Hallo Herr Metes,
die Zweiteilung war auch ein Vorschlag Arno Schmidts. Der entsprechende Text wurde von Richard Dronskowski im Leitthema Großschreibung und Rechtschreibung bei Arno Schmidt veröffentlicht. Allerdings herrscht wohl noch keine Klarheit über die Ernsthaftigkeit dieses Vorschlags.
Ansonsten stimme ich Ihrer Einschätzung weitgehend zu, bin mir aber über die Rolle der Intelligenz nicht ganz im klaren.
In meinem beruflichen und geschäftlichen Umfeld habe ich es oft mit Leuten zu tun, denen die Sprache und ihr schriftlicher Ausdruck einfach nicht wichtig sind. Mißverständliche oder eben keine Kommasetzungen werden mit dem Kommentar, man wisse doch, was gemeint sei, gerechtfertigt. Vieles an derartigen Oberflächlichkeiten hängt mit dem zusammen, was Sie mediale Beschleunigung nennen. Ich übertrage diesen Begriff einmal auf die Entwicklung der Bürokommunikation: Mit dem Beginn der Verbreitung von PCs in den Büros, der zunächst lokalen Vernetzung und schließlich der sich rasant entwickelnden E-Mail-Nutzung wurde immer mehr Schreibarbeit auf den Einzelnen verlagert. Texte mußten (und müssen) sehr schnell erstellt und an die Adressaten gesandt werden. Eine korrigierende Instanz etwa in Gestalt einer tüchtigen Sekretärin, die Rechtschreibung und Kommasetzung weitgehend beherrschte und auch in Stilfragen sicher war fehlt in den meisten Fällen. Korrekturlesen entfällt meist aus Zeitmangel, und Korrekturprogramme erkennen ohnehin nur die gröbsten Schnitzer. Ob sich jemand verständlich und der Sache angemessen ausdrückt, ist davon gar nicht berührt. Selbst in Fachzeitschriften (bspw. zur Bürokommunikation) finden sich häufig sehr wortreiche Darstellungen, die aber viel zu oft aus gedrechseltem Wortmüll bestehen, mit dem das Nichtssagende in eine scheinbar vielsagende Form gebracht werden soll. Moderner, sprachlicher Unsinn durchzieht dann die Beiträge, und niemand geht einmal einzelnen Begriffen auf den Grund. Was sich allein um den Begriff Downsizing, einem 90er-Jahre Modewort aus der EDV-Branche, an tief schürfenden Betrachtungen gerankt hat, war enorm. (Die tiefen, ökonomischen Schürfwunden blieben natürlich nicht aus. Schließlich kam dann jemand noch mit Rightsizing und verkündete damit eine Sensation. Als wäre es nicht schon immer ein lohnendes Ziel gewesen, etwas Richtiges zu tun.) Interessant und erschütternd: Diese Autoren bzw. Sprachnutzer werden eher zur gesellschaftlichen Elite gezählt, sind sehr oft Akademiker und haben nicht selten einen Doktortitel. Auch da liegt ein guter Nährboden zur Durchsetzung einer Rechtschreib-Reform. Wer allen möglichen sprachlichen Unsinn kritiklos mitmacht, wird sich der einfacheren Beliebigkeitsschreibung kaum widersetzen. Sprachliche Feinheiten, die zu verschwinden drohen, werden gern einem vermeintlichen Fortschritt (gesellschaftlich, wirtschaftlich und eben auch sprachlich) geopfert.
Trotz alledem. Starke Bewegungen erzeugen naturgesetzlich immer auch starke Gegenbewegungen. Vielleicht wird sich ja gerade wegen der amtlich verordneten und mit Gesetzesgewalt durchgedrückten Reform ein stärkeres Interesse an Rechtschreibung entwickeln. Und an deren vielfältigen Beziehungen zu einer reichen Sprache. In diesem Sinne ist all denen zu danken, die wie hier im Forum als Sachkundige (Lehrer, Sprachwissenschaftler, Autoren ...) Zusammenhänge erklären, wovon dann nicht so Kundige (dazu gehöre ich) eine Menge lernen können.
Zur Frage, wie es weitergehen kann. Herr Ickler hat wenn ich es recht erinnere den Nachweis des Rückbaus der Reform als Schwerpunkt der Auseinandersetzung bezeichnet. Dem stimme ich zu. Denn es ist gerade für jemanden wie mich sehr interessant, welche Verschiebungen sich da inzwischen ergeben haben. Ich selbst wäre leider nicht so ohne weiteres in der Lage, all das nachzuvollziehen. Ansonsten finde ich Frau Salber-Buchmüllers Anregung aus dem Gästebuch vom (12.8.01) sehr gut, anhand vieler Beispiele die Lächerlichkeit dieses großen Reformwerks (und damit auch seiner unkritischen Befürworter) aufzuzeigen.
Abschließend an Jan. Gut, daß Sie dieses Leitthema angefangen haben. Allerdings stört auch mich Ihre Anonymität ein wenig. Ich unterstelle da keine finsteren Absichten, vielleicht gibt es ja gute Gründe dafür. Aber ein Name, eventuell ergänzt durch Beruf und Alter, vereinfachen für mich die Auseinandersetzung mit meinem Gegenüber immer erheblich. Na ja machen Sie das wie Sie es für richtig halten; da war doch mal was mit Fasson und Seligkeit ...
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