Fleischer/Barz, Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache
Eine Frage von möglicherweise allgemeinem Interesse an Herrn Prof. Ickler: (Falls das Thema bereits früher einmal abgehandelt worden ist, ist die Sache erledigt.)
Vermutlich ist Ihnen das Buch Fleischer/Barz, Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache, bekannt. Es ist für den Hochschulunterricht und als Handbuch gedacht. Es ist 1990 in der 1. Auflage und 1995 in der 2. Auflage erschienen, muß also den Reformern vorher bekannt gewesen sein.
Die Ausführungen in Kap. 3, Wortbildung des Adjektivs, Grundsätzliches, Kompositionen mit substantivischem Erstglied (bombensicher) und mit partizipialem Zweitglied (kräftezehrend, wohlbedacht) und in Kap. 5, Wortbildung des Verbs, Kompositionen aus Verbstamm und Verb (trennschleifen), aus zwei Infinitiven (verlorengehen), mit Substantiv als Erstglied (kopfstehen), mit Adjektiv als Erstglied (fertigbekommen), mit Adverb als Erstglied (wiederbringen) und die ausdrückliche Betonung der bedeutungsunterscheidenden Schreibweisen als Getrennt- und Zusammenschreibung sind völlig entgegengesetzt zu den Aussagen der Rechtschreibreform.
Falls die darin enthaltenen Aussagen wissenschaftliche Tatsachen und nicht nur persönliche Meinungen der Verfasser sind, drängt sich die Frage auf, ob die Reformer wissenschaftliche Tatsachen der Wortbildung einfach abschaffen können oder ob dieses Buch im Falle des Erfolgs der Reform als Irrlehre aus dem Verkehr gezogen oder inhaltlich völlig neu bearbeitet (verbrannt oder widerrufen) werden muß. Eine Umstellung nur der Rechtschreibung würde den Inhalt unverständlich und unglaubhaft machen. Es scheint, daß jetzt Lehramtsstudenten etwas Entgegengesetztes lernen als sie später unterrichten müssen. Das dürften ihre Hochschullehrer eigentlich nicht einfach so hinnehmen.
Oder sehe ich das alles falsch?
Henning Upmeyer Olching
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