Arnd Stein: Das Rechtschreibspiel. 21. Aufl. München (Kösel) 2001
Diese Buch des Psychologen Stein ist seit 1981 auf dem Markt. Der Verfasser gibt nicht nur Übungen und Anregungen (wozu auch Kärtchen und Entspannungsübungen gehören), sondern arbeitet die unterschiedlichen, oft pathogenen Lebensumstände der Kinder heraus. Ein Abschnitt heißt Die Legende von der Legasthenie. In der Einleitung kommt er auf die Rechtschreibreform zu sprechen, über die er sich vor zwei Jahren auch in einem Zeitschriftenaufsatz geäußert hat.
Stein hat 390 Diktate rechtschreibschwacher Schüler der 3. bis 5. Klasse untersucht. Von den insgesamt ca. 29.000 Wörtern waren ca. 3.400 falsch geschrieben und nur 25 dieser fehlerhaften Schreibungen würden nach der Neuregelung als richtig gelten. Das entspricht einer zu erwartenden Leistungsverbesserung von lediglich 0,7%.
Stein äußert daher den Verdacht, dass die Rechtschreibreform nur in äußerst geringem Maße dazu beitragen kann, unsere alltägliche Schriftsprache zu vereinfachen. Demnach scheint der immense Aufwand, der für die Umsetzung der orthographischen Veränderungen notwendig ist, in einem extremen Missverhältnis zu seinem minimalen lebenspraktischen Nutzen zu stehen.
Zu einem ähnlichen Urteil kommt Stein bei der Groß- und Kleinschreibung.
Daran wird auch die von der Reform verlangte Kleinschreibung der Anrede 'Du' (oder 'Euch') in Briefen nichts ändern. Diese vermeintliche Vereinfachung kann zudem als subtiler Eingriff in unsere persönlichen Beziehungen empfunden werden. Denn ein groß geschriebenes (sic) Du, Dich oder Dein vermittelt unserem Gegenüber Wertschätzung und Nähe. Ein kleines 'du' hingegen könnte unterschwellig emotionale Distanz suggerieren.
Wenn wir als nach der Rechtschreibreform weiterhin kaum weniger als 99% unserer bisherigen Fehler machen, so liegt die Frage nahe: Warum hat man nicht alles beim Alten gelassen, oder aber den Dschungel der Orthographie konsequenter gelichtet?
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Th. Ickler
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