Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Forum - Orthographie und Grammatik
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Orthographie und Grammatik
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gestur
13.05.2004 09.17
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Recht, Unrecht und recht, unrecht

„Recht“ ist ein Substantiv, wenn es einen bestimmten (das) oder unbestimmten (ein) oder Verneinungsartikel (kein) oder ein Pronomen (sein, ihr, dessen, deren, dieses) oder eine Präposition (Verhältniswort) (im, zu) vor sich hat.
Für „Unrecht“ gilt dasselbe, zusätzlich auch Adjektiv-Attribute („großes“, „völliges“) und unbestimmte Zahladjektive wie „viel“, „wenig“.
Denn diese Wörter können nur vor Substantiven, aber nicht vor Adjektiven stehen.

„recht“ und „unrecht“ sind Adjektive, wenn sie keines der obengenannten Wörter vor sich haben oder stattdessen Vergleichs- oder Steigerungspartikel wie „wie“, „sehr“, „ganz“, „völlig“ oder die Verneinung „nicht“ vor sich haben, denn diese Wörter können nur vor Adjektiven, aber nicht vor Substantiven stehen.

Diese Beschreibung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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gestur
11.05.2004 12.51
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Wochentage als Datumsangabe

Wochentagsnamen, vor denen keine Präposition (kein Verhältniswort) steht, das den Fall bestimmt wie „am Freitag“, stehen im Akkusativ. Vielleicht muß man sich als Hilfe „diesen“ oder „kommenden“ oder „nächsten“ davor oder einen Zusatz wie ",den 13.,“ dahinter denken.

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Karin Pfeiffer-Stolz
10.05.2004 11.36
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Grammatikunterricht in der Schule
Bezüglich „leid tun“ habe ich in den vergangenen Jahren oft Überlegungen angestellt, ohne zuvor (klärende) sprachwissenschaftliche Sachargumente gelesen zu haben. Folgende Bedenken, die mir bei „Leid tun“ kamen, sind also rein praktische, persönliche. In meinen Veröffentlichungen habe ich die Reformregel Großschreibung von Beginn an ignoriert.
Wenn ich den Satz „Es tut mir leid“ auf laienhafte Weise auseinandernehme, dann frage ich: „Wie tut es mir?“ und nicht „Wen oder was tut es mir?“. Daraus kann ich für mich selbst beantworten, daß es sich bei „leid“ nicht um ein Substantiv handeln kann.

Bei „Ich habe recht“ begreife ich ebenfalls nicht, wie „recht“ als Substantiv eingeordnet werden kann, gibt es doch auch Wendungen wie „der rechte Weg“, also der „richtige“ Weg.

Da ich selbst im Schuldienst gewesen bin, befasse ich mich auch mit dem Gedanken der Vermittelbarkeit von Rechtschreib- und Sprachregeln. Ich gehe also rein pragmatisch an die Sache heran. Muß sich nicht jeder Lehrer fragen, wie er zum Beispiel folgendes Problem im Grammatikunterricht behandelt:

Ich stehe vor der Klasse.
„Gestern ging ich ins Kino.“
Meine Frage an die Schüler: „Wie erfragen wir die Tageszeit?“
Schüler: „Wann ...?“
Richtig!
Und jetzt habe ich ein Problem: Wie vermittle ich den Schülern, daß nach „wann“ ein großgeschriebenes Wort, also ein Substantiv, folgt?

Hat man sich über derlei Probleme Gedanken gemacht unter der Lehrerschaft? Oder geht man dazu über, „Vermeidungsunterricht“ zu erteilen, der alles ausspart, was Unsicherheiten erzeugt? Wunderbar! Da fallen viele Unterrichtsstunden für das Fach Deutsch fort. Ist offenbar auch im Sinne der Reformer. Nehmen wir ruhig das Korsett weg, in das bisher Wissensinhalte gegossen wurden. Es ist nur eine Frage der Zeit, ehe uns alles unter den Fingern zerrinnen wird.
__________________
Karin Pfeiffer-Stolz

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margel
01.10.2003 09.54
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Das fängt ja gut an!

Der Internet-Provider freedee: "...kostenlos zu Surfen.“ (Diese Art von Großschreibung liest man jetzt häufig) / "...samstags, sonntags, Feiertags...“ / aber kurz danach: „feiertags“

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J.-M. Wagner
19.06.2003 13.51
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Re: pleite, leid

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Schon Schaeder und Augst haben mit dem etwas dümmlichen Argument gekontert, daß Adjektive attributiv verwendbar sein müßten: der pleite Unternehmer usw., was natürlich nicht stimmt. Sogar die Neuregelung setzt ja ein Adjektiv pleite an: er ist pleite.
Das heißt, hier verwickeln sich diejenigen in einen Widerspruch, die einerseits via der Betrieb ist pleite das Adjektiv pleite einführen, es aber wegen *der pleite Betrieb nicht als solches anerkennen wollen. Wenn ich mich recht entsinne, hat das auch Gallmann in seiner Vorlesung hinbekommen.

Zitat:
leid tun hat dieselbe Syntax wie weh tun, gut tun, früher auch sanft tun usw.
Fragen Sie Gallmann doch nach *wie Hunger du hast.
Den Vergleich mit der Syntax von weh tun, gut tun habe ich mir für später aufgehoben, wenn die Frage aufkommt, wie denn leid tun nun zu schreiben sei, wenn es gar nicht zu den Nomen-Verb-Verbindungen gehört. Letzteres ist aber noch nicht ganz entschieden: Auf meinen Einwand, mit wie zu erweitern, meinte Prof. Gallmann zunächst, das sei die gleiche Probe wie mit sehr. Ich erwiderte, daß es nicht die gleiche Probe ist, weil nun der Fall *wie Hunger sie hatte auftritt. Als er dann darauf verwies, daß diese Probe wiederum bei Präpositionalphrasen uneindeutig sei, entgegnete ich, daß leid tun keine solche sei. Daraufhin kam einen Moment lang gar nichts, bis er schließlich erklärte, es fiele ihm gerade nicht ein und er müsse erst einmal nachschauen, denn da wäre irgend etwas gewesen, warum auch die wie-Probe nicht eindeutig sei.

Bemerkenswerterweise hat er in seinem Aufsatz als letzte Fußnote folgende Bemerkung gemacht (S. 26):
Zu erwägen ist eine Korrektur bei der Fügung Leid tun, da hier wohl nicht das Nomen Leid, sondern eher das standardsprachlich defektive Adjektiv leid vorliegt (in süddeutschen Dialekten sind attributive Formen dieses Adjektivs noch geläufig). Am besten schreibt man zusammen (in Abweichung sowohl von der 1901er- als auch von der 1996er-Regelung): leidtun, es tut mir leid, es hat mir leidgetan.
Was ist ein defektives Adjektiv – sowohl ganz allgemein gefragt, als auch auf leid bezogen? Meint es so etwas wie den obigen Fall des pleite, das nicht attributiv gebraucht werden kann? Dann wäre seine Argumentation ziemlich trickreich, weil sie einerseits die Notwendigkeit der Korrektur unterstreicht, andererseits aber auch begründet, warum man den Infinitiv nicht getrennt schreiben sollte. – Mit seinem Fazit, was hier das Beste sei, bin ich aber nach wie vor nicht einverstanden: Wenn etwas keine Nomen-Verb-Verbindung ist, soll es auch nicht deren Schreibungsregeln folgen – damit man es nicht umgekehrt für eine Nomen-Verb-Verbindung hält.
__________________
Jan-Martin Wagner

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Theodor Ickler
17.06.2003 13.45
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Prinzipien

Nachgedruckt wird die letzte Auflage, das ist die fünfte von 1920, fotomechanisch. Sie hat kein th mehr, aber auch weiterhin kein ß.
__________________
Th. Ickler

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Reinhard Markner
17.06.2003 11.59
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Principien

Die durchgängige ss-Schreibung dürfte korrekt sein, aber da der ursprüngliche Titel selbstverständlich Principien der Sprachgeschichte heißt, muß es sich bei der Vorlage um eine spätere Auflage handeln.

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J.-M. Wagner
17.06.2003 09.56
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Projekt Gutenberg

H. Paul: Prinzipien der Sprachgeschichte

Hier ein Zitat aus der Einleitung:

Die grosse Gleichmässigkeit aller sprachlichen Vorgänge in den verschiedensten Individuen ist die wesentlichste Basis für eine exakt wissenschaftliche Erkenntnis derselben.
Das Werk wurde 1880 veröffentlicht. Wie steht es um die orthographische Wiedergabetreue dieser elektronischen Version, sowohl was die s-Schreibung, aber auch die Verwendung von „th“ betrifft? Geht evtl. die "ß"-lose Fassung auf die elektronische Bearbeitung im Projekt Gutenberg zurück?
__________________
Jan-Martin Wagner

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margel
16.06.2003 06.33
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Leicht beieinander wohnen die Gedanken...

Herr Wagner,

wenn man über Strukturen im Hinblick auf geistig-kulturelle
Phänomene redet, befindet man sich immer auf einer sehr hohen Abstraktionsebene. Der Begriff ist so umfassend und
allgemein, daß es oft schwerfällt, ihn am konkreten Beispiel
mit Inhalt zu füllen. Wir haben dann den Wald, aber nun
müssen wir mühsam die Bäume zählen und bestimmen. Die Frage ist, wie hilfreich für ein tieferes Verständnis und eine
fruchtbare Disskussion es jeweils ist, die Struktur als
Plattform heranzuziehen. „Struktur“ gehört zu den Begriffen,
die man ganz besonders als Schüler liebt, weil er sich
hochgeistig anhört und zu nichts verpflichtet.

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Theodor Ickler
16.06.2003 05.01
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pleite, leid

Schon Schaeder und Augst haben mit dem etwas dümmlichen Argument gekontert, daß Adjektive attributiv verwendbar sein müßten: der pleite Unternehmer usw., was natürlich nicht stimmt. Sogar die Neuregelung setzt ja ein Adjektiv pleite an: er ist pleite.
leid tun hat dieselbe Syntax wie weh tun, gut tun, früher auch sanft tun usw.
Fragen Sie Gallmann doch nach *wie Hunger du hast.
__________________
Th. Ickler

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J.-M. Wagner
16.06.2003 00.16
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Re: Merry-go-round

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Herr Wagner, über Strukturen zu reden, bedeutet oft, auf dünnem Eis zu wandeln. „Struktur“ kann alles und nichts bedeuten. In sprachlichen Dingen ist das Gewohnte das Richtige – erst einmal, als Arbeitshypothese, sozusagen.
Keinen Einwand gegen Ihre Arbeitshypothese, und keinen Zweifel an Ihrem Einwand – ich möchte aber doch gern einmal ein konkretes Beispiel genannt bekommen, wo das Eis sozusagen besonders dünn ist.
__________________
Jan-Martin Wagner

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J.-M. Wagner
16.06.2003 00.05
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Prof. Gallmanns Vorlesung

Letzten Mittwoch ging es um Nomen-Verb- (N-V-) Verbindungen. Dazu wies Prof. Gallmann auf seinen Artikel «Wortbegriff und Nomen-Verb-Verbindungen» hin (Zeitschrift für Sprachwissenschaft 18.2/1999; Seiten 269–304); die Vorlesung (45 Minuten) war eine kompakte Präsentation des darin enthaltenen Stoffes; meine (in dem Aufsatz ausführlich diskutierte) Lieblingsfrage „Was ist ein Wort?“ wurde dabei nur oberflächlich behandelt.

Es ging in der Vorlesung konkret um die Festlegungen von § 55 (4) und § 34 (3), welche die zwei im Zuge der Reform verbleibenden „Schreibweisen“ für Nomen-Verb-Verbindungen darstellen; die Varianten radfahren/ich fahre Rad/ich bin radgefahren und diät leben/ich lebe diät/ich habe diät gelebt wurden abgeschafft. Jetzt gibt es nur noch das Entweder-Oder zwischen den Varianten „immer klein und zusammen“ und „immer groß und getrennt“. Begründet wurde diese Reduktion auf zwei Fälle damit, daß es darum ging, einen komplizierten Sachverhalt alltagstauglich zu machen, und dazu wurde obige Konvention eingeführt, die die Handhabung erleichtern soll.

Zunächst eine grundsätzliche Frage: Sind Nomen und Substantiv völlig äquivalente Bezeichnungen (für Hauptwort), oder gibt es da einen feinsinnigen Unterschied (und wenn der auch nur in der Verwendung liegt)? Zum Beispiel gibt es ja so etwas wie eine Nominalphrase – enthält diese, mal ganz naiv gefragt, ein Substantiv?

Der theoretische Hintergrund der Nomen-Verb-Verbindungen ist die Inkorporation (ganz allgemein verstanden) und die der jeweiligen Art der Inkorporation zugrundeliegende Struktur, wie sie etwa für das noun stripping auf S. 14 des Aufsatzes in einem Diagramm dargestellt ist. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist eine Verbform mit Inkorporation eines Nomens, egal zu welchem Grade inkorporiert (abstrakte Inkorporation, noun stripping oder vollständige/echte Inkorporation [= Inkorporation im engen Sinn]), – abgesehen von Ableitungen von Nominalkomposita wie Handhabung: handhaben, Schlußfolgerung: schlußfolgern – immer eine abgeleitete Struktur und setzt damit die Existenz der Grundstruktur voraus.

Abgesehen davon, daß Prof. Gallman ganz klar gesagt hat, daß die jetzige Festlegung, Leid tun zu schreiben, falsch ist (weil es auch ich bin es leid und es ist mir leid gibt) und es daher in die andere Kategorie einzuordnen ist (was der Grund dafür ist, daß mit dem Schema der Reform nur leidtun kompatibel ist), frage ich mich, welche syntaktische Grundstruktur mit einem Nomen denn leid tun zugrundeliegen soll. Muß man nicht viel eher davon ausgehen, daß es sich hier um eine Art Phraseologismus handelt, der aber kein Nomen beinhaltet?

Auf meinen Einwand, man könne es testen, indem man mit sehr erweitert, erwiderte Prof. Gallman, daß das nicht eindeutig sei, weil das auch bei Präpositionalphrasen zu einem regulären Ausdruck führen würde, so daß man es nicht unterscheiden könne (er war sehr in Eile). Nur wenn die Erweiterung mit sehr nicht zulässig ist, könne man mit Sicherheit schließen, daß es sich nicht um eine Adjektiv oder Adverb gehandelt habe. Er behauptete sogar, daß auch Nominalphrasen mit sehr erweitert werden könnten und bemühte sie hatte sehr Hunger als Beispiel, wenn auch nur in der Umstellung Hunger hatte sie sehr. Das halte ich aber für falsches Deutsch, und da blieb dann nur der Verweis auf die Suche in einem Korpus.

Meines Erachtens liegt der eigentliche Fehler bei leid tun darin, daß dies überhaupt als N-V-Verbindung aufgefaßt wird. Es gibt zwar Fälle wie heimfahren, standhalten, teilnehmen etc., bei denen nur noch die Herkunft von einem Substantiv erkennbar ist, der betreffende Wortteil aber (in keiner Konjugationsform) keine substantivische Funktion mehr hat und die aber dennoch zu den N-V-Verbindungen gerechnet werden können, weil man davon ausgehen kann, daß sie sich aus einer ursprünglich ein Nomen enthaltenden Verbindung gebildet haben. (Problematisch kommt mir dabei allerdings wettmachen vor.) Aber nur weil es bei diesen Fällen verblaßte Substantive sind, bedeutet ja noch nicht, daß es sich immer um eine N-V-Verbindung handelt, nur wenn es zu dem unklaren/„verblaßten“ Wortteil ein gleichlautendes Substantiv gibt.

Eine solche Einordnung kommt bei leid tun m. E. zustande, weil man andere Kategorien nicht in Betracht zieht bzw. nicht zulassen will. Als Vergleich wird entsprechend bei Not tun, Pleite gehen, Recht/Unrecht haben nur danach geprüft, ob es ein entsprechendes Adjektiv gibt, und wenn nicht (*der pleite Betrieb), muß eben groß geschrieben werden. Aber selbst da gibt es Inkonsistenzen: Trotz der bakrotte Betrieb/der Betrieb ist bankrott verlangt die Neuregelung der Betrieb geht Bankrott – wegen der Betrieb geht Pleite, und letzteres begründet sich aus dem *pleiten Betrieb. (Vom „Klassiker“ des *Spinnefeindes ganz zu schweigen; stehen doch jetzt Feind, Todfeind, spinnefeind in einer Reihe.)

Langer Rede kurzer Sinn: Wie kann man unumstößlich zeigen, daß leid tun (u. a.) nicht in die Kategorie der Nomen-Verb-Verbindungen gehört? Was kann ich Prof. Gallmann am nächsten Mittwoch erwidern?
__________________
Jan-Martin Wagner

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margel
14.06.2003 18.50
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Merry-go-round

Herr Prof. Ickler,
Ihre besagte Preisschrift ist durchaus noch lesenswert
im Hinblick auf das Problem der Sprachnormen.Ich habe sie
mal wieder hervorgeholt und kann ja demnächst einmal ein paar Zitate bringen, falls Sie sie verloren haben...
Herr Wagner, über Strukturen zu reden, bedeutet oft, auf dünnem Eis zu wandeln. „Struktur“ kann alles und nichts bedeuten. In sprachlichen Dingen ist das Gewohnte das Richtige – erst einmal, als Arbeitshypothese, sozusagen.
Hallo Renate-Maria, darf ich Sie duzen oder soll ich „Sie“
zu Dir sagen?
Briefe, in denen man mich klein duzt, kompostiere ich sofort.

Schönen Sonntag allerseits

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Theodor Ickler
14.06.2003 04.32
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Dies und das

Die Orientierung an der Grundschule gehörte zu den wichtigsten Motiven der Reform, hat sich aber später beinahe ganz verloren. Leute wie Augst, Gallmann ritten nur noch ihre Steckenpferde. Wie kann man denn die Schreibweise von Stendelwurz usw. für schulrelevant halten?
Was die „Struktur“ der Sprache betrifft, so sollte man sie nicht überschätzen. Sprache ist eine Sammlung von Gewohnheiten, die allerdings lokalen Systematisierungen unterliegen, wie jedes Verhalten. Die Analogie sorgt für Struktur. Ich empfehle Hermann Pauls „Prinzipien der Sprachgeschichte“, allerdings sollten Anfänger das erste Kapitel erst einmal überspringen, es ist eine zeitgebundene Auseinandersetzung mit damals bekannten Meinungen, die heute nicht mehr interessieren. Aber sonst gibt es kein besseres Buch, es wird ja auch nach 100 Jahren immer wieder nachgedruckt. Mit dieser Empfehlung möchte ich auch andeuten, daß an meiner 25 Jahre alten Preisschrift „Die Ränder der Sprache“ nicht viel gelegen ist. Ich weiß selbst nicht mehr, was drinsteht, weil ich meine eigenen Sachen nie wieder zur Hand nehme.
Ich finde nicht, daß Sie das Rad neu erfinden, lieber Herr Wagner. Immer wieder ganz grundsätzliche Überlegungen anzustellen, wie Sie es tun, finde ich vollkommen richtig.

Übrigens könnte man hier mal einen Diskussionsstrang über Sprachnormen aufmachen. Oder die FDS könnte einen solchen thematischen Schwerpunkt setzen. Ich selbst habe ein Vorlesungsskript dazu. Interessant wäre für den Anfang eine Typologie der sprachkritischen Argumentation. Wie voraussetzungsreich das Reden von Sprachverfall, -verhunzung usw. eigentlich ist, macht man sich zu selten klar.
Manche Leute, die mich auf ihrer Seite glaubten, habe ich vergrätzt durch die schlichte Frage, warum sie sich so sehr um das Sprachverhalten ihrer Mitmenschen kümmern, statt ihr eigenes zu vervollkommnen. Da hat man doch wahrhaftig genug zu tun! Aber die Sprachbesserwisser fallen nicht zuletzt dadurch auf, daß sie eigentlich sonst nicht viel mitzuteilen haben; sonst hätten sie ja auch weder Zeit noch Lust, das Verhalten ihrer Mitmenschen so sehr zu verfolgen.
In den letzten Jahren hat dank Krämers VDS ein (angeblich authentisches) Zitat einer Hamburger Schneiderin eine erstaunliche Karriere gemacht (bis in „Spektrum der Wissenschaft“ hinein); jeder glaubte, sich über deren Anglizismen empören zu müssen. Ich kann das nicht recht verstehen. Warum soll eine Schneiderin nicht reden, wie sie will?
__________________
Th. Ickler

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J.-M. Wagner
13.06.2003 22.00
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Re: Re: Gelenke, Schnitte

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
Mir ist völlig unbegreiflich, welcher Gedanke dahintersteckt, Trennungen wie »schöns-te« usw. vorzuschreiben, oder »am empfindlichs-ten«.

Zum einen ist es ohnehin unprofessionell und auch meistens überflüssig, lediglich zwei Buchstaben als Silbe abzutrennen, zum andern wird dadurch die Grundform »schön« bzw. »empfindlich« zuerst verfremdet, bevor man das Ganze als Steigerungsform erkennt. Gewöhnungssache vielleicht, aber warum soll man sich an so etwas gewöhnen, wo die bisherige Lösung doch besser und keine Fehlerquelle war?
Der Gedanke dahinter ist ganz einfach: In welchen Klassenstufen lernen die Kinder heutzutage in der Schule die Rechtschreibung? Wie also muß der Inhalt der Rechtschreibung gestrickt sein, damit die (allermeisten?) Kinder diesen Alters die Chance haben, es zu lernen? – Es geht bei der Reformschreibung vornherein um eine Rechtschreibung, die sich an der Vermittelbarkeit in der Schule orientiert. Darauf hat Prof. Gallmann in einer Diskussion im Anschluß an die letzte Vorlesungsstunde hingewiesen: Das neue Regelwerk ist (inhaltlich; nicht von seiner Ausformulierung her) in erster Linie für den Schulunterricht konzipiert.

Die Leitkonzepte, um die Vermittelbarkeit zu erreichen, lauten meines Erachtens (1.) Ausnahmefälle reduzieren oder ganz abschaffen und (2.) möglichst vieles über einen Kamm scherende Konventionen einführen. Bei der Trennung nach § 108 also Augen zu und ... immer nur den letzten Konsonantenbuchstaben auf die neue Zeile. So einfach geht das! Als Rechtfertigung gegen die Qualitätsansprüche könnte ein Verteidiger dieses Konzeptes einwenden: Wozu Professionalität in der Grundschule? – Mein Fazit: Die Zweiteilung der Schriftsprache ist gewollt.

An der Situation würde sich vielleicht etwas ändern, wenn in höheren Klassenstufen, in denen auf tiefere Grammatikkenntnisse zurückgegriffen werden könnte, entsprechend vertiefter Rechtschreibunterricht eingeplant werden würde. (Auch diese Bemerkung geht auf Prof. Gallmann zurück.) Damit wird aber auch bestätigt, was mir als grundlegende Kritk mit als erstes einfiel, als ich begann, mich mit der Reformschreibung zu beschäftigen: Das eigentliche Problem ist nicht die Rechtschreibung selbst, sondern ihre Vermittlung im Schulunterricht. Warum verbessert man dann nicht den Lehrplan, was die Grammatik betrifft, sowie die Didaktik? Welchen Erfolg kann das Unterrichten einer vereinfachten Rechtschreibung haben, wenn die eigentlichen Hürden des Verständnisses nicht beseitigt werden? Warum begreift man diese Situtation nicht als Chance, zwei ungeliebte Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und Rechtschreib- und Grammatikunterricht enger mit einander zu verzahnen?
____________

Lieber Herr Ickler, inwieweit habe ich denn mit meinen „drei Schritten zur Rechtschreibung“ gewissermaßen das Rad neu erfunden, und wo sehen Sie (bespielhaft) die Gefahr, daß ich bei dieser Herangehensweise die Strukturen der Sprache überstrapaziere (vgl. die Anmerkungen von „margel“)?
__________________
Jan-Martin Wagner

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