Kieler Nachrichten v. 05.10.2007
Zunächst nur die auffälligsten Kinken:
Gleich auf Seite 1 prangt fett eine Bildunterunterschrift
Probe für den Ernstfall in Schwindel erregender Höhe
Es zeigt Arbeiter der Kieler Industriekletter-Firma „Highclimbers“ an der Levensauer Hochbrücke, Der Artikel selbst auf S.24 verwendet aber nur „schwindelerregend“
Solche Reformschreibweisen meidet Chefredakteur Klaus Kramer inzwischen standhaft, aber Rechthaber möchte er bleiben:
Der Arbeitsminister hat Recht.
Manchmal setzt sich das Gute noch durch:
Auf S. 23 berichtet Jürgen Küppers zum Welttag des Lehrers über die abstrusesten Ausreden von Schülern: „Ich musste heute morgen die Zähne meiner Oma suchen.“
Zum 60. Todestag von Max Planck wird Kiels Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz. in den Mund geschoben „… dem die Wissenschaft Bahn brechende Neuerungen verdankt …“ (... und wie hat man in der Klasse meiner Tochter geübt, so etwas zu vermeiden!)
Die Schlechtschreibserie von Frau Dr. Hilliger lasse ich der Einfachheit halber ungekürzt folgen. Ich bitte um Entschuldigung:
Karamell und nummerieren
Die Kennzeichnung des kurzen Vokals
Im Deutschen gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Länge oder Kürze eines betonten Vokals (Selbstlauts) zu kennzeichnen. Für die langen Vokale ist die Palette bunt: Der Vokal selbst wird verdoppelt (Saal, Moor), er wird durch ein angefügtes „h verlängert (Ruhm, fahren), das „i erhält ein „e (spazieren, Tier)
Gewusst wie!
Eine Serie zur neuen Rechtschreibung
oder der Vokal bleibt, wie er ist (Rute, Mond). Das führt zu einer variantenreichen Schreibung ein und desselben Lautes, z. B.: Wal-Aal -Mahl Qual.
Anders ist es bei einem kurzen Vokal. Hier haben wir im Grunde nur die Möglichkeit, den nachfolgenden Konsonanten (Mitlaut) zu verdoppeln: bitten, Ampulle, wenn, Paddel. Diese Regel erklärt auch, warum wir Galopp und nicht Gallop schreiben. Der betonte Vokal ist das „o, also wird „p verdoppelt.
Was bedeutet das alles nun in Bezug auf die neue Rechtschreibung? Es gab bisher einige Wörter, die sich dieser Kürze-Regel entzogen haben und nun angeglichen wurden. Dazu gehören Ka-ramell (Karamel*), Mopp (Mop* = Staubwedel), Ass (As*), Messner (Mesner*), Tollpatsch (Tolpatsch *), Stepp (Step*, Stepp tanzen) und Tipp (Tip*).
Im Sinne einer einheitlichen Stammschreibung wird auch bei einigen weiteren Wörtern behutsam angepasst: nummerieren (wegen Nummer), platzieren (wegen Platz), Stuckateur (wegen Stuck). Übrigens werden im Deutschen „z und „k nicht einfach so verdoppelt, sondern in „tz und „ck umgewandelt. Das ist eine Besonderheit, die sich aber nicht auf Fremdwörter auswirkt. Es bleibt also bei der guten alten Pizza und auch das Sakko behält seine Eleganz, obwohl es weitläufig sehr wohl mit dem heimischen Sack verwandt ist.
Und was hat es mit dem viel gescholtenen Stopp auf sich? Hier bleibt alles beim Alten es heißt nach wie vor Stopp! Wer sich von den entsprechenden roten Verkehrsschildern orthographisch in die Irre leiten lasst, hat nicht bedacht, dass wir es hier mit einem international gültigen Terminus zu tun haben. Im Englischen heißt es natürlich „stop, aber eben nicht im Deutschen. Schauen Sie ruhig mal im Wörterbuch nach.
Keine Regel ohne Ausnahme und so ist es auch hier. Es gibt insgesamt acht Gruppen von Wörtern, die von dieser Regel bisher nicht betroffen waren und es auch in Zukunft nicht sein werden: 1. viele einsilbige Wörter, die oft aus dem Englischen stammen (Bus, Jet, Job, Pop, Klub -abgeleitet aber: jet-ten, jobben, poppig), Ausnahmen: Tipp, Stepp
2. die fremdsprachigen Nachsilben -ik und -it, auch wenn sie kurz gesprochen werden (Kritik, Profit)
3. Wortbestandteile, die nicht selbstständig vorkommen (Damwild, Sperling, Himbeere)
4. viele Fremdwörter (Ananas, April, Hotel, Roboter)
5. Wörter mit den nicht mehr produktiven Nachsilben -d, -st, -t (Brand trotz brennen, Gespinst trotz spinnen, Geschäft trotz schaffen)
6. viele einsilbige Wörter mit grammatischer Funktion (an, im, man, plus, was)
7. die Verbformen: ich bin, er hat
8. die Wörter: Drittel (statt Dritttel*), dennoch (statt dennnoch*) und Mittag (statt Mitttag*).
Um nicht durcheinander zu kommen, prägen Sie sich am besten nur die oben genannten Einzelfälle ein: Ka-ramell, Mopp, Ass, Messner, Tollpatsch, Stepp, Tipp, nummerieren, platzieren, Stuckateur alles andere bleibt, wie Sie es gewohnt sind.
Im folgenden Übungstext haben sich elf falsche Schreibungen versteckt. Finden Sie alle?
Oskar hat einen guten Jobb. Er arbeitet bei der Post und trägt numerierte Säkke und Packete aus. Wenn andere abends auf die Matraze fallen, macht er sich im schicken Sacko auf in den Klubb. Dort steppt er wild nach Poppmusik, trinkt Himmbeersekt und träumt davon, Stukkateur zu sein. Oder Profitt zu machen und in der Welt herumzujetten.
Sabine Hilliger
Auflösung von gestern:
Krepppapier, Geschirrreiniger, Bestellliste, Passstelle, Mittag
*mit Stern gekennzeichnete Wörter entsprechen nicht der neuen Rechtschreibung
Bei Fragen erreichern Sie die Autorin über http://www.ductus-comm.de/sos
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