Noch eine Bootsgeschichte
Die schönsten Bootsgeschichten stammen ja eigentlich aus der Antike sowie aus dem großen „Afrikaner-nach-Amerika-Transport“; jedenfalls finden sie sich in jener Zeit, in der man noch mit Galeeren über das große Meer gerudert ist.
Was mich an diesen rekordverdächtigen Ruderregatten immer fasziniert hat, war der Umstand, daß diese Ruderboote überhaupt am anderen Ende angekommen sind. Das sind ja nicht nur einige tausend Meter wie kürzlich in Athen, sondern bei solchem Unternehmen geht es um Abertausende von Seemeilen, um endloses Wasser, um Brandung, rauhe See, Unwetter, karge Mahlzeit, Peitschenhiebe – und danach bleiben immer noch einige Kilometerchen übrig.
Nichts gegen unsere durchtrainierten Athleten von Athen, aber die haben doch schon kurz vor dem Ziel angefangen, nach Luft zu japsen, und im Ziel waren sie dann fix und fertig und wären beinahe aus dem Boot gekippt, nach gerade mal 3000 Metern in absolut ruhigem Fahrwasser und ohne Gegenwind ... Man könnte bei solcher Betrachtung fast den Faden verlieren.
Zurück zum Thema: Schon im Frühschülerstadium sind meine Gedanken immer um das Management und um die Leistung gekreiselt. Da habe ich mir Fragen gestellt w. z. B.: „Wie viele Ruderbesatzungen waren da eigentlich an Galeerenbord?“ Oder: „Wie viele Angeber und Peitschenschwinger tyrannisierten die rudernde Truppe, bzw. hielten sie bei Laune?“ Oder: „Wie lange hat so eine Überfahrt gedauert?“ Und: „Wie viele von denen, die wegfuhren, sind eigentlich am Ziel angekommen?“ Schließlich: „Haben die möglicherweise zwischendurch die Mannschaft aufgefüllt, oder Ballast von Bord geschmissen, oder Notsegel gehißt, oder ...?“ Fragen über Fragen!
Immer bin ich bei meinen Erklärungsversuchen an der gleichen Stelle herausgekommen, habe mich fixiert auf die Rolle des Bordpädagogen, und meine Ergebnisse gingen wie mathematische Gleichungen allesamt auf.
Ankommen konnte das Schiff nur, wenn bis zuletzt genügend Leute dawaren, die sich in die Riemen legten.
Ankommen mußte das Schiff mit möglichst hoher Sklavenzahl, weil dies den Verkaufserlös steigerte, wobei hierbei unterwegs einige Variable einzubringen waren ...
Aber auch das verwirrt und führt weg vom Thema!
Genau genommen interessieren mich seit jeher die letzten zweihundert Kilometer, für die keine Anlegestelle parat ist – nur Wasser, Wasser und nochmals Wasser – mich interessiert dieser pädagogische Drahtseilakt.
Frage: Was haben diese Machos an Bord in solchen Momenten, in einer derartig existentiellen Bedrohung, gemacht und gedacht?
Antwort: Ich denke, sie haben – ausgeruht wie sie waren – als Beste unter den Besten mitgerudert!
(Vielleicht ein Bild für die Kultusminister, die ihre Rechtschreibreformkommission mehr als einmal ausgepeitscht haben, im Regen stehen ließen und nun endlich von Bord geschickt haben. Sie sollten sich nun selbst in die Riemen legen, damit es endlich und vor allem schnell zielwärts geht.)
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