Aufwändiges im Bundesgesetzblatt
Folgende Notiz habe ich heute an das Bundesjustizministerium verschickt:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Mit Bestürzung nehme ich das Bundesgesetzblatt I Nr. 66 dieses Jahres zur Hand. Im Gesetz zur Reform des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung (S. 3465)finde ich die neu gefaßten §§ 269 SGB V und 28a Risikostruktur-Ausgleichsverordnung. Die Überschriften der Paragraphen lauten:
Solidarische Finanzierung aufwändiger Leistungsfälle (Risikopool)
Solidarische Finanzierung für aufwändige Leistungsfälle (Risikopool)
Meine Entrüstung setzt bei der Schreibweise aufwändig ein. Mit Verlaub, aber diese Schreibweise ist zum auf die Wände steigen. Der Duden nach neuer Rechtschreibung (21. Auflage 2000) läßt in vielen Fällen zwei Schreibweisen zu. Hier aufwendig und aufwändig.
Beim ZPO-RG haben Sie sich noch nicht entscheiden können, wie Sie aufwendig schreiben wollen. Auf Seite 2020 aufwendig und auf Seite 1898 (§ 538 ZPO) aufwändig.
Sinn dieser Notiz ist nicht, Sinn und Unsinn der neuen Rechtschreibung zu diskutieren. Es geht mir nur um das Wahlrecht der BGBl.-Redaktion (und natürlich auch anderer Amtsblätter). Und es geht auch nicht um aufwendig allein, sondern um alle Wahlmöglichkeiten nach neuer Rechtschreibung. Ich finde, daß Ihr Haus in Bezug auf Gesetzgebung insoweit Farbe bekennen muß, und sich für eine einheitliche Rechtssprache entscheiden muß. Daher sollten Sie Weisungen für die Anwendung der neuen Rechtschreibung in laufender Arbeit haben, die solche Fälle regelt. Geht man von der Überlegung aus, daß aufwendig nicht von Aufwand herkommt (Aufwand ist selbst der abgeleitete Begriff), sondern von aufwenden, berücksichtigt man, daß für Juristen der Begriff Aufwendungen in verschiedenen Zusammensetzungen häufiger verwenden als Aufwand, dann müßten Sie eigentlich zu dem Ergebnis kommen, daß für die juristische Zunft aufwendig die bessere Variante sei.
Für uns als Verlag mit zahllosen Textausgaben ist es natürlich ein Problem, wie wir die Richtigkeit sicherstellen sollen, wenn im BGBl schon an der Quelle Willkür herrscht.
Verlag C.H. Beck, München
Hans-Dieter Burneleit
21.12.2001
Hans-Dieter Burneleit Dompfaffgasse 2, 85551 Kirchheim
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