Schon 1999
FR 22.10.1999
Lob der Langsamkeit
50 Jahre Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung
Im folgenden veröffentlichen wir Auszüge aus der Begrüßungsrede, die der Präsident der Akademie, der Münchener Althistoriker Christian Meier, gestern abend in der Frankfurter Paulskirche hielt.
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Gewiß hat die Akademie auch Fehler gemacht und ist manches schuldig geblieben. Allein, um nur die letzten Jahre zu nehmen: Ganz so verschlafen, wie es immer wieder dargestellt wird, war sie gewiß nicht. Ins Rampenlicht dagegen geraten wir, wenn wir gegen die Rechtschreibreform kämpfen.
Nichts gegen diesen Kampf! Wie richtig und notwendig er war und ist, kann man inzwischen täglich erfahren, da sich fast alle Zeitungen in einem vorauseilenden Gehorsam, den sich abzugewöhnen die Deutschen offenbar immer noch nicht gewillt sind, der unausgegorenen Reform unterworfen haben. Und wir hätten dem Finanzminister natürlich auch gern geholfen, einige hundert Millionen Mark an Steuermindereinnahmen zu erübrigen. Es ist schließlich auch nicht so, daß wir undankbar wären für das unverhofft große Ansehen, das uns aus diesem Kampf erwachsen ist. Aber erstens ist es doch interessant, daß zwar unser Kampf gegen die ideologisch oder aus Mangel an Kenntnis bedingten Auswüchse der „Reform“ bemerkt und weithin gelobt worden ist, nicht jedoch unser Reform- (und Kompromiß-)Vorschlag (der, wie mir scheint, gar nicht schlecht ist). Zweitens und vor allem aber sind wir doch eigentlich für einiges mehr da und versuchen wir auch, diesen Aufgaben gerecht zu werden. Will sagen: Ich bin überzeugt, daß diese Akademie durchaus auch heute noch, ja vielleicht mehr als zuvor gebraucht wird.
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Th. Ickler
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