Das Einzige und das Eine
Datiert vom 30. März 2009, erschien jetzt bei „Spiegel Online“ unter der Rubrik KOSMOLOGIE ein Bericht „Eine Zeit vor unserer Welt“. Etwas unangemessen – angesichts vieler bereits gescheiterter Versuche – beginnt er:
Ein deutscher Physiker hat sich aufgemacht, Einsteins Werk zu vollenden. Dessen Relativitätstheorie beschreibt das Wechselspiel von Massen und leerem Raum. Doch am Urknall kollabiert sie. Eine neue Theorie soll Abhilfe schaffen und öffnet zugleich den Blick in ein früheres Universum. … Viel kann Bojowald bisher freilich noch nicht über diese Welt vor unserer Welt sagen: "Das Einzige, was wir wissen, ist, dass das Universum vor dem Urknall offenbar invertiert war. …"
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,616056,00.html
Siegfried Lenz gab das passende Stichwort zu solcher Reformschreibung: „Verflachung“. Hier ist ein zahlwörtlicher Gebrauch (man könnte ergänzen: „das einzige Wesentliche“) verqirlt mit dem substantiellen Begriff des „Einzigen“, wie er etwa in Hölderlins „Hyperion“ erscheint:
Ich hab es einmal gesehn, das Einzige, das meine Seele suchte, und die Vollendung, die wir über die Sterne hinauf entfernen, die wir hinausschieben bis ans Ende der Zeit, die hab ich gegenwärtig gefühlt.
Es ist verwandt mit „dem Einen“, das Giordano Bruno, erster moderne Denker über das All, in seiner Schrift „Über die Ursache, das Prinzip und das Eine“ („De la causa, principio et uno, ca. 1584) meint.
Es ist geradezu ein Treppenwitz der Reformrezeption, daß sich nun ausgerechnet die Skeptiker der „Giordano-Bruno-Stiftung“ besonders willig und kritiklos der kultusministeriell befohlenen Schreibverflachung unterwerfen.:
„Die Giordano Bruno Stiftung wird im Darwin-Jahr den Schwerpunkt ihrer Arbeit etwas verlagern. Statt Religionskritik wollen wir die weltanschaulichen Konsequenzen der Evolutionstheorie fokussieren“, sagte Stiftungssprecher Michael Schmidt-Salomon in Mastershausen. Allerdings sei das Eine mit dem Anderen durchaus verknüpft: „Wer erst einmal begriffen hat, dass wir bloß eine zufällig entstandene Trockennasenaffenart auf einem Staubkorn im Weltall sind, der wird religiösen Heilserzählungen automatisch mit der nötigen Skepsis gegenübertreten.“
http://www.presseportal.de/pm/61025/1320735/giordano_bruno_stiftung/
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Sigmar Salzburg
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