Partys, Babys halte ich für trefflich, denn es dürften die häufigsten Plurale dieses Musters sein. Eine vollständige Liste habe ich nicht parat. Man muß auch differenzieren, wie integriert diese Wörter in die deutsche Sprache sind -- Baby wird ja hierzulande anders ausgesprochen als im Englischen. Insofern ist die unterschiedliche Behandlung durch die Duden-Redaktion vielleicht nicht so untriftig gewesen, wie Sie sie hinstellen. Man sollte bei alledem nicht vergessen, daß es sich natürlich um eine Lappalie handelt.

Die Neuregelung ist gerade in der Frage der Groß- oder Kleinschreibung von Verbindungen des Musters Heiliger Vater, Rote Karte, Dritte Welt von größter Undurchschaubarkeit. Dieser Teil der Regelung ist deshalb auch von der Presse abgelehnt und im 3. Geheimbericht thematisiert worden. Es kann nicht die Rede davon sein, daß die Reform hier dem Schreibgebrauch entgegenkommt. Vielmehr handelt es sich um eine ususferne Reißbrettlösung.
– geändert durch Reinhard Markner am 23.09.2002, 12.27 –

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Michael Schneider
21.09.2002 17.26
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Re: Fehler strotzend

Zu meiner „Zusammenfassenden Beurteilung der Rechtschreibreform“ sollte ich vielleicht anmerken, dass sie lediglich eine stichwortartige Zusammenfassung dessen darstellt, was ich in meinem Seminar im WS 2001/02 mündlich vorgetragen hatte und später in einem 72-seitigen Kommentar auch schriftlich niedergelegt habe. Kritik sollte also an diesem ausführlichen Kommentar und nicht an der – notwendigerweise undifferenzierten – Zusammenfassung geübt werden. In meinem Kommentar hoffe ich der Gefahr, „persönlichen Geschmacksurteilen einen wissenschaftlichen Anstrich [zu] geben“, nicht erlegen zu sein, zumal ich dort auch viele Argumente der reformkritischen Literatur, insbesondere von Herrn Ickler, übernommen habe.

Zu den von Herrn Markner bemängelten Einzelheiten:

Zitat:
Sinnvoll findet Schneider u. a. die vom Englischen abweichenden Pluralformen Babys, Partys. Sie standen schon vor 1996 im Duden und waren auch tatsächlich üblich. Was trägt ihre Bewertung also zur Beurteilung der Rechtschreibreform bei ?

Die Beispiele Babys und Partys standen tatsächlich zufälligerweise im Duden und sind insofern schlecht gewählt; ich werde sie bei nächster Gelegenheit durch bessere ersetzen. Sie werden aber gewiss nicht leugnen, Herr Markner, dass es bei Pluralformen englischer Substantive auf -y im alten Duden drei verschiedene Regeln gab, deren Gültigkeit im Einzelfall nur durch Nachschlagen zu ermitteln war (-ies, -ys oder beides). Diese Inkonsequenz hat die Reform beseitigt.

Zitat:
Akzeptabel findet Schneider die Großschreibung des Adjektivs z. B. in Dritte Welt, auch dies eine seit jeher übliche Schreibung, die aber vom Duden nicht sanktioniert war. Schneider hat also den Unterschied zwischen der realen Orthographie und ihrer nicht immer zutreffenden Beschreibung durch die Duden-Redaktion nicht verstanden.

Diesen Unterschied habe ich durchaus verstanden, aber ich habe meinem Vergleich natürlich die alte präskriptive Norm zugrunde gelegt, und das war nun mal der Duden. Wieso hätte ich die neue präskriptive Norm mit einer alten deskriptiven Norm vergleichen sollen? Wenn der Duden Schreibungen wie Dritte Welt nicht sanktioniert hat, die Neuregelung dies aber tut, bedeutet das doch, dass die Neuregelung in diesem Punkt natürlichen Schreibtendenzen eher entgegenkommt, und das kann man doch sicher als Positivum verbuchen. Oder darf ich Ihrer Meinung nach nur geniale Eigenerfindungen der Reformkommission loben?
__________________
Michael Schneider

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Reinhard Markner
21.09.2002 10.16
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Fehler strotzend

Sinnvoll findet Schneider u. a. die vom Englischen abweichenden Pluralformen Babys, Partys. Sie standen schon vor 1996 im Duden und waren auch tatsächlich üblich. Was trägt ihre Bewertung also zur Beurteilung der Rechtschreibreform bei ?

Akzeptabel findet Schneider die Großschreibung des Adjektivs z. B. in Dritte Welt, auch dies eine seit jeher übliche Schreibung, die aber vom Duden nicht sanktioniert war.

Schneider hat also den Unterschied zwischen der realen Orthographie und ihrer nicht immer zutreffenden Beschreibung durch die Duden-Redaktion nicht verstanden. Insgesamt habe ich den Eindruck, daß er persönlichen Geschmacksurteilen einen wissenschaftlichen Anstrich geben will.

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Theodor Ickler
21.09.2002 08.24
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Interessant

Schneider gibt neben anderen nützlichen Dingen auch eine „Zusammenfassende Beurteilung der Rechtschreibreform“ (http://staff-www.uni-marburg.de/~schneid9/orthogra.html). Er teilt die Neuschreibungen in „sinnvoll“, „akzeptabel“ und „nicht sinnvoll“ ein – das wäre eine gute Grundlage für Diskussionen.

Akzeptabel findet er zum Beispiel Ass, Mopp als „Konsonantenverdoppelung nach betontem Kurzvokal“. Nun sind allerdings Vokale in Einsilblern weder betont noch unbetont, man muß also erst „verlängerte“ Formen heranziehen: Asse, moppen usw. Dann fiele aber die Inkonsequenz ins Gewicht (Bus usw.)

Andererseits findet er nicht sinnvoll die „Konsonantenverdoppelung nach unbetontem Kurzvokal (nummerieren, Plattitüde, platzieren). Hier wird jedoch von den Reformern das Stammprinzip geltend gemacht, und daß in Wirklichkeit die Ableitung (von Nummer, platt, Platz) nicht stimmt, kann Schneider eigentlich nicht beirren, denn er billigt anderswo die „etymologisierende Schreibung“ als zumindest akzeptabel.

In dieser Weise könnte man die durchaus wohlinformierte und intelligente Darstellung des kritisch-wohlwollenden Reformkommentators durchdiskutieren. Die Notwendigkeit einer Reform geht aus seiner Beurteilung gewiß nicht hervor, zumal wenn man die sekundären Schwierigkeiten (Kosten, Psychologisches) mitbedenkt.

Schneider findet die Heysesche s-Regelung sinnvoll, scheint aber die fehleranalytischen Überlegungen und Befunde zu dieser Wiedereinführung nicht für wichtig zu halten.

Mit der Anerkennung von am Dienstagabend, freitagabends hat er zwar recht, aber das erste stand ohnehin schon im Duden, und das zweite wäre m. E. ohne weiteres daraus ableitbar gewesen und entspricht der Beobachtung (daher auch meinem Rechtschreibwörterbuch).
__________________
Th. Ickler

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Elke Philburn
20.09.2002 21.16
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Nachtrag:

Michael Schneider (Uni Marburg) hat noch einige andere Dokumente auf seiner Homepage veröffentlicht, die sich kritisch mit der Reform auseinandersetzen, vermutlich für ein Seminar über die deutsche Orthographie, das er im letzten Wintersemester gehalten hat.

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Elke Philburn
20.09.2002 20.49
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Hausorthographien

Ich weiß nicht, ob es schon bekannt ist, aber hier gibt es einen Überblick über die Hausorthographien der Presse.

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Dominik Schumacher
04.08.2002 13.29
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Focus: Die Freiheit nehm ich mir

Klick auf das Bild verbessert es (92K)

CHEF-ENTWICKLER Gerhard Augst, Vorsitzender der Rechtschreib-Kommission, geht davon aus, dass sich das Schreibvolk ans neue Deutsch gewöhnt. „Jede Reform braucht Zeit“

BILDUNG

Die Freiheit nehm ich mir

Auch vier Jahre nach dem Start ist die Rechtschreibreform höchst umstritten – die meisten Deutschen lehnen sie ab

Das Problem stellt sich zum Beispiel im bayerischen Biergarten. Da preist ein Münchner Wirt auf seiner Getränkekarte die „ Maß“ Helles an wie seit Jahrzehnten schon – und gerät mitten hinein in die Diskussion ums richtige Deutsch.

Denn seit August 1998, seit die Rechtschreibreform offiziell in Kraft getreten ist, soll das traditionelle Biermaß „Mass“ geschrieben werden. Der „Duden“ gibt sich tolerant und lässt auch die alte Variante zu; das „Wahrig“-Wörterbuch, gerade eben im Hause Bertelsmann erschienen, besteht dagegen unerbittlich auf dem doppelten „s“.

Es geht durcheinander im deutschen Schriftverkehr, auch vier Jahre nach der Umstellung. „Die orthographische Einheit ist zerstört“, wettert der Erlanger Sprachwissenschaftler Theodor Ickler, einer der profiliertesten Reform-Gegner. Die neue Rechtschreibung existiere nicht, stattdessen eine Vielzahl individuell zusammengebastelter Hausorthographien.

Das Schreibvolk verweigert dem Reformwerk die Zuneigung: 56 Prozent der Deutschen lehnen die neuen Schreibregeln ab, so eine aktuelle Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach. 57 Prozent sehen keinen Grund, ihr Schreiben umzustellen. Nur 29 Prozent plädieren dafür, die neuen Regeln beizubehalten.

Schlechte Noten also für die Mannheimer Expertenkommission, die das Regelwerk entwickelt hat. Ihr Vorsitzender, der Siegener Sprachwissenschaftler Gerhard Augst, setzt auf den Gewöhnungseffekt: „Jede Reform braucht Zeit, um akzeptiert zu werden.“

Die Schulen sind den Reformern – auf Geheiß der Kultusminister – am weitesten gefolgt. Sie lehren beispielsweise die neue Zeichensetzung, die vor allem darin besteht, dass viele Kommas weggelassen werden dürfen – ohne besondere Rücksichtnahme auf die Lesbarkeit der Texte. Außerhalb des Unterrichts werden diese „Kann-Regeln“ kaum umgesetzt; Zeitungen und Zeitschriften lehnen sie ab.

Stellvertretend für die Medienbranche haben sich die Nachrichtenagenturen 1999 auf eine abgeschwächte Version der neuen Orthographie geeinigt: Sie schreiben beispielsweise feststehende Begriffe groß, wie die „Rote Karte“ im Fußball. Bei der besonders umstrittenen Getrennt- und Zusammenschreibung wählen sie häufig – entgegen der ursprünglichen Ankündigung – die alte Form, also zum Beispiel „auseinandersetzen“ (statt „auseinander setzen“) oder „gewinnbringend“ (statt „Gewinn bringend“. Einige Redaktionen, zum Beispiel FOCUS, haben eine eigene gemäßigt reformierte Orthographie erarbeitet. Die FAZ kehrte, nachdem sie 1999 die neue Rechtschreibung eingeführt hatte, im Sommer 2000 mit großer Geste zur alten zurück – sehr zum Missfallen der Reform-Kommission.


„Eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung entspräche dem wohlbegründeten Willen der Mehrheit der Bürger“ Günter Grass, Literatur-Nobelpreisträger


Dafür darf sie sich über eine Nachricht des Börsenvereins für den Deutschen Buchhandel freuen. Die Verlage veröffentlichten 80 Prozent ihrer neuen Bücher inzwischen nach den reformierten Regeln, berichtet der Verband. Ein Großteil der publikumswirksamen Belletristik erscheint auf ausdrücklichen Wunsch der Autoren allerdings nach wie vor in alter Schreibung, zum Beispiel die aktuellen Bestseller von Martin Walser, Günter Grass oder Bodo Kirchhoff.

Für Theodor Ickler sind das deutliche Belege dafür, dass die Reform gescheitert ist: „Die Kluft zwischen Regelwerk und Schreibwirklichkeit ist größer denn je, das genaue Gegenteil des Reformzwecks ist eingetreten.“ Hinter den Kulissen arbeite die Kommission „zügig am Rückbau der Reform“.

Gerhard Augst bestreitet das energisch. Zwar habe seine Kommission die Aufgabe, die Umsetzung der Reform zu beobachten und Änderungen vorzuschlagen. „Wir gehen aber davon aus, dass sich kaum etwas ändern wird.“ Allerdings gibt Augst zu, dass es keinen Sinn macht, über einen längeren Zeitraum hinweg im Deutschunterricht Schreibregeln zu lehren, um die sich außerhalb der Schulen kaum jemand schert: „Natürlich gucken wir uns sehr genau an, was die Schreibgemeinschaft mit unseren Regeln anfängt. Auf Dauer kann der Staat keine Verordnung zu einer Schreibung erlassen, die von der Gemeinschaft gar nicht befolgt wird.“

JOBST-ULRICH BRAND

Focus 32/2002


Fotos: T. Pflaum/Agon/Visum/FOCUS-Magazin, Focus 32/200.

action press, dpa (2)



FOLGSAM
Deutschlands Schüler pauken die neue Rechtschreibung in ihrer radikalen Form. Außerhalb des Unterrichts erscheint sie abgeschwächt

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Bilder folgen, aber erst Hausarbeit

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Theodor Ickler
04.08.2002 11.15
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FOCUS

FOCUS hat heute einen schönen reformkritischen Bericht: „Die meisten Deutschen lehnen die neue Rechtschreibung ab“ von Jobst Brand. Leserbriefe erwünscht.

(Kann jemand den Text für das Nachrichtenbrett einscannen?)
__________________
Th. Ickler

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Matthias Dräger
07.05.2001 11.24
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Spaltung I

Unter dieser Rubrik möchte ich zur Sammlung von Dokumenten anregen mit dem Thema: An welchen Stellen und ggf. in welchem Umfang bewirkt die Rechtschreibreform langfristig eine Spaltung unserer Orthographie:

Am 26. 4. war ich in der Landesbibliothek Koblenz. Dank EDV habe ich mir dort einen Überblick verschafft über den Bestand der Bibliothek, geordnet nach Erscheinungsjahr:

Jahr Bestand
2001 3.310
2000 11.516
1999 6.895
1998 7.934
1997 8.593
1996 9.777
1995 10.906
1994 24.770
1993 9.647
1992 8.714
1991 8.596
1990 23.190
1989 7.513
1988 6.707
1987 5.151
1986 4.039
1985 4.262
1984 3.719
1983 3.680
1982 3.666
1981 3.969
1980 4.501
(Ich habe auch noch die Bestände der Jahre 1960 bis 1979 geprüft; die Bestandszahlen in diesem Zeitraum liegen zwischen 3000 bis maximal 4.000 Exemplaren pro Jahr.)

Das, was an Neuerwerbungen der Bibliothek ausgestellt war, war leider dürftig: es waren 11 Titel, davon 2 gemäß Rechtschreibreform; das macht näherungsweise 20%. Die Zahl von 11 Titeln ist für eine statistische Auswertung zwar zu gering, aber der Anteil von 20% deckt sich in etwa mit meinen Beobachtungen beim jüngsten Besuch einer Buchhandlung, so daß ich dennoch damit einmal etwas rechnen werde (alle Angaben daher nur grobe Näherungen).
Ich nehme ferner zugunsten der Rechtschreibreform einmal an, daß bereits seit 1998 schon 20% der Neuzugänge der Bibliothek in „neuer“ Rechtschreibung erschienen seien. Dann ergibt sich folgendes Bild:

Bücher gem. Rechtschreibreform 1998 bis 2001: 20% von 29.655 = 5.930 Exemplare

Bestand der Landesbibliothek 1980 bis 2001 insgesamt: 181.055 Exemplare

5.930 Exemplare von 181.055 sind = 3,27 %

Fazit: In der Landesbibliothek Koblenz hat der Bestand der Titel von 1980 bis 2000 immer noch eine weitgehend einheitliche Rechtschreibung.

Oder mit anderen Worten: Wer jetzt zur Schule geht und danach einen höheren Bildungsweg einschlagen möchte, für den ist der Weg zu einer einheitlichen Rechtschreibung, d.h. daß seine in der Schule gelernte Orthographie durch die Orthographie seiner Lehr- und Studienbücher ständig normiert und gefestigt wird, verbaut.

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