Kiel laufen die Nebenbewohnerinnen weg
Absender »-Einwohnerangele-(sic)«. Nach dem dort geschriebenen Geburtsdatum soll ich 900 Jahre länger Lebenserfahrung gesammelt haben können. Komma nach Straße wird verdusselt.
Ich rufe im Rathaus das Amt »Die Oberbürgermeisterin« an und bitte darum, meine Antwort telefonisch entgegenzunehmen. Man fragt nach meiner Begründung. Mir dauere es zu lange, den falschen Absender zu einer (unvorbereiteten) richtigen Anschrift machen zu müssen, Rückumschlag fehle; ich möchte aus Kiel nicht mit ss angeschrieben werden. Nein, alles gehe nicht. Ich frage, ob ich denn nicht sehen dürfe, wie mit öffentlichen Geldern effektiv gewirtschaftet werde. Nein, man werde nicht mehr so bezahlt, wie es sein sollte. Ob man im Amt deshalb uneffektiv arbeiten dürfe? Das Gespräch wird nach amtlicher Mitteilung einseitig beendet.
Zweiter Anruf bei der Abteilungsleiterinstellvertreterin. Hm, Geburtsdatum, das brauche ja nicht zu sein. Ich frage, ob man aus Kiel die Bürger nicht ohne ss anschreiben könne. SS? Wie? Wo? Zwei Wörter hinter dem 900jährigen Geburtsdatum. Ja! Das ist die amtlich vorgeschriebene Rechtschreibung! Ja ja, sage ich, aber damit verärgere man die Schleswig-Holsteiner. Das Amt könne doch eine Formulierung schreiben, die den ss aus dem Weg geht. Ja, darüber könne man sprechen. Und der Vorgang wird während des Telefongesprächs bearbeitet und beendet. Kein Fax, keine Briefmarke.
Amtlich angeblich: 80 % der Kieler Nebenwohnungen seien aufgegeben und das Amt wisse davon nichts.
__________________
Norbert Lindenthal
|