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Forum > Beispielsammlung über Sinn und Unsinn
Kieler Nachrichten
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Jürgen Böhne
17.10.2007 20.10
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Anmerkung zu ductus communication

Ein Blick in das Impressum der Website zeigt, daß bei „ductus communication“ keine Angabe über die Rechts- oder Gesellschaftsform steht.
Das ist ungewöhnlich. Bei juristischen Personen (GmbH, AG) ist eine solche Angabe sogar Pflicht! (Beim Impressum sind Lügen nicht ratsam.)
Jedes Unternehmen, das aus mehr als einer Person besteht, muß eine Rechtsform haben, d.h. ein Unternehmen ohne Rechtsform existiert schlicht und einfach nicht. Anders ausgedrückt, „ductus communication“ scheint nur aus Frau Doktor zu bestehen, dann geht das.
Als Einzelunternehmer kann man natürlich beliebig Personal beschäftigen, Angaben über Beschäftigte fehlen aber auf der Website, deshalb darf man wohl annehmen, daß es keine gibt.

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Sigmar Salzburg
17.10.2007 16.19
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Noch zu Kieler Nachrichten v. 16.10.07

Auf den ersten zehn Seiten der besprochenen Ausgabe der KN betreffen von den etwa 60 neuen „ss“ 52 Prozent „dass“, die nicht „erleichternd“ wirken – aber den Hauptbetrag im Milliarden-Geldgrab der „Rechtschreibreform“ bilden.

Ein Beipiel für die von Frau Hilliger propagierte Großschreibung fällt einem gleich auf den Kulturseiten ins Auge:

Doch Elena Rostropowitsch … war nicht die Einzige, die sich mit Wärme und Liebe an den großen russischen Künstler erinnerte.

Frau Hilliger meint nun: „Durch die Reform werden viele Regeln wesentlich konsequenter angewendet, so dass es künftig mehr großgeschriebene Wörter gibt als bisher. Außerdem ist es ein bisschen leichter geworden, Substantive zu identifizieren. Immer, wenn ein Artikel vorhanden ist, wird großgeschrieben, …

Dabei widerlegt sie sich durch ihren eigenen Satz. Der müßte danach geschrieben werden: „Außerdem ist es ein Bisschen leichter geworden …

„Manches ist nun leichter geworden, zumindest ein Bißchen“, sagte der Vampir nach dem Zahnarztbesuch.

Ähnliches gilt für „ein wenig“ und „ein paar“.


Wollen Sie lieber klein- und zusammenschreiben, konsultieren Sie im Zweifel besser ein Wörterverzeichnis.

Es müßte genauer heißen „ein unreformiertes Wörterverzeichnis“, etwa den Ickler, den Mackensen oder den Duden bis zur 20. Auflage.

Was der Duden jetzt zu bieten hat, ist überwiegend Reformerdünnschiß.

Bestes Beispiel: Auch in der aktuellen 24. Auflage steht noch „in Sonderheit“.
Im sonst so sparsamen Wörterverzeichnis der „Amtlichen Regelung“ gibt es den Eintrag:

Sonderheit; in Sonderheit* § 55(4).

Offensichtlich ist das antiquierte Wort „Sonderheit“ nur in das Verzeichnis aufgenommen worden, um es mit „in Sonderheit“ als gespaltene Form verwenden zu können.

Tatsächlich ist die Zusammenschreibung von „insonderheit“ (besonders) seit fünfhundert Jahren bekannt und üblich.

Außlegung vnnd Lewterung etzlicher heyligen geschrifften, … Insonderheit des conutzes, tzu welchem unser goth und herr, den menschen berufft. (Datum Wittebg am Sontag Letarn im 1519 jar. Endres Bodenstein von Carolstadt.) sine calce.

Newe außerlesene Paduanen und Galliarden mit 6 Stimmen ... auff allen Musicalischen Instrumenten, und insonderheit auff Fiolen lieblich zu gebrauchen. William Brade, Hamburg 1614

Der Aug. Agazzarius aber wil, daß man die hohen und hellen stimmen in FundamentInstrumenten gantz aussen lassen und vermeiden solle, darumb daß sie die singende, insonderheit Discant und Falsettstimmen verhindern und occupiren: (M. Prätorius, Termini musici 1619, p 139 u. etliche andere Örter)


Johann Gottfried Herder Vorrede zum Weimarischen Gesangbuch (1795):
Man stellte sich vor, daß mitten im Vorrath alter Gesänge es uns oft wirklich an Liedern fehle, die unseren Zeitumständen, oder einzelnen Materien, insonderheit praktischen Lehren, dergestalt angemessen seyn, wie jene alten Lieder ihren Zeiten waren...


In der traditionellen Rechtschreibung gilt die Konvention „im Zweifelsfalle klein“. Insbesondere („ins Besondere“?) schreibt man auch klein, was „phraseologisch“ gemeint ist, also keinen wirklichen Gegenstand darstellt: „Nicht im Geringsten sah er den Nächsten ….“ bedeutet etwas ganz anderes als „Nicht im geringsten sah er den nächsten ….“

Das übliche Reformerargument „den Unterschied hört man nicht beim Sprechen“ zieht nicht. Erstens ist das menschliche Gehör so fein, daß es schon geringste Abweichungen im Tonfall registriert. Zweitens kommen beim Sprechen noch Gestik und Mimik hinzu und drittens: Warum sollen es die Leser, die ja nicht nachfragen können, nicht einmal ausnahmsweise etwas leichter als die Hörer haben.

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Sigmar Salzburg

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Karl-Heinz Isleif
17.10.2007 14.37
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groß geschrieben

Ich gebe auf. Das Volk, der Kunde des Zeitungsgeschäfts, liebt geistig Wertvolles, Wissenschaftliches in einer Qualiät, mit der ich nicht mehr mithalten kann. Stören wir das Volk nicht länger.

Ich werde es also nicht sein, der dieser netten Germanistin mit dem Tip auf die Sprünge hilft, man könne zwar ein großes, teures, schnelles, altes und schwarzes Auto fahren, aber keine dicke, gelbe, flache und elegante Brust schwimmen. Und schon gar nicht, daß das Auto, welches man fährt, ein Objekt sei, daß es aber die Brust nicht gibt, die man schwimmen könnte, selbst wenn man es wollte, weil sie eben kein Objekt sei. Und daß sich dieser Unterschied bisher in der Schreibweise niedergeschlagen habe. Und daß das berühmte Beispiel vom radfahren und Auto fahren einen Grenzfall darstelle, weil man lange Zeit (irrtümlich) geglaubt habe, 'Rad' könne kein Objekt sein. Usw.

Heute habe ich in einem Artikel (über Putin) in der FAZ (am Internet und gratis) das deutsche Wort 'unselbständig' gelesen. Das überlebt nicht mehr lange; auf den Autor hetzt irgendeiner irgendwann die Dame aus Rostock. Und irgendwo in der 'Süddeutschen' (am Internet und gratis) stand ein verirrtes 'im wesentlichen...', ich weiß nicht mehr, wo. Es ist auch gleich, Frau Hilliger wird sowieso eines Tages auch den Autor (es ist der letzte seiner Zunft) aufspüren und ihn aufklären über den versteckten Artikel im 'im'. Und von dem Moment an wird endlich fast alles irgendwie groß, irgendwie zusammen oder auch umgekehrt geschrieben im armen Deutschland.

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Sigmar Salzburg
17.10.2007 08.15
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Die Großkatastrophe der Kleinschreiber

Kieler Nachrichten v. 16.10.2007

Gewusst wie! Eine Serie zur neuen [Schlecht- und] Rechtschreibung

Es wird mehr großgeschrieben

Teil 11 – Heute: Groß und klein – viel Auf und Ab und Hin und Her

Substantive werden im Deutschen großgeschrieben. So weit, so einfach. Schwierig wird es erst, wenn nicht offensichtlich ist, ob es sich bei einem Wort tatsächlich um ein Substantiv handelt. Durch die Reform werden viele Regeln wesentlich konsequenter angewendet, so dass es künftig mehr großgeschriebene Wörter gibt als bisher. Außerdem ist es ein bisschen leichter geworden, Substantive zu identifizieren. Immer, wenn ein Artikel vorhanden ist, wird großgeschrieben, auch wenn die Ursprungswortart eine andere, z. B. ein Adjektiv ist: „Mama ist die Beste. Darüber bin ich mir im Klaren.“ Wo der Artikel vor dem Wörtchen „Klaren“ ist, fragen Sie sich gerade? Im „im“ natürlich. Das ist nämlich eine im Deutschen recht häufig vorkommende Zusammenziehung aus Präposition und Artikel. „In dem Haus“ wird „im Haus“, „an dem Zaun“ wird „am Zaun“, „für das Kind“ wird „fürs Kind“ oder „bei dem Lesen“ wird „beim Lesen“.

Natürlich werden Substantive, die schon immer welche waren, auch dann groß geschrieben, wenn sie keinen Artikel im konkreten Satz oder in der Wortgruppe aufweisen. „Mutter und Tochter schlendern durch die Stadt.“ „Heute gibt es Obst und Gemüse.“ „Ohne Buch gehe ich nicht los.“ In einigen Wortgruppen fällt es uns heutzutage aber schwer, das Substantiv noch als solches zu erkennen. Trotzdem schreibt man es meistens groß. Einige Beispiele: in Anbetracht dieser Tatsache, er kommt in Bälde, im/in/mit Bezug auf den Film, auf Grund meiner Vermutung, nach Hause gehen, mit Hilfe eines Seiles, mir ist traurig zu Mute, er ist im Stande zu helfen. Mitunter gibt es hier die Möglichkeit, Präposition und Substantiv als Zusammensetzung aufzufassen und entsprechend zusammenzuschreiben. Richtig sind also auch folgende Beispiele: aufgrund, zumute, imstande (diese drei Schreibweisen verwenden die deutschen Nachrichtenagenturen seit August 2007), mithilfe und nachhause oder zuhause (besonders in Österreich und in der Schweiz). Leider trifft das nicht für alle Wendungen dieser Art zu. Man darf nicht schreiben: inanbetracht*, inbälde*, mitbezug*. Wann eine solche Wortgruppe in einem Wort geschrieben werden kann, hängt weitgehend davon ab, wie verblasst ein Substantiv in seiner Bedeutung heute scheint. Deshalb ist es auch schwer, eine allgemeingültige Regelung aufzustellen. Die Groß- und damit Getrenntschreibung ist bei den betroffenen Wendungen immer richtig. Wollen Sie lieber klein- und zusammenschreiben, konsultieren Sie im Zweifel besser ein Wörterverzeichnis.

Wie verhält es sich nun mit Substantiven, die in enger Beziehung zu einem Verb stehen? Auch hier wird normalerweise das Substantiv großgeschrieben und vom Verb getrennt. Auto fahren – sie fährt Auto, Kartoffeln schälen – wir schälen Kartoffeln, Recht sprechen – er hat Recht gesprochen. Nach diesem Prinzip werden in Zukunft eine Menge Wörter getrennt geschrieben, die wir bisher als Zusammensetzung kannten. Einige Beispiele seien genannt: Rad fahren, Probe laufen, Folge leisten, Maschine schreiben, Daten verarbeiten, Ernst machen u. v. a. m. Werden diese Wortgruppen benutzt, um als Attribut ein Substantiv näher zu bestimmen, haben Sie wieder die Qual der Wahl: groß und getrennt oder klein und zusammen. Die Nachrichtenagenturen entscheiden sich in aller Regel für die Klein- und Zusammenschreibung. Einige Beispiele: das radfahrende Kind, die datenverarbeitende Maschine, die arbeitsuchende Schäferin oder die schwindelerregende Höhe.

Nicht unumstritten waren neu vorgeschlagene Schreibungen wie Recht haben, Leid tun, Maß halten, Eis laufen, Pleite oder Bankrott gehen. Hier hat der Rat für Rechtschreibung inzwischen die Notbremse gezogen und ruderte wieder zurück. Demnach bleibt es in diesen und einigen anderen Fällen bei der gewohnten Kleinschreibung: recht haben, leidtun, maßhalten, eislaufen, pleitegehen oder bankrottgehen. Und schon tut sich ein neues Problem vor uns auf. Wann schreiben wir diese Wendungen getrennt und wann zusammen? Diese Frage ist eine der schwierigsten der deutschen Rechtschreibung überhaupt. Wir werden noch Gelegenheit haben, auch diese Aspekte ausführlich zu betrachten. In den nächsten Folgen geht es aber weiterhin um die Groß- und Kleinschreibung.

Haben Sie Lust, ein wenig zu üben? Entscheiden Sie sich „einfach“ für die richtige Schreibung:
in B/bezug auf das Projekt, die ins S/stocken geratenen Verhandlungen, in A/anbetracht unserer Zusammenarbeit, jederzeit P/probe fahren können, im Kerker zu Grunde/zugrunde gehen, einen Rechtsanwalt zu R/rate ziehen

Sabine Hilliger

* mit Stern gekennzeichnete Wörter entsprechen nicht der neuen Rechtschreibung

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Sigmar Salzburg
16.10.2007 10.05
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noch Kieler Nachrichten v. 15.10.07

Volksentscheid in Hamburg gescheitert
Zu wenige gaben gestern ihre Stimmen ab – Keine Verfassungsänderung


Die von den Oppositionsparteien SPD, Grüne, FDP und Linken unterstützte Initiative „Mehr Demokratie“ hat ihr Ziel verfehlt, die Verbindlichkeit von Volksentscheiden im „Hamburger Grundgesetz“ festzuschreiben…. Auch bei den Quoren bleibt alles beim Alten. Bei einfachen Gesetzen sind weiter 20 statt der angestrebten 17,5 Prozent erforderlich.


Kommentator Volker Stahl schreibt: Die Hamburger haben leichtfertig eine Chance auf die Teilhabe an direkter Demokratie vergeben.

Hervorgehoben werden muß, daß die CDU die Bürger dazu angehalten hat, auf ihr Stimmrecht zu verzichten. So bleibt das Gesetz des Handelns beim Alten (Bürgermeister Ole von Beust) und beim alten (Gebrauch).

In Schleswig-Holstein war es wiederum die SPD, die 1998 versuchte, das Volk zu übertölpeln, auf die bescheidenen Rechte an direkter Demokratie zu verzichten. Um so verwerflicher war es, den im nachhinein noch glanzvoller erscheinenden Sieg über die „Rechtschreibreform“ zu annullieren.

Für Regierungen und Regierende Bürgermeister gilt das „Quorum“ in abgefeimter Machtplanung der Parteien natürlich nicht. Es gibt auch Bürgermeister, die nur mit zwölf Prozent der Wählerstimmen regieren dürfen.

Noch zwei Meldungen von der Blödsinnsreformfront:

Es perlt und plätschert unaufgeregt, die vom Meister des Fingerpi-ckings behände und sanft gezupft werden.

Zufällig spielt man Gitarre mit den Händen, obwohl „behende“ das nicht im geringsten andeuten will. Und was ist mit einem Orgelspieler, der mit den Füßen „behände“ die Pedale bedient?

Zwei Gitarrenmodelle hat Qualey mitgebracht … beides Sonderanfertigungen für den Mann, der vor ziemlich genau einem halben Jahrhundert beim Hören einer Chat-Atkins-Single seine Berufung fand und seitdem 17 Langspieltonträger veröffentlicht hat. Von denen wird heute Abend so manches Highlight zu Gehör gebracht.

Im Duden steht immer noch das verquaste „heute Früh“, das zusammen mit „heute Abend“ das logischere „heute früh“, „heute abend“ ablösen soll und fäschlich sogar als richtig zu gelten hat, obwohl es nicht mehr in das Regelwerk aufgenommen wurde. Als richtig gilt, wenn die Verlage dies für ihr Wörterbuch versichern.

Nicht Timo Beil („T-mobile“), sondern …

Timo Boll erfuhr seine Grenzen
Tischtennis: Der Weltranglisten-Vierte unterlag Chinas Assen


Ist ein „Tennis-Ass“ vergleichbar dem Symptom „Tennisarm“, nur in einem anderen Körperteil?

Doch auch nach acht Jahren ss-Schreibpraxis schlägt bei Sabine Spatzek die gute alte Rechtschreibung noch durch: „Struwwelpeter“ für erwachsene Kinder ….Wiedererkennen können wir uns selbst im alltäglichen Machtkampf mit dem Nachwuchs bei Tisch …und in unseren Alpträumen (der erhoffte Musterknabe entpuppt sich als Mißgeburt mit Krallen).


Anmerkungen zu Hilliger: „Klein oder nicht klein, das ist hier die frage“

Die Reformfachfrau kommt nun zum eigentlichen Anliegen der Schreibideologen, der Kleinschreibung der Substantive, ein Ziel, das ein harter Kern von orthographischen Heilsverkündern seit fast zweihundert Jahren verfolgt. Frau Hilliger läßt es sich nicht nehmen, die Leser den ganzen Artikel lang mit dieser unübersichtlichen Schreibweise zu traktieren:

Tatsächlich enthielt der 1992 vom Internationalen Arbeitskreis für Orthographie verabschiedete reformvorschlag etwas revolutionäres. Er forderte nicht weniger, als sich von der großschreibung der substantive zu verabschieden.

Dieser Versuch, gegen die Anweisung der Kultusminister, wirkte allerdings längst nicht mehr „revolutionär“, sondern schlicht abgestanden. Schon 1973 war der erste Anschlag auf die traditionelle Rechtschreibung am Widerstand eines aufrechten Politikers, des baden-württembergischen Kultusministers Wilhelm Hahn (CDU), gescheitert.

Hatte doch zuletzt das Dänische (1948) die substantivgroßschreibung erfolgreich abgeschafft …

Nach dem Ende des Weltkrieges hatten auch die Dänen andere Sorgen als die Rechtschreibung. Diese Schwäche nutzten die Kleinschreibrevoluzzer, unterstützt von der willfährige Presse, nach bekanntem Muster aus, um den Umsturz herbeizuführen. Dabei zeigte die Propaganda Wirkung, man wolle doch nicht mehr so schreiben wie die Deutschen.

Selbst Luther schrieb noch klein.

Der Textbeleg wurde tendenziös ausgewählt. Ebensogut könnte man für das Gegenteil aus Luthers letzter Bibelübersetzung zitieren:

Vnd sahe den Himel aufgethan / vnd ernidder faren zu jm ein Gefesse / wie ein groß leinen Tuch an vier zipffel gebunden und ward nidder gelassen auff die Erden / Darinnen waren allerley vierfüssige Tier der erden / vnd wilde Thier vnd Gewürme vnd Vogel des Himels.“ (Apostelgeschichte)

Die Großschreibung folgte der Bedeutung der Wörter, die man bald für Substantive allgemein annahm. Übertriebene Pedanterie wird dabei nur kurze Zeit aufrechterhalten und erst mit der „Reform“ wieder zum Exzeß getrieben – z.B. mit der Schreibung für „öfters“, „des Öfteren“, obwohl es keinen „Öfteren“ gibt.

Der leser profitiert in erster linie von den großgeschriebenen satzanfängen, wie studien belegen. Nicht zweifelsfrei erwiesen dagegen ist, wie sehr die substantivgroßschreibung das erfassen eines wortes, ganzen satzes oder textes erleichtert.

Das ist falsch. Studien mit Substantivgroßschreibung im Niederländischen, die dort nicht üblich ist, haben das schnellere Lesen und die leichtere Sinnerfassung erwiesen, auch ohne jahrelange Umgewöhnung.

Die Kleinschreibung kann dagegen das zweifelsfreie Verständnis unmöglich machen, wie der folgende (nicht ganz jugendfreie) Text zeigt.:

Floh bekannter Agent?

Kleinschreibzirkus am Ende!

Der schwarze Bond steckte in zaumzeug aus eisen und stahl in einem fort. Er spürte die alte sucht nach frischem blut! Er blickte zum vogelkäfig. Eine der matronen dort in altmodischer korsage musste es sein. Er erregte sich über die massen. Sie verfüttern etwas an ihren kanarienvogel. Die spinnen vermutete er. Er hasste diese grauen erregenden wesen. Sie haben einen kleinen weg und das fürchtete er. Warum nur sind füllige frauen ungeheuer im kommen und gut zu vögeln? Er hatte in ihnen mitunter liebe genossen. Nun wollte er aber nicht nach den alten trachten, sondern den kleinen reizen und grossen verheissungen der jungen entgegensehen. Wäre er doch nur dichter! Gerne wollte er die weichen stellen, sich als ganzer kerl brüsten und anderem zuwenden, bis die begehrte rast und ruhe eintritt. Wie aufreizend die junge haut nach allem! Er fühlte die nackte sucht zu quälen und zu sengen. Doch sie hat es wieder gut gemacht, denn sie konnte geschickt blasen und geknickte glieder behandeln. Er wollte in seinen künsten bloss reifen und sonst nichts überziehen. Mit dem ball sollte er kunststücke machen. Sie war bereit und der schwarze schoss ein tor. Die macht es leicht zu treffen, meinte er, sie wollte ihn im stich lassen. Doch weiter gehen muss die schau. Angespannt erwartete er die peitsche, die er so hasste. Denn wagen mochte er um nichts in der welt. Den schwachen rädern würde jetzt jede bewegung und jede belastung schaden zufügen. Dennoch fasste er mut, riss zügel los, eilte mit grossen sprüngen aus dem dunklen fort, irrte durch die räume und die verlassenen fluchten. Am abend fehlte dann einer: bond der gefangene floh.




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Sigmar Salzburg

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Sigmar Salzburg
16.10.2007 05.26
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Kieler Nachrichten v. 15.10.2007

Großschreibung leicht modifiziert

Teil 10 – Heute: Klein oder nicht klein, das ist hier die frage

Bei kaum einem anderen gebiet der deutschen rechtschreibung erhitzen sich die gemüter so sehr wie bei der groß- und kleinschreibung. Tatsächlich enthielt der 1992 vom Internationalen Arbeitskreis für Orthographie verabschiedete reformvorschlag etwas revolutionäres. Er forderte nicht weniger, als sich von der großschreibung der substantive zu verabschieden. Genau wie in anderen europäischen sprachen sollten im Deutschen künftig nur noch satzanfänge, eigennamen, bestimmte anredepronomen und ehrenbezeichnungen großgeschrieben werden. Hatte doch zuletzt das Dänische (1948) die substantivgroßschreibung erfolgreich abgeschafft – nach allen anderen sprachen, die dieses phänomen zeitweise aufwiesen. Und es hat funktioniert, vielen unkenrufen zum trotz.
Die großschreibung der substantive ist noch gar nicht so alt, wie mancher denken mag. Im Deutschen setzte sich die heute geläufige form erst während des 17. jahrhunderts durch. Selbst Luther schrieb noch klein. Hier ein auszug aus einer von ihm niedergeschriebenen und 1557 gedruckten fabel: „Es lieff ein hund durch ein wasser strom vnd hatte ein stuck fleischs ym maul / Als er aber den schemen vom fleisch ym wasser sihet / wehnet er / Es were auch fleisch / vnd schnappet gyrig darnach … Man soll sich benugen lassen / an dem das Gott gibt …“. Bei Luther gab es also nur großgeschriebene satzanfänge (im weitesten sinne) und eigennamen wie z. b. „Gott“.

Die unterscheidung von großen und kleinen buchstaben ist einzig für den leser von bedeutung. Weder für den sprecher einer sprache noch für den schreibenden ist diese unterscheidung relevant. Für den einen ist sie ganz und gar unerheblich (denn man hört schließlich nicht, ob ein A groß oder klein ist), für den anderen ist sie eher lästig, denn er muss sich bei jedem wort darüber gedanken machen, zu welcher wortart es gehört. Das ist oft sehr schwierig. Nicht genug damit, dass die substantive erkannt werden müssen – oft verstecken sie sich auch recht hinterhältig. Zum beispiel hinter ehemaligen adjektiven oder verben, die ja erfahrungsgemäß kleingeschrieben werden. Oder sie verleugnen ihre substantivische herkunft und legen ihre majuskel bescheiden ab. Ein paar kleine beispiele: „Das Lesen macht ihr Spaß.“ (das verb „lesen“ wird zum substantiv); „Lange erörterten sie das Pro und Kontra.“ (präpositionen als substantive); „Er wurde gerettet dank ihrer Hilfe.“ (das substantiv „Dank“ wird zur präposition).

Der leser profitiert in erster linie von den großgeschriebenen satzanfängen, wie studien belegen. Nicht zweifelsfrei erwiesen dagegen ist, wie sehr die substantivgroßschreibung das erfassen eines wortes, ganzen satzes oder textes erleichtert. Entscheidend ist, wie groß der grad der verinnerlichung bestimmter regeln ist. Tests zu machen mit lesern, die an die großschreibung gewöhnt sind, werden immer schlechtere ergebnisse für den kleingeschriebenen text mit sich bringen. Man müsste schon einige monate oder jahre trainieren, um sich umzustellen und wieder flüssig lesen zu können. Das ist letztlich auch einer der hauptbeweggründe für die kultusministerkonferenz gewesen, den vorschlag zur einführung der gemäßigten kleinschreibung abzulehnen. Sicher aber scheint zu sein, dass es auch in zukunft immer wieder forderungen nach der kleinschreibung geben wird. Im letzten jahrhundert stand die teils in fachkreisen, teils öffentlich geführte diskussion über das thema etwa alle 20 bis 30 jahre auf dem plan.

Egal, was Sie darüber denken – die großschreibung bleibt erhalten, wenn auch leicht modifiziert. Und damit eine ganze menge regeln nebst ausnahmen, die es zu beherrschen gilt. Die nächsten folgen dieser serie werden Ihnen zeigen, wo und warum sich etwas auf diesem gebiet geändert hat – dann natürlich auch wieder in der gewohnten schreibweise. Oder könnten Sie sich vielleicht doch daran gewöhnen?

Sabine Hilliger

Auflösung Teil 9: das Park-and-ride-System; der Softdrink (oder der Soft Drink); die Open-End-Diskussion; die Albert-Schweitzer-Straße; die Armee-Einheit (oder die Armeeeinhei)t; das Revolutionskomitee

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Sigmar Salzburg
16.10.2007 05.22
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Kieler Nachrichten v. 13.10.2007

Verschiedene Varianten

Teil 9 – Heute: Noch einmal der Bindestrich

Wenn Wörter aus fremden Sprachen ins Deutsche wandern, passieren ihnen mitunter eigenartige Dinge. Sie bekommen große Buchstaben, wo vorher kleine standen (trend – Trend), sie verlieren Buchstaben (blouse – Bluse), erhalten ganz neue (bureau – Büro) oder verkleiden sich so perfekt, dass man nur glaubt, sie kämen von weither (das Handy – gibt es im Englischen gar nicht, dort heißt es „mobile“ oder „cell phone“). Etliche zwei- oder mehrteilige Fremdwörter können in Zukunft viel häufiger so wie ihre einheimischen Brüder und Schwestern behandelt, also zusammengeschrieben werden. Die Betonung liegt auf können, denn Sie sollten beim Schreiben immer im Sinne des Lesers entscheiden. Ist das betreffende Wort schnell zu erfassen? Wäre eine Getrenntschreibung bzw. die Schreibung mit Bindestrich besser?

Aber immer dann, wenn besonders viele Varianten in der amtlichen Regelung vorgesehen sind, ist auch die Unsicherheit am größten. In den folgenden Beispielen zeigt die erste Schreibung jeweils, wie sich die deutschen Nachrichtenagenturen entschieden haben. Diese Schreibweise kann in bestimmten Fällen von den Empfehlungen des Dudens oder Wahrigs abweichen, nämlich immer dann, wenn sich die beiden in ihrer Interpretation widersprechen.

„Ernest Hemingway ist bekannt für seine Short Storys (Shortstorys).“, „Die Big Band (Bigband) begeisterte alle mit ihrem Comeback (Come-back).“, „Sollte Hardrock (Hard Rock) wirklich nur etwas für die Jüngeren sein?“. Auch in den folgenden Beispielen sind Varianten vorgesehen, von denen jeweils die erste durch die Nachrichtenagenturen bevorzugt wird: Compact Disc (Compact Disk), Small Talk (Smalltalk), Softdrink (Soft Drink), Knockout (Knock-out), Know-how (Knowhow). Nur (noch) eine Schreibweise gibt es für die folgenden Wörter: Hairstylist, Bluejeans, Rushhour, Talkshow, Make-up, Making-of.

Schaut man sich all diese Beispiele an und stellt sie in ihren unterschiedlichen Schreibweisen gegenüber (Knockout gegen Know-how, Small Talk gegen Softdrink), ist es schwer, eine allem zugrunde liegende Regel zu entdecken – weil es nämlich keine gibt. Letztlich wird der Schreibgebrauch entscheidend sein und die Toleranz von Lesenden und Schreibenden.

Bei längeren Zusammensetzungen ist es etwas einfacher. Sie lassen sich grundsätzlich besser lesen, wenn sie durch einen Bindestrich getrennt werden: „Mein Mann kaufte sich im Duty-free-Shop eine neue After-Shave-Lotion.“, „Das Open-Air-Konzert war ein voller Erfolg.“


Eine Nachbemerkung zum Binde-Strich*. Bitte benutzen Sie ihn nicht wahl-los*, das hat er nicht verdient. Geheim-Bericht* und Verhör-Affäre* (gesehen auf einer bekannten Nachrichtenwebsite) werden nicht wichtiger durch ein gewichtiges Divis. Ganz zu schweigen von Wörtern wie Betrugs-Versuch*, Zahlungs-moral* oder Gesundheits-Reform*: Sie alle haben ein alles verbindendes Fugen-s erhalten, das extra für die Verbindung, nicht für die Trennung da ist. Zusammengesetzte Substantive schreibt man zusammen. Daran hat auch die Rechtschreibreform nichts geändert!

Wie würden Sie entscheiden?

das Parkandridesystem, das Park-and-ride-System oder das Park and ride System; der Softdrink, der Soft-Drink oder der Soft Drink; die Open-End-Diskussion, die Open End Diskussion oder die Openenddiskussion; die Albert Schweitzer-Straße, die Albert Schweitzer Straße oder die Albert-Schweitzer-Straße; die Armee-Einheit, die Armeeeinheit oder die Armee Einheit; das Revolutionskomitee, das Revolutions Komitee oder das Revolutions-Komitee


Sabine Hilliger

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Sigmar Salzburg
16.10.2007 05.18
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Anmerkungen zu KN v. 12.10.07

Der Bindestrich dient, neben dem üblichen Gebrauch, auch der Vertuschung der durch die „Reform“ geschaffenen Kalamitäten. Die neue Freiheit: Jeder kann nach seinem Geschmack unserem Blödsinn folgen. Wer befürchtet, daß die „Eisschnelle“ im „Eisschnelllauf“ nicht verständlich genug wird, darf „Eisschnell-Lauf“ schreiben. Wer an „Esssucht im Esssaal“ leidet, darf „Ess-Sucht im Ess-Saal“ schreiben (beide Wörter hat der Duden vergessen!) – alles Probleme, die mit „Eßsucht im Eßsaal“ nicht entstehen konnten.

Bemerkenswert ist auch „das Sowohl-als-auch“. Warum wird „auch“ kleingeschrieben, während „das 100-Fache“ großgeschrieben werden soll? Das „Fache“ ist doch ebensowenig ein Substantiv – es ist noch nicht einmal ein Wort! Oder ähnlich „die n-Jährigen“, eine reformierte Schreibmarotte im Krieg gegen die Grammatik. Nach den neuen ss prägt sie am auffälligsten die Seiten reformierter Provinzzeitungen und zeugt von der Bereitschaft, jeden Unfug zu übernehmen, wenn er nur staatlich angeordnet ist.

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Sigmar Salzburg

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Sigmar Salzburg
15.10.2007 15.53
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Kieler Nachrichten v. 12.10.2007

[Dieser Artikel ist fast völlig überflüssig. Aus Zeitmangel kürze ich nichts.]

Freiheiten für den Bindestrich

Teil 8 – Heute: Was trennt und was verbindet – der Bindestrich

Ein winzig kleiner Strich, nicht zu hören und kaum zu sehen, kann doch eine nicht zu unterschätzende Wirkung auf das Verständnis eines Wortes oder einer ganzen Wortgruppe haben. Ihm gelingt im Schreiben, was unserer Stimme, was der Betonung im Sprechen gelingt. Der Bindestrich verbindet, was nicht zusammengehört und er trennt, was eins zu sein scheint. Durch die Reform der Rechtschreibung ändert sich bei der Verwendung des Bindestrichs nicht viel. Die Regeln werden einheitlicher angewandt und es stehen dem Schreibenden in Zukunft mehr Möglichkeiten – auch Freiheiten – als bisher zur Verfügung, um den Bindestrich gliedernd oder verbindend einzusetzen.
Das Deutsche ist (wie sonst nur wenige Sprachen) in der Lage, aus Wörtern ganze Bandwürmer zu formen: Ärztehonorarabrechnungsverordnung, Haushaltmehrzweckküchenmaschine oder Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän. Hier hilft der Bindestrich, Übersicht in ein Wort zu bringen: Ärztehonorar-Abrechnungsverordnung, Haushalt-Mehrzweckküchenmaschine oder Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaftskapitän. Hier also trennt der Bindestrich gedanklich Zusammengehörendes und macht es für den Leser leichter erfassbar. Er kann auch Wörter trennen, in denen bestimmte Buchstaben gehäuft auftreten (Teeei/Tee-Ei, Hawaiiinseln/Hawaii-Inseln, Klemmmappe/Klemm-Mappe) oder bei denen der Schreibende Missverständnisse vermeiden möchte (Druck-Erzeugnis/Drucker-Zeugnis).
Der Bindestrich unterstützt den Lesefluss, wenn zu bestimmten Wörtern Abkürzungen oder andere Zeichen wie Ziffern und Buchstaben fremder Alphabete hinzutreten. Ein Beispielsatz: Der 2:1-Sieg der Abc-Schützen gegen die Abt.-Leiter der Uniklinik wurde mit bunten T-Shirts und Mohrrübensalat mit viel â-Carotin belohnt. Achtung: „Uniklinik“ schreibt man ohne Bindestrich, denn „Uni“ gilt als Kurzwort und nicht als Abkürzung, ähnlich wie „Bus“ (Bushaltestelle).
Neu ist die einheitlichere Verwendung des Bindestrichs bei der Schreibung eines Wortes zusammen mit einer Ziffer: das 4-jährige Kind, die 16-Jährige, der 3-Tonner, das 6-Eck, 3-mal, 4-fach. Ausnahmen sind nur noch: 30%ig, 70er Jahre. Auch Einzelbuchstaben mit einer einfachen Nachsilbe dürfen auf den Bindestrich nicht verzichten. Das ist eine logische Sache, denn anderenfalls wäre der Leser versucht anzunehmen, dass es sich um ein ganzes Wort handelte und er wird es nicht richtig lesen können: die n-te Potenz (statt nte* Potenz), eine x-fache Vergrößerung (statt xfache* Vergrößerung). Und noch etwas Seltenes, aber von Zeit zu Zeit Brauchbares vermag der Bindestrich. Er kann nämlich freie Wortgruppen zu einer Einheit, zum Beispiel zu einem Substantiv, zusammenziehen: das In-den-Tag-hinein-Leben, das An-den-Haaren-Herbeiziehen, das Hin-und-her-Gerenne, das Sowohl-als-auch, der 100-m-Lauf, die 777-Jahr-Feier, der Eine-Welt-Laden, die De-facto-Anerkennung usw. In der nächsten Folge widmen wir uns der Getrennt-, Bindestrich- oder auch Zusammenschreibung bei Fremdwörtern – eine nicht ganz unkomplizierte Sache, wie Sie bald sehen werden.

Und zum Schluss eine kleine Übung, bei der Sie sich für die richtige(n) Schreibung(en) entscheiden sollten. Heißt es:
„das Wahlrecht für 16jährige“, „für 16-Jährige“ oder „für 16Jährige“?
„jeder xbeliebige Reisende“, „x-Beliebige Reisende“ oder „x-beliebige Reisende“?
„Bitte im Reißverschlusssystem einordnen“, „im Reiss-Verschlusssystem“ oder „im Reißverschluss-System“?
Sabine Hilliger

Auflösung Teil 7: Mar-tha woll-te ges-tern ein Pa-ket pa-cken und nach San Fran-cis-co schi-cken. Wie die meis-ten lief sie zum Post-amt, weil sie sich für den Preis in-te-res-sier-te. Er-schro-cken er-fuhr sie von den im-men-sen Kos-ten und ent-schied sich für ein simp-les Ge-burts-tags-te-le-fo-nat mit ih-rem On-kel in Ame-ri-ka.

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Sigmar Salzburg
15.10.2007 15.45
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Anmerkungen zu KN/Hilliger v. 11.10.07

Die Worttrennung am Zeilenende war früher recht unwichtig, sollte aber sprachlich richtig sein.

Die „Reform“ hat sich nun dazu mit einem Sammelsurium von Ungenießbarem, Falschem und Lächerlichem in den Vordergrund gedrängt.

Neben den „neuen“ ss bilden die Trennung in den Zeitungen die häufigsten Leseärgernisse, z.B die neuen –ck-Abtrennungen.

Hilliger schreibt: Das „ck“ bezeichnet nur einen einzigen Laut, nämlich „k“.

Das gilt auch für die übrigen Bezeichnungen von Kurzvokalen durch folgende Doppelkonsonanten. Dieser Gebrauch und die Trennung in der Mitte ist sinnvoll, weil das Sprachempfinden die Konsonanten als beiden Silben zugehörig empfindet: „ste-mmen“ oder „ste-llen“ sind sprachlich immer falsch – genauso wie „ste-cken“. Weil die Reformer „stecken/stek-ken“ nicht mehr wollten, „stekken/stek-ken“ oder „stec-ken“ nicht wagten, behauptete man, eine Analogie wie auch schon bei „sch“ und „ch“. Das trifft jedoch nicht zu. ck zeigt immer die Kürze an, während den „sch“ und „ch“ auch Längen vorausgehen können: Nische, Lache.

Während die „Reform“ ein neues künstliches Trennverbot für „ck“ geschaffen hat, wird das überwiegend nützliche Trennverbot für „st“ abgeschafft. Frau Hilliger phantasiert, warum dies nicht früher geschah, dabei ist es ganz einfach: Bevor Hitler die „deutsche“ Schrift abschaffte, wurden noch fast zwei Drittel der Druckerzeugnisse in Fraktur gedruckt. Die Einheit und Austauschbarkeit mit der deutschen Frakturschrift war also ein Gebot der Vernunft. Die Zerstörung der Systemeinheit mit der deutschen Schrift setzt nun das Zersetzungswerk der Nazis fort

Nur das „st“ kommt im Deutschen sowohl im Anlaut als auch im Auslaut und in der Mitte des Wortes vor. Es verhält sich fast wie ein Einzelkonsonant. Die Vermeidung der Trennung ist daher oft vorteilhaft.

Etliche neue st-Trennungen sind nichts anderes als reformierte Volksverdummung:

Ins-tallateur, ins-tant (aber verboten: ins-tand), Ins-tanz, Ins-tinkt, Ins-titut, Ins-truktion, Obs-truktion, Ins-trument, Dis-tanz, des-truktiv, Res-taurant …
Besser als die neue Spaltung von „st“ sind auch folgende herkömmliche Trennungen z.B.:
er-ste, hundert-ste, mei-ste, Mei-ster, drei-ster, dümm-ste, Gin-ster, Gespin-ste, Hei-ster, Hu-sten, dü-ster, fin-ster, Mün-ster, dün-sten, am dünn-sten, am stramm-sten, am scheu-sten, am höch-sten, am näch-sten, am flach-sten (aber: sie flachs-ten), Ma-staba, Ma-ster, Fäu-ste, Bie-ster, trö-sten, Wü-ste …

Obwohl die Silbe „inter“ wohlbekannt ist, feiert Frau Hilliger die Dummentrennung „Inte-resse“.

Ein Brechmittel sind auch die neuen Trennungen „he-rab“ und „hi-nauf“. Es soll ja Gegenden geben, in denen „hin“ lang gesprochen wird und auch sonst „naufi“ für „aufwärts“ gesagt wird, aber das entspricht nicht dem Standarddeutsch. Absonderliche Silbentrennungen werden nun völlig willkürlich vorgeschrieben, „Vol-lendung“ zum Beispiel. „He-bamme“, eine ganz übliche Verschleifung, darf aber nicht sein.
Skurril ist auch die Idee, grundsätzlich Trennungen vor den letzten Konsonanten zuzulassen:

Das Elend der Rechtschreibreform:

Die „Prost-ration“ hilft nicht gegen die „Frust-ration“

(pro-sternere, (s.) niederwerfen)

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Sigmar Salzburg

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Sigmar Salzburg
15.10.2007 08.47
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Kieler Nachrichten v. 11.10.07

Trennung von alten Trenn-Regeln

Teil 7 – Trenne ruhig „st“ – es tut ihm nicht mehr weh

Vielleicht ist es sogar ein bisschen schade um die Regel, die wohl jedem von uns in Fleisch und Blut übergegangen war. Eine Rechtschreibregel, die sich reimt: Wann gibt es das schon mal? Aber warum eigentlich tat es dem „st“ beim Trennen weh (und wo, frage ich mich)? Das ist tatsächlich eine alte Geschichte. In der noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts gebräuchlichen Frakturschrift standen das „s“ als langes „s“ und das „t“ auf einem gemeinsamen Druckblock. Das war so üblich, um einerseits Platz, andererseits Kosten zu sparen, denn Druckblöcke aus Blei waren teuer. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum selbst nach der Reform von 1901 „st“ weiterhin nicht getrennt werden durfte. Man wollte die alten Druckblöcke schlicht nicht wegwerfen und durch neue, teure ersetzen. Für die heutige Drucktechnik spielt dieses Problem natürlich keine Rolle mehr – also weg mit einer nun überflüssigen Regel. Getrennt wird „st“, wenn es die Silbengrenze markiert: Mas-ten, Wes-te, Mus-ter, fas-ten, schöns-te, Sta-tis-tik. Damit unterscheidet es sich fortan nicht mehr von all den anderen Konsonanten, die an vergleichbarer Position stehen.

Ganz anders verhält es sich beim „ck“. Das „ck“ bezeichnet nur einen einzigen Laut, nämlich „k“. Das „c“ wird geschrieben, um die Kürze des vorangehenden Vokals zu kennzeichnen. Bei der Trennung wird in Zukunft nicht mehr die Schreibung des Wortes verändert, indem das „c“ in ein „k“ gewandelt und dann vom anderen „k“ getrennt wird. Stattdessen bleiben beide Buchstaben erhalten und rü-cken tü-ckisch nun gemeinsam auf die neue Zeile (wie auch schon bei „sch“ und „ch“). Daran gewöhnt man sich recht schnell, zumal das Silbentrennungsprogramm am Computer es schon gar nicht mehr anders vorschlägt. Ein paar Beispiele: Zu-cker, Mü-cke, pa-cken, kle-ckern, fli-cken.

Wenn es um die Trennung von Fremdwörtern geht, kommt ein anderes Prinzip als das der Trennung nach Sprechsilben ins Spiel. Anders als die meis-ten einheimischen Wörter muss-ten viele Fremdwörter bei der Trennung bisher nach Sinnbestandteilen zerlegt werden. Aber wer außer Lateinlehrern und deren fleißigen Schülern weiß eigentlich noch, dass sich beispielsweise das Wort „Interesse“ von „inter“ (dazwischen) und „esse“ (sein) herleitet und demzufolge In-ter-es-se getrennt werden muss-te? Die Reform lässt hier nun gleichzeitig (!) auch das Silbenprinzip gelten, so dass getrennt werden darf, wie die Zunge es vorschlägt: In-te-res-se. Die alte Trennweise bleibt weiterhin richtig, die neue Trennung ist die ebenfalls richtige Alternative. Einige Beispiele zur Illus-tration: Pä-da-go-gik (alt: Päd-ago-gik), Chi-rurg (alt: Chir-urg), Mag-net (alt: Ma-gnet), hyd-ro-gen (alt: hy-dro-gen). Einige einheimische Wörter sind ebenfalls von dieser neuen Praxis betroffen: ei-nan-der (alt: ein-an-der), he-rauf (alt: her-auf), wa-rum (alt: war-um), Klei-nod (alt: Klein-od).


Immer wieder gern behauptet wird, dass die neue Regelung sinnentstellende Trennungen fördere. Das ist natürlich Unfug. Nur nach der alten Rechtschreibung hätten Sie theoretisch vom Urin-stinkt des Menschen reden können und meinten doch den Ur-instinkt – nach der neuen dürfte es auch Urins-tinkt heißen (was aber selbstverständlich auch nicht schön ist und deshalb mit viel Sprachgefühl vermieden werden sollte). Einzelne Buchstaben dürfen auch in Zukunft nicht vom Rest des Wortes abgetrennt werden, selbst wenn eine Silbengrenze zu hören ist. Falsch sind also Trennungen wie A-bend*, o-ben* oder ü-ber*. Und egal, ob neu oder alt: Schreiben Sie nicht Spargel-der, wenn Sie Spar-gelder meinen und nicht Fleischer-zeugnis, wenn Sie Fleisch-erzeugnis meinen. Da hilft Ihnen auch die Rechtschreibprüfung am Computer nicht weiter, sondern nur Ihr Sprach-instinkt.

Im folgenden kurzen Text können Sie alle möglichen Trennungen mit einem senkrechten Strich markieren. Viel Spaß!

Martha wollte gestern ein Paket packen und nach San Francisco schicken. Wie die meisten lief sie zum Postamt, weil sie sich für den Preis interessierte. Erschrocken erfuhr sie von den immensen Kosten und entschied sich für ein simples Geburtstagstelefonat mit ihrem Onkel in Amerika.


Sabine Hilliger


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Sigmar Salzburg
15.10.2007 08.39
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Anmerkung zu KN/Hilliger v. 10.10.07

Über die neuen Fremdwortschreibungen ist die Zeit schon hinweggegangen. Wegen der Korrekturprogramme der Rechner braucht niemand mehr diese „Erleichterungen“. Und um „Restorants“, die „Spagetti mit Ketschup und Majonäse“ anbieten, wird man einen weiten Bogen machen.

Im Hinblick auf die europäische Mehrsprachigkeit sind solche Eindeutschungsbestrebungen nur störend. Typischerweise vergreift man sich hauptsächlich an französischen und italienischen Wörtern, während man den Schreibschwachen jede Skurrilität des Englischen zumutet. Einige schon gescheiterte Versuche wie „Newage“ statt „New Age“ verschweigt Frau Hilliger. Sie sind im letzten Duden nicht mehr zu finden. Eine Frechheit ist die Vorschrift der Kultusminister, den englischen Plural, etwa „Ladies“, mit dem Rotstift verfolgen zu lassen. Es soll auf deutsch nur „Ladys“ zulässig sein.

Noch im Duden von 1926 stand beim Wort „Bureau“ die Fußnote: „Die Schreibung »Büro« ist nicht gestattet, da sie der Einbürgerung des ganz entbehrlichen Fremdwortes Vorschub leisten würde.“ Frau Hilliger findet es nun eine besondere Leistung, daß man die Eindeutschung „Büro“ erreicht habe. Das urdeutsche „Händi“ soll dagegen nur in der pseudoenglischen Schreibweise richtig sein. Wiederum soll das seit dem Althochdeutschen nicht mehr mit „Hand“ verbundene „behende“ neu falsch sein.

Beim modischen „handeln“, wenn nicht das deutsche „handeln“ gemeint ist, macht mancher eigenmächtig oft schon Pünktchen auf das „a“, um die Verwirrung zu vermindern – obwohl es nach Duden „falsch“ ist.

Auch beim „Highlight“ versagen die Künste der Erleichterungsplaner. Der Duden schämt sich nicht, „gehighlightet“ als annehmbares Deutsch vorzuführen, wagt aber nicht, eine Schreibweise „geheileitet“ vorzuschlagen.

Schätzungweise sind hundertmal mehr schreibschwierige Neusprechwörter ins Deutsche eingeschleust worden als es (nichtnutzige) „belämmerte Tollpatsch“-Erleichterungen nach der Marotte von Prof. Augst gegeben hat. Das zeigt schon die ganze Lächerlichkeit und Absurdität dieser Seite des Unternehmens „Rechtschreibreform“.

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Sigmar Salzburg

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Jürgen Böhne
13.10.2007 12.41
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Kieler Nachrichten, "Rechtschreib"serie

Hat eigentlich noch niemand die Frage gestellt, wer diese Dame und ihr dubioses Institut bezahlt?
Oder anders gefragt, bezahlen die KN überhaupt einen einzigen Cent für diese Serie?
Kann es sein, daß diese Artikel in Mannheim geschrieben werden und daß die einzige Aufgabe von Frau Doktor und ihrem Institut darin besteht, diese Spur zu verwischen? Folglich wäre das ganze Institut eine Erfindung aus Mannheim und würde von dort auch finanziert werden.

Frontal21 hat bereits im Juni gezeigt, daß immer häufiger Zeitungen kostenlos mit als Sachbeiträgen getarnter Schleichwerbung versorgt werden. Ein solches Vorgehen ist natürlich ein klarer Verstoß gegen die Spielregeln der Pressewelt, aber das scheint niemanden ernsthaft zu scheren.
Der Nutzen für eine Zeitung besteht in der Einsparung eigener Kapazitäten und sichert zusätzlich das Wohlwollen von Anzeigenkunden. Der Lieferant der Schleichwerbung hat ein Medium, mit dem er seine „frohe Botschaft“ unter das Volk bringen kann. Natürlich wird noch eine „kleine Gegenleistung“ erwartet; das könnte z.B. die Unterdrückung aller reformkritischen Beiträge und Leserbriefe sein.

Das dürfte der simple Grund für die Linientreue der KN sein. Es hat nichts mit Ideologie zu tun, es ist ganz banale Käuflichkeit. Für viele andere Presseverlage dürfte das ebenfalls gelten.
Das alles sind natürlich Spekulationen und keine Behauptungen, da die notwendigen Beweise hierfür nur von den Beteiligten selber kommen können. Diese haben natürlich kein Interesse an Transparenz und genau hier liegt eben auch das Grundproblem bei der Bekämpfung von Korruption.

Für mich ist das der zweite Grund, warum ich keine Tageszeitungen mehr lese.
– geändert durch Jürgen Böhne am 14.10.2007, 13.40 –

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Sigmar Salzburg
12.10.2007 11.32
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Kieler Nachrichten v. 10.10.07

LITERATURRÄTSEL
Wer schrieb was?

Dann schenkte ihm der Rektor einen Lehrstuhl, auf den sich Schnauz sofort setzte. Es war ein außerordentlicher Lehrstuhl, den er bekam. Er hatte die Farbe von Karamelpudding, was Schnauz sehr gut gefiel, und man konnte mit ihm schaukeln. Es war also ein außerordentlicher, karamelpuddingfarbener Schaukellehrstuhl. Schnauz war gerührt. In seiner Dankesrede rief er immer wieder: „Merci, mon ami, merci, mon ami. Ach ja, ach ja.“ Die Professoren und Doktoren der Pariser Universität klatschten Beifall und waren erstaunt, wie gut Monsieur le Professeur Docteur Schnauz französisch sprach.

»Dass ein Esel (der kurz darauf „merci“ mit „merde“ verwechselt und seine Kollegen Professoren damit in arge Verlegenheit bringt...) einen Lehrstuhl bekommt, finden die Erwachsenen komisch. Tatsächlich glauben wollen sie es aber nicht. Was natürlich daran liegt, dass sie vergessen haben, wie sie selbst als Kinder die Welt erlebt haben. Ein schüchterner Junge mit fünf ungewöhnlichen Freunden bringt dem Erzähler in diesem „schönen dicken Buch“ die Kinderwelt wieder nahe. Der Autor, einer der prominentesten Literaten der ehemaligen DDR und sonst für seine nüchterne Sachlichkeit und scharfsichtige Analyse politischgesellschaftlicher Verhältnisse bekannt, schrieb es wohl auch für seine beiden Söhne, von denen einer inzwischen ebenfalls schriftstellerisch tätig ist.

... Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir einen Buchgutschein ä 20 Euro. Lösungen (Titel & Autor) bis 15. Oktober an Kieler Nachrichten, „Literaturrätsel“, Fleethörn 1-7, 24103 Kiel. Telefon 0431/9032895, Fax 9032896, E-mail: literaturraetsel@kie-ler-nachrichten.de «

Christoph Hein: „Das Wildpferd unterm Kachelofen“
Ein schönes dickes Buch von Jakob Borg und seinen Freunden.

Neuerdings werden anscheinend traditionelle ß-Signale in den Textproben vermieden. Daß es sich dennoch um klassische Rechtschreibung handelt, können Eingeweihte nur an „Karamel“ erkennen. Die kürzliche Neuauflage dürfte dagegen reformiert erschienen sein, denn Christoph Hein widersetzt sich als einer der wenigen bekannteren Autoren nicht der „Reform“. Im Gegenteil, in seinen neuesten Produktionen versucht er schlecht und recht, sich anzupassen.

Frau Hilligers Serie geht auch noch weiter:


Extravagant oder wie gehabt

Teil 6 – Heute: Palabra Extranjera – Inostrannoje Slowo – Verbum Barbarum – Fremdwort

In der letzten Folge ging es um allgemeingültige Schreibungsänderungen für zwei Gruppen von Fremdwörtern. Sie erinnern sich? Geografie, Megafon, Fotometrie? Potenziell, differenzial, substanziell? Heute stehen die Änderungen in der Fremd-
Gewusst wie!
Eine Serie zur neuen Rechtschreibung


Wortschreibung im Mittelpunkt, die überwiegend Einzelfälle betreffen. Auch bei den Einzelfällen gilt das Prinzip der behutsamen Anpassung und des Aufgreifens bereits bestehender Entwicklungen. Und es bleiben nach wie vor die alte und die neue Schreibung richtig. Wenn Ihnen also eine neue Schreibweise zu extravagant erscheint, behalten Sie einfach das Gewohnte bei, so wie die deutschen Nachrichtenagenturen es in allen diesen Einzelfällen tun (außer bei Delfin). Auch das Wort Ghetto bleibt hier in der alten Schreibung bestehen, obwohl die Schreibung ohne h schon viel älter ist als die Reform. Bei Finn-Dinghy ist es wiederum umgekehrt: Hier gilt die neuere (ebenfalls vorreformerische) Schreibung Finn-Dingi.

Das Einfachere ist in diesen Einzelfällen meist das Neue, wie Sie gleich sehen werden. Folgende Buchstabenverbindungen eignen sich gut für eine Anpassung:

„gh“ wird zu „g“ (wie schon bei Getto, Finn-Dingi) in: Jogurt/ Joghurt, Spagetti/Spaghetti.

„é/ee“ wird zu „ee“ (wie schon bei Allee, Armee, Dragee u. a.) in: Exposee/ Expose, Buklee/Boucle, Kommunikee/Komniuni-que, Varietee/Variete, Schikoree/Chicoree.

„ai“ wird zu „ä" (wie schon bei Sekretär, Militär) in: Nessessär/Necessaire. Bereits üblich sind: Mohär, Majonäse, Polonäse (die Nachrichtenagenturen schreiben Mohair, Mayonnaise, Polonaise).

Bei diesen und auch den noch folgenden Beispielen zeigt sich, dass oft mehrere Bestandteile im Wort gleichzeitig geändert werden müssen. Daher rührt – wie bei „Büro/Bureau“ vor etwa einhundert Jahren – das auf den ersten Blick ungewohnte Wortbild.

Weitere Änderungen gibt es bei folgenden Buchstabenverbindungen:

„ch“ wird zu „sch“ (wie schon bei Broschüre, Haschee, retuschieren, Scheck) in: Ketschup/Ket-chup, Schikoree/Chicoree.

,qu“ wird zu „k“ (wie ;chon bei Etikett, Likör) n: Kommunikee/Kommu-nique.

„ou“ wird zu „u“ (wie chon bei Nugat) in: Bu-dee/Boucle.

„c“ wird zu „ss“ (wie schon bei Fassade, Fasson, Rasse) in: Fassette/Facette, Nessessär/Necessaire.

Ganz wichtig ist und besonders betont werden soll, dass Wörter mit „th“ und „rh“ kaum von den Neuregelungen betroffen sind, Wörter mit „ph“ nur so weit, wie in der letzten Folge beschrieben. In den Diskussionen um die Reform sind hier besonders viele Missverständnisse entstanden. Woraus sie resultieren, lässt sich nur erahnen: Nichtwissen, bewusste Panikmache, Schlechtreden der Reformbemühungen vielleicht. Es gibt weder Kata-strofen* für Filos-ofen* noch Rytmus-störungen* in der Diskotek*! Von der Schreibung mit „r“ statt mit „rh“ sind ganze drei Wörter betroffen: Katarrh, Myrre/Myrrhe, Hämorriden/Hämorrhoiden (Achtung: auch das „o“ entfällt). Von „t“ statt „th“ sogar nur zwei: Pan-ter/Panther, Tunfisch/ Thunfisch. Dazu gleich noch ein Tier: Delfin/Del-phin.

Zum Schluss sei noch das beliebte Fremdwort für die Geldbörse erwähnt. Portemonnaie, gern und falsch auch als Portmonnaie*, Portemonais*, Portemonnaise* oder Portesmonaie* geschrieben, um nur einige Variationen zu nennen, ist jetzt einfach ein Portmonee.

In den meisten Zeitungen und Zeitschriften unseres Landes werden Sie wie schon gesagt überwiegend die alte Schreibvariante dieser Einzelfälle finden.

Nicht neu, an dieser Stelle aber nennenswert ist die Bildung des Plurals von englischen Wörtern auf ,,-y“. Es wird nur ein ,,-s“ angehängt, ohne dass das ,,-y“, wie im engischen Original, in ,,-ie“ umgewandelt wird: Lady/Ladys, Baby /Babys, Hobby/Hobbys. Damit ist zu den Änderungen bei den Fremdwörtern das Wesentliche gesagt. Meine Empfehlung: Vereinfachen Sie die Fremdwörter, die Sie häufig benutzen und seien Sie bei der Eindeutschung konsequent (nur Mut: nicht Chikoree oder Chikoree, sondern Schikoree). Kommt Ihnen die Schreibung eines Wortes gar zu fremd (bzw. deutsch) vor, dann bleiben Sie bei der alten Version, sie ist ja nach wie vor erlaubt.

Sabine Hilliger

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Bei Fragen erreichen Sie die Autorin über http://www.ductus-comm.de/sos
Alle bisher erschienenen Folgen finden Sie unter http://www.kn-online. de/rechtschreibung

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Sigmar Salzburg
12.10.2007 10.45
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Kurze Anmerkung zu KN v. 9.10.07

Frau Hilliger schreibt:
Oder würden Sie statt von einer Mauer umständlich immer von einer „aus Steinen und Mörtel errichteten Wand“ sprechen wollen?
Das ist natürlich Unsinn. Wenn die Notwendigkeit besteht, schafft sich die Sprachphantasie eines Volkes immer ein passendes Wort. Die Engländer können ohne Römerhilfe ihre Ziegelmauern „brick wall“ nennen und ihre Fenster „window“ (altgerm. „Windauge“). Die alten Goten hatten das schöne Wort „augadaura“ („Augentor“) – wie die Althochdeutschen „augadoro“.

Die Reformer haben in Bezug auf die Schreibung der Fremdwörter zweierlei Ziele verfolgt. Sie wollten bereits bestehende Trends der Eindeutschung verstärken, andererseits der Entwicklung solcher Trends aber auch großen Spielraum lassen.

Im Zuge der heutigen Internationalisierung, bei der das Englische die Hauptrolle spielt, ist das natürlich unsinnig. In der ganzen englisch- und französischsprachigen Welt schreibt man die griechischen Abkömmlinge mit „ph“ und „th“. Die Eindeutschungsbestrebungen sind genauso störend, wie sich das gegenwärtig für die eindeutschende k- für c-Schreibweise von 1902 erweist. Bei der Internetsuche muß man jetzt jedes solcher Wörter in zwei Schreibweisen eingeben.

Nebenher eine weitere Korrektur: Schon in der Einleitung wärmte Hilliger die alte Mär auf von Kaiser Wilhelms „Thron“, an dem nicht gerüttelt werden durfte. „Thron“ ist aber ein griechisches Wort, und das griechische „th“ wurde damals verabredungsgemäß beibehalten. Erst die jetzige Reformerriege versuchte es wieder mit „Teater“ und „Apoteke“, wurde aber vom seinerzeitigen bayrischen Kultusminister Zehetmair zurückgedrängt. Das blieb fast sein einziges Verdienst im Reformtheater.

Die Pornoindustrie hatte übrigens schon lange vor der „Reform“ die Zweideutigkeit reformierender Schreibweisen ausgenutzt, z.B. mit der Filmproduktion „Der Pornograf von Luxemburg“

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Sigmar Salzburg

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