Re: mit
Zitat: Ursprünglich eingetragen von gestur
Im Gegensatz zum Duden von 1996 steht im Duden von 1955 eine sehr einfache Erklärung, ausführlicher als im Duden von 1967:
II.) In Verbindung mit einfachen Zeitwörtern:
1.) ... vorübergehende Beteiligung oder den Gedanken des Anschlusses ...
2.) Zusammenschreibung,
a) ... dauernde Vereinigung oder Teilnahme ...
b) ... neuer Begriff entsteht ...
III.) In Verbindung mit zusammengesetzten Zeitwörtern:
a) Getrenntschreibung, z. B. mit ansehen;
b) Zusammenschreibung, wenn ein neuer Begriff entsteht.
Das Kriterium der Entstehung eines neuen Begriffes wurde im Duden von 1996 weggelassen.
Im Gegensatz zu gestur bin ich der Ansicht, daß diese Passagen keineswegs einfach, sondern außerordentlich kompliziert und kaum nachvollziehbar sind, außer für Höchstleistungsgrammatiker. Unter anderem deshalb ist es aus Sicht der Regelformulierung natürlich einfacher, wenn ein Kriterium wie neuer Begriff aufgegeben wird. Dazu kommt, daß neuer Begriff ein schwammiges Kriterium ist: Was heißt neu? Für wen neu, inwiefern neu? Die Schwammigkeit hat zur Folge, daß bei der ersten Verwendung in dem Zitat mit einem Beispiel gearbeitet wird (mitteilen).
Wer wie die Reformer unbedingt Regeln vereinfachen will, hat gerade bei der GZS natürlich ein großes Betätigungsfeld. Der Haken bei der Sache ist nur, daß die Schreiber immer nach ihrem Sprachgefühl schreiben werden und im Sinne der automatischen Rechtschreibung, indem sie die GZS voneinander abschauen und aus Parallelfällen ableiten, sei es als Analogie, sei es als gegensätzlicher Fall zum Zweck der Differenzierung. Dabei kommen dann, wenn man das in der Regel formuliert, allein schon bei dem relativ übersichtlichen Einzelfall mit + Verb sehr komplexe Kriterien zutage, die überdies nicht klar abgrenzbar sind. Die Regelformulierung suggeriert hier die eindeutige Zuordnung jeweils von Getrennt- und Zusammenschreibung. In Wirklichkeit schwankt der Gebrauch. Und die GZS insgesamt ist noch um einige Größenordnungen komplizierter.
Die Schlußfolgerung daraus kann aber nicht sein, daß man wie die Reformer nun willkürlich irgendwelche Kriterien streicht, nur damit die Regeln etwas verschlankt aussehen. Denn danach werden sich die Schreiber nie richten, jedenfalls die allermeisten. Somit führt eine solche Manipulation der GZS auf Regelebene nur zu einer tiefen Entfremdung von Regel und Schreibwirklichkeit und zu viel mehr Fehlern als zuvor.
Die richtige Schlußfolgerung muß sein, solche Betrachtungen wie die hier zitierten als Aufbereitung für theorieverliebte Feinschmecker einzustufen, die der Schreiber in Wirklichkeit nicht brauchen kann. Und vor allem muß man früher oder später einsehen, daß es unmöglich ist, die GZS erschöpfend in Regeln zu fassen, jedenfalls wenn man nicht die Sprachgemeinschaft vergewaltigen will, was sowieso nicht funktioniert. Man muß bei der GZS mit einigen relativ pauschalen Angaben arbeiten, man muß diese als Hinweise und Empfehlungen anbieten und hinzufügen, daß im Zweifelsfall (also fast immer) das Sprachgefühl entscheiden sollte. Denn so ist es auch: In Wirklichkeit entscheidet fast immer das Sprachgefühl. Da kann man Regeln formulieren oder ändern, so viel man will. Am besten ist, man läßt es bleiben.
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