Bodo Kirchhoff gewinnt Buchpreis 2016
In "Widerfahrnis" schickt Bodo Kirchhoff zwei Menschen auf eine traumhafte Reise nach Sizilien. Seine Novelle, ausgezeichnet mit dem Deutschen Buchpreis 2016, erzählt von einer späten, unverhofften Liebe...
Bodo Kirchhoff selber erklärt im Gespräch mit der Deutschen Welle, worum es ihm beim Schreiben ging: Ich glaube, dass mein Buch eine Geschichte ist, die im anschaulichen Kleinen zeigt, wo genau das Scheitern ansetzt. Aber was wichtiger ist: Die Parabel versucht, für etwas, für das unsere öffentliche Sprache abgegriffen und ausgelutscht ist, eine andere, einfache und vielleicht treffendere kleine Sprache zu finden. Ihm komme es darauf an, etwas erzählbar zu machen, ohne alle möglichen Zusammenhänge mitzuerzählen. Die Größe des Faktischen bestehe nicht in der Größe der Zahl, meint der Autor und erinnert daran, dass sich die Bundeskanzlerin im letzten Jahr dieser Erkenntnis gebeugt habe.
Deutsche Welle 17.10.2016
Bodo Kirchhoff, „Widerfahrnis“ Leseprobe
„man kann nicht sagen, dass alle nur lesen“, „aus früheren Messetagen“, „das sogenannte Kaminfoyer“, „von weitem“„ Sie haben recht“, „und das Schreiben geschieht ja im Stillen“, „er als Einziger“, „tut es mir leid“,„Freunde wäre zu viel gesagt“, „mit Augen von einem bläulichen Grau“, [das würde irritieren:„mit Augen von einem gräulichen Blau“]
Irgendwann beugen sich alle der „Erkenntnis“* oder werden gebeugt:
Dem Frankfurter Appell zur Rechtschreibreform, in dem die „Beendigung des Experiments Rechtschreibreform“ gefordert wird, sind im Verlauf der Frankfurter Buchmesse weitere 150 namhafte Persönlichkeiten des literarischen Lebens beigetreten, unter ihnen die Autoren Volker Braun, Robert Gernhardt, Durs Grünbein, Bodo Kirchhoff, Georg Klein, Alexander Kluge, Martin Mosebach, Sven Regener, Rüdiger Safranski, Urs Widmer und Christa Wolf sowie die Verleger Dr. Hans Dieter und Wolfgang Beck, Matthias Bischoff (Eichborn), Daniel Keel (Diogenes), Michael Klett, Michael Krüger und Klaus Wagenbach. (11.10.2004)
Bodo Kirchhoff: Wir können jetzt nur noch auf einen Aufstand der Buchstaben hoffen. Die Politik betrachtet Sprache als ein Vereinfachungsinstrument zur Durchsetzung eigener Interessen. Daher ist es logisch, dass sie in einen Gegensatz zu allen tritt, für die Sprache vor allem ein Ausdrucksmittel ist.
Spiegel 11.10.2004
Bodo Kirchhoff: „Wer eine Regel ... oder wer Regeln, die über Generationen Bestand hatten, von Amts wegen außer Kraft setzt, der erklärt natürlich die neuen Regeln von vornherein für provisorisch. Es ist ja scheißegal, wie man es schreibt, denken die Schüler, Hauptsache man versteht's. Ich glaube, heute schreibt man bei uns so wie man Fußball spielt: Jeder darf wie er kann.“
(ZDF, „heute“, 17.07.2004 19:00)
Bodo Kirchhoff: Ich bleibe überzeugt bei der alten Rechtschreibung. Ich würde einen Teil meiner Sprachgeschichte über Bord werfen, wenn ich der Reform folgte. Sprache ist ein zentraler Bestandteil der Intimität, dazu gehört das Schriftbild ebenso wie der Dialekt. Die Reform ist der Versuch, die Macht des Signifikanz zu brechen.
(Die Welt, 28.2.2001)
(Hans Zehetmair hat vor kurzem dem „Rat für die bessere Rechtschreibung“ seine Erkenntnis nach 20 Jahren mitgeteilt: Daß die traditionelle Rechtschreibung die bessere sei.)
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