Lehrer und Schüler Opfer der Alt-68er
Unser Wissen ist Stückwerk. Das beweisen Sie, Herr Lachenmann, auf besondere Art und Weise in Ihrem Beitrag Lehrer und »Norm«" vom 13.01.; denn Sie behaupten etwas zu wissen, ohne es zu wissen und spekulieren wie folgt drauflos:
An anderer Stelle bekennt ein Kollege Schäblers, er habe bis 1996 als Deutschlehrer an einer Berufsschule überhaupt nicht gewußt, daß es neben dem Duden auch noch andere konkurrierende Rechtschreibwörterbücher gab. Das kann unmöglich daran gelegen haben, daß ihm irgendwelche finsteren Alt-68er bei Strafe des finalen Mobbings es verboten hätten, sich hierüber kundig zu machen, und wenn ein Lehrer von seinem Unterrichtsfach lediglich die amtlich vorgegebene Literatur zur Kenntnis nimmt, mag das auch mit persönlichem Desinteresse oder der von Norbert Schäbler beschriebenen Unwilligkeit, über die gestanzte Norm hinaus sich mit seinem ureigensten Wissensgebiet zu beschäftigen, zusammenhängen. Wenn dieses Nichtwissen vom Vorhandensein anderer Wörterbücher in der gebildeten Bevölkerung allgemein gewesen wäre, hätte niemals auch nur eines davon verkauft werden können, sie wurden aber durchaus recht gut verkauft, waren also bekannt und verbreitet, und keineswegs ausschließlich im Ramschmarkt zu finden.
Man soll mit dem Wörtern niemals und nie vorsichtig sein, besonders wenn man Verleger ist und sich daher im Buchwesen eigentlich auskennen sollte. Aber Sie behaupten, es hätte vor 1996 niemals auch nur ein einziges alternatives Wörterbuch verkauft werden können, wenn diese nicht in der gebildeten Bevölkerung allgemein bekannt gewesen wären.
Wenn das stimmte, hätten auch Sie besonders als Verleger vor 1996 nicht nur Besitzer eines alten Dudens, sondern auch mehrerer alternativer Wörterbücher sein müssen, da diese zu Ihrem ureigensten Wissensgebiet gehören. Aber bisher haben Sie in Ihren Beiträgen kein einziges alternatives Wörterbuch erwähnt. Auch war es vor 1996 unnötige sinnlose Arbeit, mehrere Rechtschreibwörterbücher heranzuziehen; denn Vorher konnten andere Wörterbücher nur beim Duden abschreiben (Ickler).
(Es können sich hier übrigens Leser melden, die vor 1996 Besitzer alternativer Wörterbücher waren. Ich bin gespannt, ob sich überhaupt jemand meldet. Es könnten sich aber auch Leser melden, darunter auch Lehrer, Hochschullehrer und Verleger, die stolz darauf sind, bis 1996 nicht einmal einen aktuellen Duden besessen zu haben.)
Richtig ist dagegen, daß die zahlreichen Bibliotheken und Germanistikinstitute verpflichtet sind, auch alternative Wörterbücher zu erwerben. Schon deswegen lohnte sich der Druck auch kleinerer Auflagen alternativer Wörterbücher. Wer sich hingegen heute in Antiquariaten und auf Flohmärkten umschaut, findet vorwiegend Duden-Exemplare, dagegen sehr selten konkurrierende Wörterbücher. Daraus kann man schließen, daß alternative Wörterbücher in der gebildeten Bevölkerung nicht sehr verbreitet waren.
Zum Nichtkennen alternativer Wörterbücher von vor 1996 bei Deutschlehrern an einer Berufsschule:
Deutschlehrer an Berufsschulen in Bayern und wenn mich nicht alles täuscht auch Volksschullehrer sind in der Regel keine Germanisten, haben also nicht Germanistik studiert. Ob finstere Alt-68er speziell für diese fehlende Ausbildung mitverantwortlich sind, weiß ich nicht. Aber daß 68er-Heilsapostel verantwortlich für die allgemeine Senkung des Bildungsniveaus sind, weg von der Leistungsschule hin zur Spaßschule, das dürfte allgemein bekannt sein. Beim Germanistikstudium werden dagegen zwar hohe Anforderungen gestellt. Aber 80 Prozent der Studenten beenden ihr Germanistikstudium nicht (Heike Schmoll: Wie erwartet. Die Reaktionen auf die Pisa-Ergebnisse und die Empfehlungen des Forum Bildung. In: FAZ Nr. 7 vom 09.01.2002, S. 10).
Hinsichtlich des fehlenden Germanistikstudiums der Berufsschullehrer war man offenbar der Meinung, daß den Schülern die nötigen Deutschkenntnisse bereits an der Volksschule, der Realschule oder dem Gymnasium vermittelt werden. Doch die Deutschkenntnisse vieler Berufsschüler sind trotz geschönter Noten (Wenn man einen Punkteschlüssel manipuliert, kann man aus Fehlleistungen noch annehmbare Leistungen machen)- erschreckend. Ein Berufsschullehrer ist jedenfalls insbesondere bei Teilzeitunterricht nicht in der Lage, mangelnde Deutschkenntnisse der Berufsschüler nachzuholen, da dies schon zuvor im Vollzeitunterricht an den vorhergehenden Schulen nicht gelungen war. Er kann sie nur unwesentlich verbessern.
Die Pisa-Studie hat offengelegt, daß fünzehnjährige Deutsche auf dem Niveau eines Entwicklungslandes stehen, was ihre Sprach- und Lesekompetenz angeht. Es ist erschreckend festzustellen, daß in einer 7. Gymnasialklasse (...) fast ein Drittel der Schüler als Legastheniker anerkannt sind. Das heißt, man hat ihnen amtlich bescheinigt, daß sie nicht so schreiben und lesen können, wie es ihrem Alter entspricht. Anstatt sich zu fragen, ob in den vorangehenden Klassen das Schreiben und das Lesen zu wenig geübt worden und Konsequenzen für folgende Jahrgänge daraus zu ziehen sind, bescheinigt man diesen Kindern eine Behinderung. Ihre negativen Rechtschreibleistungen dürfen nicht in die Gesamtwertung einfließen. Das gilt für die Fächer Deutsch und sämtliche Sprachen bis zur 10. Klassenstufe. (Sigrid Seeck, Kiel: Die Schule mit dem höheren Anspruch wird bestraft. In: FAZ Nr. 303 vom 31.12.2001, S. 9). Auch an der Universität gelten viele Abiturienten bei den Professoren als nicht studierfähig, weil ihnen das Basiswissen in Deutsch und Mathematik fehle. Immer häufiger müssen Dozenten in die Rolle der Nachhilfelehrer schlüpfen. Grund sei die Möglichkeit der Abwahl des schwächsten Kernfaches im Abitur. (Professoren fordern: Abi-Fächer verbindlich festlegen. In: Nürnberger Zeitung Nr. 10 vom 12.01.2002, S. 4).
Berufsschullehrer müssen aber mangels Germanistikstudiums in ihrem Deutschunterricht mit dem auskommen, was sie am Gymnasium im Fach Deutsch gelernt haben. Selten besucht ein Berufsschullehrer an einer Akademie für Lehrerfortbildung Deutsch-Seminare und legt wie ich eine Zusatzprüfung in Deutsch ab. Aber dieses Kurzstudium kann man nicht mit einem fünfjährigen Germanistikstudium vergleichen. Auch waren in den Deutsch-Seminaren an der Akademie für Lehrerfortbildung andere Wörterbücher wegen des Dudenprivilegs kein Thema. So kann man verstehen, daß das Fach Deutsch an Berufsschulen vielfach als das fünfte Rad am Wagen gilt. Die meisten Berufsschullehrer wollen das korrekturintensive Fach Deutsch nicht unterrichten. In etlichen Berufsgruppen wurde ohnehin das Fach Deutsch als Prüfungsfach abgeschafft. Der Deutschunterricht wird daher als Nichtprüfungsfach gern zweckentfremdet für Prüfungsfächer verwendet, um wegen Unterrichtsausfalls nicht geschafften Stoff zu erarbeiten. Angesichts all dieser Fakten ist es völlig unwichtig, ob ein Berufsschullehrer vor 1996 nur den Duden oder auch alternative Wörterbücher kannte und benutzte.
Sie sprechen von finalem Mobbing, zu dem die Alt-68er nicht fähig seien. Mobbing, d.h. Psychoterror, ist der Stasi-Methode der Zersetzung sehr ähnlich. Mobbing kommt überall vor und kann von jedermann ausgeübt werden. Auch in der Schule können Schulleiter Lehrer mobben. Insbesondere die sogenannte Rechtschreibreform als Frucht der Alt-68er und ihre undemokratische Art der Durchsetzung betrachte ich als eine subtile Form des Mobbings.
Sogar ein prominenter Alt-68er wandte kürzlich die Methode des Mobbings an. Schröder kritisierte Stoiber: ‚Er steht für eine Radikalisierung der demokratischen Rechten und gibt damit die Mitte preis'. (NZ Nr. 11 vom 14.01.2002, S. 1) Ein Bundeskanzler bestimmt nicht nur die Richtlinien der Politik, sondern gibt als Alt-68er auch das richtungweisende Signal für einen diffamierenden Schmutzwahlkampf.
– geändert durch Manfred Riebe am 15.01.2002, 11.55 –
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