Neue deutsche Literatur
Wie schreiben die Schriftsteller? In der Buchhandlung, in der ich mich heute umgesehen habe, lagen an Büchern in herkömmlicher Orthographie u.a. aus:
Zsuzsa Bánk, Der Schwimmer (S. Fischer 2002)
Thommie Bayer, Das Aquarium (Eichborn 2002)
Max Goldt, Wenn man einen weißen Anzug anhat (Rowohlt 2002)
Frank Goosen, Liegen lernen (Eichborn 2001 [gebundene Ausgabe] / Heyne 2002 [Taschenbuch Klappentext in reformierter Rechtschreibung])
Elfriede Jelinek, Gier (Rowohlt 2000 [gebundene Ausgabe] / Rowohlt 2002 [Taschenbuch])
Georg Klein, Von den Deutschen (Rowohlt, September 2002)
Charlotte Link, Die Rosenzüchterin (Blanvalet 2000 [gebundene Ausgabe] / Goldmann 2002 [Taschenbuch])
Sven Regener, Herr Lehmann (Eichborn 2001)
Keto von Waberer, Schwester (Berlin Verlag, 2002)
David Wagner, Was alles fehlt. 12 Geschichten (Piper 2002)
Dieter Wellershoff, Der Liebeswunsch (Kiepenheuer&Witsch 2000 [gebundene Ausgabe] / btb 2002 [Taschenbuch Klappentext in reformierter Rechtschreibung])
(Titel von Verlagen wie C.H. Beck, Diogenes, Frankfurter Verlagsanstalt, Hanser, Luchterhand oder Suhrkamp, die ja ohnehin -wenigstens, was ihre Literaturprogramme angeht bei der herkömmlichen Rechtschreibung geblieben sind, erwähne ich nicht extra).
In reformierter Orthographie habe ich von deutschen Schriftstellern nur zwei Titel gesehen:
Christoph D. Brumme, Süchtig nach Lügen,
und Michael Ebmeyer, Plüsch (beide Kiepenheuer & Witsch 2002)
In der deutschsprachigen Literatur werden also die neuen Rechtschreibregeln nach wie vor ganz überwiegend ignoriert. Sie werden es auch von den jungen Autoren und entgegen den Wünschen der Verlage (Zsuzsa Bánks Roman Der Schwimmer etwa ist ihr Erstlingswerk. Der S. Fischer Verlag hat sicherlich versucht, sie von der herkömmlichen Rechtschreibung abzubringen). Wenn es so etwas wie ein 'Projekt Literatur' noch gibt, das Schriftsteller, Verleger, Lektoren, Buchhändler, Kritiker und Leser gemeinsam als das ihre erachten, dann müßte das nahezu einhellige Votum der Schriftsteller eigentlich etwas bewirken. Wenn die Schriftsteller meinen, daß Literatur in der herkömmlichen Rechtschreibung zu erscheinen hat, dann müßten die Verlage aus Respekt vor den Schriftstellern daraus Konsequenzen ziehen. Wenigstens in den Verlagsgruppen Holtzbrinck und Bertelsmann / Random House tun sie das aber nicht. Aus fremden Sprachen übersetzte Literatur wird dort konsequent in reformierter Rechtschreibung herausgebracht. Man sieht daran, in welchem Ansehen die Literatur und die Literaten dort wirklich stehen.
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Jörg Metes
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