KULISSENGEPLAUDER
HANSKARL VON NEUBECK
(Südwestpresse online 21.7.2001)
So streng wie früher wird es heutzutage mit der Rechtschreibung nicht genommen. An Kleinigkeiten wie den Satzzeichen ist das besonders gut abzulesen. Damit, einen Punkt zu machen, haben die wenigsten ein Problem. Doch dem Komma beispielsweise ergeht es richtig schlecht. Manche Lehrer klagen gar, dass man schon froh sein kann, wenn Schüler mal auf Verdacht ein Komma setzen.
Wir wollen an dieser Stelle nicht die Schlamperei schlecht schreibender Schüler, die jetzt mit Bangen auf ihr Zeugnis warten, entschuldigen, aber eines anmerken: Die Schulen gehen nicht immer mit gutem Beispiel voran. Nehmen wir die Eduard-Mörike-Schule in Böfingen. Die empfängt ihre Besucher mit einem Schild, auf dem der zweite Bindestrich fehlt, so dass sie nun ¸¸Eduard-Mörike Schule'' heißt. Sieht merkwürdig aus oder nicht? Der Bindestrich ist nicht gestern oder vorgestern verschwunden (was man tolerieren könnte). Nein, der Bindestrich fehlt bereits seit vielen Monaten. Der Eduard-Mörike-Schule oder ersatzweise dem Hochbauamt, das für die Schule geradezustehen hat, kann man folglich, was die Rechtschreibung angeht, kein gutes Zeugnis ausstellen.
Zugegeben, Bindestriche können lästig sein. Ein Ulmer Gymnasium wäre, würde man die ganze Strenge der Rechtschreibregeln walten lassen, gleich mit vier Bindestrichen geschlagen. Vernünftigerweise wurde entschieden, so zu schreiben: Hans und Sophie Scholl-Gymnasium. Eine ähnlich elegante Lösung haben die Wiener für den Platz gefunden, der dem Dirigenten von Karajan gewidmet ist. In Wien schreibt man Herbert von Karajan-Platz, wie die Passanten an der Fassade des Ulmer Theaters studieren können. Dort wurde vorigen Herbst, als das Ulmer Haus zu Ehren des weltberühmten Dirigenten eine neue Adresse bekam, ein Schild aus Wien angebracht. Die Straßenschilder Ulmer Machart schneiden daneben schlecht ab. Sie wirken seltsam verquetscht, weil die hiesigen Schildermaler folgende Variante gewählt haben: Herbert-v.Karajan-Platz.
Kommentar von Th. I.: Nach alter wie neuer Rechtschreibung muß in allen genannten Fällen vollständig durchgekoppelt werden. Es gibt kein Scholl-Gymnasium, das die Vornamen Hans und Sophie hätte usw. Das ist logisch. Meiner Ansicht nach ist aber auch nichts gegen die verbreitete Praxis einzuwenden, gerade bei Titeln und um solche handelt es sich oft alle Bindestriche wegzulassen und nach englischem Vorbild zu schreiben: Emil von Behring Gymnasium. Ganz besonders für Schilder usw. empfiehlt sich diese unpedantische Schreibweise.
Übrigens ist es wohl eine unbewiesene Behauptung, daß Rechtschreibung heute nicht mehr so streng genommen würde. Das scheint vielleicht nur so wegen des reformbedingten Durcheinanders. Aber auf lange Sicht dürfte eine so leicht beherrschbare (daher ja auch programmierbare) Kulturtechnik bestens geeignet sein als Maßstab zur Messung von Sekundärtugenden ... also für die Schule, für Pesonalabteilungen usw.
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Th. Ickler
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