Berns photographie Verlag
Ist dies eigentlich bekannt? Zufällig im Internet gefunden
Zur Rechtschreibung
Der BERNS photographie Verlag wendet die formell seit Juli 1996
von einer staatlich eingesetzten Kommission beschlossene,
mehrfach kritisierte und bis heute umstrittene reformierte
Rechtschreibung nicht an.
Zur Begründung wird auf die nachfolgend veröffentlichte
Stellungnahme mit dem Titel “Zur Recht schraip reform”
verwiesen. Zur weiteren Information finden Sie außerdem zwei
Kommentare von prominenten Gegnern der ‘Rechtschreibreform’.
Sämtliche schriftenthaltenden Produkte des Verlages werden
nach den Regeln der Rechtschreibung veröffentlicht, die vor dem
Jahre 1996 galt, weiterhin gilt und auch nach dem Jahre 2005
noch gelten wird.
Essen, im April 2003
Zur Recht schraip reform
Eine Stellungnahme
Vor einiger Zeit trat eine Kommission mit dem Ziel an, mittels
einer Reform die Rechtschreibung in Deutschland, Österreich und
der deutschsprachigen Schweiz zu vereinfachen, eine neue
Getrenntschreibung einzuführen und die Zeichensetzungsregeln
zu erneuern. Warum jedermann von dieser Reform besser die
Finger lassen sollte, die jetzt ohnehin schon zum Reförmchen
gestutzt wurde, wollen die folgenden grundsätzlichen Gedanken
und Argumente einleuchtend wie nachvollziehbar (und noch
nicht abschließend) streifen:
Hinweis: Dieser Text folgt übrigens den Regeln der
Rechtschreibung, die vor Juli 1996 gegolten haben, derzeit noch
gültig sind und auch nach dem Jahr 2005 weiterhin gelten
werden.
1. Sprache, insbesondere Schriftsprache, kann nicht von Staats
wegen verordnet werden, gewissermaßen von oben herab.
Sprache läßt sich nicht de lege lata reformieren. Sprache ist ein
lebendiges Kulturgut. Sprache muß wachsen.
2. Die deutsche Sprache gehört allen deutschsprachigen
Menschen. Sie darf nicht von einigen wenigen als Instrument
eingesetzt werden (besser: mißbraucht werden), und sie läßt
sich vor allem nicht von einer (behördenähnlichen, weil staatlich
eingesetzten) Kommission willkürlich zur Disposition stellen.
3. Worte haben kein Verfallsdatum. Es ist nicht einzusehen,
warum Worte bis zu einem vorbestimmten Datum noch gültig
sein sollen (hier: bis zum Jahr 2005) und danach nicht mehr oder
nicht mehr so geschrieben werden dürfen, mag zuvor auch ein
längerer Übergangszeitraum gewährt worden sein.
4. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung ist gegen die 'neue
Rechtschreibung'. Aufgrund einer Umfrage des Instituts für
Demoskopie in Allensbach Mitte April 2002 wehren sich ca. 56 %
der Deutschen gegen die 'neue Rechtschreibung', die Mitte 1996
verabschiedet wurde und nunmehr über sechs Jahre (!)
Bewährungszeit genießt. 57 % der 1073 Befragten wollen sich
nicht umstellen. 49 % wollen, daß man gänzlich zur 'alten
Rechtschreibung' zurückkehrt, nur 29 % wollen die 'neue'
beibehalten.
5. In deutschen Verlagen und unter deutschen Autoren wird
derzeit ein stiller Krieg ausgefochten. Während Neuauflagen von
Fachbüchern überwiegend bereits in 'neuer Rechtschreibung'
erhältlich sind, überlassen die Verlage im Bereich der Belletristik
den Autoren die Wahl. Diese bleiben weitestgehend der 'alten
Rechtschreibung' treu und führen an, daß gerade in der
schöngeistigen Literatur nicht nur der Inhalt sondern auch die
Form – hier die Schrift – ein harmonisches Bild abgeben muß. Die
’alte Rechtschreibung’ besitzt ein Schriftbild, das die Leser bei
der neuen Rechtschreibung vermissen. Es ist interessant zu
beobachten, daß nach und nach immer mehr Verlage wieder zur
'alten Rechtschreibung' zurückkehren.
6. Die sogenannte Rechtschreibreform sollte eine
Vereinfachung der deutschen Sprache und Schreibweise mit sich
bringen. Eine Vereinfachung im Schreiben bringt in der Regel
auch eine Vereinfachung im Denken mit sich. In einer immer
komplizierteren Gesellschaft müssen Probleme und
Problemkomplexe im wesentlichen auch über die Sprache gelöst
werden. Zwangsläufig paßt sich die Sprache den komplexen
Themen an. Eine nivellierte Sprache, so wie sie die 'neue
Rechtschreibung' anwendet (die deutsche Sprache wird
einfacher), senkt das Niveau der Sprache und führt zu neuen
Problemen, zu Unverständnis bis hin zur Verständnislosigkeit. Ja,
die 'neue Rechtschreibung' ist kontraproduktiv.
7. Die sogenannte Rechtschreibreform sollte eine
Vereinfachung der deutschen Sprache und Schreibweise mit sich
bringen. Das Gegenteil ist der Fall geworden: es herrscht große
Unsicherheit in weiten Teilen der Bevölkerung. Viele sprechen
schon vom 'Rechtschreibchaos'. Eine überwiegende Mehrheit der
Schülerinnen und Schüler weiß nicht mehr, was jetzt noch falsch
ist (weil unlogisch) und was richtig bleibt, weil nichts mehr so
richtig falsch ist und fast alles richtig wird. Deutschlehrer an
weiterführenden Schulen kreiden ihren Schülerinnen und
Schülern deshalb viele Dinge gar nicht mehr an, müssen aber
dennoch deutlich machen, daß sie es noch wissen, damit die
Eltern dieser Schülerinnen und Schüler wenigstens Kenntnis
davon erhalten, daß die Lehrer noch wissen, was richtig und
was falsch geschrieben worden ist.
8. Verfehlte Grundsätze. Die neue Getrennt- und
Zusammenschreibung ist unlogisch und der deutschen
Öffentlichkeit nicht zu vermitteln. Es besteht doch ein
Unterschied, wenn ein Richter freispricht oder wenn er frei
spricht und wenn Europa zusammenwächst oder wenn Europa
zusammen wächst. Die alte Regel “getrennt schreiben, wenn
etwas wörtlich gemeint ist, und zusammenschreiben, wenn
etwas im übertragenen Sinne zu verstehen ist” wird nunmehr
völlig ausgehebelt.
9. Das Wort ‘sogenannt’ ist jahrzehntelang in
zusammenhängender Schreibweise gebraucht worden und zu
einem eigenständigen Begriff geworden. Muß jetzt etwas, was
zusammengehört, auseinandergerissen werden? Hätten Sie die
sogenannte Rechtschreibreform so genannt?
10. Wann nach der sogenannten Rechtschreibreform ein ‘ß’
(auch als Buckel-S oder “scharfes S” bekannt) und wann ein
(einfaches) ‘s’ geschrieben wird, ist weiten Teilen der
Bevölkerung nicht klar. Denn immer mehr Schreibende setzen
selbst an die Stellen, an denen nach der sogenannten
Rechtschreibreform eigentlich ein ‘ß’ stehen müßte, dennoch
ein ‘ss’. Das hätte zur Folge, daß man das ‘ß’ zur bedrohten
Buchstabenart erklären müßte.
Zwei Beispiele: viele schreiben jetzt “mit freundlichen Grüssen”
statt ‘mit freundlichen Grüßen’; viele schreiben jetzt
“Grossbritannien” statt ‘Großbritannien’.
11. Selbst die Redakteure und Journalisten von Tageszeitungen,
Zeitschriften sowie Fernsehen (hier insbesondere auch der
Videotext), Rundfunk und Internet, die es längst wissen müßten,
beherrschen nach sechs Jahren Erprobungsphase die 'neue
Rechtschreibung' noch immer nicht. Wären sie Schüler gewesen,
hätte ein Lehrer mit ihnen keine sechs Jahre Geduld gehabt, und
sie hätten die Klasse wiederholen oder sogar die Schule
verlassen müssen.
12. Es ist ein Zeichen von totalitaristischem Denken, von
Charakterlosigkeit und Ignoranz, wenn Artikel von Redakteuren,
die ihre Texte in der herkömmlichen Schreibweise gedruckt
sehen wollen, nur deshalb nicht veröffentlicht werden, weil das
Blatt eine Einheitlichkeit deutlich machen soll und man sich auf
die 'neue Rechtschreibung' verpflichtet habe. Diese
Entscheidungsträger übersehen aber völlig, daß bis zum Jahr
2005 beide Rechtschreibformen nebeneinander gelten.
13. Nicht zuletzt gibt die Rechtschreibkommission in einem unter
Verschluß gehaltenen Papier Ende Februar 2002 zu (Warum muß
ich etwas unter Verschluß halten, wo doch Kritikfähigkeit
gefragt ist? Oder ist Kritikfähigkeit nur in einer (politischen)
Richtung erlaubt?), daß weite Teile der sogenannten
Rechtschreibreform zum einen inhaltlich voller Widersprüche
stecken, daß zum anderen die neue Getrennt- und
Zusammenschreibung nicht das Gelbe vom Ei gewesen sei (zu
schnell durchgepeitscht und nicht ausreichend durchdacht) und
zum dritten eine mit der 'neuen Rechtschreibung' einhergehende
veränderte Zeichensetzung in der Bedeutungslosigkeit versunken
ist.
14. In genau diesem unter Verschluß gehaltenen Papier hat die
Rechtschreibkommission die neue Getrenntschreibung in nahezu
fast einmütiger Vollständigkeit zurückgenommen, weil ihr klar
wurde, daß sie die Logik auf den Kopf gestellt hat. Sie tut also
innerhalb kurzer Zeit genau das Gegenteil von dem, was sie
noch kurz zuvor selbst in die Welt gesetzt hat.
15. Bevor eine Reformierung der Rechtschreibung notwendig
würde, wäre es angebrachter, die deutsche Sprache von
Anglizismen zu befreien. Will ich mit der Eisenbahn, dem Bus oder
der Straßenbahn fahren, kaufe ich eine Fahrkarte oder einen
Fahrschein aber kein Ticket. Wer mit seinem Auto zu einer
Fachmesse fährt, benutzt zwischen Parkplatz und Messegelände
einen Zubringer aber keinen Shuttle. Ich entspanne mich, aber
relaxe nicht. Ich gehe zum Einkaufen, aber nicht zum
Shopping. Derlei Negativbeispiele ließen sich beliebig
fortsetzen. Wer Anglizismen benutzt, muß sich darüber im klaren
sein, daß der Fahrschein durch den englischsprachigen Begriff
nicht aufgewertet wird. Wer jedoch glaubt, der kleine
Papierstreifen gewinne durch die Bezeichnung 'Ticket' an
Bedeutung, begeht einen frommen Selbstbetrug: ein Fahrschein
bleibt immer ein Fahrschein, eine Fahrkarte bleibt immer eine
Fahrkarte und fängt nicht an zu ticken.
16. Das durch die sogenannte Rechtschreibreform
hervorgerufene Schreibchaos hat bekanntlich bundesweit
Auswirkungen und spiegelt auch in gewisser Weise bundesweit
den Zustand dieser Republik wider: PISA-Studie, desolate
Haushaltslage des Bundes, der Länder und der Gemeinden,
Orientierungslosigkeit in weiten Teilen der Bevölkerung,
Zukunftsangst und Pessimismus in deutschen Köpfen (62% der
deutschen Bevölkerung sehen aufgrund einer repräsentativen
Umfrage von Dezember 2002 der näheren Zukunft entweder
skeptisch oder sogar mit Befürchtungen entgegen; Quelle:
BAT-Forschungsinstitut), Minderheiten und Randgruppen
drücken dem Staat ihr Gepräge auf, zu hohe Steuern sowie der
Verlust an Glaubwürdigkeit in die Politik und nicht zuletzt die
'Teuro'-Debatte.
Vorläufiges Fazit: die Rechtschreibreform ist eine
Schlechtschreibreform, sie paßt nicht in die Landschaft und
kommt zur Unzeit. Die Verwirrung in der Bevölkerung ist größer
denn je, so wie es die Fachleute vorhergesagt hatten. Nicht
alles, was als 'neu' bezeichnet wird und sich 'Reform' nennt, ist
auch wirklich eine Verbesserung.
Zur umfassenderen Information seien auf den Folgeseiten noch
zwei Kommentare genannt, die aus Anlaß der vertraulichen
Stellungnahme der Rechtschreibkommission Ende Februar 2002
veröffentlicht wurden.
Frank Berns
(Es folgen zwei Texte von Ickler und Posener aus der Welt.)
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Th. Ickler
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