Einmischung
Liebe Frau Menges,
da hat sich ja inzwischen so einiges angesammelt! Und nachdem mein Name überraschenderweise vor kurzem zweimal in der Betreffzeile per (schönen!) Bindestrich mit dem von Frau Grunert verbunden wurde (weiß jemand warum?), will ich mich mal wieder einmischen.
Sie fordern: “Für die Schulen muss dann sozusagen ein neues Regelwerk herauskommen, nachdem man sich richten kann.“ Wollen Sie damit sagen, daß man sich nach dem derzeit gültigen Regelwerk (Amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung von 1996) nicht richten kann? Dann stimmen Sie mit mir überein! (Übrigens: In der Unterscheidung zwischen „nachdem“ und „nach dem“ sind sich die Regelwerke bisher noch einig, aber man weiß ja nie!)
Ihren Satz “Trotzdem gehen wir nach dem Duden 2001 vor, denn das ist die neueste Version der Rechtschreibung.“ finde ich bemerkenswert. Bei allen Anfragen zu Zweifelsfällen bekommt man immer den Hinweis „Eine Reform der Reform hat es bisher nicht gegeben“ gratis dazu. Also müßte doch der Duden von 1996 zumindest noch genauso gültig sein! Wenn Sie allerdings mit „neueste Version“ nur die zeitliche Dimension meinen und nicht die inhaltliche, dann ist Ihre Behauptung schlichtweg sachlich falsch, das sollten Sie eigentlich wissen.
Sie fragten: “Warum strebte Deutschland nach einer Änderung?“
Deutschland hat nach vielen Änderungen gestrebt und wird wohl auch weiterhin nach vielen Änderungen streben. Aber nach einer Änderung der Rechtschreibung hat Deutschland gewiß nicht gestrebt, und ganz sicher nicht nach einer, die nach so kurzer Zeit schon nach weiteren Änderungen schreit.
Sie behaupten: „Alle Schulbuch- und so viel ich weiß, alle Kinderbuchverlage drucken nach der derzeit gültigen Rechtschreibung. Eigentlich müßte man sagen: Sie geben vor, dies zu tun, sie versuchen es. Aber es gelingt ihnen oft nur mittelmäßig. Und es ist ihnen oft auch ziemlich schnuppe. Würden die Kultusminister regeln, ab 2004 sei bei Neuauflagen jedes x durch ks, jedes y durch ü zu ersetzen, sie würden es tun. (Übrigens: Auch an der Zusammenschreibung von „soviel“ bei „soviel ich weiß“ hat die RSR nichts geändert, auch dieser Irrtum hat sich erstaunlich weit verbreitet.)
Sie schreiben: “Die Reform ist längst gelaufen, selbst der Spiegel hat die Diskussion eingestellt, die Schulen unterrichten die neue RSR und ... sie ist nicht zu vergleichen mit der Mengenlehre, die man einfach absetzen konnte.“
In einem Punkt ist ein Vergleich aber doch angebracht: Weder bei der Einführung der Mengenlehre noch bei der Einführung der neuen Rechtschreibregeln war den Verantwortlichen klar, um was es da inhaltlich genau ging. Alles wurde unfertig auf die Schüler losgelassen nach dem Motto: „Mal sehen, wie es sich entwickelt oder was dabei nach einigen Jahren herauskommt“.
War denn bei der Einführung der Mengenlehre eigentlich nicht „das Streben nach der Moderne, dem Fortschritt“ im Spiel?
Sie haben die Großschreibung von „Leid“ (Sie meinten sicherlich in der Verbindung „es tut mir Leid“) als das bezeichnet, was sie ist: als Fehler. Glauben Sie, daß es auch nur ein einziges Mitglied der KMK gibt, das dies anders sieht (mal abgesehen von denen, die noch nicht davon erfahren haben, daß Schüler es nun groß schreiben sollen)? Konsequenzen? Fehlanzeige! (Vielleicht wird es ja bis 2005 doch noch richtig.)
|