Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Forum - Der Fetisch "Norm"
Willkommen Die 20 neuesten Beiträge im Forum
Fadensuche     Suche
Kennkarte ändern     Häufig gestellte Fragen   zu anderen Nutzern  kostenlose Anmeldung   Anfang  verabschieden
Jemandem diese Seite senden! Druckvoransicht zeigen
Forum > Rechtschreibforum
Der Fetisch "Norm"
< voriges Leitthema     nächstes Leitthema >
Verfasser
Leitthema    Dieser Faden ist 5 Seiten lang:    1   2  3  4  5  Post New Thread     Post A Reply
Sigmar Salzburg
18.12.2009 10.30
Diesen Beitrag ansteuern
Die „Reform“ soll DIN-Vorschrift werden

Ingenieure sind daran gewöhnt, die neuesten, sich ständig wandelnden technischen Normvorschriften zu beachten. Wer sie mißachtet, kann schadenersatzpflichtig werden. Daher ist es nicht überraschend, daß viele Techniker die „Rechtschreibreform“ als ähnliche Vorschrift verkennen. Folgerichtig will jetzt auch das Deutsche Institut für Normung die „Reform“ in der (gewiß vorläufigen) Fassung von 2006 verbindlich machen, obwohl lt. Verfassungsgericht niemand gehalten ist, die neue Rechtschreibung zu verwenden. Hier überschreitet das Institut in seinem bürokratischen Regulierungseifer eindeutig seine Kompetenzen:

Pressemeldung Deutsches Institut für Normung

DIN Deutsches Institut für Normung e. V.
Norm-Entwurf DIN 5008 erschienen


Der nunmehr vorgelegte Norm-Entwurf für eine Neuausgabe der Norm, die für 2010 vorgesehen ist, verfolgt vor allem das Ziel, die Festlegungen aus DIN 676 zu integrieren und weitere Aspekte der Textgestaltung aufzunehmen, die im heutigen Büroalltag häu
[ hier bricht der Vorspann ab]

(pressebox) Berlin, 16.12.2009, Der Norm-Entwurf DIN 5008 „Schreib- und Gestaltungsregeln“ für die Textverarbeitung“ ist am 14.12.2009 erschienen. Er wurde vom Normenausschuss Informationstechnik und Anwendungen (NIA), Arbeitsausschuss NA 043-03-01 AA „Textverarbeitung“ erarbeitet und wird der Fachöffentlichkeit zur Stellungnahme bis zum 14.4.2010 vorgelegt.
[…]

Warum wird die Norm jetzt überarbeitet?

Im April 1949 erschien die erste Ausgabe von DIN 5008 unter dem Titel „Regeln für Maschineschreiben“. Es folgten Neuausgaben in den Jahren 1951, 1963, 1975, 1986, 1996 und schließlich 2001. Im Mai 2005 wurde eine Neuausgabe herausgegeben, in die nur Änderungen zum Anschriftenfeld berücksichtigt wurden. [...]

Was ist Inhalt dieses Norm-Entwurfs?
[...]

Für die Rechtschreibung und Zeichensetzung gilt „Die amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung“ in der Fassung mit Gültigkeit ab 2006-07-01. […]

Diese Norm legt nicht fest, „was“ zu schreiben ist, sondern „wie“ ein vorgegebener Inhalt dargestellt werden soll. [wie gnädig!]

Warum wird die Norm jetzt überarbeitet?

Im April 1949 erschien die erste Ausgabe von DIN 5008 unter dem Titel „Regeln für Maschineschreiben“. Es folgten Neuausgaben in den Jahren 1951, 1963, 1975, 1986, 1996 und schließlich 2001. Im Mai 2005 wurde eine Neuausgabe herausgegeben, [...]

Tschüss Schreibmaschine – Was ändert sich noch?
[nördlich (muttersprachlich) nur „Tschüüß“ ]
[…]
Weiterhin wurde der gesamte Text einer redaktionellen Überarbeitung unterzogen und in diesem Zuge an die aktuellen amtlichen Rechtschreibregeln angepasst. Die Anwendungsbeispiele im Anhange E wurden aktualisiert…

DIN Deutsches Institut für Normung e. V.
Burggrafenstraße 6
D-10787 Berlin
http://www.din.de

Techniker wissen natürlich, daß die Normen das Ergebnis eines Kuhhandels der Wirtschaftsvertreter in- und außerhalb des Normenausschusses sind – ein Vorgehen, das jetzt mit der „Rechtschreibreform“ auf unsere deutsche Sprache übertragen wurde. Deshalb war der Deutsche Normenausschuß auch in den vormaligen Beirat der Zwischenstaatlichen Kommission berufen worden. Da sich die Akademie für Sprache und Dichtung geziert hatte, sollten wenigstens Fachleute für die Dichtung von Kellern und Druckbehältern vertreten sein.

P.S.: In den Vorbemerkungen von Ausschreibungen steht häufig: „Auch Entwurfsblätter zur DIN sind zu beachten“. Wer also „Schiffahrt“ oder „Falleitung“ schreibt, verstößt schon jetzt gegen die DIN.

Mit Klick die Kennkarte von Sigmar Salzburg ansehen    Suche weitere Einträge von Sigmar Salzburg        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Norbert Schäbler
15.04.2002 08.52
Diesen Beitrag ansteuern
Frage

Selbst auf die Gefahr hin, daß ich lästig werde, frage ich noch einmal nach, denn ich weiß nicht, ob unsere Auffassungen vom Begriff „Norm“ (hier im engeren Sinne auf die Rechtschreibnorm angewandt) deckungsgleich sind.

„Rechtschreibnorm“ stellt sich für mich als zwanglose Übereinkunft der Sprachnutzer dar. Getragen sind die freiwillige Regelunterordnung und die sich daraus abzuleitende Disziplin der Sprachnutzer von der Einsicht, gemeinsam das derzeit bestmögliche Kommunikationssystem anzuwenden.

Das System dieser zwanglosen Übereinkunft funktioniert:
- wenn es tatsächlich zwangsfrei ist
- wenn es den Anforderungen moderner Kommunikation genügt
- so lange die Disziplin der Sprachnutzer erhalten und gefördert wird
- so lange die Gruppe der „Abweichler“ relativ klein bzw. mit nicht allzu großer Macht ausgestattet ist
- …

Es ist ein verdammter Denkkreislauf, der nun einsetzte, nachdem sich der Staat mit seinem Machtmonopol dieses zwanglosen Systems bemächtigt hat. Ohnmacht, in jeder Beziehung – auch in den schriftsprachlichen Äußerungen – hat er hinterlassen!
Und es gibt scheinbar nichts, was den Staat bewegen könnte, von seinem Machtmißbrauch Abstand zu nehmen.

Ganz bewußt bin ich zuletzt im Gewand des Clowns dahermarschiert, maskiert mit der Binnengroßschreibung, der größten Sprachabweichung, die es überhaupt gibt.
Ich wollte damit etwas aussagen, provozieren, aufwiegeln; habe aber lediglich sinnlosen und ohnmächtigen Protest formuliert gegen den Zwang, der sich der Zwanglosigkeit bemächtigt hat. Clownerie halt!
„Ich habe fertig.“


__________________
nos

Mit Klick die Kennkarte von Norbert Schäbler ansehen    An Norbert Schäbler schreiben   Suche weitere Einträge von Norbert Schäbler        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Reinhard Markner
21.03.2002 23.47
Diesen Beitrag ansteuern
Ganz einfach

Der Beschluß der KMK galt bis auf weiteres, wobei man wohl davon ausging, daß er nicht 40 Jahre lang in Kraft bleiben würde. Selbstverständlich hätte man ihn auch ohne »Reform« aufheben können. Das Spiritusmonopol ist schließlich auch ohne eine Veränderung des Rezepts aufgehoben worden.

Mit Klick die Kennkarte von Reinhard Markner ansehen    An Reinhard Markner schreiben   Visit Reinhard Markner's homepage!   Suche weitere Einträge von Reinhard Markner        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
J.-M. Wagner
21.03.2002 21.56
Diesen Beitrag ansteuern
Aufhebungsbeschluß

Am 6. März 2002 erhielt ich von Herrn Dr. Funk vom Bereich Schulwesen der KMK auf meine Frage nach der Abschaffung des Dudenprivilegs per Brief die Antwort, daß dies aus Ziffer 9 des Beschlusses der KMK vom 01.12.1995 („Neuregelung der deutschen Rechtschreibung“) hervorgeht. Diese lautet: »9. Bisherige Festlegungen zur Rechtschreibung, insbesondere der Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 19. 11. 1955 „Regeln für die deutsche Rechtschreibung“ werden mit Wirkung vom 1. 8. 1998 aufgehoben.«

„Das Junktim“ zwischen der Rechtschreibreform und der Aufhebung des Dudenprivilegs stammt also von der KMK. Das scheint mir aber zu bedeuten, daß die KMK das Dudenprivileg auch ohne die Kopplung an die RSR hätte aufheben können – mithin wäre eine Schlußfolgerung bzw. Behauptung unzulässig, es sei nur als „Paketlösung“ zusammen mit der RSR möglich gewesen. Allerdings muß ich hier eine Einschränkung machen: Ich kenne den Beschluß der KMK vom November 1955 nicht und weiß also nicht, ob jener schon etwas zur Gültigkeitsdauer des Dudenprivilegs enthielt.
__________________
Jan-Martin Wagner

Mit Klick die Kennkarte von J.-M. Wagner ansehen    An J.-M. Wagner schreiben   Visit J.-M. Wagner's homepage!   Suche weitere Einträge von J.-M. Wagner        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
J.-M. Wagner
07.02.2002 09.47
Diesen Beitrag ansteuern
Dudenprivileg

Weiß jemand, wo man etwas offizielles zur Abschaffung des Dudenprivilegs nachlesen kann? Auf wessen Beschluß und welches Jahr geht das eigentlich zurück?
__________________
Jan-Martin Wagner

Mit Klick die Kennkarte von J.-M. Wagner ansehen    An J.-M. Wagner schreiben   Visit J.-M. Wagner's homepage!   Suche weitere Einträge von J.-M. Wagner        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
J.-M. Wagner
31.01.2002 18.00
Diesen Beitrag ansteuern
Re: nochmal Ausland

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Mich interessiert im Zuge der Diskussion um eine normierte Rechtschreibung noch, wie die Reform in den skandinavischen Ländern (etwa in Norwegen – aber das ist wegen des „Neuen Norwegisch“ ein extremes Beispiel; dann besser Dänemark und die dortige Einführung der Kleinschreibung) durchgeführt wurde: Auf welcher Ebene wurde das verhandelt und eingeführt, parlamentarisch (Ausschuß)/Expertenkommission und dann per Gesetz/Erlaß?
Kennt sich jemand damit aus oder weiß (eine) brauchbare Informationsquelle(n) im WWW?
Oh, da habe ich doch glatt übersehen, daß es auf der Startseite folgenden Verweis auf einen Artikel im SPIEGEL gibt: "Norwegen, Erfahrungen mit einer Rechtschreibreform". Außerdem bin ich im „bisherigen Gästebuch“ (diese Bezeichnung ist reformbedürftig!) auf folgenden Eintrag gestoßen, den ich hier einfach wiederhole, weil er sonst in den Tiefen jenes Stranges verschwindet:


Skandinavische Sprachpflege und Sprachplanung

Abschrift aus: Einar Haugen, Die skandinavischen Sprachen, 3.Kapitel, Die Sprachpflege, 3.2 Sprachplanung

»Mit der Massenausbildung des neunzehnten Jahrhunderts wurde die effektive Kontrolle in die Hände des Erziehungsministeriums gelegt. Die Ministerien mußten Ratschläge bei Experten einholen, was dann wiederum dazu führte, daß offizielle oder halb-offizielle Ratgeberausschüsse für sprachliche Probleme gegründet wurden.
Heutzutage gibt es in den skandinavischen Ländern mehr oder weniger permanente Ausschüsse, die sich mit Sprachplanung in irgendeiner Form befassen. Diese Ausschüsse samt ihrem Gründungsjahr sind: in Finnland Svenska Sprakvardsnämnden (1942); in Schweden Nämden för svensk sprakvard (1944); in Norwegen Norsk spraknemnd (1952), Norsk sprakrad seit 1972; in Dänemark Dansk sprognövn (1955) und in Island Islenzk malnfnd (1964). Die Vereinheitlichung einheimischer Begriffe für technologische Bereiche ist die Hauptaufgabe des norwegischen Ausschusses Radet for teknisk terminologi (1938), der dänischen Terminologiegruppe (1946) und des schwedischen Ausschusses Tekniska nomenklaturcentralen (1941). Eine beträchtliche Anzahl von Veröffentlichungen dieser Ausschüsse liegt schon vor.
Diese modernen Organisationen werden mit Aufgaben betraut, die über die Nationalsprache hinausgehen. Einer der Gründe, der zu ihrer Gründung führte, war, der Zersplitterung der skandinavischen Sprachen Einhalt zu gebieten und die Terminologie innerhalb Skandinaviens zu vereinheitlichen. In den Statuten der einzelnen obengenannten Ausschüsse wird festgelegt, daß sie in Verbindung mit den entsprechenden Organisationen der anderen skandinavischen Länder stehen sollen. Ein Weg, um dieses Ziel zu erreichen, ist das
Abhalten regelmäßiger skandinavischer Treffen der Ausschüsse. Seit 1954 finden solche Treffen statt. Eine Reihe von Veröffentlichungen sind daraus entstanden, unter dem Titel Nordiske Sprakproblemer (in Norwegisch; in Dänisch Nordiske Sprogproblemer, in Schwedisch Nordiska Sprakfragor), die nicht nur über die Tätigkeit der Ausschüsse berichten, sondern auch Beiträge zur Sprachpflege enthalten. Seit 1970 erscheint diese Veröffentlichung jährlich unter dem Titel Sprak i Norden. Im Jahre 1978
wurde in Oslo ein nordisches Sekretariat gegründet, um die Tätigkeit der nationalen Ausschüsse zu koordinieren (Nordisk
Spraksekretariat 1977).
Das Interesse an Problemen der Schriftsprache ist nicht auf Expertengremien oder offizielle Ausschüsse begrenzt. Es ist bei allen vorhanden, die sich der Sprache persönlich oder beruflich bedienen. Für den Außenstehenden ist es auffallend, wie häufig Sprachprobleme in der Tagespresse diskutiert werden, und das nicht nur in Ländern wie Norwegen und Finnland, in denen eine ständige Diskussion über die Standardsprache im Gange ist. Reformer und Reformgegner haben sich seit dem achtzehnten Jahrhundert Gefechte in der Presse geliefert. Private Vereine sind gebildet worden, um Änderungen der Schriftsprache zu fördern oder um solchen Änderungen entgegenzuwirken. Kreative Schriftsteller haben sich mit den Normen auseinandergesetzt, entweder um sie zu bestätigen oder um sie abzulehnen, um die Liebe oder den Haß für das Ausdrucksmittel ihrer Kunst zu verkünden. Die Notwendigkeit des Unterrichtens hat das Entstehen von Lehrbüchern gefördert, angefangen mit Grammatiken und Wörterbüchern bis hin zu Lesebüchern und Anthologien. In jedem Land haben sich Gruppen von Linguisten gebildet, die im allgemeinen an der Universität als Erzieher der
künftigen Lehrer wirken.
Sie haben nicht nur zur Etablierung der einheimischen Normen beigetragen, sondern auch zur Untersuchung der Geschichte, der Dialekte und der Struktur der Nationalsprache. Und mehr als einmal haben die Standpunkte der Liguistik in diametralem Gegensatz zu der Auffassung der Laien gestanden. Das gilt auch für die Klügsten und Hochgebildeten unter den Laien, wenn Linguisten den Versuch unternommen haben, das Feld der Emotionen durch die kühle Betrachtungsweise der Wissenschaft zu erhellen.«

Henning Upmeyer; Roseggerweg 10, 82140 Olching; henning@upmeyer.de; Mittwoch, 23.1.2002

Mit Klick die Kennkarte von J.-M. Wagner ansehen    An J.-M. Wagner schreiben   Visit J.-M. Wagner's homepage!   Suche weitere Einträge von J.-M. Wagner        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Elke Philburn
22.01.2002 19.52
Diesen Beitrag ansteuern

Ich glaube, den Schuh brauchen Sie sich nicht anzuziehen, Frau Salber-Buchmüller: Im Forum der Zeit, zum Beispiel, gibt es noch eine ganze Menge daß-Schreiber, wie die Eingabe in die Suchfunktion ergibt, wobei das Durchschnittsalter etwa bei Ende 30 liegt und so gut wie jeder Abitur oder Hochschulabschluß hat. Sie befinden sich also in bester Gesellschaft.

Mit Klick die Kennkarte von Elke Philburn ansehen    An Elke Philburn schreiben   Visit Elke Philburn's homepage!   Suche weitere Einträge von Elke Philburn        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Ruth Salber-Buchmüller
22.01.2002 09.31
Diesen Beitrag ansteuern
Fetisch Norm und Resignation

Die Kraft des Fetischs NORM hat nach den fünf Jahren
Entfaltungsmöglichkeit immerhin dazu geführt, daß
ich bei jedem „daß",das mir aus der Feder fließt,
an die Reaktion des Empfängers denke:
" Na ja, an der ist der Fortschritt wohl vorbeigegangen -
kein Wunder, ist ja auch die alte Generation:“

Es ist kaum anzunehmen, daß der Empfänger die Altschreibe
(die Altenschreibe!) mit einem Körnchen Vernunft und
besserer Einsicht in Verbindung bringt.
Enstation: Resignation

__________________
Ruth Salber-Buchmueller

Mit Klick die Kennkarte von Ruth Salber-Buchmüller ansehen    An Ruth Salber-Buchmüller schreiben   Suche weitere Einträge von Ruth Salber-Buchmüller        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
J.-M. Wagner
21.01.2002 19.43
Diesen Beitrag ansteuern
Hinwendung zur Vernunft

Was kann man – unter anderem – als Fazit aus der Diskussion in diesem Strang mitnehmen, und zwar speziell unter dem Aspekt, was hilfreich sein kann, um in der allgemeinen Auffassung eine Hinwendung zur Vernunft anzuregen? Was ist wichtig für die weitere Diskussion mit denen, die sich der Reformschreibung angeschlossen haben?

Ich habe den Eindruck, daß es ein sehr unterschiedliches Verständnis der Rechtschreibregeln und – damit zusammenhängend – sehr unterschiedliche von Sinn und Zweck der Rechtschreibung gibt. Das hat natürlich Konsequenzen für die Einstellung gegenüber der Rechtschreibreform und damit auch für eine Diskussion über dieselbe. Woher kommt es eigentlich, daß man sich bei manchen Leuten den Mund fusselig reden kann, was die Probleme der Reformschreibung (und der Rechtschreibreform allgemein) betrifft?

Ein mögliches Verständnis (welches lange Zeit auch mein eigenes war) ist, daß die Rechtschreibregeln genauso funktionieren wie Spielregeln: Entweder Du hältst Dich genau daran, oder Du spielst nicht mit. Eine ähnliche Haltung ist, die Regeln wie Gesetze zu begreifen: Wenn man sie "übertritt“, macht man sich „strafbar“. In solchen Fällen ist es nicht verwunderlich, wenn sich jemand überhaupt nicht daran stört, daß die Rechtschreibregeln geändert wurden – vorher waren es die einen Regeln, hinterher die anderen, und immer war Rechtschreibung nur genau das, was die Regeln vorgaben.

Damit ist natürlich nur eine mögliche Auffassung über Sinn und Zweck der Rechtschreibung genannt – aber keine seltene, wie mir scheint. Nach dieser Auffassung geht es lediglich darum, daß der – quasi „fetischhafte“ – Regelungsbedarf gedeckt wird. Eine historische Entwicklung der Rechtschreibung spielt dabei ebensowenig eine Rolle wie feinsinnige Ausdrucksmöglichkeiten, die durch eine differenzierte Schreibung ermöglicht würden. Gestützt wird eine solche Haltung von der jahrelangen Praxis in Deutschland, daß es sowohl eine amtlich vorgegebene Schreibung als auch das Dudenprivileg der Maßgeblichkeit in Zweifelsfällen gab; wer beides für „normal“ hält, wird auf jeden abweichenden Vorschlag mit großem Befremden reagieren. (Und daß auch „normale“ Gesetzestexte aus einer schriftlichen Fixierung allgemein bewährter Verfahrensweisen hervorgegangen sind, wissen zumeist nur noch die Juristen.)

Wenn der Gesprächspartner eine derartige Haltung hat, muß man aufpassen, daß man nicht aneinander vorbeiredet. Mir scheint, daß es oftmals nötig ist, zunächst auf die Existenz und die Relevanz von bestimmten Aspekten der Rechtschreibung hinzuweisen (d. h. darauf, daß es diese Aspekte gibt und daß sie durchaus zum Thema gehören), bevor eine sinnvolle Diskussion möglich wird. Erst dann kann man auf die Tragweite der Rechtschreibreform (und der Abschaffung des DUDEN-Privilegs) eingehen, und die Reformschreibung an sich (d. h. ihre Fehler, Erschwernisse, Widersprüche, aber auch Vorteile) ist dabei nur ein Punkt unter anderen. Diese anderen Punkte können also sein:

  • Wie sinnvoll ist eine staatlich reglementierte Rechtschreibung, Vor-/Nachteile; Notwendig- oder Überflüssigkeit einer Norm (prinzipiell)? Dazu: Nebeneffekte (Dilemma-Situation des Lehrers zwischen Prä- und Deskription u. a.), wissenschaftliche Grundlage der Rechtschreibung, „Irrglaube“ (»daß es doch eine Lösung geben müsse«, Th. I.), Vergleich mit anderen Ebenen der Sprache (»die seit je ohne staatlich autorisierte Norm beurteilt und gepflegt werden«, Th. I.).
  • Auffassung bzw. Verständnis von der Gültigkeit der Rechtschreibregeln – die Gültigkeit? Dazu: Wahrnehmung (im doppelten Sinne) persönlicher Freiheit und Verantwortung; »Dudenhörigkeit« (Ch. M.) vs. Selbständigkeit und Mündigkeit; Demokratieverständnis.
  • Konsequenzen der Abschaffung des DUDEN-Privilegs („Verwaltungsgerichtsfestigkeit“ u. a.); Praktizierbarkeit einer nicht staatlich reglementierten Rechtschreibung an den Schulen. (*)
Ich habe für diese Zusammenstellung die meisten Einträge dieses Stranges durchgesehen, aber nicht vollständig gelesen. Wenn jemand wichtige Aspekte vermißt, möge er (oder sie) sie bitte ergänzen!

-------------
(*) Vielleicht ist ja die Abschaffung des DUDEN-Privilegs der Ausgangspunkt für einen echten Durchbruch. Denn in der Schulpraxis hat man ja im Prinzip – bezüglich der Wörterbücher – bereits jetzt die Situation, daß es keine Reglementierung mehr gibt. Damit ist der Schritt zum Verzicht auf eine staatliche Normierung gar nicht mehr so weit, denn für die meisten Menschen werden die Wörterbücher viel informativer sein als die (neuen) Regeln, und somit kommt den Wörterbüchern in der Praxis eine besonders große Bedeutung zu. Christian Melsa hat es im Laufe dieser Diskussion so formuliert: »Hätte der Duden einfach die Reform sozusagen links liegen [ge]lassen, ich wette, es hätte so gut wie keine Zeitung etwas an ihrer Rechtschreibung geändert, und wäre in den Schulen noch so sehr etwas anderes unterrichtet worden.«

Wenn es dann als normal gilt, daß man verschiedene Wörterbücher gleichberechtigt nebeneinander benutzen kann, und wenn es eventuell genügend vernünftige Menschen (insbesondere in Zeitungsredaktionen, Verlagen etc.) gibt, die sinnvolle Wörterbücher benutzen (bzw. das Rotgedruckte nicht verwenden), wird es immer leichter möglich sein, die Regeln zu ändern – letztlich allein aufgrund der normativen Kraft des Faktischen. Aber das ist Zukunftsmusik; zunächst muß es darum gehen, das hier diskutierte „Umfeld“ der Rechtschreibreform stärker ins allgemeine Blickfeld (und damit eventuell auch ins Bewußtsein) zu rücken.
__________________
Jan-Martin Wagner

Mit Klick die Kennkarte von J.-M. Wagner ansehen    An J.-M. Wagner schreiben   Visit J.-M. Wagner's homepage!   Suche weitere Einträge von J.-M. Wagner        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
J.-M. Wagner
21.01.2002 10.50
Diesen Beitrag ansteuern
nochmal Ausland

Mich interessiert im Zuge der Diskussion um eine normierte Rechtschreibung noch, wie die Reform in den skandinavischen Ländern (etwa in Norwegen – aber das ist wegen des „Neuen Norwegisch“ ein extremes Beispiel; dann besser Dänemark und die dortige Einführung der Kleinschreibung) durchgeführt wurde: Auf welcher Ebene wurde das verhandelt und eingeführt, parlamentarisch (Ausschuß)/Expertenkommission und dann per Gesetz/Erlaß?
Kennt sich jemand damit aus oder weiß (eine) brauchbare Informationsquelle(n) im WWW?
– geändert durch J.-M. Wagner am 23.01.2002, 10.31 –
__________________
Jan-Martin Wagner

Mit Klick die Kennkarte von J.-M. Wagner ansehen    An J.-M. Wagner schreiben   Visit J.-M. Wagner's homepage!   Suche weitere Einträge von J.-M. Wagner        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Walter Lachenmann
14.01.2002 15.17
Diesen Beitrag ansteuern
Wörterbücher vor 1996 neben dem Duden

Wer sich vor 1996 in einer Buchhandlung in der Abteilung Wörterbücher umgeschaut hat, fand durchaus nicht nur den Duden. Ein Deutschlehrer muß zwar nicht in eine Buchhandlung gehen, aber Lehrer überhaupt gehören in der Regel zu den Leuten, die dort gelegentlich verkehren, sofern sie sich für Bücher interessieren.

Neben den von Frau Philburn genannten, ziemlich bekannten Wörterbüchern von Wahrig und Störig bzw. Mackensen (m.W. u.a. bei Knaur), die zum Teil auch als Taschenbücher erhältlich waren (dtv), also in großen Auflagen gedruckt und verkauft wurden, gab es seit 1933 »Das deutsche Wort« von Richard Pekrun, dessen 4. Auflage von 1966 ich neben verschiedenen Dudenbänden seit dreißig Jahren besitze. Es ist kein Spezialwörterbuch, sondern ein populäres, erschienen in der Keyserschen Verlagsbuchhandlung in München und m. W. auch beim Deutschen Bücherbund, damals der größten Buchgemeinschaft neben dem Bertelsmann-Lesering, im Programm.
dtv hat vor ca. 7 Jahren einen kompletten Reprint von Grimms Wörterbuch für ca. DM 1.000,00 auf den Markt gebracht. Es war innerhalb kürzester Zeit ausverkauft und mußte nachgedruckt werden. Das ist natürlich kein Rechtschreibwörterbuch, ich erzähle es auch nur, weil dies zeigt, daß neben dem Duden Wörterbücher sich lebhaften Interesses erfreuen und kein Geheimdasein in irgendwelchen Archiven fristen.

Duden und Pekrun unterscheiden sich allerdings schon mehr, als zwei Exemplare ein und derselben Morgenzeitung. Sonst wäre ja keiner auf die Idee gekommen, dem Duden Konkurrenz machen zu wollen. So gibt Pekrun mehr und ausführlichere Erläuterungen zu den Einträgen und enthält eine ganze Reihe von Wörtern, die der Duden nicht hat (ich vergleiche Pekrun 1966 mit Duden 1996, die Unterschiede können auch an dem Zeitunterschied liegen, ich weiß nicht, ob Pekrun bis heute weitergeführt worden ist). Ein Wörterbuch wie Pekrun wäre also beispielsweise für Ausländer in gewisser Hinsicht hilfreicher als der Duden, aber auch für Deutsche, die die genaue Definition der Bedeutung eines Wortes suchten und diese im Duden nicht immer gefunden haben. Andererseits gibt es bei Pekrun keine Angaben für die für Ausländer sicherlich problematischen Worttrennungen. Unterschiede in der Orthographie dürften kaum vorhanden sein, es geht mehr um Wortschatz und Erläuterungen.

Beliebig gewähltes Beispiel »außen«
Duden:
außen; von – [her]; nach innen und – ; nach – [hin]; Farbe für – und innen; – vor lassen (nordd. für unberücksichtigt lassen); er spielt – (augenblickliche Position eines Spielers), aber vgl. Außen der; –, – (Sportspr.: ) usw.
Pekrun:
außen Uw. (= Umstandswort, W.L.) : nicht innen : an der Oberfläche * von außen her ; nach innen und außen ; nach außen hin * Außenbordmotor : Motor, der an der Außenseite von Ruderbooten angebracht werden kann ; außenbords Uw.: an der Außenseite eines Schiffes ; Außendeich: dem Meere am nächsten liegender Deich usw.
Pekrun gibt die Auskunft »Umstandswort«, erläutert die Bedeutung (»nicht innen«) und zählt Anwendungen auf, die sich von denen beim Duden zum Teil unterscheiden, läßt andere weg, die im Duden stehen.

Im Vorwort zur 1. Auflage von 1933 erläutert Pekrun: »Das vorliegende Wörterbuch stellt einen ersten Versuch dar, eine umfassendere Sammlung des deutschen Wortschatzes zu schaffen, wie sie beispielsweise für das Englische in Chamber's Twentieth Century Dictionary of the English Language vorliegt. ...«

Tatsächlich finden sich hier eine ganz Reihe Wörter, die der Duden nicht enthält, allerdings handelt es sich um eher seltene Beispiele.

Duden:
gram; jmdm. – sein / grämeln / grämen / gramerfüllt /
Gram-Färbung
gramgebeugt / grämlich
Gramm
.......
Knilch / knille / Kniller / knips / knipsen / Knipser / knips knaps / Knirps / knirpsig / knirschen / knistern / knitschen / Knittel / Knittelvers

Pekrun:
gram Ew., nur aussag.: tiefe Abneigung oder Groll empfindend * / gramerfüllt Mw. Ew. / gramvoll Ew. / gramversunken Ew. * Grämelei, die -en: mürrische Art, Verdrießlichkeit * Gräm(e)ler / grämeln / grämen / grämisch / grämlich / Grämlichkeit / Grämling
Graminee
Gramm
.......
Knilch / Knipp / knippen (Knippkugel, Knippschere) / Knips / knipsen / knirbelig / Knirk / Knirps / knirpsig / knirren / knirschen /knispeln / knispern / knist(e)rig / knistern / knitschen / Knittel / Knitter / ...
(die Pekrun-Erläuterungen habe ich nur beispielhaft wiedergegeben, sonst wird's zu mühsam).

Es war also sinnvoll, sich für die Orthographie den Duden und für eine darüber hinausgehende Information über den Wortschatz etwa den Pekrun anzuschaffen. Vielleicht konnte man dort aus dem aktuellen Wortschatz verschwundene Wörter finden, denen etwa ein Leser von Romanen Fontanes begegnen mochte. Worin sich Wahrig und die anderen Wörterbücher vom Duden unterscheiden, ist mir nicht bekannt.

Germanistik
Soviel ich weiß, lernt man beim Germanistikstudium wenig über die Grundlagen der deutschen Sprache und Grammatik, die man in der Schule als Lehrer zu vermitteln hat, diese Kenntnisse werden nach dem Abitur vorausgesetzt. Volksschullehrer studieren ja auch nicht Germanistik.

Alt-68er
Dazu will ich lieber nichts mehr sagen, um die Diskussion nicht dem Biertischniveau auszusetzen, das bei diesem Thema offensichtlich unvermeidlich zu sein scheint. Dasselbe gilt für die Betrachtung von Wahlkampfmethoden, deren Erörterung erstens hier nicht hergehört, und die zweitens von Beteiligten aller Parteien auf ähnlich primitivem Niveau gepflegt werden, nicht zuletzt auch von »christlichen«.
Mobbing ist wieder etwas ganz anderes, als das, was sich Politiker im Wahlkampf um die Ohren hauen, aber auch das gehört nicht hierher, und es ist ein relativ neues Wort, dessen Bedeutung vielleicht noch nicht jeder so genau kennen kann.

Im übrigen habe ich, ebenso wie Norbert Schäbler, auch keine Lust mehr zu fruchtlosen Sandsackboxereien, vor denen wir glücklicherweise immerhin einige Wochen lang verschont gewesen sind. Mich hat nur noch der Vergleich der Wörterbücher gereizt, ansonsten werde ich gewisse Torheiten hier künftig widerspruchslos stehen lassen.


– geändert durch Walter Lachenmann am 15.01.2002, 19.26 –
__________________
Walter Lachenmann

Mit Klick die Kennkarte von Walter Lachenmann ansehen    An Walter Lachenmann schreiben   Visit Walter Lachenmann's homepage!   Suche weitere Einträge von Walter Lachenmann        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Elke Philburn
13.01.2002 23.06
Diesen Beitrag ansteuern



Mit Klick die Kennkarte von Elke Philburn ansehen    An Elke Philburn schreiben   Visit Elke Philburn's homepage!   Suche weitere Einträge von Elke Philburn        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Norbert Schäbler
13.01.2002 22.39
Diesen Beitrag ansteuern
Wenn’s so weitergeht...

... gebe ich auf. Ich sehe keinen Sinn mehr darin, stets den Abzugshahn zu bedienen, wenn irgendwer das Pulver „naß macht“.
Vorläufig adieu!

__________________
nos

Mit Klick die Kennkarte von Norbert Schäbler ansehen    An Norbert Schäbler schreiben   Suche weitere Einträge von Norbert Schäbler        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Elke Philburn
13.01.2002 21.54
Diesen Beitrag ansteuern

Zitat:
Es können sich hier übrigens Leser melden, die vor 1996 Besitzer alternativer Wörterbücher
waren. Ich bin gespannt, ob sich überhaupt jemand meldet. Es könnten sich aber auch Leser
melden, darunter auch Lehrer, Hochschullehrer und Verleger, die stolz darauf sind, bis 1996
nicht einmal einen aktuellen Duden besessen zu haben.

Mein Hauptnachschlagewerk war immer der Wahrig. Grund: Da konnte man nicht nur die Rechtschreibung einsehen, sondern gleichzeitig auch andere Details nachlesen. Als Ergänzung hatte ich die übrigen Bände aus der Duden-Reihe mit Ausnahme des Bildwörterbuchs, des Rechtschreibwörterbuchs und des Bedeutungswörterbuchs, weil die mir unnötig erschienen bzw. durch den Wahrig gedeckt waren. Ich habe damals auch mal den Störig gekauft, allerdings nicht für mich selber, sondern als Geschenk für jemanden, der gar kein Wörterbuch besaß. Der Störig war inhaltlich und vom Umfang her etwa mit dem Wahrig vergleichbar, allerdings erstaunlich preiswert.

Ich erinnere mich auch noch an mein allererstes Wörterbuch, das ich in der Grundschule hatte. Das war ein kleinformatiges, weißes mit kunststoffbeschichtetem Einband und hieß „Unser Wortschatz“ oder so...

Zitat:
(Wenn man einen Punkteschlüssel manipuliert, kann man aus Fehlleistungen noch annehmbare Leistungen machen)

Gell? Wenn man den Punkteschlüssel nicht man gleich nach den Leistungen der Schüler/Studenten ausrichtet. Eine gleichmäßige Notenverteilung erweckt zumindest immer den Anschein der Normalität.

Mit Klick die Kennkarte von Elke Philburn ansehen    An Elke Philburn schreiben   Visit Elke Philburn's homepage!   Suche weitere Einträge von Elke Philburn        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Manfred Riebe
13.01.2002 20.34
Diesen Beitrag ansteuern
Lehrer und Schüler Opfer der Alt-68er

Unser Wissen ist Stückwerk. Das beweisen Sie, Herr Lachenmann, auf besondere Art und Weise in Ihrem Beitrag „Lehrer und »Norm«" vom 13.01.; denn Sie behaupten etwas zu wissen, ohne es zu wissen und spekulieren – wie folgt – drauflos:

„An anderer Stelle bekennt ein Kollege Schäblers, er habe bis 1996 als Deutschlehrer an einer Berufsschule überhaupt nicht gewußt, daß es neben dem Duden auch noch andere konkurrierende Rechtschreibwörterbücher gab. Das kann unmöglich daran gelegen haben, daß ihm irgendwelche finsteren Alt-68er bei Strafe des finalen Mobbings es verboten hätten, sich hierüber kundig zu machen, und wenn ein Lehrer von seinem Unterrichtsfach lediglich die amtlich vorgegebene Literatur zur Kenntnis nimmt, mag das auch mit persönlichem Desinteresse oder der von Norbert Schäbler beschriebenen Unwilligkeit, über die gestanzte Norm hinaus sich mit seinem ureigensten Wissensgebiet zu beschäftigen, zusammenhängen. Wenn dieses Nichtwissen vom Vorhandensein anderer Wörterbücher in der gebildeten Bevölkerung allgemein gewesen wäre, hätte niemals auch nur eines davon verkauft werden können, sie wurden aber durchaus recht gut verkauft, waren also bekannt und verbreitet, und keineswegs ausschließlich im Ramschmarkt zu finden.“

Man soll mit dem Wörtern „niemals“ und „nie“ vorsichtig sein, besonders wenn man Verleger ist und sich daher im Buchwesen eigentlich auskennen sollte. Aber Sie behaupten, es hätte vor 1996 „niemals“ auch nur ein einziges alternatives Wörterbuch verkauft werden können, wenn diese nicht in der gebildeten Bevölkerung allgemein bekannt gewesen wären.
Wenn das stimmte, hätten auch Sie – besonders als Verleger – vor 1996 nicht nur Besitzer eines alten Dudens, sondern auch mehrerer alternativer Wörterbücher sein müssen, da diese zu Ihrem „ureigensten Wissensgebiet“ gehören. Aber bisher haben Sie in Ihren Beiträgen kein einziges alternatives Wörterbuch erwähnt. Auch war es vor 1996 unnötige sinnlose Arbeit, mehrere Rechtschreibwörterbücher heranzuziehen; denn „Vorher konnten andere Wörterbücher nur beim Duden abschreiben“ (Ickler).

(Es können sich hier übrigens Leser melden, die vor 1996 Besitzer alternativer Wörterbücher waren. Ich bin gespannt, ob sich überhaupt jemand meldet. Es könnten sich aber auch Leser melden, darunter auch Lehrer, Hochschullehrer und Verleger, die stolz darauf sind, bis 1996 nicht einmal einen aktuellen Duden besessen zu haben.)

Richtig ist dagegen, daß die zahlreichen Bibliotheken und Germanistikinstitute verpflichtet sind, auch alternative Wörterbücher zu erwerben. Schon deswegen lohnte sich der Druck auch kleinerer Auflagen alternativer Wörterbücher. Wer sich hingegen heute in Antiquariaten und auf Flohmärkten umschaut, findet vorwiegend Duden-Exemplare, dagegen sehr selten konkurrierende Wörterbücher. Daraus kann man schließen, daß alternative Wörterbücher in der gebildeten Bevölkerung nicht sehr verbreitet waren.

Zum Nichtkennen alternativer Wörterbücher von vor 1996 bei Deutschlehrern an einer Berufsschule:
Deutschlehrer an Berufsschulen in Bayern und – wenn mich nicht alles täuscht auch Volksschullehrer – sind in der Regel keine Germanisten, haben also nicht Germanistik studiert. Ob „finstere Alt-68er“ speziell für diese fehlende Ausbildung mitverantwortlich sind, weiß ich nicht. Aber daß 68er-Heilsapostel verantwortlich für die allgemeine Senkung des Bildungsniveaus sind, weg von der Leistungsschule hin zur Spaßschule, das dürfte allgemein bekannt sein. Beim Germanistikstudium werden dagegen zwar hohe Anforderungen gestellt. Aber 80 Prozent der Studenten beenden ihr Germanistikstudium nicht (Heike Schmoll: Wie erwartet. Die Reaktionen auf die Pisa-Ergebnisse und die Empfehlungen des „Forum Bildung“. In: FAZ Nr. 7 vom 09.01.2002, S. 10).

Hinsichtlich des fehlenden Germanistikstudiums der Berufsschullehrer war man offenbar der Meinung, daß den Schülern die nötigen Deutschkenntnisse bereits an der Volksschule, der Realschule oder dem Gymnasium vermittelt werden. Doch die Deutschkenntnisse vieler Berufsschüler sind – trotz geschönter Noten (Wenn man einen Punkteschlüssel manipuliert, kann man aus Fehlleistungen noch annehmbare Leistungen machen)- erschreckend. Ein Berufsschullehrer ist jedenfalls – insbesondere bei Teilzeitunterricht – nicht in der Lage, mangelnde Deutschkenntnisse der Berufsschüler nachzuholen, da dies schon zuvor im Vollzeitunterricht an den vorhergehenden Schulen nicht gelungen war. Er kann sie nur unwesentlich verbessern.

Die Pisa-Studie hat offengelegt, daß fünzehnjährige Deutsche auf dem Niveau eines Entwicklungslandes stehen, was ihre Sprach- und Lesekompetenz angeht. „Es ist erschreckend festzustellen, daß in einer 7. Gymnasialklasse (...) fast ein Drittel der Schüler als Legastheniker anerkannt sind. Das heißt, man hat ihnen amtlich bescheinigt, daß sie nicht so schreiben und lesen können, wie es ihrem Alter entspricht. Anstatt sich zu fragen, ob in den vorangehenden Klassen das Schreiben und das Lesen zu wenig geübt worden und Konsequenzen für folgende Jahrgänge daraus zu ziehen sind, bescheinigt man diesen Kindern eine Behinderung. Ihre negativen Rechtschreibleistungen dürfen nicht in die Gesamtwertung einfließen. Das gilt für die Fächer Deutsch und sämtliche Sprachen bis zur 10. Klassenstufe.“ (Sigrid Seeck, Kiel: Die Schule mit dem höheren Anspruch wird bestraft. In: FAZ Nr. 303 vom 31.12.2001, S. 9). Auch an der Universität gelten viele Abiturienten bei den Professoren als nicht studierfähig, weil ihnen das Basiswissen in Deutsch und Mathematik fehle. „Immer häufiger müssen Dozenten in die Rolle der Nachhilfelehrer schlüpfen.“ Grund sei die Möglichkeit der Abwahl des schwächsten Kernfaches im Abitur. (Professoren fordern: „Abi-Fächer verbindlich festlegen“. In: Nürnberger Zeitung Nr. 10 vom 12.01.2002, S. 4).

Berufsschullehrer müssen aber mangels Germanistikstudiums in ihrem Deutschunterricht mit dem auskommen, was sie am Gymnasium im Fach Deutsch gelernt haben. Selten besucht ein Berufsschullehrer an einer Akademie für Lehrerfortbildung Deutsch-Seminare und legt – wie ich – eine Zusatzprüfung in Deutsch ab. Aber dieses Kurzstudium kann man nicht mit einem fünfjährigen Germanistikstudium vergleichen. Auch waren in den Deutsch-Seminaren an der Akademie für Lehrerfortbildung andere Wörterbücher wegen des Dudenprivilegs kein Thema. So kann man verstehen, daß das Fach Deutsch an Berufsschulen vielfach als das fünfte Rad am Wagen gilt. Die meisten Berufsschullehrer wollen das korrekturintensive Fach Deutsch nicht unterrichten. In etlichen Berufsgruppen wurde ohnehin das Fach Deutsch als Prüfungsfach abgeschafft. Der Deutschunterricht wird daher als Nichtprüfungsfach gern zweckentfremdet für Prüfungsfächer verwendet, um wegen Unterrichtsausfalls nicht geschafften Stoff zu erarbeiten. Angesichts all dieser Fakten ist es völlig unwichtig, ob ein Berufsschullehrer vor 1996 nur den Duden oder auch alternative Wörterbücher kannte und benutzte.

Sie sprechen von „finalem Mobbing“, zu dem die Alt-68er nicht fähig seien. Mobbing, d.h. Psychoterror, ist der Stasi-Methode der Zersetzung sehr ähnlich. Mobbing kommt überall vor und kann von jedermann ausgeübt werden. Auch in der Schule können Schulleiter Lehrer mobben. Insbesondere die sogenannte Rechtschreibreform als Frucht der Alt-68er und ihre undemokratische Art der Durchsetzung betrachte ich als eine subtile Form des Mobbings.

Sogar ein prominenter Alt-68er wandte kürzlich die Methode des „Mobbings“ an. „Schröder kritisierte Stoiber: ‚Er steht für eine Radikalisierung der demokratischen Rechten und gibt damit die Mitte preis'.“ (NZ Nr. 11 vom 14.01.2002, S. 1) Ein Bundeskanzler bestimmt nicht nur die Richtlinien der Politik, sondern gibt als Alt-68er auch das richtungweisende Signal für einen diffamierenden Schmutzwahlkampf.

– geändert durch Manfred Riebe am 15.01.2002, 11.55 –

Mit Klick die Kennkarte von Manfred Riebe ansehen    An Manfred Riebe schreiben   Visit Manfred Riebe's homepage!   Suche weitere Einträge von Manfred Riebe        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Alle Zeiten sind MEZ    Dieser Faden ist 5 Seiten lang:    1   2  3  4  5  Neuen Faden beginnen     antworten
Gehe zum Forum:
< voriges Leitthema     nächstes Leitthema >

Benutzungs-Regeln:
Wer kann im Forum lesen? Jeder Gast / jeder angemeldete Nutzer.
Wer kann ein neues Leitthema oder eine Antwort eintragen? Jeder angemeldete, eingewählte Nutzer.
Einträge können von ihrem Verfasser geändert oder auch gelöscht werden.
HTML-Kennungen beim Eintragen erlaubt? AN. Schnuten erlaubt? AN. vB-Kennungen erlaubt? AN. Bilder-Einbindung mit [IMG] erlaubt? AN.

Maßnahmen der Verwaltung:
Leitthema öffnen / schließen
Leitthema umziehen lassen
Leitthema löschen
Leitthema ändern

Herausgeber · Schreiben Sie uns · Forum

Technik von: vBulletin, Version 1.1.4 ©Jelsoft Enterprises Ltd. 2000. Rechtschreibung.com – Nachrichten zur Rechtschreibfrage